Eisenhüttenstadt diffamiert die AntiLagerTour

Vorbereitungsbündnis 24.08.2004 19:51 Themen: Antirassismus
Um die Anti-Lager-Tour zu verhindern, greift die Stadt Eisenhüttenstadt auf plumpe bis rassistische Diffamierungskampagnen zurück. Ein Bericht.
anti-lager action tour - 20.8.-5.9.2004 – Abschlusscamp in Eisenhüttenstadt vom 2. bis zum 5. September 2004

 http://www.nolager.de

Eisenhüttenstadt diffamiert die Anti-Lager-Tour

Vom 2. bis 5. September 2004 wird in Eisenhüttenstadt ein antirassistisches Camp stattfinden, das den Abschluss der Anti-Lager-Tour gegen Abschiebung und Ausgrenzung darstellt.
Wir verhandeln seit mehreren Wochen mit der Stadtverwaltung um einen öffentlichen Platz für unser Camp und um eine Unterstützung unseres Protestes. Die Stadtverwaltung von Eisenhüttenstadt versucht jedoch, unser Anliegen durch das Verbreiten von Gerüchten und Diffamierungen zu unterbinden. Der Grund für unser Kommen nach Eisenhüttenstadt sei in erster Linie in der gewollten Randale zu suchen, wie wir es in unseren Aufrufen ankündigen würden. Dies ist eine bewusste Überinterpretation. Gleichzeitig wird auf stumpfe rassistische Stereotypen Bezug genommen, wenn innerhalb der Verwaltung Gerüchte gestreut werden, wir würden „Drogen mit nach Eisenhüttenstadt bringen, um Eisenhüttenstadt als friedliebende und familienfreundliche Stadt zu zerstören“, wie uns eine Vertreterin im PDS-Büro am Telefon sagte. Hier wird auf relativ simplem Niveau auf rassistische Argumentationsketten wie »Flüchtlinge – Drogen« oder »Randale – Linke« zurückgegriffen. Gegen diese Diffamierungen wenden wir uns hiermit öffentlich.

Wir kommen nach Eisenhüttenstadt, weil wir das Abschiebesystem der Bundesrepublik grundsätzlich kritisieren, aber auch um gegen die unhaltbaren Zustände in der Zentralen Ausländerbehörde ZABH zu protestieren. Wir sind gegen Einrichtungen wie Sammellager und das mit ihnen einhergehende gesetzliche Bewegungsverbot (die Residenzpflicht) oder Abschiebeknäste, die Menschen, die Schutz suchen, einsperren und sie zu Opfern von Denunziation als Kriminelle und Schmarotzer herabsetzen. Wir möchten nicht länger zusehen, dass Menschen in Not als politische Manövriermasse entmündigt, auf der Straße angegriffen und über Jahre hinweg psychisch gebrochen werden. In dieser Hinsicht bewerten wir auch kleine Lebensverbesserungen der Menschen im Knast und in der Aufnahmestelle als begrüßenswert. Eisenhüttenstadt hat in dieser Hinsicht jedoch keine ruhmreiche Geschichte. Die Zustände in dem Abschiebeknast wurden bereits 1998 von der Europäischen Antifolterkommission als Folterstätte gebrandmarkt. Zwar wurden die entdeckten in den Boden eingelassenen Hand- und Fußfesseln entfernt. Stattdessen gibt es ein in Psychiatrien gebräuchliches, nicht menschenwürdigeres Gurtfesselsystem, welches widerständige Flüchtlinge mit gespreizten Armen und Beinen auf ein Bettgestell fesselt. Sogenannte Ruhigstellungen für bis zu 42 Stunden am Stück sind keine Seltenheit.
Die wohnlichen Zustände in der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung sind mehr als dem Lande Brandenburg unwürdig. Untergebracht in Mehrbettzimmern ist das gesamte Gebäude verdreckt und die sanitären Einrichtungen würden keiner unangemeldeten Kontrolle der Gesundheitsbehörde standhalten. Ähnlich sieht das in den Küchen aus. Erst langjährige Proteste und die ausdauernden Nachfragen weniger engagierter Menschen konnten kleinere Verbesserungen in der medizinischen Versorgung und den Aufbau einer kirchlichen Rechtsberatung mit sich bringen.

Wir haben bereits im Vorfeld versucht, die zivilgesellschaftlichen Strukturen der Aktion Courage der Stadt Eisenhüttenstadt als Stadt ohne Rassismus mit in unseren Protest einzubinden. Gerade an Gruppen, die auch im Rahmen der Aktion Courage arbeiten, haben wir uns gewandt, die in ihrem Selbstverständnis im Jahr 2000 einmal formulierten, „ein mutiges Zeichen gegen Rassismus“ in Eisenhüttenstadt setzen zu wollen. Die Stadtverordnetenversammlung verpflichtete sich im März 2000 mit Zweidrittelmehrheit zur Ergreifung "aller erforderlichen Maßnahmen, um jeder Art von Diskriminierung in der Stadt Eisenhüttenstadt entgegenzuwirken".

