Spanien: Aufstand der Werftarbeiter geht weiter

Mr.X 26.09.2004 05:51 Themen: Globalisierung Repression Soziale Kämpfe
Tausende spanische Werftarbeiter blockieren Bahnstrecken und Straßen, immer wieder gibt es besonders in der letzten Woche heftige Zusammenstöße mit Aufstandsbekämpfungseinheiten der Polizei. Hintergrund ist der Kampf gegen die Privatisierung des staatlichen Konzerns Izar, welche Teil der neoliberalen Politik ist, die seit einiger Zeit überall in Europa und seit einem Jahr auch in Deutschland Massenproteste und Streiks provoziert.
Der Kampf der spanischen Weftarbeiter begann vor vielen Monaten. Bereits im Februar und März erschienen Berichte dazu bei Indymedia: "Werftarbeiter ziehen nach Madrid" und "Werftarbeiter in Spanien auf dem Kriegspfad"
Außerdem gibt es bei Labournet eine Überblicksseite zu sozialen Kämpfen in Spanien.
"In den ersten Februartagen 2004 kam es in Sevilla und Puerto Real zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Werftarbeitern, Belegschaften einiger Zulieferbetriebe und den Aufstandsbekämpfungseinheiten der spanischen Polizei. Die Werftarbeiter (vor allem) Andalusiens befinden sich im Widerstand gegen das Krisenmanagement des Izar Konzerns. Die Arbeiter sind wütend, weil sie mit ihrer Forderung nach einem neuen Tarifvertrag von dem halbstaatlichen Konzern seit Monaten hingehalten werden und die Firmenleitung jetzt auch noch Kurzarbeit von mindestens sechs Monaten für tausende Beschäftigte u.a. in Puerto Real und Gijón angekündigt hat" (Quelle: Labournet)

Die Streiks werden meist nicht von den großen Gewerkschaften getragen, obwohl diese mittlerweile auch eine Einigung fordern. Auch wenn die neue Regierung (nach 8 Jahren postfaschistischer PP) versprochen hat, zumindest den miltärischen Teil der Werften zu retten, rechnen die Gewerkschaften mit tausenden neuen Arbeitslosen. Die regierenden Sozialdemokraten wollen mit der Privatisierung eine Vorgabe aus Brüssel umsetzen, welche staatliche Förderungen der Werften für illegal erklärt. Bei einer Abstimmung am Donnerstag unterlag aber die PSOE den anderen Parteien im Parlament, welche die Teilprivatisierung ablehnen.
Die 11.000 Arbeiter von Izar streikten vergangene Woche mehrmals an allen elf Standorten des Unternehmens. Arbeiter von San Fernando haben am Rand der Stadt Cadiz in der Woche davor damit begonnen, Straßen und Bahnverbindungen zu blockieren und (brennende) Barrikaden zu errichten.
Für Dienstag und Mittwoch ist ein größerer Streik geplant. Für den neuen Regierungschef Jose Luis Rodriguez Zapatero ist dies eine erste Bewährungsprobe im Umgang mit den sozialen Bewegungen.
Betroffen sind nicht nur die Arbeiter von Izar, sondern weitere 40.000, die in Zuliefererbetrieben arbeiten, sowie weitere Werftarbeiter in anderen Teilen des Landes.


Mehr Fotos und Berichte:

spanish workers continue to fight
Spain: Dockworkers riot against privatisation
12 hurt in Spanish shipyard dispute
Police clash with Spanish shipyard workers, 23 hurt

Mehr Informationen gibt es außerdem auf den Webseiten der anarchosyndikalistischen Gewerkschaften CNT und CGT.
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Ergänzungen

Noch einige Zeitungsartikel

Mr.X 26.09.2004 - 06:16
In der Presse werden soziale Proteste totgeschwiegen oder verzerrt dargestellt, so verwundert es nicht, daß in Deutschland lediglich das Naue Deutschland und die taz berichten:

Werftarbeiter in Spanien streiken
 http://www.taz.de/pt/2004/09/14/a0130.nf/text.ges,1

Zeitspiel im Werftenstreit
 http://www.nd-online.de/artikel.asp?AID=59678&IDC=3

Ansonsten druckten mehrere schweizer Tageszeitungen noch eine AP-meldung ab, die die Proteste in einem Satz streifen:
"Erste Schlappe für Spaniens sozialistische Regierung im Parlament"
 http://www.tagi.ch/dyn/news/newsticker/418364.html

Weitere Beiträfe zum Thema Werften:

