Eisenhüttenstadt verweigert einen Platz

AntiLagerTourGruppe 18.08.2004 00:34 Themen: Antirassismus
Die Stadt Einsehüttenstadt verweigert der AntiLagerTour einen Platz. Die Tour kommt trotzdem und kündigt Protest an, ein Bericht.
DIE STADT EISENHÜTTENSTADT VERWEIGERT DER ANTI-LAGER-TOUR 2004 DIE INSELHALLE!

Seit mehreren Wochen verhandelt die Vorbereitung für das Camp in Eisenhüttenstadt mit der Stadtverwaltung über die Vermietung der Inselhalle und des Inselplatzes. Obwohl der zuständige Pächter uns die Halle und den Platz vermieten wollte, will die Stadtverwaltung die Anti-Lager-Tour nicht in der Stadt haben und hat so die Anweisung an den Pächter herausgegeben, nicht an uns zu vermieten. Dies geschah trotz anderweitiger Zusagen der Leiterin des Ordnungsamtes Frau Hartz in einem Vorgespräch in Beisein des Leiters des zuständigen Polizeidirektion Herrn Dollas. Es offenbart sich hier ein abgesprochenes Hinhaltespiel. Die zuständige Verwaltung lehnt seit diesem Schreiben jeglichen weiteren Kontakt mit uns ab und erklärt zu unserer Gesprächsbereitschaft, sie sähe dies als nicht notwendig an und begründet dies mit nicht näher spezifizierten ihnen vorliegenden Informationen. Die SPD dominierte Verwaltung der Stadt möchte wohl keine Menschenrechtsaktivisten/innen in der Stadt haben, die die menschenverachtenden Zustände in der Zentralen Aufnahmestelle und dem Abschiebeknast in eine kritische Öffentlichkeit bringen könnten.

WIR KOMMEN TROTZDEM! Wir werten dieses Vorgehen als offensive Akzeptanz der Zustände in den Flüchtlingslagern in Eisenhüttenstadt und sagen dieser menschenverachtenden Politik unseren Protest an.

Bis auf ein Einlenken der Stadt in Bezug auf die Inselhalle und das Inselstadion haben wir unser Camp in den öffentlichen Bereich der Stadt Eisenhüttenstadt verlegt. Wir werden nun vom 2.-5. September vier Tage und vier Nächte lang gegenüber des Kinos Beeskowerstr. Ecke Werkstr. demonstrieren und unseren Protest in die Öffentlichkeit tragen. Wir sind jedoch weiterhin bereit, unsere Dauerkundgebung auf das Inselstadion zu verlegen und die Inselhalle als Versammlungsort zu nutzen.

Vom 2.-5. September 2004 findet in Eisenhüttenstadt das Abschlußcamp der Anti-Lager-Tour statt. Die Anti-Lager-Tour ist eine durch Flüchtlingsgruppen und antirassistische Initiativen organisierte Aktionstour gegen die Lagerunterbringung von Flüchtlingen in der BRD, gegen die Isolierung von MigrantInnen, gegen Ausgrenzung, rassistische Sondergesetze und Abschiebungen. Die Tour beginnt am 20. August in Bramsche / Niedersachsen und führt von dort aus über Neuss, Hannover, Halberstadt, Parchim-Tramm, Berlin nach Eisenhüttenstadt. In Eisenhüttenstadt befindet sich die Zentrale Erstaufnahmestelle für Asylbewerber/innen und der Abschiebeknast auf dem Gelände einer alten Kaserne. Der Abschiebeknast in EH ist berüchtigt für seine menschenverachtenden Zustände. Schon 1998 wurden diese Zustände von der europäischen Antifolterkommission als Folterungen gebrandmarkt. In der sogenannten Beruhigungszelle 2008 werden Menschen an Händen, Füßen und Bauchgurt auf dem Boden gefesselt.

WIR FORDERN VON DER VERWALTUNG DER STADT EISENHÜTTENSTADT:

Die Rücknahme dieser Ablehnung und die abgesprochene Vermietung der Inselhalle und des Inselstadions.

Eine inhaltliche Begründung der Ablehnung uns einen Platz zu vermieten.
Von den politischen Verantwortlichen fordern wir eine öffentliche Stellungnahme zu den Vorfällen und eine Kontrolle ihrer Verwaltung, die versucht, auf dem Verwaltungsweg politischen Protest gegen menschenverachtende Zustände bereits im Vorfeld zu unterbinden.



Vorbereitungsbündnis für Eisenhüttenstadt / bundesweites Vorbereitungsbündnis der Anti-Lager-Action-Tour

Kontakt für Rückfragen:
Pressegruppe: 030-29777698 (bis zum 1.9.2004)
oder: 0160-3410547
bzw. Antirassistische Initiative Berlin: 030-7857281
 http://www.nolager.de
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Ergänzungen

Vielleicht in der Stadt bekannt machen?

Mhhhh 18.08.2004 - 01:00
Also auf der gestrigen Montagsdemo in Eiusenhüttenstadt waren so c.a. 1500 Leute gewsen. Wie wäre es, wenn Ihr nächsten Montag mal Flugis mitnehmt, wo Ihr über die Sache schreibt und vielleicht den Zusammenhang zu Sozialabbau (nämlich die Ideoligie von "wertlosen und wertvollen" Menschenmaterial) erwähnt... möglichst so, daß es für Normalos lesbar ist?

