Hamburg - Internationale Abschiebezentrale

Birgit Gärtner 14.09.2004 01:52 Themen: Antirassismus
Etwa 30 Menschen protestierten am vergangenen Montag in der Abflughalle des Hamburger Flughafens Fuhlsbüttel gegen die von Hamburger Behörden organisierte europäische Sammelabschiebung von 17 Flüchtlingen aus der BRD, der Schweiz und Belgien nach Benin, Burkina Faso und Togo.
Die AktivistInnen informierten mit Transparenten, Reden, Sprechchören, einem Theaterstück und Flugblättern die Passagiere sowie das Flughafenpersonal, wiesen auf die menschenrechtswidrige Abschiebeaktion hin und forderten zum Protest auf. Die Aktionen, die im „Gedrängel und Gewühle der morgendlichen Rush-Hour“ stattfanden, stießen bei den meisten Passagieren jedoch überwiegend auf Desinteresse. Der Protest verlief friedlich, will heißen, die Staatsmacht beschränkte sich aufs Beobachten und Fotographieren.
Derweil wurden die Flüchtlinge draußen auf dem Rollfeld in ein Flugzeug der Firma Aero Flight verfrachtet. Die Fluggesellschaft aus Oberursel macht mit dem Slogan „Your friendly Airline“ Werbung und ist u.a. über das Reisebüro „Bon Voyage“ in Eppelborn zu kontaktieren. Eine Maschine der indonesischen Linie Lion Air brachte Flüchtlinge aus Belgien und der Schweiz nach Hamburg, die ebenfalls mit der „freundlichen Fluggesellschaft“ außer Landes gebracht wurden.
Dies geschah in aller Stille und ohne großes Aufsehen. Bei der ersten europäischen Sammelabschiebung im Mai ´04, bei der die Flüchtlinge aus der BRD von einer niederländischen Maschine aus Fuhlsbüttel „abgeholt“ wurden, waren Hundertschaften uniformierter und maskierter Polizeibeamter im Einsatz.
Zu den Protesten hatten alle Flüchtlingsräte der Bundesrepublik, der Arbeitskreis Flüchtlinge-Asyl der Ärzte gegen den Atomkrieg, Pax Christi, das Deutsche Rote Kreuz, die Solidarische Kirche Nordelbien sowie die Karawane für die Rechte von Flüchtlingen, Migrantinnen und Migranten aufgerufen. Sammelabschiebungen per Charterflug seien für die nächsten Jahre in großem Umfang von der Europäischen Union geplant, fürchtet der Flüchtlingsrat Hamburg.
Hamburgs Innensenator Udo Nagel lobte indes die hervorragende Organisation des von der Ausländerbehörde Hamburg und dem Bundesgrenzschutz vorbereiteten internationalen Charterflugs. Die Afrikaner, die aus Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Niedersachsen sowie aus Belgien und der Schweiz nach Burkina Faso, Togo und Benin abgeschoben wurden, hätten sich als „äußerst reiseunwillig gezeigt“, so der Senat.
Die „abzuschiebenden Personen gelten als Problemfälle“, hieß es im Vorfeld. „Als ´kriminell und renitent` werden unserer Erfahrung nach jene Menschen bezeichnet, die sich aus Todesangst gegen die Abschiebung wehren oder versuchen, sich umzubringen“, erklärten dazu die antirassistischen Gruppen. Mit unbelegten Aussagen, die Betroffenen seien „kriminell“ oder „renitent“, solle der Eindruck erweckt werden, dass die zu erwartende gewalttätige und brutale Behandlung der betroffenen Flüchtlinge durch die staatlichen Organe rechtmäßig und notwendig sei, schreiben die Flüchtlingsorganisationen in ihrer Pressemitteilung. „Dies belegt die alltägliche Abschiebepraxis, die das Zerstören von Familien und die Abschiebung von Kindern und Jugendlichen ohne ihre Eltern mit einschließt“, so die Hamburger Karawane-Gruppe.
Der Charterflug nach Afrika kostete Presseberichten zufolge etwa 140000 Euro, die Kosten werden auf die beteiligten Staaten und Bundesländer aufgeteilt. Außerdem stellt die EU finanzielle Mittel für diese Maßnahmen zur Verfügung. Wie die niederländische Ministerin für Ausländerangelegenheiten und Integration, Rita Verdonk, im Mai dieses Jahres mitteilte, hat die Europäische Kommission am 22. Januar dieses Jahres 30 Millionen Euro für „gemeinsame Abschiebungen im EU-Verbund“ für 2005 und 2006 bereitgestellt.
Die unterzeichnenden Organisationen fordern die sofortige Aussetzung der geplanten Sammelabschiebungen. Die von der EU zur Verfügung gestellten 30 Millionen Euro sollten für ein menschenwürdiges Dasein der Flüchtlinge in den europäischen Staaten verwendet werden, statt für kostspielige und aufwendige Abschiebungen.
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Ergänzungen

Dieser Senat.......

Heyerdahl 14.09.2004 - 10:29
ist genau so rechts wie sein Vorgänger. Machen wir uns nichts vor, die CDU bedient niederste Instinkte, die schon einmal in die Katatstrophe geführt haben. So lange die Mehrheit dieses Landes Angst vor allem nicht konformen hat, kann jede Regierung ihr Rechtes Treiben unbehelligt durchziehen.

Lions Air

Birgit Gärtner 16.09.2004 - 11:05
Bei der Recherche zu den beteiligten Fluggesellschaften ist mir ein Fehler unterlaufen: Die Flüchtlinge wurden nicht von der von mir genannten indonesischen Linie Lion Air nach Hamburg gebracht, sondern von der schweizerischen Lions Air. Diese Airline bot bisher hauptsächlich Hubschrauberflüge an. Seit Mai ´04 besitzt sie eine kleine Passagiermashcine mit 30 - 32 Plätzen, die nach eigenen Angaben für "Tages-Chartereinsätze, Event-Charter für Firmen und Reisegruppen" zu mieten ist.

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dieser nagel muß sowieso weg

und von beust auch 14.09.2004 - 04:53
das sind doch voll die gemeinen typen, die auch noch auf nett machen. man sollte die leute mal aufklären was die so anstellen.

@commentator

aha! 14.09.2004 - 14:12
erstensmal stimmt das nicht, ich glaub Du betreibst hier eine gezielte Desinformation.

zweitens, wenn für dich die Abschiebung von "Straftätern" kein Problem ist, warum werden dann "deutsche" "kriminelle" nicht irgendwohin abgeschoben?

@ commentator

Heyerdahl 14.09.2004 - 14:42
Dein Kommentar zeigt genau das was ich meine. Es ist einem großen Teil der Bürger dieses Staates völlig egal, ob Menschen in den eventuellen Tod geschschickt werden. Was heißt kriminell? Kennst Du die Vergehen dieser Menschen? Denke bitte daran, auch mehrmaliges schwarzfahren führt zu einer Verurteilung! Es ist auch völlig egal, was diese Menschen angeblich verbrochen haben sollen, Abschiebung ist nicht die Lösung, schon garnicht, wenn dise das Leben der Menschen gefährdet.