Kolbermoor: 5 J nach dem rassistischen Mord

Hans Gruber 29.09.2004 16:04 Themen: Antifa
5 Jahre nach dem rassistischen Mord an Carlos Fernando
Alles beim alten in Kolbermoor ??

Kolbermoor bei Rosenheim ist eine durchschnittliche Kleinstand in Bayern: über 18.000 Einwohner, 62 Vereine und 4 Kirchen. 1989 fand der Ort jedoch Beachtung in den überregionalen Medien, die Republikaner erhielten bei der Europawahl 29,1 Prozent der Stimmen. Zehn Jahre nach dem braunen Wahlerfolg findet Kolbermoor mit dem traurigen Höhepunkt rechter Gewalt erneut Beachtung in den bundesweiten Presse. Der Mosambikaner Carlos Fernandos wurde am 15. August 1999 von einem Kolbermoorer Rassisten ins Koma geprügelt und erlag sieben Wochen später seinen Verletzungen.
5 Jahre nach dem rassistischen Mord an Carlos Fernando
Alles beim alten in Kolbermoor ??

Kolbermoor bei Rosenheim ist eine durchschnittliche Kleinstand in Bayern: über 18.000 Einwohner, 62 Vereine und 4 Kirchen. 1989 fand der Ort jedoch Beachtung in den überregionalen Medien, die Republikaner erhielten bei der Europawahl 29,1 Prozent der Stimmen. Zehn Jahre nach dem braunen Wahlerfolg findet Kolbermoor mit dem traurigen Höhepunkt rechter Gewalt erneut Beachtung in den bundesweiten Presse. Der Mosambikaner Carlos Fernandos wurde am 15. August 1999 von einem Kolbermoorer Rassisten ins Koma geprügelt und erlag sieben Wochen später seinen Verletzungen.


Der 15 August 1999
Am 15.August 1999 greift ein Deutscher in Kolbermoor vor der „Cubana-Bar" erst zwei Angolaner und einen Mosambikaner wegen einem zugeparkten Auto an, sie können jedoch fliehen. Wenig später verlässt Carlos Fernando die Bar und wird völlig unvermittelt von dem Rassisten angegriffen. Der Täter, Roman G. aus Kolbermoor, ist vorbestraft und der Polizei auch wegen eines fremdenfeindlichen Delikts bekannt. Er schlägt den 35-jährigen Mosambikaner mit einem Fausthieb nieder. Als das Opfer mit dem Kopf auf den Asphalt aufschlägt und regungslos liegen bleibt, tritt Roman G. ihm ins Gesicht. Carlos Fernando erleidet schwerste Gehirnverletzungen.
Er stirbt am 30. September 1999 im Krankenhaus. Der damals 31-jährige Täter gibt zu Protokoll, sein Opfer habe ihn gereizt, weil er ein »Neger« gewesen sei. Die "Nürnberger Nachrichten" zitieren G. mit den Worten: "Die Drecksneger gehören alle totgeschlagen".

Die Reaktionen
Nach dem bekannt werden des Todes von Carlos Fernando gab es lediglich eine Spontandemo von eigen antifaschistischen Jugendlichen. Erst eine Woche nach dem Tod demonstrierten rund 400 Bürger mit einem ökomenischen Gottesdienst und einen Schweigemarsch mit Kerzen ihre Betroffenheit. Am 16. Mai 2000 verurteilte dann das Landgericht Traunstein den rassistischen Schläger wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu zehn Jahren Haft ohne Bewährung. Das Gericht sah jedoch, im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft, Ausländerhass nicht als den zentralen Beweggrund. Diese hatte auf Mord plädiert und nahm Rassenhass als Motiv an.

