Montagsdemo Magdeburg ein Bericht

Benett Schulz 10.08.2004 23:04 Themen: Soziale Kämpfe
Die Magdeburger Montagsdemonstration mit 15.000 TeilnehmerInnen. Und es wurde lustig.
Auch in Magdeburg fand sie wieder statt, die "legendäre" Montagsdemo. Im Gegensatz zu den Befürchtungen, kam es gleich zu Beginn der Demonstration durch den Lauti zu folgender Aussage: "Wir lassen uns nicht spalten, weder in Sozialhilfeempfänger und Arbeitslose, noch in Ost und West und erst recht nicht in Deutsche und Ausländer". Mit Beifall wurde dieser Satz von den Demonstranten honoriert und es sollte losgehen. Als sich die Demo dann in Bewegung setzte, marschierte die Kameradschaft aus Magdeburg (Name verzichten wir - nix Werbung) in einem Block auf und erhoffte sich somit, an die Demospitze zu gelangen. Die Leute von der Sportgemeinschaft Grün-weiß verhinderten dies, da es gleich zu lautstarkem Protest kam. Dann wurde mit den 15.000 Teilnehmern die Demoroute in Angriff genommen. Die Nazis stellten sich hinten an und konnten somit mit machen. In dem Demonstrationszug befanden sich dennoch mehrer Faschos und als klar war, dass der Kameradschaftsblock nicht nach vorne gelangt, bewegte sich eine Gruppe von ca 15 Nasen in Richtung Spitze. Dort konnten sie dann erstmal die Hälfte der Demostrecke ungestört gehen, bis dann ca. 6 Antifas dem Treiben ein Ende bereiteten. (Danke nochmal an die 3 Unbekannten :-) ). Bei dieser Auseinandersetzung verloren die Faschonasen ihr Transpie, welches die BRD als Geldgeber für die "bösen Nichtdeutschen" anklagten. Nachdem das Transpi verschwunden war und man noch versuchte sich den Nazis ganz zu entledigen, wurde der Bürger-Mob mit den Faschos solidarisch und brüllte: "Wir sind das Volk". Danach dümpelte die Demo so vor sich hin, bis zur Abschlusskundgebung. Dort geschah dann etwas kurioses. Die Nazis stellten sich mit 80 Mann vor den noch vorhandenen Antifas auf und durchbrachen die Bullenkette. Dies ist noch nichts außergewöhnliches, wäre da nicht die Beteiligung unserer Staatschützer. Diese fielen schon zu Beginn auf, als sie sich per Handschlag mit einer Naziordnergruppe begrüßten. Diese Truppe (Mekka-Security) hat die Aufgabe, die "kleinen" Politfaschos vor der Antifa zu schützen. (mehrmals tauchten die auf, als Ihre Nasen in arger Bedrängnis waren) Und nun das, zusammen mit den Staatsschutzbullen (FK4) durchbrach man die Bullenkette und wollte den anwesenden Antifas auf die Nase hauen. Mensch konnte jedoch ohne Blessuren aus dieser Situation entkommen. Auf dem Heimweg gab es noch mehrmals Kontakt mit den Nasen, welcher aber mit Sprüchen relativ ruhig ablief. Als mensch jedoch mitkriegte, dass mensch Anti-Antifa im Rücken hatte, wurde kurz entschlossen noch die Kiste in einer Seitenstraße dem "TÜV" unterzogen. (Und sie fiel durch)

Alles in Allem ein genialer Tag, an dem die braune Horde politisch in jeder Lage unterlegen war.

Was aber Kopfzerbrechen bereiten tut, ist die Tatsache wie sich der Magdeburger Staatsschutz verhielt. (Im Übrigen, sprachen diese Politbullen bei der letzten Demo (2.8.) schon mit einem Lächeln Antifas an, und meinten "Wer zuerst kommt, malt zuerst" - Was sich auf das An-die-Spitze-drängen der Faschos auf der letzten Demo bezog!!!)


Abzuwarten ist, wie sich die Faschos auf der nächsten Demonstration verhalten werden!!!
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Ergänzungen

hmm...

tutnixzursache 10.08.2004 - 23:37
Also wer 15.000 Menschen als Bürgermob beschimpft, sollte gleich zu Hause bleiben. Wer seid ihr denn das ihr über tausenden Menschen urteilen könnt ?