Flüchtlinge-Asyl-Lager-Protest-Widerstand

ein Überblick 18.08.2004 - 04:47

Stadt Bramsche verweigert Strom

rudi 18.08.2004 - 11:04
In Bramsche-Hesepe zeigt sich die Stadt auch nicht besonders kooperativ.
Sie verweigert dem Camp den Strom.
Nicht unbedingt das, was mensch im Allgemeinen als deeskalierend bezeichnen würde.

Dauerkundgebung

quark 18.08.2004 - 12:41
halt wie bei den grenzcamps es machen: wenn platz verweigert wird durch eine halbwegs bekannte "prominente" person mehrere 24 Std. Dauerkundgebungen auf dem Marktplatz anmelden. Nervt Bullen und Stadt gewaltig. Bislang haben sie dann immer ein Platz geduldet.

Medienspiegel

ein Überblick 19.08.2004 - 14:51
Proteste gegen Aufnahmestelle von thomas strünkelnberg
Asyl Kritik an Einrichtung in Bramsche wird lauter – "Größtes Abschiebelager"

Gegen die Landesaufnahmestelle für Flüchtlinge in Bramsche formiert sich Protest. Die Einrichtung sei das "größte Abschiebelager" Deutschlands, sagen die Kritiker.
Bramsche– "Es ist vorbei", sagt Flüchtlings-Betreuerin Ruth Gerdes in der Landesaufnahmestelle in Bramsche bei Osnabrück. Der Mann ihr gegenüber, Ratko Muratowic aus Montenegro, lässt den Kopf hängen – er muss Deutschland endgültig verlassen. "Jetzt muss ich meine Frau und meine Kinder zurücklassen", sagt er bitter. Seine vier Kinder und Ehefrau Nevenka Seydovic, deren Asylverfahren noch läuft, wirken bedrückt. Dienststellenleiter Conrad Bramm bedauert die Menschen: "Wir wollen helfen. Aber es gibt keinen Königsweg." Doch die Kritik an der Einrichtung wird lauter, der niedersächsische Flüchtlingsrat fordert gar die Auflösung.
Ausgelöst hatte die Proteste ein Brief tschetschenischer Flüchtlingen – sie beklagten sich über die Unterbringung. "Die Bewohner wollen den Transfer in Gemeinden, sie verbinden damit eine Bleibeperspektive", erklärt Bramm. "Die Tschetschenen gehören eigentlich nicht zu unserer Klientel, sie haben eine gewisse Chance, in Deutschland bleiben zu dürfen."
Denn zu 95 Prozent seien die 510 Bewohner aus 27 Nationen abgelehnte Asylbewerber. Vorrangiges Ziel sei die Förderung der freiwilligen Ausreise - eine Absicht, die den Flüchtlingsrat oder den Osnabrücker Verein Avanti auf die Barrikaden treibt: "Das ist vollkommen indiskutabel für Menschen, die mit begründeten Hoffnungen im Asylverfahren sind", sagt Kai Weber vom Flüchtlingsrat.
Hildegard Winkler vom Verein Avanti geht noch weiter: Als das "bundesweit größte Abschiebelager" bezeichnet sie die Einrichtung. Unterbringung und Essen seien zudem schlecht. Bramm weist die Vorwürfe zurück: "Wir sind kein Luxushotel, ganz klar", sagt der 52-Jährige. Je vier Menschen einer Nation seien in 27-Quadratmeter-Zimmern der ehemaligen Kaserne untergebracht, Familien in größeren Räumen. Der 29 Jahre alte mazedonische Familienvater Demir Demirovski bestätigt, die Zimmer seien "in Ordnung". Allerdings: "Die Küche stinkt, und es ist besser, einfache Dinge zu essen, die dafür selbst gemacht sind. Aber die Sozialarbeiter helfen uns wirklich."
"Wir sind enttäuscht von den vielen Unterstellungen und Verleumdungen", sagt dagegen Bramm. Damit werde die Ausländerfeindlichkeit der Bevölkerung geschürt. Dabei sei die Zusammenarbeit mit der Stadt Bramsche gut: Asylbewerber hätten etwa die Türen der Grundschule im Ortsteil Hesepe neu gestrichen. Die Stadt ihrerseits habe drei zusätzliche Lehrer eingestellt, die den Kindern in der Lagerschule Sprachkenntnisse vermitteln, sagt Grundschulleiter Henry Albowsky. "Der Vorwurf der Ausgrenzung stimmt nicht", betont er.
Doch der montenegrinischen Familie hilft das nicht. "Es ist eine dumme Situation, aber rechtmäßig", erklärt Gerdes. Vor zwei Wochen sei die Familie nach Bramsche gekommen, doch der Familienvater habe schon 1992 in Hamburg einen Asylantrag gestellt. Dieser wurde abgelehnt. Er sollte abgeschoben werden, ging aber freiwillig nach Jugoslawien. 1997 kam er mit seiner Frau nach Deutschland, hätte aber "gar nicht kommen dürfen", erklärt Gerdes. "Jetzt geht er freiwillig zurück, bekommt aber so schnell keine Papiere. Wir versuchen, ihm dazu zu verhelfen."
Gerdes und ihre Kollegin Elke Gansel verstehen die Proteste nicht: "Wir würden uns wünschen, dass solche Gruppen nicht gegen uns arbeiteten, sondern mit uns", sagt Gansel. Stattdessen: "Die Leute werden mit Falschinformationen gefüttert. Sie glauben, sie könnten bleiben, wenn sie in einer Gemeinde leben. Das ist aber nicht der Fall."
 http://www.gnonline.de/artikel.php?artikelid=212832&edat=20040819&ressort=RE