Uns geht es darum, das vorherrschende Nichtbeachten der menschenunwürdigen Zustände in der ZABH zu skandalisieren und in Zusammenarbeit mit den Menschen und Strukturen vor Ort dafür zu sorgen, dass es diese Zustände in naher Zukunft nicht mehr gibt. Dafür brauchen wir die Unterstützung einer möglichen Mehrheit in der Stadt Eisenhüttenstadt – wir kommen, um gemeinsamen Protest und Widerstand gegen die von Herrn Schönbohm direkt zu verantwortenden Zustände zu organisieren und nicht, um gegen die Menschen in Eisenhüttenstadt zu protestieren.

Wir fordern alle zivilgesellschaftlichen und politischen Kreise der Stadt Eisenhüttenstadt auf, sich unseren Protest unvoreingenommen zu betrachten und uns in unserem Anliegen für einen Platz in Eisenhüttenstadt ohne Rassismus und Lager zu unterstützen und sich diesem anzuschließen.

Für weitere inhaltliche Gespräche und Diskussionen stehen wir immer und gerne zur Verfügung. Gleichzeitig laden wir hiermit noch einmal alle Bürgerinnen und Bürger der Stadt Eisenhüttenstadt ein, uns auf unserem Camp zu besuchen, mit uns zusammen zu diskutieren, zu protestieren und zu demonstrieren mit dem Ziel, effektive Strategien zu entwickeln, wie den unhaltbaren Zuständen in der ZABH ein schnelles Ende bereitet werden kann.

Vorbereitungsbündnis für Eisenhüttenstadt / bundesweites Vorbereitungsbündnis der Anti-Lager-Action-Tour

Kontakt für Rückfragen:
Pressegruppe: 030-29777698 (bis zum 1.9.2004)
e-mail:  pressgroup-eisen@gmx.de
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

no Lager

no border, no nation 25.08.2004 - 03:26
SPECIAL:
Anti-Lager Action Tour 2004
 http://de.indymedia.org/2004/08/89785.shtml

xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx

Solidarität mit Muzaffer Dogan
 http://de.indymedia.org/2004/08/90197.shtml

xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx

Was geschah mit John William
 http://de.indymedia.org/2004/08/90489.shtml

xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx

Eisenhüttenstadt diffamiert die AntiLagerTour
 http://de.indymedia.org/2004/08/90555.shtml

xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx

Weitere Fotos von Demo in Neuss
 http://de.indymedia.org/2004/08/90393.shtml

Demonstration zum Frauenabschiebeknast/Neuss
 http://de.indymedia.org/2004/08/90383.shtml

xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx

Radiobericht zur Demo in Bramsche
 http://de.indymedia.org/2004/08/90485.shtml

Morgendlicher Abschiebebesuch bei Lagerleiter
 http://de.indymedia.org/2004/08/90375.shtml

video: Anti-Lager-Tour, 21.8.04 - Hesepe-Demo
 http://de.indymedia.org/2004/08/90308.shtml

video:Anti-Lager-Tour,21.8.04-Bolzenschneider
 http://de.indymedia.org/2004/08/90300.shtml

[anti-lager-tour] Innenstadt-Aktionstag Osna
 http://de.indymedia.org/2004/08/90240.shtml

Noch ein Bericht von der Demo in Bramsche
 http://de.indymedia.org/2004/08/90211.shtml

Bilder von der Anti-Lagertour
 http://de.indymedia.org/2004/08/90201.shtml

Lagerleiter entzieht sich der Abschiebung
 http://de.indymedia.org/2004/08/90109.shtml

600 bei Demo gegen Abschiebelager Bramsche
 http://de.indymedia.org/2004/08/90108.shtml

erfolgreicher start der anti-lager-actiontour
 http://de.indymedia.org/2004/08/90107.shtml

video: Anti-Lager-Tour, 21.8.04 - Zaunaktion
 http://de.indymedia.org/2004/08/90039.shtml

video: Anti-Lager-Tour, 21.8.04 - Anwohner
 http://de.indymedia.org/2004/08/90036.shtml

Korrekturen

pressgroup 26.08.2004 - 10:29
Die email adresse ist falsch. Sie muss lauten  pressgroup-eisen@gmx.net. Die Telefonnumer ist neu. Sie muss heißen: 0163-6172815.
Und zu allem Überfluss: Die Information, dass Personen mehrmals 42 Stunden gefesselt wurden stimmt so nicht. Schlimm genug, aber die längste Fesselung an den Füßen betrug bei einer Person 2001 29 Stunden, die längste Fesselung für eine Person, allerdings über mehrere Tage, betrug die genannte Zeit von 41 Stunden 40 min.. Das kam bei einer kleinen Anfrage der PDS im März 2004 raus. (link:www1.lt.brandenburg.de, suchen nach "ZABH").

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 2 Kommentare an

. — M

@ . — rr