Notizen zum Umbau des Sozialstaats

Autonome aus X-Berg 11.08.2004 15:54 Themen: Soziale Kämpfe
Nicht zu retten!

Notizen zum Umbau des Sozialstaats
Auf zum Hermannplatz! rief die Frankfurter Allgemeine Zeitung kürzlich den protestierenden Studierenden zu - auf zu den zahllosen Arbeitslosen und Sozialhilfeempfängern Neuköllns, um sie zum Arbeiten zu drängen. Denn indem sie lieber faul auf der Haut und dem Staat auf der Tasche liegen, verbraten sie das Geld, das der Bildung fehlt. Darin, erklärte die FAZ, bestehe der Neuköllner Lebensstil, der bedrohlicherweise auch längst in anderen Armutsbezirken gängig sei. Und damit muß nun Schluß sein, soll Deutschland eine Zukunft haben. Und um die ging es ja erklärtermaßen auch beim Uni-Streik, der die Nation warnte, sie verspiele ihre Zukunft, wenn sie irgendwelche Institute dichtmache. Wenigstens die Gegenseite hat noch Klassenbewußtsein, möchte man der FAZ gratulieren, zumindest einen gewissen Realitätssinn: Berlin ist bankrott, und eine Viertelmillion Sozialhilfeempfänger ist eine stolze Zahl. Wer soll das bezahlen? Und vor allem: Warum sollte man, wenn viele gar nicht arbeiten
wollen? Dieser Verdacht der FAZ ist nicht weit hergeholt: Warum sollte man für einen lächerlichen Lohn 40 Stunden schuften, wenn man mit Sozialhilfe, Wohngeld und ein bißchen Schwarzarbeit auch halbwegs über die Runden kommt? Warum die Zeit mit der Produktion von irgendwelchem Schund verschwenden, wenn man einfach im Bett bleiben kann?
Instinktiv hat die FAZ mehr vom Sozialstaat begriffen als Gewerkschaften und Linke zusammen. Geld ist nicht genug da und schon gar nicht dafür, einfach in Lebensmittel umgesetzt zu werden. Deshalb geht es den Habenichtsen an den Kragen. Wo noch vor einigen Jahren den Arbeitslosen mit der Bezeichnung Faulenzer ideologisch die gelbe Karte gezeigt wurde, steht heute ganz materiell der Platzverweis auf der Tagesordnung. Der Berliner Doppel-haushalt 2004/05 kürzt das Kleidergeld und streicht das BVG-Sozialticket, gleichzeitig steigen Kita-Beiträge und Mieten in Sozialwohnungen. Gekürzt und gestrichen wird nicht nur hier, doch die Hauptstadt des wiedervereinigten Reiches hat besonders viel nachzuholen. Wurde Berlin während des Kalten Krieges aus politischen Gründen ökonomisch subventioniert, wird die Stadt jetzt mehr und mehr den allgemein geltenden Prinzipien unterworfen. Das heißt: Unproduktive Staatsausgaben drastisch absenken und damit gleichzeitig den Arbeitszwang verschärfen.
Daß es SPD und PDS sind, die diesen Kurs unbeirrbar durchziehen, deutet schon darauf hin, wie wenig es um willkürliche Entscheidungen des politischen Personals und wie sehr es um objektive Zwänge der Marktwirtschaft geht.

Terror der Rentabilität
Praktisch umfaßt dies auch die Privatisierung von Krankenhäusern, Schwimmbädern, Verkehr oder auch Wohnungsbaugesellschaften. Auch diese sozialstaatlichen Einrichtungen sollen profitabel werden, anstatt den Staatshaushalt zu belasten. Ob etwa die Mieter der Wohnungsgesellschaft Bewoge wegen der Umwandlung in Eigentumswohnungen ausziehen oder sich auf höhere Mieten einrichten müssen, bleibt der Willkür der künftigen Besitzer überlassen ? das Land ist einen Kostenpunkt los.
Mit der Umwandlung von Teilen des öffentlichen Sektors in GmbHs wurden miesere Arbeitsverträge im großen Stil durchgesetzt. Outsourcing ist der andere große Renner. Verkleinerung in verschiedene Gesellschaften soll mehr Konkurrenz ermöglichen, die die einzelnen Bereiche zu den europaweit billigsten Konditionen anbietet. Wenn sich dann ohne große Überraschung herausstellt, daß die frischgebackenen Sozialdienstleister trotzdem Verluste machen, stehen Entlassungen, Lohnsenkung und Arbeitsverdichtung auf dem Programm, wie jetzt bei der BVG. Gleiches gilt für die Vivantes GmbH, mit neun Berliner Krankenhäusern das bundesweit größte Krankenhausunternehmen, dessen einziger Gesellschafter das Land Berlin ist. Vivantes steht vor der Zahlungsunfähigkeit und die Beschäftigten vor einer attraktiven Wahl: Durch Lohnverzicht den Laden erst mal zu retten oder sich künftig von einem Insolvenzverwalter einmachen zu lassen, um mittelfristig schließlich unter richtigen Privatkapitalisten zu arb
eiten. Egal wer künftig der Eigentümer der GmbH sein wird, den Schaden tragen die Beschäftigten bereits jetzt, und natürlich auch die PatientInnen.

