Montagsdemo in Münster

Crescendoista 17.08.2004 16:20 Themen: Soziale Kämpfe
Auch in Münster gab es eine Montagsdemo. Nachdem es bei der ersten lediglich 6 Leute waren, kamen diesmal knapp 200. Im folgenden ein kurzer Bericht und ein paar Fotos.
Die Demonstration wurde organisiert von der unabhängigen Arbeitslosen-Gruppe "Wehrt Euch!". Neben dem üblichen linken (Parteien) Klüngel, der aber aufgrund von Ferien und Co nicht so zahlreich vertreten war, kamen auch zahlreiche Bürgers und/oder Betroffene. Nach den ersten Metern gab es auch gleich eine positive Überraschung, als die OrganisatorInnen stoppten und die Parteien aufforderten ihre Fahnen wieder einzupacken. Als dies geschah ging´s dann weiter vom Dom vorbei am Schloßplatz und Münzstrasse, in die Innenstadt zurück bis Prinzipalmarkt. Redebeiträge gabs keine, auch ein Lauti fehlte. Zum Schluß wurde dann noch tatsächlich der Streifenwagen-Lautsprecher benutzt um Infos zu verbreiten. Dafür gab´s für eine eher bürgerliche Demo viele Sprechchöre. "Wir sind das Volk" war zwar kaum dabei, dafür aber manchmal ähnlich blödsinniges wie "Hartz muss weg - Arbeitsplätze her!". Nazis wurden keine, zumindest keine organisierten oder uns bekannten gesichtet.

Erfreulich: In Münster hat sich in den letzte Tagen ein antikapitalistisches Bündnis gebildet.

Im folgenden das erste Papier vom Bündnis:

Kapitalismus abschaffen -
Mit Hartz anfangen!

Vorneweg: Wir leben in einem kapitalistischen System, das auf Profitmaximierung und der Freiheit des Marktes beruht. In den letzten Jahren und Jahrzehnten haben sich die globalen Verhältnisse zu einer stetig stärker werdenden Liberalisierung der Wirtschaft entwickelt. Folge dieser stetig zunehmenden wirtschaftlichen „Freiheit“ ist beispielsweise eine rigorose Sparpolitik in den staatlichen und kommunalen Kassen, welche wiederum in Kürzungen und Streichung vor allem im sozialen und kulturellen Bereich mündet. Diese Entwicklung hat natürlich auch vor der BRD nicht halt gemacht und ist aktuell besonders durch den Sozialabbau im Rahmen der „Agenda 2010“ spürbar.

Hartz IV und Arbeitslosengeld II, als Bestandteil der Agenda 2010, bedeuten konkret, dass Arbeitslose zukünftig in Jobs zu Niedrigstlöhnen gezwungen werden. Die zwangsläufige Entwicklung ist das regulären ArbeitnehmerInnen gekündigt wird und statt dessen billigere und rechtlose Arbeitskräfte aus den sogenannten „PersonalServiceAgenturen“ (PSA), die inzwischen geschaffen wurden, eingestellt werden. Nur eine Minderheit wird zukünftig einen festen, Arbeits- oder Tarifrechtlich abgesicherten Arbeitsplatz haben. Hartz IV bedeutet, dass den jetzigen Arbeitslosen etwa 10 Milliarden Euro im Jahr genommen werden. Diese Streichung wird Armut und Verelendung vieler Menschen zur Folge haben. Schätzungsweise ein Viertel aller Arbeitslosenhilfeempfänger wird durch die extremen Kürzungen und der Anrechnungen von Ersparten keine Unterstützung mehr erhalten.
Früher oder später, mehr oder weniger, werden die allermeisten Menschen die Folgen von Hartz und Agenda 2010 zu spüren bekommen!

Unsere Utopie oder unser Ziel ist es nicht, den „Sozialstaat“ von vor 10 Jahren zu feiern oder wieder einsetzen zu wollen. Unsere Utopie und unser Ziel ist eine Gesellschaft ohne Lohnabhängigkeit und Zwangsarbeit, eine Gesellschaft in der es keinen Chef mehr gibt vor dem wir buckeln müssen um für einen Hungerlohn malochen zu dürfen. Eine Gesellschaft in der jeder und jede nach den individuellen Fähigkeiten und Bedürfnissen arbeitet. Eine Gesellschaft in der wir solidarisch miteinander umgehen und uns nicht gegeneinander ausspielen lassen. In der nicht die den besten Lebensstandard haben die am meisten besitzen, sonder wo nach dem Motto „Alles für alle“ gewirtschaftet und gelebt wird. In der es nicht darauf ankommt welche Hautfarbe, Herkunft, Geschlecht, Religion oder Sexualität ein Mensch hat. Von diesem Zustand sind wir leider weit entfernt, trotzdem werden wir weiterhin dafür kämpfen!

Aber trotzdem, oder vielleicht gerade deswegen, sind wir nicht länger bereit das hinzunehmen was hier gerade abgeht. Wir haben schon lange keinen Bock mehr immer weiter zuzusehen wie ständig mehr Menschen in die Armut gedrängt werden und nur wie Ware behandelt werden. Es reicht mit dem Kürzungswahn im sozialen, kulturellen und Bildungsbereich. Schluß mit der Ausbeutung, Hetze und Repression auf dem Arbeitsmarkt. Schluss mit dem kosmetischen Schnickschnack, weg mit der ganzen unsozialen Agenda 2010!

Wichtig ist es den Widerstand selbstorganisiert, basisdemokratisch und „von unten“ aufzubauen. Keine Chance den Parteien die uns für ihre Machtinteressen vereinnahmen wollen und zum festen Inventar dieses kapitalistischen Systems gehören. Zur ach so sozialen Politik von Rot/Grün/Schwarz/Gelb muss wohl an dieser Stelle nichts mehr gesagt werden. Und PDS AnhängerInnen werden beim Blick auf PDS regierte Bundesländer noch nicht mal marginale Verbesserungen feststellen. Im Parlamentarismus folgen die Parteien nun mal den „Sachzwängen“ des Kapitals.

Was wir in keinster Weise dulden dürfen sind Rechtsextreme jeglicher Coleur, die sich auf der jetzigen Protestwelle einen sozialen Anstrich verpassen wollen. Rassisten, Faschisten und Antisemiten, die ihren vermeintlichen Antikapitalismus auf einer „Blut und Boden“ Ideologie aufbauen, haben bei sozialen Protesten rein garnichts zu suchen und haben augenblicklich von jeder Aktion zu fliegen.

Hartz und Agenda betrifft jeden und jede -
deshalb ist es wichtig entschieden dagegen vorzugehen!

Bündnis „Besser Leben!“ c/o Umweltzentrum Scharnhorststr. 57 48151 Münster
Mail:  buendnis_besser_leben@yahoo.de
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Ergänzungen