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Proteste und Camps vor "Dschungelheimen"
Flüchtlinge und ihre Unterstützer gehen auf Anti-Lager-Tour. An sieben Orten wollen sie zwei Wochen lang
vor Abschiebelagern und Gefängnissen gegen die deutsche Asylpolitik protestieren. Erwünscht sind sie nicht
BERLIN taz Offiziell hießen sie bisher "Landesaufnahmestelle für Asylbewerber", mit dem Zuwanderungsgesetz ist neuerdings auch von "Ausreisezentrum" die Rede, im Jargon mancher Behörden kursiert auch die Bezeichnung "Dschungelheim". Seit Jahren werden in der Flüchtlingspolitik neue Projekte geschaffen. "Doch das Ziel bleibt", sagt Doris Fenzer vom bundesweiten Vorbereitungsbündnis der Anti-Lager-Tour: "menschenverachtende Lebensbedingungen und soziale Isolation von Flüchtlingen."

Exemplarisch hierfür ist aus ihrer Sicht die "Gemeinschaftsunterkunft" Tramm in Mecklenburg-Vorpommern: Über 200 Flüchtlinge leben in drei heruntergekommenen Wohnblöcken einer ehemaligen NVA-Kaserne mitten im Wald. Videoüberwacht und hinter Stacheldrahtzäunen müssen die Asylbewerber häufig jahrelang auf ihren Bescheid warten. Leistungen erhalten sie nur in Form von Lebensmittelgutscheinen, die medizinische Versorgung ist oft unzureichend und die Stadtgrenzen dürfen sie auch nicht verlassen. "Dem Lager entkommen sie nur, wenn sie abgeschoben werden, freiwillig ausreisen oder untertauchen", sagt Fenzer.

Zusammen mit dem antirassistischen Netzwerk "Kein Mensch ist illegal" ruft der Vorbereitungskreis zur "Anti-Lager-Tour" auf. Mit Demonstrationen und Camps vor Asylbewerber-Unterkünften und Abschiebegefängnissen wollen mehrere hundert selbstorganisierte Flüchtlinge zusammen mit Unterstützergruppen 17 Tage lang gegen die Flüchtlingspolitik in Deutschland protestieren. Beginnen soll die Tour am Freitag in Bramsche bei Osnabrück - seit die CDU-Landesregierung das "Ausreisezentrum" auf 550 Plätze aufgestockt hat, das größte Abschiebelager in Deutschland. Zweimal war Bramsche allein im vergangenen Monat in den Schlagzeilen, weil Asylbewerber gegen ihre miserablen Heimbedingungen demonstriert haben.

Von dort aus wollen die Demonstranten im Autokonvoi weiter zum Frauen-Abschiebegefängnis in Neuss fahren, am Flughafen Hannover-Langenhagen protestieren und unter anderem in Berlin, Halberstadt und Parchim campieren.

Willkommen sind die Demonstranten nicht. Im brandenburgischen Eisenhüttenstadt, der letzten Station der Anti-Lager-Tour, hat das Ordnungsamt den Pächter angewiesen, die Zusage einer bereits bewilligten Zeltwiese zurückzunehmen. Die Demonstranten seien nicht erwünscht, heißt es. "FELIX LEE

taz Nr. 7439 vom 19.8.2004, Seite 6, 83 Zeilen (TAZ-Bericht), FELIX LEE
 http://www.taz.de/pt/2004/08/19/a0141.nf/text.ges,1

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Stadt Eisenüttenstadt verweigert Inselhalle 18.08.2004
DIE STADT EISENHÜTTENSTADT VERWEIGERT DER ANTI-LAGER-TOUR 2004 DIE INSELHALLE!
 http://www.inforiot.de/news.php?topic=news&article_id=3375

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Jungle World in Not!
 http://de.indymedia.org/2004/08/89733.shtml

Das Lager mit der Zelle 2008
In Eisenhüttenstadt steht der Abschiebeknast gleich neben der Zentralen Erstaufnahmestelle für Asylbewerber. martin kröger (text) und tim zülch (fotos) haben sich dort umgesehen
Fahndungsmäßige erste Überprüfung!« Keine Widerrede, Sie befinden sich 30 Kilometer von der Staatsgrenze entfernt. »Dass wir Ihre Personalien kontrollieren, ist ganz normal«, sagt der Beamte des Bundesgrenzschutzes unwirsch, bevor er mit den eingesammelten Ausweisen in Richtung seines Dienstfahrzeugs marschiert, um telefonisch die Dokumente in der Zentrale überprüfen zu lassen.