Sozialkürzungen als Angriff auf den Lohn
Durch den Abbau von Sozialleistungen soll das Einkommensniveau der Lohnabhängigen insgesamt gesenkt werden. Die Propaganda, den Arbeitenden käme der Terror gegen die Unproduktiven zugute, blamiert sich bereits daran, daß längst alle Lohnabhängigen im Zentrum des Angriffs stehen. Es soll länger und flexibler gearbeitet werden - im öffentlichen Dienst demnächst bis zu 42 Stunden. Das Gebot der Stunde heißt ansonsten Lohnnebenkosten senken. Nicht nur die Lohnbestandteile für Sozialversicherungen, sondern alle Einrichtungen des Sozialstaates sind letztlich Lohnnebenkosten, wenn man es aus der Sicht des Wirtschaftsstandorts Deutschland betrachtet. Für die Lohnabhängigen hat die Unterscheidung in Lohn und Lohnnebenkosten etwas Unsinniges. Schließlich zählen am Ende Lohn wie Kranken- und Rentenversicherung gleichermaßen für den Lebensstandard.
Mit den gegenwärtigen Sozialkürzungen ergänzt die Politik die tarifhoheitliche Aushandlung zwischen Unternehmen und Gewerkschaften um den nötigen Druck, jeden Job besser als keinen finden zu müssen. Deshalb spricht die Neue Mitte am liebsten von ?aktivierender Sozial- und Arbeitsmarktpolitik?. Mit der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe und den Arbeitsdiensten des zweiten Arbeitsmarkts setzt der Staat den Zwang zur Arbeit unter verschlechterten Bedingungen neu durch, der sich in anderen Ländern quasi als stummer Zwang der Verhältnisse herstellt. Die Schikanen gegen Sozialhilfeempfänger führen zu einer Indi-vidualisierung des Lebensrisikos, die an den meisten anderen Orten der Welt gar nicht erst hergestellt werden muß. Dort ist es nicht der Staat, sondern die Zwangsgemeinschaft Familie, an die sich die vereinzelten Einzelnen klammern müssen.
Auch hier wird Hand in Hand mit der Schaffung einer breiten Schicht von working poor der Muff von Heim und Herd wieder mit ideologischen Weihen versehen. Die Blutsgemeinschaft der Familie soll die totale Durchsetzung von Tauschbeziehungen flankieren, während sie ökonomisch längst ausgehöhlt ist. Denn gleichzeitig wird mit den Ich-AGs und ähnlichen Arbeitsformen ein neues Verhältnis zwischen Lohn und Reproduktion durchgesetzt. An die Stelle des männlichen Familienernährers mit Normalarbeitstag treten Putzfrauen, Sicherheitsbedienstete und andere Lohnabhängige am unteren Rand der Lohnhierarchie, die aufgrund der miesen Bezahlung auf mehrere Jobs gleichzeitig angewiesen sind. Wer die sozialstaatlichen Einrichtungen bisher für den Schutz vor dem totalen sozialen Absturz gehalten hat, wird mit der Agenda 2010 und den beschriebenen Privatisierungsstrategien auf den aktuellen Stand des kapitalistischen Realitätsprinzips befördert.