Ach ja..ich vergaß, ihr seid ja die Guten, die Aufgeklärten, die Besseren...

Euer Antifa-Engagement in aller Ehren..aber überlegt mal vorher wie ihr hier Leute betitelt. Ich frag mich halt, warum ihr eigentlich dort wart..wegen den Sozialkürzungen oder um mal wieder wie leider so oft, gegen alle und jedem zu wettern ?

Nazis auch in anderen Städten

irgendwer 11.08.2004 - 00:14
Auch wenn die Nazis nicht, wie in den Medien herbeigeredet, auf allen Monatgsdemos stark vertreten waren, versuchten an Montagsdemos in Dresden und Hamburg ebenfalls Nazis teilzunehmen. Aber auch dort wurden die Nazis von der Demo geschmissen.

Was den Staatschutz in MD angeht: Hab immer wieder gehört, daß es in der
dortigen Polizei rechtsextreme Strukturen gibt. Weiß jemand dazu mehr?

Ingesamt tut es der Regierung übrigens gut, wenn Nazis auf solchen Demos auftauchen: Nazis lenken von Zusammenhängen ab und bieten Sündenböcke an. Die linkeren Teile der Bewegung(en) werden mit Naziabwehr beschäftigt. Der größte Horror für Politik und Wirtschaft wäre eine soziale Bewegung, die den Kapitalismus in Frage stellt. Die Nazis helfen das zu verhindern...

Zum Streit um den Begriff "Bürgermob": Genau diese Distanzierung von der Bevölkerung und die daraus resultierende Selbstisolierung antikapitalistischer Strömungen soll mit dem Auftreten der Nazis erreicht werden.
Es sollte also die Frage gestellt werden, wie wir Nazis von den Demos fern halten und den Leuten auf der Demo zugleich Zusammenhänge, Staatskritik und libertäre Utopien vermitteln können. Ihnen vor dem Kopf zu stoßen, kommt den Nazis zugute.

Engagement ist wichtig!

chris 11.08.2004 - 00:29
Wichtig wäre es, die Leute über hochgradig überzeuigte Nazis in der SPD zu informieren, denn wer erährt, dass Nazis den Sozialklau beschlossen haben, wird kaum noch bei Protesten Nazis hinterlaufen!

Lesenswert:  http://home.snafu.de/bifff/aktuell19.htm

Ebenfalls wichtig ist es, konkrete Positivforderungen zu entwickeln, um Spaltungsabsichten der Regierung zu verhindern, wer weiß, wofür er kämpft, läßt sich nicht so einfach ausspielen, wie jemand der nur weiß, dass er diffus "dagegen" ist. Forderungen müssen eben so sein, dass ein großes Spektrum der Betroffenen hinter ihnen stehen kann.

Der Thread über politische Forderungen der Magdeburger:

 http://32884.rapidforum.com/topic=100180809075

Einwurf

Rufer in der Wüste? 11.08.2004 - 01:18
Irgendwer meinte mal vor kurzem: "Wenn es losgeht mit den Protesten wird diejenige politische Strömung die Oberhand gewinnen, die am schnellsten Lösungen parat hat". Derzeit sieht es so aus, als wären dies bei einem Teil Nazis und beim anderen (größeren) Teil keynesianische Gewerkschafter.
Die libertäre Linke sollte sich langsam mal überlegen, ob sie nicht auch mehr als "dieses und jenes ist blöd" anzubieten hat.

Was will denn die libertäre Linke?
Was gibt oder gab es denn für Ansätze (Argentinien, Chiapas, Cobas, Soziale Zentren)?
Was könnten wir hier in D. tun?
Warum wird von der Politik keine gerechtere Politik zu erwarten sein?
Vielleicht können in einem Forum Ideen oder Satzbausteine gesammelt werden? Vielleicht bei opentheory.org?
Wichtig ist, daß der Bürger das Geschriebene nachvollziehen kann... es sollte also keine linksradikale Flugisprache werden und es sollten keine -ismus-Labels vorkommen!

Wer irgendwie die Schnauze davon voll hat, wie es gerade läuft und in welchem Zustand die Linke ist, sollte seinen Arsch hochkriegen und selbst Flugis entwerfen/verteilen, Reden auf Demos halten oder gute Transpis entwerfen. Bitte wartet nicht darauf, daß Gruppe xyz aktiv wird. Gruppe xyz wird nicht aktiv werden und wenn doch, dann zunächst in eigener Sache und weniger in oben genannte Richtung (auch wenn sie dies von sich behauptet).