»Herzlich Willkommen in Eisenhüttenstadt« konnte man kurz zuvor am Ortseingangsschild zur »ersten sozialistischen Stadt«, wie die ehemalige Stalinstadt in der DDR auch genannt wurde, lesen. Doch wer willkommen ist und wer nicht, entscheidet in der Stadt an der Oder zunächst einmal der Bundesgrenzschutz, der trotz EU-Osterweiterung überall patrouilliert.

Kontrollen gibt es nicht nur wegen der nahen Grenze. Diejenigen, die nach Eisenhüttenstadt kommen, um das Gelände der Zentralen Ausländerbehörde für Asylbewerber des Landes Brandenburgs (ZABH) zu besuchen, dürfen ihre Ausweise keine 50 Meter von der Kontrolle des Bundesgrenzschutzes entfernt an der Schranke vor dieser Behörde erneut zücken.

»Ohne gültige Personalausweise kommen Sie hier nicht rein«, erklärt ein mit grauer Hose und hellblauem Hemd bekleideter älterer Wachmann. Der Bedienstete, der sich in einem Container mit der Aufschrift »Rezeption« verschanzt hat, gehört zur Firma B.O.S.S. Das private Sicherheitsunternehmen betreibt im Auftrag des Landes Brandenburg seit vier Jahren die Zentrale Erstaufnahmestelle für Asylbewerber (Zast) und das Abschiebegefängnis des Landes Brandenburg. Dass diese beiden Institutionen auf ein und demselben Gelände liegen, ist einzigartig in der Bundesrepublik.

Während im Innern des Containers fleißig die Personalien notiert werden, fährt nebenan der Wagen eines örtlichen Unternehmens zur Schädlingsbekämpfung vor. Der Eingang ist nicht nur durch einen Schlagbaum, sondern auch durch Zäune und Kameras gesichert. »Sie brauchen diesen roten Passierschein, um zum Abschiebegewahrsam zu kommen«, erläutert der Sicherheitsmann, nachdem er sich telefonisch rückversichert hat, dass die Besuche im Abschiebegefängnis in Ordnung gehen. Nach einer knappen Wegbeschreibung lässt er passieren.

»Es ist total wichtig, die Leute im Gefängnis zu besuchen«, sagt Robert Claus, der bei der Alliance of Struggle mitmacht. Die Alliance, ein Zusammenschluss von Flüchtlingsgruppen und antirassistischen Initiativen, besucht regelmäßig die Insassen der Abschiebehaftanstalt. »Die Idee zur Gründung der Alliance kam, nachdem wir voriges Jahr ein antirassistisches Pfingstcamp hier in Eisenhüttenstadt gemacht haben«, erzählt Claus auf dem Weg über das ehemalige Kasernengelände. »In den letzten Jahren gab es hier nur sehr wenige Menschen, die die Häftlinge kontinuierlich besucht haben«, berichtet er.

Der Abschiebeknast, ein zweistöckiges Flachdachgebäude, befindet sich in der hinteren Ecke des Areals. Hinter den stabilen, mehrere Meter hohen Stahlzäunen, die mit Rollen von Nato-Draht bestückt sind, spielen gerade die männlichen Gefangenen mit freien Oberkörpern Fußball. Die Abschiebehäftlinge hier haben täglich eine Stunde Freigang, erzählt Lena Holzapfel*, die gekommen ist, weil sie Nina Alexandrowa* besuchen möchte. Wie Claus ist Holzapfel bei der Alliance of Struggle aktiv. Bevor sie allerdings ihre Mitbringsel, Zigaretten, Zeitschriften und in der Hitze geschmolzene Schokolade, an Nina Alexandrowa überreichen kann, gilt es, einige Hürden zu nehmen: den zweiten Ausweischeck, die Passierscheinkontrolle und eine abschließende Leibesvisitation im so genannten Durchsuchungszimmer. Hier fällt besonders der große Karton mit den Plastikhandschuhen auf.

Erst nach dieser Prozedur kann die Besucherin, immer in Begleitung einer Wärterin, zu Alexandrowa in den kahlen, schmucklosen Besucherraum gelangen. Die junge Russin, etwa Mitte 20, lächelt, als sie den Besuch erblickt. »Seit vier Monaten bin ich hier«, erzählt sie. Dreimal hätte sich ihre Abschiebung nach Russland bereits verzögert. »Im Gegensatz zu anderen will ich unbedingt nach Hause, um meine Familie wieder zu sehen«, sagt sie. Da sie aber ihren Pass verloren hat, schieben die deutschen Behörden sie nicht ab, obwohl inzwischen die russische Miliz aktuelle Dokumente gefaxt hat, wie sie sagt. Von ihr vor Gericht eingereichte Beschwerden blieben genauso erfolglos wie Anrufe in der russischen Botschaft. Inzwischen hat sie jede Hoffnung aufgegeben. »Hier werde ich verrückt, ich kann nicht mehr«, sagt sie. Als besonders belastend empfindet sie, neben der Verweigerung der Ausreise, die Monotonie des Alltags. »Außer essen und schlafen mache ich nicht viel.«

Die einzige Abwechslung ist der tägliche Flirt mit den getrennt einsitzenden männlichen Insassen, mit denen sie sich beim Freigang durch die vergitterten Fenster unterhalten kann. Direkte Kontakte zwischen den Geschlechtern sind jedoch untersagt. Dabei wünscht sich Alexandrowa nichts sehnlicher »als Bier und einen Mann«.