Modell Deutschland in der Krise
Der deutsche Staat verabschiedet sich von der Auffassung, sein Sozialsystem sei wesentlich für den Erfolg des ?Modell Deutschland?. Während Gewerkschaften und Linke den Sozialstaat als Ergebnis von Kämpfen verklären, war er seit seinen Anfängen im Kaiserreich immer auch ein Projekt der Herrschenden, das die Arbeitskräfte fit halten und politisch einbinden sollte. Unmittelbare Interessen der Lohnabhängigen fielen mit dem Interesse des Kapitals zusammen, die Arbeitskräfte bei Krankheit oder Arbeitslosigkeit nicht in die totale Verelendung absacken zu lassen. Ideologisch diente die deutsche Sozialpolitik der Abgrenzung vom liberalen Kapitalismus des Westens: Die Klassengesellschaft war anderswo, in Deutschland sollte der Staat des ganzen Volkes den patriarchalischen Betriebsfrieden ergänzen. Seine Sternstunde erlebte dieses Modell im Ersten Weltkrieg: Gewerkschaften und Sozialdemokratie erwiesen ihren Internationalismus als hohle Phrase, sicherten den sozialen Frieden während de
s imperialistischen Krieges und beteiligten sich nach Kräften an der Niederschlagung der revolutionären Bewegung nach 1918. Der Burgfrieden des Krieges verlängerte sich in den zwanziger Jahren in der verstärkten Integration der Gewerkschaften und staatlicher Sozialpolitik. Nach der Weltwirtschaftskrise von 1929 war dieses Arrangement nicht mehr aufrechtzuerhalten. Es rettete die Gewerkschaften nicht vor der Zerschlagung, daß sie sich bei den Nazis ohne Hemmungen anbiederten.
Die nationalsozialistische Volksgemeinschaft war die Grundlage für das Modell Deutschland nach 1945. Auf nun mehr demokratische Weise erstickte die Sozialpartnerschaft in Form von Mitbestimmung, Einheitsgewerkschaft und staatlicher Sozialpolitik jeglichen Klassenkampf. Politische Streiks wurden ebenso verboten wie die KPD, im Zusammenspiel von Staat und Gewerkschaften wurde das Streikrecht zu einer berechenbaren Form der Konfliktaustragung zwischen Sozialpartnern, die sich grundsätzlich respektieren. Kaum irgendwo wurde und wird so selten gestreikt wie in Deutschland - von wilden Streiks ganz zu schweigen. Krisen und soziale Unruhen schienen zu einem Kapitalismus zu gehören, den man durch Staatseingriffe längst hinter sich gelassen hatte.
Seit geraumer Zeit hat dieses Modell Risse bekommen, allerdings nicht durch Kämpfe von unten, sondern aufgrund der ökonomischen Krise. Ausgebaut wurden die sozialen Garantien zu Zeiten von Wirtschaftsboom und Vollbeschäftigung, als der Staat ohne weiteres einen Teil des Mehrwerts abzweigen konnte und die Arbeitslosenversicherung nur selten in Anspruch genommen wurde. Seit den siebziger Jahren schwächelt die Profitabilität des Kapitals in den entwickelten Zentren trotz steigender Produktivität. Die Produktion wird kaum mehr ausgeweitet, Arbeitskräfte werden allerorten ausgespuckt. In dieser Situation wird die gewohnte Reproduktion der Arbeitskraft zu kostspielig. Die Staatstätigkeit gilt inzwischen nicht mehr als krisenvermeidender Segen, sondern als Belastung des Profits. Schien der Staat lange Zeit als Gesellschaftsplaner souverän über den Verhältnissen zu stehen, erweist er sich nun als durch und durch abhängig von der Produktion, die er flankieren will.

Elend der Gewerkschaften
Vom Modell Deutschland faseln heute nur noch die Gewerkschaften, die um ihre Rolle zittern. Sie dienen sich weiter als Stützen des sozialen Friedens an, um verschont zu werden und nicht in der Bedeutungslosigkeit zu versinken. Dem Angriff auf die Lohnabhängigen haben sie nichts entgegenzusetzen und einige Maßnahmen gegen die Arbeitslosen sogar offen begrüßt. Kooperativ gestimmt, finden sie diese Maßnahme notwendig und jene ein wenig übertrieben. Vor allem soll es bei der Standortsanierung gerecht zugehen - die Kapitalistenklasse hat dieses Ablenkungsmanöver bereits aufgegriffen und erörtert mit selbstkritischer Miene die Höhe der Vorstandsgehälter. Immer geht es den Gewerkschaften ums Gemeinwohl, um den Standort, um Deutschland. Sie appellieren an eine gesamtwirtschaftliche Vernunft, die nichts anderes als die Logik des Kapitals ist, deren Konsequenzen ihnen dann wieder nicht so recht passen, weshalb sie etwas jammern und leere Drohungen aussprechen. Ihr lustiger Vorschlag an
den Staat besteht darin, mit genau der Politik von vorne anzufangen, die er sich nicht mehr leisten kann und deshalb aufgegeben hat: Mehr Schulden aufzunehmen, um mehr zu investieren. Und schon ist die Krise Vergangenheit, die Arbeitslosen haben Lohn und Brot und der Kanzler muß nicht mehr so grimmig dreinblicken. Denn: ?Modell Deutschland heißt: Zuerst der Mensch!? (IG BCE)

Für die Krise der Gesellschaft
Es ist merkwürdig: In der gegenwärtigen Krise betätigen sich die Verfechter der Sozialstaatsidee, von Gewerkschaften bis PDS, praktisch als Handlanger bei der Durchsetzung des Verzichts auf Seiten der Lohnabhängigen. Umgekehrt setzt offenbar die Verteidigung unserer materiellen Interessen gerade voraus, mit der ganzen Grundlage des Sozialstaats zu brechen. Wer der Verschlechterung seiner Lebensverhältnisse unter der Flagge der ?Verteidigung des Sozialstaats? entgegentritt, hat damit bereits die weiße Fahne gegenüber den Verhältnissen gehißt, die unweigerlich Verzicht auf die Tagesordnung setzen. Dieser Widerspruch läßt die staatstragende Linke gegenwärtig dümmer aussehen als die Polizei erlaubt. Es käme vielmehr darauf an, die herrschende Logik umzudrehen: Wenn die berühmt-berüchtigten Sachzwänge allerorten Opfer verlangen ? und anderswo ganz andere als hierzulande ? , dann müssen diese Sachzwänge der kapitalistischen Produktionsweise und ihres Staates weg. Gegen die Erpressung der Lohnabhängigen mit der weltweiten Massenarbeitslosigkeit hilft nur die Abschaffung der Lohnarbeit. Gewerkschaften, Attac und Sozialforen zerbrechen sich statt dessen den Kopf darüber, wie man Arbeitsplätze schaffen kann und treten so das einzig Gute mit Füßen, das die Katastrophe namens Menschheitsgeschichte hervorgebracht hat: Daß nach Jahrhunderten des technischen Fortschritts mit immer weniger Arbeit ein gutes Leben für alle möglich geworden ist ? wenn auch nicht unter den bestehenden Verhältnissen. Erst der Blick auf die freie Assoziation versetzt uns in den Stand, die Sorge um die Zukunft des Standorts zurückzuweisen und im Kampf für unsere Bedürfnisse die Gesellschaft tatsächlich in die Krise zu stürzen, die eben solange keine ist, wie sie widerstandslos auf Kosten der Lohnabhängigen bewältigt werden kann.

