Montagsdemo in Leipzig - Eindrücke

Leipziger Libertäre 10.08.2004 01:19 Themen: Soziale Kämpfe
10.000 Demonstrierende (Veranstalter) bevölkern Leipzigs Innenstadt. Gewerkschaften, Kirchen, K-Gruppen, Nazis, Anarchisten und Anderen.
"Weg mit Hartz IV" ist Konsens, aber alle wollen in irgendeine Richtung weiter. Die Lage wird unübersichtlich...
"Liebe Freundinnen und Freunde! Wir sind heute hier zusammengekommen um..."
Für Winfried Helbig vom Leipziger Sozialforum ist die Welt in Ordnung: Die etwa 10.000 Leute, die sich um 18 Uhr vor der Nikolaikirche versammeln, sind die Guten mit einem gemeinsamen Ziel: Hartz IV stoppen!
Die Demo bewegt sich über eine kurze Route durchs Zentrum, mit interessanten Sprechchören wie "Schließt euch an!" oder "Wir sind das Volk!" Nazis laufen der Demo entgegen und verteilen links getarnte Flugblätter, die beim "Volk" auf gemischtes Interesse stoßen. Viele werden zerrissen, viele eingesteckt. Antifaschistische Infos stoßen auf ähnliches Interesse, viele Kommentare gibt es in die Richtung "Nazis sind mir egal, ich stehe vor dem sozialen Absturz". Ähnlich bescheiden steht der "Libertäre Block" da, der mit Sprüchen wie "Alles für Alle und zwar umsonst" auf wenig Resonanz stößt, aber die beste Stimmung verbreitet. Radikale Flugis werden interessiert angenommen, insgesamt bleibt allerdings eine dumpfe Dagegen - Stimmung übrig, mit der Versicherung am näxten Montag wiederzukommen, solange, "bis die Reform zurückgenommen wird". (verdi-Sprecherin, Betriebsgruppe Quelle)

Naja, interessantes Vorhaben. Angesichts von 10.000 Leuten im Vergleich zu ein paar Hundert im letzten Jahr müssen die Montagsdemos ernster genommen werden. Bei allen Bedenken: Aus Anarchistischer Sicht wäre es fatal, sich einer sozialen Bewegung zu entziehen und sie irgendwelchen reformistischen bis faschistischen Führern zu überlassen. Leipziger Libertäre wollen auf alle Fälle am Ball bleiben und rufen zu massenhafter linksradikaler Beteiligung für nächsten Montag, 18 Uhr, Nikolaikirche auf.
Es gilt, Akzente zu setzen! Alles für Alle!
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Ergänzungen

Noch mehr dazu

Name 10.08.2004 - 01:30
Bundesweit waren es wohl mindestens 40.000, die da demonstrierten. Die meisten gingen in Magdeburg auf die Strasse (15.000)...

2 Artikel erschienen bisher bei Indy zu den Montagsdemos:

5.000 Menschen sind am Montag den 9.August zur ersten neuen "Montagsdemonstration" in Rostock gegen Hartz IV und Agenda 2010 auf die Straße gegangen
 http://de.indymedia.org/2004/08/88953.shtml

In Hamburg fand heute der Versuch einer Montagsdemo statt. Dieser sollte auf eine Weise unterhaltsam werden, wie wir es nicht erwartet hatten.
 http://de.indymedia.org/2004/08/88950.shtml


Die Nazis dürften der Bundesregierung sehr genehm kommen: Nazis lenken von den eigentlichen Zusammenhängen ab und bieten Sündenböcke an. Darüber hinaus werden die Demonstrationen durch Nazipräsenz für die meisten Leute unattraktiv. Ist wohl nicht ganz zufällig, daß ausgrechnet die Naziorganisationen, die von VS-Leuten regelrecht durchsetzt sind, am stärksten Unterwanderungsversuche probierten. Mit den Medien spielen sie sich dann gegenseitig die Bälle zu...