Bürger-Mob war falsch

Nochmal ich der Bennet Schulz 11.08.2004 - 01:21
1. Mit diesem Begriff, haben wir uns sicher zu weit aus dem Fenster gelehnt. Dies war weder beabsichtigt noch wollen wir uns von den Bürgern distanzieren.
2. Warum wir nur über die Zwischenfälle berichten ist, dass Magdeburg derzeitig so oder so in der Presse breit getreten wird. Nur das Drumherum ist kaum wahrzunehmen.
Antifaschistischer Widerstand muss erwähnt werden, denn genau aus diesem erklärt sich der Zusammenhang zwischen Nazis, Staat und Bullen.

zur sprache des berichts:

xyz 11.08.2004 - 08:01
Du schreibst: "der Bürgermobb kam den nazis zur hilfe und rief wir sind das Volk."

Das ist nicht richtig. Auch wenn es ironisch gemeint sein sollte, führt es zu einem völlig falschen Eindruck. Die verwendung des Wortes "Mob" ist diffamierend. Außerdem kamen die Menschen den Nazis mit dieser Parole nicht "zur Hilfe". Diese Parole spielt auf die Demonstrationen der Wende an, die zur Auflösung der DDR beitrugen. Sie in einen rechten Zusammenhang rücken zu wollen halte ich für echt deplatziert. Sie ist nicht ethnisch ausschließend zu verstehen sondern im Sinne von "wir sind die kleinen Leute, wir sind die arbeitende Bevölkerung."

Dass gegen Nazis auf Demos vorgegangen werden muss is klar, aber bitte dann ohne dass "normale" Demoteilnehmer mitbeschimpft und mit ihnen in einen Hut geschmissen werden. Es wird sich bei diesen Demos zeigen ob die radikale Linke kompatibel mit der Bevölkerung ist. Wenn nicht muss sie sich ändern.

Noc n Einwurf

Tonio Kröger 11.08.2004 - 13:36
Wenn "irgendwer" weiter oben die Frage stellt "... wie wir den Leuten auf der Demo Zusammenhänge, Staatskritik und libertäre Utopien vermitteln können..." ist das für meine Begriffe höchst problematisch, weil total von oben herab. Auf der einen Seite die linken Alleswisser und Utopie-Copyrightinhaber, und auf der anderen Seite der total verblödete "Bürgermob", den man gefälligst auf Linie bringen muss.
Nee nee, ich glaube, dass immer mehr Menschen (und nicht nur im Osten) auch ohne die Segnungen politischer Bildung langsam begreifen, dass, wie es Charles Bukowski mal gesagt hat, der Unterschied zwischen den Parteien "der Unterschied zwischen warmer und kalter Kacke" ist. Wenn das keine Politisierung ist, dann weiß ichs nicht...
Ne andere Frage ist, wie man mit dieser Situation umgeht und welche Alternativen wir als Linke anzubieten haben. Und es ist klar, dass es nicht für die Leute, sondern nur mit ihnen gehen kann.
Und wenn die Rechten jetzt Zulauf kriegen, rächt es sich, dass wir Idioten es in Jahren nicht geschafft haben, eine linke übergreifende Plattform, Partei, Bewegung zu schaffen. Und wann sollte das geschehen wenn nicht jetzt???

@xyz + andere Verteidiger der "kleinen Leute"

real Antihero 11.08.2004 - 18:11
Die anderen Demoteilnehmer wurden weder von uns beschimpft noch haben wir uns in irgend einer Anderen Art und Weise respektlos gegenüber ihnen verhalten. Wir waren wie sie Teilnehmer an der Demonstration. Als wir die Nazis attackiert haben sind sie uns aber in den Rücken gefallen. Haben sich zwischen uns und die Nazis gestellt, beschimpft und uns unter "Wir sind das Volk" rufen vertrieben. Es tut mit Leid das euch das nicht gefällt, mir gefällt es auch nicht aber ich will die Situation auch nicht schön reden.
Ich behaupte nicht das 100% der demonstrierenden Bürger so reagiert haben, es war aber ein grosser Teil, der Rest hat geschwiegen. Die Demonstranten, die sich so aktiv mit den angegriffenen Nazis solidarisiert haben sind ohne weiteres als "Bürgermob" zu bezeichnen. Und ja, ich verachte sie zutiefst und fühle mich als Jemand besseres.