Unterstützung erfährt sie immerhin von ihren Mitgefangenen. Als sie beispielsweise nach den ersten Wochen im Abschiebeknast unregelmäßige Blutungen bekam und ins Krankenhaus musste, waren ihr die anderen weiblichen Insassen eine große Hilfe. Bevor sie dort eingeliefert wurde, hatte die einzige Krankenschwester sie eine Woche lang mit täglich dreimal verabreichten Pillen zu heilen versucht. »Sie haben mich mit Tabletten gefüttert«, sagt sie. Welche Wirkstoffe das Medikament enthielt, sei ihr bis heute nicht bekannt. In Fällen psychischer Destabilität gebe es Psychopharmaka. »Die machen dich ruhig und ein wenig glücklich«, beschreibt Alexandrowa.

Wer aggressiv wird oder sich wehrt, kommt in eine der beiden so genannten Beruhigungszellen. In den auch Zelle 2007 und Zelle 2008 genannten Räumen liegt nach Angaben mehrerer Zeugen jeweils eine Art Matratze auf den Boden, mehrere Fesseln dienen dazu, die Häftlinge dort zu fixieren. Die Räume werden mit Kameras überwacht.

Auf eine kleine Anfrage der PDS-Landtagsfraktion vom März dieses Jahres gestanden die Landesregierung und das Innenministerium unter Minister Jörg Schönbohm (CDU) die Existenz solcher »Ruhigstellungsräume« ein. Als Gründe für die Unterbringung von Personen dort nannte die Landesregierung »Angriffe auf in der Abschiebehafteinrichtung tätige Personen oder andere Insassen, Sachbeschädigungen, Selbstverletzungshandlungen, Suizidversuche, vorsätzliche Verschmutzung der Zellen mit Unrat und Exkrementen«. Wer wie lange in den »Ruhigstellungsräumen« festgeschnallt wird, entscheidet nach Angaben der Landesregierung der Schichtleiter, einer der wenigen staatlichen Bediensteten im Abschiebegefängnis. Bei der Inbetriebnahme der Abschiebehaftanstalt im August 1999 wurden drei Mitarbeiter, die seitdem ihr Wissen in »innerdienstlichen Fortbildungsmaßnahmen« weitergegeben haben, in der Benutzung der Gurtsysteme ausgebildet.

»Die maximale Zeit einer Fixierung – allerdings nur mit Fußfesseln – betrug in einem ganz außergewöhnlichen gelagerten Einzelfall im Jahre 2001 29 Stunden und 25 Minuten.« Diese Maßnahme sei nötig gewesen, weil »das Verhalten der untergebrachten Person von ungewöhnlich hoher Aggressivität geprägt war und bei Aufhebung der Fesselung Selbstverletzungen vorgenommen wurden (Schlagen des Kopfes gegen die Wand.)«, schrieb das Innenministerium in der Antwort auf die kleine Anfrage.

Bereits im Jahr 2000 war das Europäische Komitee zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT) auf einer seiner Inspektionsreisen in Eisenhüttenstadt auf die Zelle mit der Nummer 2008 gestoßen. In ihrem Bericht schrieben die unabhängigen Mitglieder des CPT damals: »Die Bedingungen in einer der beiden Beruhigungszellen in Eisenhüttenstadt (Zelle 2008) sind total unakzeptabel. Die Zelle ist mit vier Metallringen, die im Boden verankert waren, ausgestattet, um eine Person an Händen und Füßen zu fesseln. Hand- und Fußschellen sind im Raum verfügbar.« Das Komitee forderte seinerzeit die sofortige Entfernung der in den Boden eingelassenen Metallringe.

Während das Brandenburger Innenministerium damit die größten Mängel in der Abschiebehaftanstalt behoben sieht, beanstanden Organisationen wie der Flüchtlingsrat Brandenburg weiterhin »die unhaltbaren Zustände« in Eisenhüttenstadt, da sich auch vier Jahre nach dem Besuch des CPT »nicht viel geändert hat«.

Denn nicht nur die Ausstattung der Zellen wurde von den Inspekteuren des CPT kritisiert. Die 13köpfige Delegation aus Ärzten, Juristen, Gefängnis- und Menschenrechtsexperten des Europarates bemängelte zudem die Qualifikationen des auf dem Gelände der ZABH eingesetzten Personals, zum Beispiel die fehlenden Fremdsprachenkenntnisse. »Ich habe noch nie einen Deutschen getroffen, der Englisch oder Französisch spricht«, erzählt Jeanne Ndumbe*, die erst seit einigen Wochen in Deutschland ist. Gemeinsam mit vielen anderen ist sie in der 650 Plätze bietenden Erstaufnahmeeinrichtung für AsylbewerberInnen (Zast) des Landes Brandenburg untergebracht. Seit der deutschen Wiedervereinigung werden dort Asylsuchende registriert und vom Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge zu ihren Asylverfahren angehört. Danach werden sie auf die verschiedenen Heime im Land Brandenburg verteilt.