von
Freunde und Freundinnen der Klassenlosen Gesellschaft!
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Ergänzungen

Hallo liebe Verfasser/innen

Mr.Irgendwas 11.08.2004 - 16:05
Ich hoffe, Ihr schafft es dieses Flugi bis zur Montagsdemo zum Verteilen fertig zu haben, da ich die Befürchtung habe, daß sonst nur Sekten (wie MLPD, Linksruck usw) verteilen und linke Ideen mal wieder lächerlich machen... .. vielleicht wäre es sinnvoll, Links zu Infoportalen wie Indy, Telepolis oder linkeseite anzugeben, da viele Normalos nicht wissen, wo sie ihre Infos herbekommen sollen...

Clement lässt Schlupfloch

PP 11.08.2004 - 19:57
bei Ich-AG-Förderung prüfen


Berlin (AFP) - Das Bundeswirtschaftsministerium will nach Berichten über Schlupflöcher für Langzeitarbeitslose im Zusammenhang mit Hartz IV die staatliche Förderung für so genannte Ich-AGs überprüfen. Es werde geprüft, ob künftig ein Geschäftsplan von diesen Existenzgründern verlangt werde, sagte eine Sprecherin von Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) am Mittwoch in Berlin. Gleichzeitig verwies sie darauf, dass es in Missbrauchsfällen die Möglichkeit gebe, die staatlichen Zuschüsse zurückzufordern. Berichten zufolge empfehlen Beratungsstellen Langzeitarbeitslosen, die im ersten Jahr mit 600 Euro monatlich geförderten Ich-AGs zu gründen, ohne tatsächlich eine eigene Selbstständigkeit anzustreben.

Guter Text!

Wollte ich nur mal sagen... 11.08.2004 - 21:01
Auf jeden Fall verteilen und den gegenwärtigen Sozialabbaudiskurs von links besetzen. "Bürgerlichen" Protest radikalisieren statt diskreditieren - und so Nazis aus sozialen Kämpfen verjagen.

Als Ergänzung ...

N.N. 12.08.2004 - 20:47
... einige Anmerkungen zum kapitalistischen Verhältnis zwischen Arbeit und Reichtum