Doch nicht nur die Nazis versuchen die Proteste zu nutzen:
Auch der DGB will jetzt die Montagsdemos unter Kontrolle bekommen..."DGB-Landesvize (Berlin) Bernd Rissmann: Eine große und breite Bewegung, wie vom Berliner Sozialbündnis gewünscht, sollte «unter Führung des DGB» entstehen. Alle anderen Formen des Protestes, insbesondere auf regionaler Ebene, würden schnell zersplittern."

Ist also dringender denn je, daß linke und libertäre Zusammenhänge ihre Alternativen und Inhalte in die Bewegung tragen...

Flugis

- 10.08.2004 - 11:00
Das Flugi von 'Leipziger Libertäre' und das der FAU-Leipzig sind unter  http://www.fau.org/artikel/art_040810-091326 zu finden.

Abgrenzung nach rechts !

n.n. 10.08.2004 - 12:51
Ich frage mich,weshalb Nazis einen Sozialstaat verteidigen.Das Leute,die nicht arbeiten,etwas bekommen,ist doch eigentlich mit nationalsozialistischen Ideologien unvereinbar,die das Schwache und die ,die sich nicht selbst erhalten "können ",eliminieren möchten und nicht erhalten.Der bundesdeutsche Sozialstaat ist eine der Folgen des
Marshallplans der Amerikaner,ohne den der "Volkswohlstand" in Deutschland nie auf ein Niveau angehoben hätte werden können,der eine die Arbeiterklasse insgesamt integrierende Sozialpolitik erlaubt.Warum also
beschäftigen Nazis sich mit Sozialpolitik. Wir brauachen keinen Reichsarbeitsdienst !

LEIPZIG:UMSONST!

KEIN Libertärer 10.08.2004 - 13:42
Darüber hinaus sollte nicht vergessen werden, dass auch Teile von LEIPZIG:UMSONST!, leider kaum wahrnehmbar, anwesend waren. Daher kam es auch zu den "Alles für alle und zwar umsonst!"-Rufen. LEIPZIG:UMSONST! bewegte sich mit Transpi und Plakaten meist an der Demospitze, auch wenn man in den bürgerlichen Medien fast nichts davon sieht.

@ n.n

Pancho Villa 10.08.2004 - 13:51
Nazis sind Kapitalisten, wie sie im Buche stehen.
Der Nationalsozialismus konnte sich nur an die Macht bringen und für so lange Zeit behaupten, weil das Großkapital (Krupp, Thyssen, US-Industrien etc...)das 3.Reich in profitabler Absicht bis zum ERBRECHEN unterstützt hat.

Rechtsradikale auslachen!!!

fotos zu den nazi-flugblattverteilern

muss ausgefüllt werden 10.08.2004 - 21:37
fotos zu den nazi-flugblattverteilern in leipzig

 http://de.indymedia.org/2004/08/89041.shtml

Nazis und Sozialstaat

antifa 11.08.2004 - 13:05
Es bestand schon immer ein immenser Unterschied zwischen faschistischer Propaganda vor und faschistischer Herrschaftsausübung nach der Machtübertragung. Im 25-Punkte-Programm der NSDAP wurde beispielsweise eine Bodenreform, die Enteignung von Warenhäusern und Großbanken gefordert. Natürlich spielte das in der Politik der Nazis nie eine Rolle, sondern sollte kleinbürgerliche und verirrte proletarische Anhängerschaft, sprich eine Massenbasis, sichern. Die deutschen Faschisten gingen sogar soweit in ihrer sozialdemagogischen Propaganda den Sozialismus zu fordern, hatten aber ab dem 30.Januar 33 nichts dringlicheres zu tun, als alle Arbeitervertreter und Mitglieder von Arbeiterorganisationen und -parteien, deren sie habhaft werden konnten, zu internieren, zu foltern und zu ermorden.