Auf dem ehemaligen Exerzierplatz, der zwischen den mehrstöckigen Wohnblöcken liegt, haben es sich einige Flüchtlinge auf Holzbänken in der Abendsonne gemütlich gemacht. In der Runde geht es immer wieder um die Probleme der Verständigung mit den Behörden. Eine junge Frau aus Kamerun, die mit Ndumbe befreundet ist, hat Angst um ihren eine Woche alten Säugling, weil sie glaubt, dass das Kind abgeschoben werden soll. »Duldung bedeutet doch Abschiebung, oder nicht?«, fragt sie in die Runde, während sie das winzige Mädchen durch die Luft wirbelt, damit es aufhört zu schreien. Von Deutschland hält sie nicht viel. »Im Krankenhaus haben sie mir nach der Geburt eine kleine Decke für den Säugling gegeben«, sagt sie. Danach sei sie sofort in die Zast zurückgeschickt worden.

Nebenan sitzende Pakistanis bieten an, ihre Unterkünfte zu zeigen. Zu acht sind sie in einem spartanisch möblierten Raum untergekommen. Die Matratzen und die Decken zeigen deutliche Verschleißspuren. Aus einem alten Kassettenrecorder dröhnt Musik. »Das Essen aus der Kantine ist zwar nicht schlecht«, erzählt einer, »trotzdem bevorzugen wir selbst gekochte Sachen.« »Zehn Euro Taschengeld pro Woche bekommen wir für Lebensmittel«, sagt ein anderer. Behelfsmäßige Küchen sind vorhanden.

Die Insassen im Abschiebeknast kriegen noch weniger Geld. Von vier Euro, 75 Cent sprach Nina Alexandrowa, die junge Russin, bevor die einstündige Besuchszeit vorbei war. Und dass von dem Betrag auch Dinge wie Haarshampoo oder Cremes gekauft werden müssten.

Während Alexandrowa das, was sie braucht, nur im knasteigenen Shop erwerben kann, dürfen die Asylsuchenden aus der Zast im nur drei Minuten entfernten Marktkaufcenter, einer der typischen überdimensionierten Malls, einkaufen gehen. Aber das ist keine ungefährliche Sache. Zwar ist es nicht mehr wie im Jahr 1992, als vor der mit 2000 Menschen völlig überfüllten Zast jedes Wochenende ein Mob von Neonazis randalierte, aber rechtsextreme Übergriffe auf Flüchtlinge gibt es immer noch. So bedrohten im Februar 2001 zwei rechte Jugendliche einen 30jährigen Türken in dem Einkaufszentrum, nachdem sie zuvor einen Vietnamesen in den Küchenbereich des nahe gelegenen McDonald’s gejagt hatten. Den dabei verwendeten Baseballschläger hatten sich die Jugendlichen in der Sportabteilung des Shoppingcenters besorgt. Das ist heute nicht mehr möglich. »Baseballschläger haben wir nicht mehr im Sortiment«, sagt ein grinsender Mitarbeiter von Marktkauf, »weil damit zu viel Unfug getrieben wird.«

»Unfug« heißt für die NachbarInnen des Geländes der ZABH nicht rechte Gewalt, sondern vielmehr die Verschmutzung des Weges vom Gelände zu Marktkauf, die den AsylbewerberInnen zur Last gelegt wurde, wie die Integrationsbeauftragte der Stadt, Katrin Heyer, weiß. Erst seit AsylbewerberInnen in Arbeitstrupps für einen Euro pro Stunde den Weg reinigen, sei der »Gewöhnungseffekt« bei den BürgerInnen eingetreten, sagt die seit 1991 in dieser Funktion tätige Heyer. Dass es so wenige Kontakte zwischen den EisenhüttenstädterInnen und den AsylbewerberInnen gibt, liege ihrer Ansicht nach vor allem daran, dass die Flüchtlinge immer nur für wenige Wochen in der Stadt sind. »Aufgrund des kurzen Aufenthalts können die Bürger keine regelmäßigen und freundschaftlichen Beziehungen pflegen.« Allerdings muss sie eingestehen, dass solche Kontakte auch nicht angestrebt werden. Von den BewohnerInnen des hinter dem Abschiebeknast gelegenen Wohn- und Schrebergartengebietes sei niemand der Einladung zum Sommerfest im Juli in die ZABH gefolgt, räumt Heyer ein.

Das Fest wurde unter anderem von der Action Courage getragen, in der neben Heyer und weiteren Stadtangestellten zivilgesellschaftliche Gruppen, Kirchen und Parteien, darunter sogar die CDU, vertreten sind. Das seit dem Sommer 2000 existierende Bündnis, das finanziell maßgeblich vom größten Arbeitgeber der Stadt, der EKO-Stahl GmbH, getragen wird, beschäftigte sich jedoch mehr mit dem Kampf gegen Rechtsextremismus und der Organisation von Gegenkundgebungen bei Naziaufmärschen als mit den Problemen auf dem Gelände der ZABH, bemängelt Paul Rothe, der die alternativen Jugendgruppen bei Courage vertritt. »Der gesellschaftliche Rassismus und die Zustände in der ZABH sind in dem Bündnis kein Thema«, sagt Rothe. Die Leute hätten Angst, gegen Mauern zu laufen, meint er. Es sei nicht mal möglich gewesen, eine Informationstafel auf dem Gelände der ZABH anzubringen, auf der in mehreren Sprachen die ersten Schritte beim Asylverfahren erläutert werden sollten. »Die Tafel wird seit Jahren beim Innenministerium totgeprüft«, sagt er, genau wie das Vorhaben der Alliance of Struggle, eine unabhängige Rechtsberatung für Flüchtlinge anzubieten.