Alle brauchen Arbeit - viele finden keine. Man kann das - und befindet sich dann in bester Gesellschaft - für ein soziales Problem halten und sich vorstellen, ein "Bündnis für Arbeit" wäre die passende Antwort, mit staatlichen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und einer Senkung der Lohnnebenkosten, mit einer Streichung der Vermögenssteuer und einer Umverteilung des "knappen Guts" Arbeit durch Arbeitszeitverkürzung, oder wie auch immer. Über eine gewisse Absurdität muß man sich dabei allerdings schon hinwegsetzen: Wenn es nicht mehr soviel zu tun gibt, das Nötige von weniger Leuten in kürzerer Zeit zu erledigen ist - warum braucht dann überhaupt jeder Arbeit, und auch noch so viele vollgepackte Arbeitsstunden, um leben zu können? Daß weniger Arbeit ersparte Mühe bedeutet: Warum gilt diese simple Gleichung eigentlich nicht? Es liegt eben doch noch etwas anderes vor als eine "soziale Problemlage"; und jeder weiß auch was: Daß so viele Leute keine Arbeit finden, liegt an einem ökonomischen Problem. Arbeit unterbleibt, wenn sie nicht rentabel ist, d.h. wenn sie dem Unternehmen, in dem und für das sie stattfindet, nicht genügend einbringt; nicht genug Ertrag nämlich, um in der Konkurrenz, der "globalen", zu bestehen. Wenn das aber so ist; wenn Arbeit nur stattfindet, wenn und solange sie rentabel ist; dann findet sie auch nur deswegen statt, weil sie einem Unternehmen Gelderträge verschafft: Rentabilität ist der ökonomische Zweck, für den sie stattfindet.
Es soll gearbeitet werden; aus keinem anderen Grund, als weil Arbeit sich rentiert; mit keinem anderen Ziel als dem nie abschließend zu erledigenden Auftrag, rentabel zu sein und Geld einzubringen; deswegen auch je mehr, um so besser. Am liebsten möchte man die ganze Welt versorgen, den Chinesen U-Bahnen bauen und die Ölscheichtümer mit Klimaanlagen ausstatten, um mit der geleisteten Arbeit die Kaufkraft der Menschheit zu monopolisieren.
Arbeit, weil sie Geld bringt: dieser kategorische Imperativ beherrscht die herrschenden Verhältnisse so total, daß alle Zeitgenossen ihm folgen müssen, um leben zu können, und - egal welche: - Arbeit brauchen.
Und aus keinem anderen Grund unterbleibt sie dann eben auch, wenn sie nämlich nicht genügend Geld bringt; was offenbar gerade mit den Rentabilitätsfortschritten bei der Anwendung von Arbeit immer häufiger der Fall ist. Die ökonomische Zielsetzung, die in der sogenannten Marktwirtschaft total und exklusiv bestimmend ist, ist offenkundig von der Art, daß sie mit sich selbst in Widerspruch gerät: Da ist die Menschheit dem Zwang unterworfen zu arbeiten, weil Arbeit Wert schafft und Unternehmen bereichert; und kaum kommt dieser Zirkus in Schwung, kollidiert er mit seinem eigenen Kriterium: dem Zwang, immer mehr Wert zu schaffen.
Es mag ja sein, daß sich alle Welt an diese Verrücktheit gewöhnt hat und sie normal findet - immerhin, auch die kundigsten Experten und mächtigsten Verwalter dieses "Systems" kommen leicht ins Schleudern, wenn sie Auskunft geben sollen, ob nun eigentlich zuwenig gearbeitet wird, wenn 4 Millionen Arbeitslose in der Nation, 30 Millionen in der EU und zahllose Millionen auf dem Globus herumlungern, oder ob nicht doch noch zuviel gearbeitet wird, wenn die reine "wirtschaftliche Vernunft" die Schließung der letzten Werften an der Nordsee und am Mittelmeer gebietet und solange die Zechen im Ruhrgebiet nur mit Milliardensubventionen weiterarbeiten.
Tatsächlich scheint eben beides zugleich vorzuliegen: zuwenig, weil es beim Arbeiten doch um immer mehr Geld geht und dafür nie genug geschehen kann; zuviel, weil es beim Arbeiten doch um immer mehr Geldvermehrung geht und vor dieser Zwecksetzung viel Arbeit, die es gerade noch gebracht hat, versagt. Es hilft ja nichts, daß es "nun einmal" so ist - es ist, höflich gesprochen, ein wenig widersprüchlich, dieses "System" der rentablen Arbeit.
Keine Frage: Staat und Unternehmen können damit prächtig leben - sie organisieren die Arbeit ja so und profitieren von ihrer Rentabilität. Den systemeigenen Widerspruch, daß erstens unbedingt gearbeitet werden muß und deswegen zweitens nur sehr bedingt, für Gelderträge nämlich in der einen wie in der anderen Hinsicht, das machen sie zu einem Problem derer, die als ausübendes Personal erstens unbedingt Arbeit brauchen und zweitens ganz oft keine finden; und dann definieren Politik und Kapital die materiellen Probleme, die die Leute haben, als soziale Problemlage, die sie mit den bedürftigen Leuten haben.
Man sollte diese praktisch wirksame Übersetzungsleistung nicht auch noch theoretisch billigend nachvollziehen und, vom ja wirklich existierenden Elend gerührt, die Lüge vom sozialen Problem für die Wahrheit nehmen - und dann womöglich noch darüber jammern und nach Schuldigen dafür suchen, daß diesem sogenannten "Problem" durch all die eifrig diskutierten, probierten und wieder aufgegebenen "Bündnisse für Arbeit" ohnehin nie beizukommen ist.
Genausowenig empfiehlt es sich, das Kriterium der Rentabilität als Inbegriff wirtschaftlicher Vernunft zu quittieren und mit den Bedenklichkeiten erst anzufangen, wenn die öffentliche Meinung sich entschließt, seine "Schattenseiten" zur Kenntnis zu nehmen.
Die Absurdität des "Systems", der Grund seiner Schädlichkeit für die Masse seiner Insassen, liegt nicht darin, daß Arbeit nicht stattfindet, wenn sie nicht rentabel ist, sondern daß sie stattfindet, weil es um Rentabilität geht. Seine soziale Gemeinheit beginnt nicht damit, daß die Leute, die Arbeit brauchen, oft keine finden, sondern besteht schon darin, daß sie Arbeit brauchen; daß sie dann noch nicht einmal sicher sein können, eine zu finden, folgt daraus von ganz allein. Die Bedingungen, denen die Marktwirtschaft die Arbeit unterwirft, enthalten die wesentlichen Bestimmungen dieses Produktionsverhältnisses. Sie sich klarzumachen, schafft garantiert keine Arbeitsplätze. Deswegen hier ein paar Ermunterungen dazu.
