HH: Auftaktdemo zur Wendebecken-Aktionswoche

Rudolf Rentier 29.08.2004 05:01 Themen: Freiräume
Freitag abend fand in Hamburg die Auftakt-Demo zur Aktionswoche des Wagenplatzes Wendebecken statt. Dieser Platz soll ab 31.08. abends geräumt werden und an seiner Stelle eine Grünanlage entstehen.
Den Bewohnern wurde kein Ersatzplatz angeboten. Im Gegenteil, mit einer einstweiligen Verfügung zog die Stadt den möglichen Beginn einer Räumung von Mittwoch 0:00 auf Dienstag 18:00 vor und erklärte, daß alle Wägen konfisziert würden. Die Bewohner könnten diese ja ohnehin nicht mehr legal nutzen. Eine Herausgabe würde nur erfolgen gegen Angabe der Personalien und Unterschreiben einer Erklärung, daß ihre Bewohner nie mehr auf Hamburger Gebiet in einem Bauwagen o.ä. wohnen würden. Alle Wägen, die bis zum 31.10. nicht abgeholt seinen, würden verschrottet.

Die Bewohner des Platzes werden diesen nicht freiwillig hergeben und in einer Vielzahl von Aktionen und einem Camp auf dem Platz auf ihre Situation aufmerksam machen.
Anwohner haben die Möglichkeit, Ihre Telefonnummer zu hinterlassen, und werden bei Räumung informiert. So können sie zeigen, daß die Wagenbewohner in ihrer Auseinandersetzung nicht alleine dastehen, auch wenn es nicht realistisch sein dürfte, eine Räumung tatsächlich zu verhindern.

Die gestrige Demo startete am Hauptbahnhof in der Innenstadt und war mit schätzungsweise 1000 Demonstranten aus vorwiegend autonomen Spektren gut besucht. Das Pink-Silver-Grüppchen war leider diesmal nur zu dritt (siehe letzte Wendebeckendemo am 21.08.) und leider waren wohl auch keine Wägen und Trecker zugelassen worden.

Die Demo nahm einen sehr ungewöhnlichen Weg: die Mönckebergstrasse hinunter und direkt am Rathaus vorbei. Bei sämtlichen vorausgegangenen Wagendemonstrationen war dies stets aufgrund einer angeblich zu hohen Gefährdung unterbunden worden. Dann ging es auf der Rückseite des Rathauses, an der gut bewachten Handelskammer vorbei, Richtung Gänsemarkt, wo die erste Zwischenkundgebung stattfand.

Die Demo zog dann weiter an der Universität vorbei Richtung Schanzenviertel. Die Demonstrationsroute führte nicht weit vom ehemaligen Bambule-Platz entfernt entlang, so daß die Teilnehmer einen Blick auf die Baustelle der Messeerweiterung werfen konnten und unter anderem auch auf das denkmalgeschützte Schlachthofgebäude, bei dem jetzt die linke Hälfte komplett fehlt. Wegen der Erweiterung der Messe, deren Planung schon vor Jahrzehnten begonnen wurde, als ganz andere wirtschaftliche Verhältnisse herrschten, mußte der Bambule-Platz geräumt werden, da die „Verschönerung“ des Schanzenviertels im Rahmen eines „Gentrification-“Prozesses wesentlich durch die Umstrukturierung der Messe mitgeprägt wird. Auch der vor kurzem begonnene Umbau des alten Wasserturms im Sternschanzenpark zu einem Mövenpick-Luxushotel ist integrales Projekt der Messeerweiterung und wird zu einem Verlust des Parks für das bisherige alternative Publikum führen (siehe auch  http://www.soswasserturm.de).

Es gingen Gerüchte um, daß die Hamburger Polizei die Wagendemo am letzten Samstag als Prüfstein für die Mobilisierungsfähigkeit der Bauwagenszene wertete. Letzten Samstag war zwar auch schon massiv Polizei präsent, die sich jedoch kompromißbereit zeigte und Konflikten weitestgehend aus dem Weg ging. Bei der gestrigen Demo hatte sich die Stimmung jedoch verändert: auch wenn die Route direkt am „Heiligtum Rathaus“ vorbeiführte, waren doch das erste Mal wieder Wasserwerfer präsent, und es kam zu einigen kleineren Konfrontationen mit den ein wenig aggressiver gestimmten Demoteilnehmern. Gerade am Anfang, in der Mönckebergstrasse, schien es so, als sollte die Demo bereits wenige Minuten nach ihrem Beginn aufgelöst werden. Denn als die Demo wenige 100 Meter vor dem Rathaus gebremst wurde, kam es zu einigen kleineren Ausschreitungen an der Demospitze, woraufhin das massive Polizeispalier, das die Demo vollständig umgab, begann, Helme und Handschuhe anzulegen. Nach einigen Minuten entspannte sich die Lage jedoch wieder und die Demo konnte weiterziehen. Im weiteren Verlauf wechselten sich kleinere Eskalationen mit ausgedehnten ruhigen Phasen ab, bis die Demonstration das Schanzenviertel erreichte

Wer sich aktuell über geplante Aktionen und den Verlauf der Aktionswoche informieren möchte, kann dies neben indymedia auch über die Webseite des Wagenplatzes,  http://www.wendebecken.org, tun. Radio FSK (lokal 93,0 MHZ Antenne und 101,4 Mhz Kabel) wird ebenfalls regelmässig berichten.
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Ergänzungen

Kleine Eskalationen

Eskalero 29.08.2004 - 15:29
Die Bullen haben ihr Spalier im Uni Viertel so eng gelegt, das sie teilweise fast in unserer Demo mitgelaufen sind. Erst nachdem die Bullen aus der Demo gedrängt, beziehungsweise geschubst wurden, wurde das Spalier etwas gelockert. "Nicht laufen/springen" war auch eine der Auflagen der Bullen-durchsetzen konnten sie sie nicht- allerdings kam es dadurch immer wieder zu kurzzeitigen stopps der Demo und in Folge dessen zu Rangeleien.

No Jumping??

Frag ich mich... 29.08.2004 - 17:33
Warum darf eigentlich nicht gesprungen werden??? Ist jetzt vielleicht ne blöde Frage, aber ich kann mir so gar keinen Grund vorstellen, warum SPRINGEN verboten sein sollte... das mit dem Laufen erscheint mir ja noch einigermaßen plausibel, aber springen???

Springen verboten (?)

Eskalero 29.08.2004 - 20:31
Ich denke, weil springen der Übergang zum Laufens ist verbieten sie das gleich mit.

Also das mit dem Springen...

Leoman 30.08.2004 - 01:16
...geht so: Irgendwer zählt laut runter auf 10, und je mehr Leute da mitzählen und dabei lustig hüpfen, desto wahrscheinlicher ist es, daß nach dem Countdown die untergehakten Reihen loslaufen, bis ein paar Meter vor die mittlerweile aufgestellte Reihe von schlagbereiten Cops.
Das ist der Zusammenhang zwischen Springen und Laufen. Auf das Spiel haben die Bullen wohl keinen Bock, ich find's dagegen sehr lustig. Ich bin gerne ein ungehorsames Kind, das dort springt und läuft, wo hohe Herren das verbieten wollen.