Die einzigen Organisationen, die außerhalb des Lagerareals Räume zur Verfügung stellen und Beratungen anbieten, sind derzeit die Caritas und die Diakonie im evangelischen Gemeindezentrum, wo zudem einmal monatlich der internationale Treffpunkt Café Arche stattfindet.

Eine antirassistische Infrastruktur und linke Jugendclubs sucht man in Eisenhüttenstadt vergeblich. Der letzte linke Treffpunkt, das Cafe Olé, ist derzeit wegen »Umbauarbeiten« vom Jugendamt geschlossen. Etwas Leben in die Trostlosigkeit wollen Anfang September die AktivistInnen der Anti-Lager-Tour bringen. »An diesem Ort finden sich verschiedene Komplexe desselben Systems: Grenze, Abschiebeknast und Zentrale Erstaufnahmestelle«, begründet eine Organisatorin der Tour die Wahl Eisenhüttenstadts als Campgelände und Aktionsgebiet.

* Namen von der Redaktion geändert.

 http://www.jungle-world.com/seiten/2004/33/3723.php
 http://www.inforiot.de/news.php?topic=news&article_id=3348

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Jenseits des Grenzcamps
Die Anti-Lager-Tour protestiert gegen die systematische Ausgrenzung von Flüchtlingen. von anke schwarzer
Dschungelheime« nennen viele Flüchtlinge die Orte, an denen sie zwangsweise untergebracht werden. Tramm / Zabel bei Parchim und Seligenstadt bei Bautzen sind nur zwei von vielen. Die Unterkünfte liegen von den nächsten Ortschaften kilometerweit entfernt. Jeder Schritt der Bewohner wird registriert; es gibt Videoüberwachung, Eingangskontrollen, Zimmerdurchsuchungen und einen Wachdienst mit Schäferhund. Abgepackte Essensrationen, der Entzug von Bargeld und eine eingeschränkte Gesundheitsversorgung zählen zu den üblichen Bedingungen.

Vom 20. August bis 5. September will die Anti-Lager-Tour quer durch Norddeutschland gegen das System der Ausgrenzung, von dem allein in Deutschland rund 600 000 Flüchtlinge betroffen sind, protestieren. Ziel der 17tägigen Tour ist es, die Realität der Lager ins öffentliche Bewusstsein zu rücken. An den einzelnen Stationen, etwa dem Abschiebelager Bramsche-Hesepe in Niedersachen, in dem rund 550 Menschen untergebracht sind und wo eine eigene Schule eingerichtet wurde, der Zentralen Erstaufnahmestelle bei Halberstadt oder dem »Dschungelheim« Tramm bei Parchim in Mecklenburg-Vorpommern, soll politisch Druck ausgeübt werden, indem die selbst organisierten Proteste der Flüchtlinge unterstützt werden. Um eine geplante Abschiebung zu verhindern, hatten beispielsweise Ende Juli rund 100 Asylbewerber die Zufahrt zur Landesaufnahmestelle in Bramsche-Hesepe blockiert, sodass etwa 100 Angestellte der Landesaufnahmestelle, der dortigen Ausländerbehörde sowie des Bundesverwaltungsamtes nicht zu ihren Arbeitsplätzen gelangen konnten.

In Deutschland lassen sich fünf Typen von Lagern unterscheiden: Flüchtlinge, die einen Asylantrag stellen, werden zunächst für etwa drei Monate in einer Zentralen Aufnahmestelle untergebracht. Die meisten, die über den Luftweg einreisen, kommen in ein zum »Transitraum« deklariertes Internierungslager direkt am Flughafen. Normalerweise erfolgt für die gesamte Dauer des Asylverfahrens die Unterbringung in so genannten Gemeinschaftsunterkünften. Das können Wohnhäuser sein, Containerlager oder ehemalige Kasernenkomplexe für mehrere hundert Menschen. Weiterhin landen jedes Jahr zwischen 10 000 und 20 000 Flüchtlinge und andere Migranten im Abschiebegefängnis, wo sie bis zu sechs, in Ausnahmefällen bis zu 18 Monaten festgehalten werden dürfen. In so genannte Ausreisezentren werden Menschen eingewiesen, die mangels gültiger Ausweispapiere nicht abgeschoben werden können.

Das Ziel der Tour ist es nicht nur, gegen die einzelnen Unterkünfte zu protestieren. Das Lagersystem soll als eine extreme Form gesellschaftlicher Ausgrenzung von Menschen ohne deutschen Pass, seine Bestandteile sollen als Orte rassistischer Verfolgung durch den Staat thematisiert werden. Denn zum einen dürfen Flüchtlinge ihren Wohnort nicht frei wählen und leben isoliert von der übrigen Bevölkerung, zum anderen sind sie ständig Degradierungen und Demütigungen ausgesetzt. Die Residenzpflicht ist eines der wichtigsten Instrumente, mit denen die Anwesenheit der Flüchtlinge in den Unterkünften erzwungen wird.