In der Marktwirtschaft wird gearbeitet, nicht um die Menschheit mit der benötigten Vielfalt von Gebrauchsgütern, mit materiellem Reichtum zu versorgen, sondern um Geld zu verdienen.
In dieser ökonomischen Zielsetzung, Eigentum in Geldform zu erwerben, sind sich die Mitglieder der bürgerlichen Gesellschaft über alle Standesgrenzen und Klassenschranken hinweg einig. Denn für alle gilt unterschiedslos, daß die Befriedigung von Bedürfnissen nicht allein vom Vorhandensein nützlicher Dinge, sondern von einem ausschließenden Verfügungsrecht darüber abhängt - vom Eigentum. Als Eigentum nämlich: die benötigten Arbeitsprodukte , kommen als dem materiellen Bedürfnis nach ihnen erst einmal entzogene Objekte einer privaten Verfügungsmacht in die Welt.
Deswegen entscheidet sich für die Mitglieder dieser egalitären Gesellschaft des Geldverdienens ökonomisch alles daran, ob sie schon Geld haben oder erst welches verdienen müssen. Wer nämlich arbeiten muß, um ein Stück Eigentum zu erwerben, weil der materielle Reichtum der Gesellschaft schon anderen gehört, der braucht jemanden, der Geld hat und ihn für seine Arbeit bezahlt.
Und der ist folgerichtig damit konfrontiert, daß seine Arbeit nur sehr bedingt sein Mittel ist, um an wohlverdientes eigenes Geld heranzukommen, das ihm ein bißchen Zugriff auf die Warenwelt gestattet. Um ihm diesen Dienst zu tun, muß sich seine Arbeit unbedingt als Mittel seines Geldgebers bewähren - für dessen gleichlautenden Zweck.
Wer für Geld arbeiten muß, dient dem Eigentum also gleich doppelt: dem eigenen und einem fremden. Umgekehrt umgekehrt: Wer in der Marktwirtschaft genügend Geld hat, der ist in der Lage, ein Geldeinkommen in fremden Händen zu stiften und durch die gekauften Dienste sein Eigentum zu vergrößern.
Beide Seiten zählt die Marktwirtschaft in ihrer unverwüstlichen Gleichmacherei zu ihren "Erwerbstätigen". Dennoch ist sich jeder im Klaren über die unterschiedlichen Leistungen der Arbeit, die die einen "geben" und die andern "nehmen". Lohnarbeit schafft Eigentum, das dasjenige vermehrt, das es schon gibt; dem Arbeiter verschafft sie ein Geld, das ihn jedoch nie zum Eigentümer in diesem Sinn werden läßt. Wo für Geld gearbeitet wird, da dient eben nicht das Geld der Arbeit als nützliches Hilfsmittel, sondern die Arbeit dem Geld als dessen Quelle. Was in der Marktwirtschaft aus der Arbeit wird, ist daher ausschließlich durch den Gebrauch bestimmt, den das als Kapital agierende Eigentum von ihr macht.
Ginge es im Wirtschaftsleben der Nationen darum, daß die Menschen sich mit minimalem Aufwand optimal versorgen, dann würde die Bedarfslage ermittelt und eine für die Bereitstellung der notwendigen und wünschbaren Güter zweckmäßige Arbeitsteilung organisiert. Alle ökonomischen Probleme wären solche der Arbeitsorganisation, der passenden Technik und des reibungslosen Güterverkehrs; intelligente Menschen, die in der herrschenden Marktwirtschaft die absurdesten und kompliziertesten "Produktions-" und "Absatzstrategien" planen und durchführen müssen, hätten nur noch die vergleichsweise geringfügige Frage zu beantworten, wie ein gesellschaftlicher Reichtum menschenschonend herzustellen und allgemein verfügbar zu machen ist. Kein Mensch würde problematisieren, ob "das überhaupt geht", weil der gesellschaftlich gesetzte Zweck die Antwort ist.
In der Marktwirtschaft geht es anders zu - und übrigens fragt niemand, "ob das geht", geschweige denn, daß ein Zweifel an der geltenden gesellschaftlichen Zwecksetzung laut würde, bloß weil das, worum es allen geht, für ganz viele Leute überhaupt nicht in Erfüllung geht. Da geht es darum, Geld zu verdienen, und zwar möglichst viel. In diesem Ziel verstehen sich alle Mitglieder der bürgerlichen Gesellschaft bestens; "Einkommensschwache" und "Besserverdienende", Mittelständler und Gewerkschafter, Kapitalisten und Beamte sind sich einig und finden es das Natürlichste von der Welt, daß gearbeitet und gewirtschaftet, produziert und gedienstleistet wird, um an einen Lohn, einen Erlös, ein Honorar, ein Gehalt - kurzum: an Geld zu kommen.
An was sie dann mit ihrem Geld kommen, das ist allein ihre Sache. Denn im Geld verfügen sie über ein Stück reale Freiheit: über die - freilich begrenzte - Möglichkeit aller Genüsse; über Mittel des Zugriffs auf eine unerschöpfliche Warenwelt. Das ist die gute Seite, die jeder am Gelderwerb schätzt. Mit der Kehrseite machen die Erwerbstätigen, jedenfalls in ihrer übergroßen Mehrheit, freilich auch sehr rasch Bekanntschaft: Wenn die Geldsumme aufgebraucht ist, ist es auch mit dem freien Zugriff vorbei. Vorhanden sind die begehrten und benötigten Güter nach wie vor; nur verfügbar sind sie nicht. Die im Geld gewährte Möglichkeit der Befriedigung aller Bedürfnisse ist noch lange nicht die wirkliche auch nur eines einzigen.
Die im Geld gewährte Möglichkeit der Befriedigung aller Bedürfnisse ist noch lange nicht die wirkliche auch nur eines einzigen.
Dieser Unterschied hat seinen quantitativen Aspekt und ein Prinzip. Geltend macht er sich in den Grenzen der verdienten Geldsumme, so daß alle Probleme sich praktisch in das eine auflösen: mehr zu verdienen. Was sich in dieser Haupt- und Generalnotwendigkeit des Daseins in der Marktwirtschaft geltend macht, ist die peinliche Eigenart dieser Wirtschaftsweise, daß alles, was der Mensch so braucht an hergestellten Gütern, zwar hergestellt, aber nicht einfach so verfügbar ist: Das Eigentum scheidet die Produkte von denen, die sie benötigen.