Asti Llero 26.09.2004 - 09:10
Zu den Kämpfen im Februar waren auf IndyMedia folgende weitere Beiträge erschienen:

Es brodelt in den spanischen Werften
 http://de.indymedia.org//2004/02/74446.shtml

Photos der Kämpfe bei IZAR in Sevilla
 http://de.indymedia.org//2004/02/73936.shtml

Ausserdem diverse Infos, teilweise von den kämpfenden ArbeiterInnen selbst, auf den Seiten der FAU

Spanien: Die Repression gegen die Arbeiter der staatlichen Werften geht weiter
 http://www.fau.org/fau/www.fau.org/artikel/art_040218-230923

Sevilla: Die Betriebsgruppe der CNT in der Werft von Sevilla zu den Ereignissen am 5. und 6. Februar
 http://www.fau.org/fau/www.fau.org/artikel/art_040209-212316

Astilleros Izar: Zwei Tage Hexenkessel in der Bucht von Cádiz und in Sevilla
 http://www.fau.org/fau/www.fau.org/artikel/art_040206-110416

Ja, und!?

anonym 26.09.2004 - 13:11
Nicht jeder soziale Protest ist politisch motiviert oder basiert auf einer linksradikalen Weltanschauung. Arbeiteraufstände und Streiks gibt es in Spanien und Frankreich wesentlich häufiger als bei uns in Deutschland. Während meines vierjährigen Aufenthalts in Paris haben allein die Bahnmitarbeiter mindestens zehn Mal gestreikt und den gesamten Verkehr lahm gelegt. Die Militanz mit der solche Aktionen durchgeführt werden, ist mit deutschen Zuständen nicht zu vergleichen, dafür sind sie aber keine grundlegende Kritik am System.

inhaltlich wesentlich klarer als hierzulande

Anmerkung 26.09.2004 - 13:38
Was "anonym" schreibt, stimmt nicht ganz. Die meisten der sog. "Wildcat-Streiks werden von anarchosyndikalistischen Gewerkschaften unterstützt, die sehr wohl ziemlich konkrete Alternativen zur jetzigen Wirtschaftsordnung haben (dazu bitte mal auf die Webseiten von CNT und CGT gehen). Die Behauptung "...dafür sind sie aber keine grundlegende Kritik am System" trifft auf die großen staatstragenden Gewerkschaften zu, die aber immer mehr Anhänger verlieren (also bitte vom Bahnerstreik nicht auf alles schliessen). Ansonsten ist diese Eigenschaft eher typisch für deutsche Gewerkschaften, die meist nichts anderes als "neoliberalismus-light" vertreten. Aber auch hierzulande wenden sich mehr und mehr Leute von den großen Gewerkschaften ab, weil nicht zu übersehen ist, wessen Interessen sie wirklich vertreten.

andere Länder, andere Sitten

Anarchosyndikalist 26.09.2004 - 13:56
Frankreich und Spanien lassen sich nicht so einfach miteinander vergleichen. Spanien hat eine jahrzehntelange Tradition der direkten Aktion. In Frankreich haben die Kämpfe der Lohnabhängigen häufiger als in Spanien symbolischen Charakter und der Staat lässt einen größeren Spielraum zu.

In Deutschland dagegen ist Militanter Widerstand kaum zu erwarten, weil alle Proteste von DGB Einheitsgewerschaften aber auch von der Linken wie Attac, MLPD und wie sie sonst noch heißen gelenkt werden. Da heißst die "Marschrichtung", lahme Latschdemos und unerträgliches Gelabere.... Außerdem sind sich die Menschen, die von Hartz betroffen sind, ihrer Möglichkeiten nicht bewusst und duckmäusern. Ich war schon etwas überrascht als ich auf der letzten Montagsdemos von einer Ordnerin angefahren wurde, doch etwas schneller zu gehen, weil sie dafür zu sorgen hätte, dass die Demo zusammenbleibt, damit der Anmelder keine Probleme mit der Polizei bekomme. (Bei den meisten Menschen kam sie mit ihrem Anliegen durch) Vielleicht war ich etwas naiv, aber diese Zahnlosigkeit hatte mich dann doch etwas überrascht.

Aber immerhin sind im Januar auch direkte Aktionen auf Arbeitsämtern geplant und vielleicht zeigen sich die Betroffenen durchaus als lernfähig...

Junge Welt

SAR 27.09.2004 - 00:21
Sehr gute Berichtserstattung über solche Themen gibt es auch immer in der linken Tageszeitung (taz is ja nicht mehr das was sie mal war) "Junge Welt".

www.jungewelt.de (Im netz sind alle Artikel verfügbar).

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