Montagsdemo in Leipzig

ein leipziger libertärer 17.08.2004 14:32 Themen: Soziale Kämpfe
Am 16.8. fand zum zweiten Mal die Montagsdemonstration in Leipzig statt, diesmal mit 20000 Menschen doppelt soviel wie letztes Mal.
Wer war dabei? Ich konnte natürlich nicht alle ausfragen, aber die mit denen ich gesprochen habe, waren arbeitslos oder davon bedroht. Es wurde aber auch gesagt, daß es auch eine moralische Pflicht wäre, jetzt auf die Straße zu gehen, daß man auch so kommen würde. Einige waren auch schon 89 auf die Straße gegangen. Auch vom Alter der meisten Demontrantinnen wäre es nicht unwahrscheinlich, daß ein beträchtlicher Teil bereits 1989 dabei war. Dies ist jetzt nicht repräsentativ, ich kann nur meine Eindrücke wiedergeben.
Organisiert anwesend vom rechten Rand waren die Sekten INWO (Freigeld-Anhänger) mit einem Transpi und Flyern und BüSo (LaRouche-Anhänger) mit einem Schild, daß später dann zerstört wurde und ein paar Nazis (dazu unten mehr). Zudem verteilte die KPD Zeitungen, auf denen Stalin, Lenin, Marx, Engels in einer Reihe standen.
Von den etablierten "linken" und gewerkschaftlichen Organisationen waren IG-Metall und PDS mit mehreren Fahnen und Schildern vertreten.
Weiterhin waren wieder die Leipziger Libertären und die FAU Leipzig dabei. Im Vorfeld gab es unter dem Motto "Die soziale Frage ist linksradikal" Versuche die Menschen, die sich in der"linken Szene" bewegen zu mobilisieren, für ihre Interessen auf die straße zu gehen und Nazis aus der Demonstration zu werfen. Vereinzelt sind Leute aufgrund dessen gekommen, der Großteil der linken Szene hat sich von der Demonstration ferngehalten und wenn welche kamen, dann um in der Demonstration Nazis auszuspähen. Es soll einen Pulk von zehn Nazis gegeben haben, die sich am Rand der Demo aufhielten und diese schließlich auch verließen (vielleicht kann jemand da noch etwas ergänzen). Von den "Leipziger Libertären" wurden 2000 Flugblätter unter dem Titel "Nazis raus der Demo!" verteilt, hier wurde argumentiert, warum rechte Sekten und Nazis nichts auf der Demonstration zu suchen haben, warum wir uns nicht in Nationen spalten lassen sollten und aufgefordert nicht wegzuschauen, sondern aktiv zu werden, wenn rechtsradikale Menschen oder Flugblätter auftauchen. Diese wurden sehr positiv aufgenommen. Die FAU Leipzig war auch wieder mit einem Flugblatt, diesmal mit dem Titel "Wir kommen wieder! (...) Unsere Agenda heißt Widerstand!", präsent, in dem die Spaltung in "fleißig" und "faul" und die schon länger andauernde Prekarisierung von Flüchtlingen und Sozialhilfeempfängern thematisiert wurde. Man solle sich nicht spalten lassen, sondern gemeinsam diskutieren und sich organisieren. Noch nie hat Flyer verteilen soviel Spaß gemacht, der Wissensdurst der Montagsdemonstrantinnen ist immens, die Flugblätter werden einem regelrecht aus der Hand gerissen, manche nehmen gleich fünf für ihre Freunde und Bekannten mit. Die Leute sind offen und es gibt verschiedene Gelegenheiten miteinander ins Gespräch zu kommen.
Ein Libertäres Duett hat auch auf der Abschlußkundgebung eine kurze Rede gehalten. Zitate: "Wir sollen immer mehr arbeiten, weil es immer weniger Arbeit gibt. Tolle Logik" oder "Den Strategen dieser Reform geht es um den Standort. Arbeitende und Arbeitslose sind nur Verschiebemasse, die eh nix zu sagen hat, außer bei der nächsten Wahl zwischen verschiedenen Strategen zu wählen, die dieselbe alte Scheiße einfach weitermachen." oder "Dieses Problem trägt den Namen 'Kapitalismus' und dieses Problem besteht weltweit." Es wurde vorgeschlagen, sich ohne Führer und Funktionäre von unten zu organisieren und auch direkte Aktionsformen zu wählen. Da die "Stürmung des Arbeitsamtes" als Beispiel genannt und mit starkem Applaus bedacht wurde, sah sich der Anmelder der Demonstration veranlasst die beiden RednerInnen als Jugendliche zu bezeichnen, an die "friedliche Revolution" zu gemahnen und vor Kontrollverlust zu warnen. Es ist ein fataler Fehler von Winfried Helbig die "Stürmung des Arbeitsamtes" mit Gewalt gleichzusetzen, damit hat er nicht wenige Menschen verunsichert und der Bewegung gegen Sozialabbau keinen Gefallen getan. Sehr ermutigt hat mich der beherzte Applaus bei

"Wir brauchen keine Sündenböcke! Was wir brauchen ist Solidarität, die Grenzen überwindet, statt neue aufzubauen"
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Ergänzungen

Doku

MPunkt 17.08.2004 - 18:14
Das Flugi der FAU-Leipzig sowie das der Leipziger Libertären und deren Redebeitrag gibt es jetzt auch online, so dass sich jedeR ein eigenes Bild davon machen kann:  http://www.fau.org/ortsgruppen/leipzig/art_040817-160550

frage

bitte um antwort 18.08.2004 - 23:01
ich hab anderswo gelesen, dass büso das ganze angemeldet hat - stimmt das? ging aus dem text nicht ganz hervor.

antwort

(muss ausgefüllt werden) 19.08.2004 - 00:11
"ich hab anderswo gelesen, dass büso das ganze angemeldet hat - stimmt das?"

die büso macht montags in leipzig eine eigene demo mit anderer route - meist mit ca. 50 leuten.

antwort

MPunkt 19.08.2004 - 09:45
Um es präziser zu machen:
Die Büso macht wie gesagt ihre eigene kleine Demo. Die große Montagsdemo wird üblicher Weise von W. Helbig (Sozialforum Leipzig) angemeldet. Für den 30.08. liegt leider eine Erstanmeldung vom Aktionsbündnis Leipzig (Wahlalternative ASG, ver.di, Arbeitslosenverband & Co.) vor, weshalb dort wohl auch - entgegen der Linie des Sozialforums, keine ParteivertreterInnen reden zu lassen - Lafontaine sprechen dürfen wird :-(.

INWO = rechte Sekte?

Leipziger 30.08.2005 - 17:00
Wie kommt ihr denn auf sowas? Was stand denn auf dem Transpi und den Flyern der INWO?

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Euer Multinationalismus — KEIN Libertärer