Dafür werden die Produkte überhaupt bloß hergestellt: um Kaufleuten zu gehören, die sie nicht selber brauchen und verbrauchen wollen, und um denjenigen, die darauf angewiesen sind, vorenthalten zu sein.
Denn nur so kommt es flächendeckend zu der ökonomischen Operation, nach der die Marktwirtschaft ihren Namen hat: Geld muß den Eigentümer wechseln, damit die Ware dahin kommt, wo einer sie braucht. Das hat sich keiner so ausgedacht, womöglich als trickreiche Methode der Warenverteilung. Es ist umgekehrt: Was produziert wird, ist Eigentum, also der nützliche Gegenstand bloß als Objekt einer ausschließenden Verfügungsmacht; einer Verfügungsmacht, die an ihrem Objekt gar nicht hängenbleiben will, sondern zur davon getrennten, abstrakten Zugriffsmacht werden soll: zur puren Privatmacht eben, die im Geld ihre quantitativ bemessene Realität hat.
Deswegen kann das hergestellte Objekt gar nicht anders an die, die es brauchen, "verteilt" werden als auf dem Wege des Verkaufs, der den Zweck der Produktion erst definitiv verwirklicht, obwohl das Produkt in seiner materiellen Gestalt längst fertig ist. Auf diese materielle Gestalt kommt es eben nicht an, oder nur als Mittel zum Zweck; was in dieser Gestalt eigentlich produziert wird, ist das damit zu erlösende Geld: was die Sache für ihren Besitzer wert ist.
Deswegen ist mit der Güterproduktion die Sache nicht fertig, die Gesellschaft um einige Mittel des Produzierens und Konsumierens reicher geworden und zufrieden; sondern es ist die allgemeine Notwendigkeit etabliert, Geld zu verdienen, wie und womit auch immer, um sich die produzierten Dinge aneignen zu können: ohne Kauf keine Benutzung.
Die produktive Arbeit selbst ist ganz getrennt und unabhängig von dem, was sie schafft, als eine Variante von Arbeit, eben als Erwerbstätigkeit definiert, die auch erst übers verdiente Geld Zugriff auf die produzierten Güter verschafft. Grundsätzlich und radikal trennt das Eigentum zwischen der Produktion von Reichtum und der Verfügung über Gebrauchsgüter, scheidet zwischen Arbeit und Nutzen wie auch zwischen Nutzen und Bedürfnis und setzt sich als die bestimmende Größe in alle diese Gleichungen ein, die es zu Ungleichungen macht: Jede Arbeit ist auf Eigentum aus, weil jeglicher Nutzen im Eigentum liegt. - Das gilt heute als die erste Selbstverständlichkeit der ökonomischen Vernunft.
Mit der Zwangsgleichung von Nutzen und Eigentum legt sich eine eigentümliche Logik über die ökonomischen Aktivitäten der darunter subsumierten Gesellschaft. Sie betrifft zum einen die Hierarchie der Bedürfnisse, die sich daraus ergibt, daß der private Geldbesitz über ihre Befriedigung entscheidet: Formell kommt nichts als die private Vorliebe zum Zuge; zwar innerhalb der Grenzen des erworbenen Eigentums; doch wie sich einer das Seine einteilt, ist Privatsache. Materiell wird jeder Bedarf zur abhängigen Variablen der privaten Kaufkraft, und es gibt, solange diese Wirtschaftsweise Bestand hat, stets von neuem in unterschiedlichen Größenordnungen das "unvermittelte Nebeneinander von Armut und Reichtum" zu bestaunen.
Entsprechendes gilt für das, was man "gesellschaftliche Arbeitsteilung" nennt: Ganz ohne Zweifel wird in der Marktwirtschaft "gesellschaftlich" produziert; die hergestellten Waren sind nicht zur Selbstversorgung, sondern zum Verkauf und insofern für den allgemeinen Bedarf bestimmt. Der notwendige Zusammenhang der verschiedenen Produktionszweige folgt aber nicht dem sachlichen Verhältnis, in dem sie als gesellschaftliche Teilarbeiten zueinander stehen, sondern resultiert aus dem negativen Verhältnis von Privateigentümern zueinander, die einander jede planmäßige Kooperation verweigern, sich als zahlende Kunden hingegen brauchen.
Für den nötigen Kontext sorgt also die Privatmacht des Geldes; wenn die gründlich genug gewirkt hat, dann sieht das Ergebnis glatt wie ein sinnreiches Zusammenspiel der produktiven Marktteilnehmer aus.
Aus der Zweckbestimmung jeder marktwirtschaftlichen Tätigkeit, dem Gelderwerb zu dienen, folgt schließlich drittens ein einigermaßen abartiges Verhältnis zur Arbeit: Die rangiert in der marktwirtschaftlichen Ökonomie gar nicht als die Mühe, die sie ist und bleibt, als Aufwand, den man sich nach Kräften erleichtert, sondern wird selber zum Zweck; denn sie schafft ja Eigentum in dem Maße, in dem sie stattfindet; ihr Nutzen bemißt sich nicht an dem Produkt, das sie zustandebringt, sondern am verdienten Geld und insofern auf allen Einkommensstufen an ihrer Menge. Mit der Schaffung wirklichen, jedermann verfügbaren Reichtums wäre eine arbeitsteilig durchorganisierte Gesellschaft irgendwann, beim längst erreichten Stand der Produktivkräfte sogar sehr rasch fertig; die Erwerbsarbeit hingegen hört im Prinzip nie auf: Das Interesse, daß sie stattfindet, ist unersättlich.
Der "Gesichtspunkt", um den die Leute, die das Produzieren zu erledigen haben, praktisch gar nicht herumkommen, daß sie damit nämlich sich verschleißen und ihre Lebenszeit opfern, spielt in der Logik des Gelderwerbs keine Rolle - ein erster Hinweis, daß diese Leute jedenfalls nicht die Nutznießer der Marktwirtschaft sind und das Eigentum nicht ihnen zu Gefallen als Zweck der Arbeit eingerichtet worden ist.
Die allgemeinverbindliche Gleichung von Nutzen und Eigentum geht folglich allgemein und verbindlich nur in dem negativen Sinn auf, daß jeder Nutzen vom erworbenen Eigentum abhängt. Damit sie positiv aufgeht, das erworbene Eigentum wirklichen Nutzen garantiert, muß die Quantität des verfügbaren Privatvermögens schon eine ganz bestimmte Qualität erreichen.