5 Jahre später
In Kolbermoor selbst erinnert auf dem ersten Blick nichts an den rassistischen Mord von 1999, am Tatort selbst ist keine Gedenktafel oder ähnliches angebracht. Nur Eingeweihte wissen von einer Gedenktafel am „neuen“ Friedhof, diese lies der SPD Ortsverband zum 2 jährigen Todestag anbringen. Auf der Tafel steht:“ Zum Gedenken Carlos Fernando † 1999“ unter welchen Umständen Carlos Fernando starb wird jedoch verschwiegen. Der Mord hat nach Meinung von örtlichen Antifaschisten nur wenige Menschen aufgerüttelt, sie sprechen von einer „rassistischen“ Grundstimmung in großen Teilen der Bevölkerung, die sich nicht geändert hätte. Hans Gruber, Sprecher der Infogruppe Rosenheim, berichtet auch von aktuellen rechtsextrem Treffen in der Stadt an der Mangfall: Zum Beispiel wählte die offen rechtsextreme Partei NPD Ende 2003 Sascha Wagner in Kolbermoor zum Vorsitzender des NPD Bezirksvorstandes Oberbayern und am 17. Januar 2004 feierten zwischen 60 und 80 FaschistInnen in der Kolbermoorer Gaststätte „Turner Alm“ eine sogenannte Reichsgründungsfeier mit dem rechtsextremen Liedermacher Michael Müller“
Die Infogruppe Rosenheim, ist eine Gruppe von einem Dutzend junger linker Menschen aus Rosenheim die sich zum Ziel gesetzt hat jede Form von Unterdrückung zu bekämpfen. Dazu gehört natürlich auch antifaschistisches und antirassistisches Engagement. Auf initiative dieser Gruppe, findet nun am 30. September 2004 ein „Gedenkkino“ statt. In einem Zelt vor dem Tatort wird um 16:30, 17:30 und 18:30 Uhr der Film „das Leben des Carlos Fernando“ (2001) von Samuel Schirmbeck aufgeführt[1]. Diesen Dokumentarfilm zeigte der Hessische Rundfunk im Rahmen der mit dem Civis Medienpreis Sendereihe „Tödliche Begegnungen“. Organisiert wird die Veranstaltung von dem Verein „Gesicht zeigen- Rosenheimer Bündnis gegen Rechts“, der Infogruppe Rosenheim, und der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. Von offizieller Seite findet auch am fünften Todestag des fremdenfeindlichen Verbrechens kein Gedenken statt.

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[1]Der Film "Das Leben des Carlos Fernando"

Im Rahmen der Reihe „Tödliche Begegnungen“ zeigte der Hessische Rundfunk (HR) den Dokumentarfilm „Das Leben des Carlos Fernando“ (2001) von Samuel Schirmbeck:

„Diese Folge erinnert an einen lebenslustigen, jungen Mann, der zunächst als "Mossi", als Mosambikaner, in der DDR lebte, als Arbeiter in einem Reifenkombinat. Die Wende machte aus dem sozialistischen Bruder einen arbeitslosen Fremden.
Er lernte noch die beiden Deutschlands kennen: die DDR und das wiedervereinte Deutschland. Carlos Fernando verwirklichte seinen Traum und zog an den Rand der bayerischen Alpen, wo er 1999 erschlagen wurde. Vorausgegangen war, dass die Ausländerbehörde ihn abschieben wollte, seine deutsche Frau Ramona ihn aber versteckte. Schließlich verließ er Neubrandenburg, trennte sich von seiner Frau und fand mit Tochter Tracy eine neue Heimat im scheinbar beschaulichen Kolbermoor in Oberbayern, die geliebten Berge in Sichtweite. Vor der "Cubana-Bar" wurde er ermordet, von einem Rechtsradikalen, im Streit um ein zu geparktes Auto. Der Täter spielt in diesem Film, wie in der gesamten Reihe, nur eine Nebenrolle. Im Mittelpunkt steht ein offenherziger Mann, der Deutschland liebte, aber die Gefahr nicht sehen wollte und dessen Leben durch einen Fausthieb ausgelöscht wurde.“

2002 wurde die Sendereihe mit dem „Civis Medienpreis“ ausgezeichnet, in der Jurybegründung heißt es:

„In qualitativ herausragender Weise erhalten Opfer rechtsradikaler Übergriffe einen Namen. Die Reihe lässt den Menschen aus der Anonymität einer knappen Agenturmeldung heraustreten und macht aus der Opferstatistik ein Individuum. Das eindrückliche, individuelle und interessante Leben des einzelnen Menschen wird nachgezeichnet, er wird für die Zuschauer "lebendig" und interessant auch wenn er "nur" eine Randposition innerhalb der Gesellschaft hatte. Die Filme entwickeln Sogwirkung: Je länger man zusieht, desto mehr möchte man erfahren von dem Menschen, der hinter dem Begriff "Opfer" steht. Hervorzuheben ist vor allem auch die akribische Recherchearbeit, die hinter den lebendigen Porträts der drei Menschen steht .Die Beiträge sind filmisch gut und handwerklich aufwendig gemacht. Gut montierte Bilder und Montagen, die vordergründig gar nichts mit dem Leben des "Opfers" zu tun haben, stellen subtil einen Bezug zu den Porträtierten her.
Die Jury zeichnet mit dem Sonderpreis die filmischen Leistungen aus aber auch die gelungene redaktionelle Planung...“
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Ergänzungen

10 jähriger Todestag

ig ro 31.08.2009 - 09:16
Carlos Fernando starb am 30. September 1999. Der gebürtige Mosambikaner wurde in Kolbermoor Opfer eines rassistisch motivierten Übergriffes.  Anlässlich des zehnten Todestages zeigen wird der Film "Das Leben des Carlos Fernando" am So, 04.10 in der Vetternwirtschaft gezeigt.

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