Thema soll aber auch das internationale System der Flüchtlingslager sein. Um Migration weltweit zu kontrollieren und nach politischen und ökonomischen Kriterien zu steuern, erfolgt immer häufiger eine Internierung von Flüchtlingen direkt in den Kriegs- und Krisenregionen, so etwa 1999 in Jugoslawien und voriges Jahr im Irak. Schlagzeilen machte das von der International Organisation of Migration (IOM) im Auftrag der australischen Regierung geführte Internierungslager für Boat People auf der Pazifikinsel Nauru. Und Bundesinnenminister Otto Schily schreckte bei seinem Vorschlag, Flüchtlingslager in Nordafrika einzurichten, nicht davor zurück, »humanitär« zu argumentieren und zu behaupten, die Flüchtlinge müssten zu ihrem eigenen Schutz interniert werden, damit sie nicht mit ihren Booten und Flößen auf dem Mittelmeer kenterten. An der östlichen EU-Grenze existieren bereits rund 25 so genannte Auffanglager. Besonders berüchtigt ist das Pavshino-Lager an der Westgrenze der Ukraine. Nach einem Bericht der Organisation Human Rights Watch aus dem Jahr 2002 werden dort hunderte illegaler Einwanderer unter unmenschlichen Bedingungen festgehalten.

»Wir wollen, dass alle Lager geschlossen werden und alle gleiche Rechte haben«, erklärt ein Aktivist der Brandenburger Flüchtlingsinitiative, die wie auch die Karawane, The Voice und Teile des Netzwerks »Kein Mensch ist illegal« an den Vorbereitungen zur Anti-Lager-Tour beteiligt ist. »Außerdem sollen die Deutschen wissen, dass es solche Orte für Ausländer gibt.« Die Vorbereitung laufe gut, sagt der Flüchtling aus Potsdam, wo allein zwischen 150 und 200 Flüchtlinge die Treffen der Brandenburger Initiative besuchten. »Ein großes Problem für Flüchtlinge sind allerdings die Fahrtkosten und die Residenzpflicht. Viele haben immer noch Angst, an den Treffen teilzunehmen, weil sie mit rassistischen Kontrollen auf dem Weg rechnen müssen.«

Die große und intensive Beteiligung von Flüchtlingen an der Planung der Tour sei das politisch Neue im Vergleich zu den Grenzcamps der vergangenen Jahre, sagt Gregor Samsa, der in der bundesweiten Vorbereitungsgruppe mitarbeitet, in der rund die Hälfte der Aktivisten aus Flüchtlingsinitiativen kommt. Zwar existiere immer noch eine ungleiche Aufgabenverteilung zwischen Flüchtlingen und Menschen mit deutschem Pass. »Das hat aber in der Regel mit den unterschiedlichen materiellen Ressourcen zu tun.« Ein weiteres Problem bei der gemeinsamen Vorbereitung sei, dass viele Flüchtlinge allenfalls einmal in der Woche Zugang zu elektronischer Kommunikation haben, während die deutschen Aktivisten jede Stunde mailen könnten.

»Wir rechnen mit 150 Leuten, die durchgehend an der Tour beteiligt sind und mit dem Bus- und PKW-Konvoi fahren«, sagt Gregor Samsa. Für die Wochenenden wird die Teilnehmerzahl auf 400 bis 600 Personen geschätzt. Er betont, dass die Anti-Lager-Tour eine völlig neue Initiative und kein Nachfolgeprojekt der Grenzcamps sei, auch wenn ein Teil des neuen Bündnisses diese früher organisiert habe.

In den vergangenen sechs Jahren bildeten die Grenzcamps die Highlights der antirassistischen Bewegung. Die bundesweite Vorbereitungsgruppe hatte allerdings am Ende des Kölner Camps im August 2003 festgestellt, dass eine weitere Zusammenarbeit wegen innerer Konflikte nicht mehr möglich sei. »Der Konflikt wird schon Jahre mitgeschleift, bereits in Frankfurt 2001 gab es die erste Spaltung: Einige Leute wollen Rassismus und Migration gerne in einem größeren gesellschaftlichen Zusammenhang thematisieren, anstatt sich blind nur auf die Zusammenarbeit mit Flüchtlingsinitiativen zu konzentrieren«, sagt eine Frau, die jahrelang die Grenzcamps mit vorbereitete und sich an der Anti-Lager-Tour nicht beteiligt.

Den Organisatoren der Tour wurde vorgeworfen, bloßen Antirassismus zu betreiben. Zu Unrecht, findet Samsa. Die Themenpalette sei größer: Abschiebelager seien als extreme Form gesellschaftlicher Entrechtung zu betrachten, als Spitze des Eisbergs, ohne dass der Eisberg selbst aus den Augen verloren werde.

 http://www.jungle-world.com/seiten/2004/33/3707.php

Yorck59 bedroht "Antirassistische Initative"

ein Überblick 19.08.2004 - 15:06
Ihr kriegt uns hier nicht raus!
Das Berliner Hausprojekt Yorck 59 ist durch eine angedrohte Mieterhöhung gefährdet.
Viele Flüchtlingsinitiativen sind dort untergebracht.
von christoph villinger
 http://jungle-world.com/seiten/2004/34/3757.php

Blutiger Füller an Ausländerbehörde Göttingen

ein Überblick 19.08.2004 - 18:35

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