Sekten, linke Ideen und ein Vorschlag

PP 13.08.2004 - 12:48
Mr. Irgendwas äußerte die Befürchung, daß "Sekten (wie MLPD, Linksruck usw) linke Ideen mal wieder lächerlich machen..." Also, zu der "Hartz IV = Volksbetrug" Nummer der ML(N)PD braucht man ja wohl kein Wort mehr zu verlieren. Linksruck kann man eigentlich nur vorwerfen, dass sie Linke immer wieder in Richtung der Gewerkschafts- und Sozialdemokratismus-Linken führen, also im Sinne Trotzkis Zentristen sind. Aber, das solltet ihr wissen: Linksruckler aus Hannover und Berlin haben sich wirklich den Arsch aufgerissen um den Naziauftritten auf Montagsdemos in vielen Ostdeutschen Städten propagandistisch etwas entgegen zu setzeninsinddort einzeln hingefahren. Darauf! kommt es nämlich an: Es ist jetzt nicht wichtig in der Bewegung durch "revolutionäre Blöcke" Identitätspolitik zu betreiben und nebenbei checkermäßig Nazis zu jagen. Es ist jetzt wichtig mit den, von einigen als "Volksmob" bezeichneten Massen zu reden. "Die Avantgarde bleibt bei den Kämpfern, die Elite grenzt sich ab". Erst mal müssen wir dafür sorgen, dass die passive Masse überhaupt auf die Demo kommt. Und dann muß man ihnen erklären, dass Migranten an Hartz IV nicht schuld sind, sondern dass die durch Hartz am ärmsten dran sind (bezieht sich besonders auf Leute mit befristeter Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis)! Drittens muss man dafür kämpfen, dass die Gewerkschaftsbosse (Sommer!) und andere interessierte Kreise die Montagsdemos nicht im Keim ersticken. Ein Mittel um die Leute auf die Straße zu bekommen, wären Demos die Montags aus den Stadteilen HERAUS ab 17 Uhr zum Alex zu ziehen, umso bei der Bevölkerung einen Sog entstehenzu lassen. Dann läßt sich die Bewegung auch schlechter durch die Häuptlinge kontrollieren. Ich glaube viele werden nur mitgehen, wenn sie die Demo direkt vor ihrer Nase sehen. Das! muß man organisieren!

was tun?

micha 13.08.2004 - 15:29
klasse text! endlich wird mal gesagt, was für ein ungetüm da verteidigt werden soll und wie sinnlos das ist! hier der verweis auf eine seite, die daraus praktische folgerungen zog und verscuht, konkrete forderungen zu entwickeln, die nicht im sozialstaats diskurs gefangen sind:
www.communismus.de

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