Nun auch linksradikale Seite zu den Geschehni

wetzqwdhzg 11.08.2004 - 23:53
Jetzt wurde, aufgrunde der Umstände eine Internetseite zu den Montagsdemos geschaltet um alles akuelle auf einen Blick zu haben.

Die Page leutet:  http://schluszmitlustig.de.vu

Also grüßt die Tage und immer daran gedacht, denke ich an deutschland in der Nacht, bin ich um mein Schlaf gebracht.

War das soo ???

JK 13.08.2004 - 17:32
Ich habe die Demo und die Ereignisse irgendwie anders gesehn und wollte deshalb mal von meiner absolut subjektiven Seite aus Berichten was ich gesehen habe.
Da die Demo zu groß war um alles zu sehen, erhebe ich keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Schon um 17:00 Uhr, eine Stunde vor der eigentlichen Demo waren so ziemlich alle Medienanstalten auf den Domplatz aufgefahren und warteten auf das angekündigte Großereignis. Auch Vertreter von den verschiedensten Gruppen waren wieder dabei. So habe ich Menschen von DGB, MLPD, FAU, Linksruck, Attac, sogar einen FDPler mit Demoschildchen und Nazis gesehen. Deren Block mit ca. 40 Menschen wurde gleich zu Beginn der Demo von der Polizei ans Demoende geschickt.

Die ganze Demo wirkte sehr heterogen. Gruppen mit völlig anderen Zielen demonstrierten nebeneinander. Einig war sich die Menge nur darin das Hartz IV gestoppt werden müsse, was immer das auch bedeutet. Auch die häufigste Parole des Tages "Wir sind das Volk" diente den unterschiedlichsten Gruppen mit völlig unterschiedlichster Intention. Nur die Nazis mussten in einigen Abstand hinterherlaufen, so dass sie am Ende mindestens 200 Meter Abstand zum Rest der Demo hatten.

Bis etwa 20 Uhr zog die Demo einmal durch die Innenstadt um wieder am Domplatz zu enden. Hier kam es ganz zum Schluss noch einmal zu einem kurzen Handgemenge zwischen Nazis und AntifaschistInnen, welches aber trotz eines eher geringen Polizeiaufgebotes schnell von den Cops beendet wurde.

Nun zu ein paar Randbeobachtungen:
Interessant war es anzusehen wie ein Vorschreier neben einer Kamera die Menschen zu animieren versuchte "Wir sind das Volk" zu rufen. Soviel zu den objektiven Nachrichten.

Die meisten Menschen waren sehr offen gegenüber jeglichen Flyern. Sowohl die Rechten wie die Linken wurden ihre Flyer gut los. Wie seltsam die Leute drauf waren ergab sich als ein Demoteilnehmer von einem anderen angesprochen wurde wen er den wählen würde und er antwortete: "Entweder die Rechts- oder die Linksextremen, auf keinen Fall wen von da oben."

Die Nazis schafften es sogar die Parole:" Arbeitsplätze für Kriegseinsätze" zu brüllen, bis einer sie darauf hingewiesen hatte das es doch "statt" heißen müsste. Daraufhin riefen einige "statt" und andere "für". Ein echt netter Moment in dem ich mich darüber geärgert habe das ich keinen Tonträger dabei hatte.

Als die Nazis zum Schluss auf den Domplatz ziehen wollten, versperrten ihnen ein paar Antifaschisten den Weg. Nachdem es zu einer Reihe von aggressiven Rufen gekommen war, warf ein besoffener Punk eine Flasche (wohin genau weiß ich nicht, die Nazis hat er aber wohl nicht getroffen) worauf eine Rangelei zwischen Polizei, Antifaschisten und nun angreifenden Nazis ausbrach. Im Rahmen dieser Rangelei wurde ein Punk festgenommen.

Trotzdem schaffte es der Naziblock nicht auf dem Domplatz bis die Demo beendet war.

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@paul — tutnixzursache

jwawoll — ...

...toller bericht...... — ...tut nichts zur sache.......