Parteizentralen in Giessen verändert

rotkleinschwarz 06.06.2004 15:17
In Giessen wurden mal wieder die Parteizentralen attackiert. Auf den Bildern ist die der FDP zu sehen, einer Pressemeldung der Polizei ist zu entnehmen das auch die CDU etwas abbekommen hat.
Es darf mal wieder gewählt werden - neben Landtagswahlen ist dieses Jahr ein neues Stimmfanggebiet erschlossen worden: Europa. Unter Führung von Deutschland, Frankreich und England soll eine neue Weltmacht geschaffen werden - in mit allem, was eine moderne Herrschaftsstruktur braucht: Eine EU-Armee, Angriffskriege, erweiterte Rüstungsexporte, abgeschottete Grenzen, Sozialabbau und Europa-Patriotismus gehören zur Grundausstattung. In einer inzwischen von allen EU-Staaten verabschiedeten, verbindlichen Militärstrategie liest sich das so: "Eine aktive und handlungsfähige Europäische Union könnte Einfluss im Weltmaßstab ausüben."

Militarisierung der EU
Die Militarisierung der EU ist nur ein Teilaspekt des Projekts - aber einer, der überdeutlich zeigt, was hier eigentlich gespielt wird. In der EU-Militärstrategie ist zu lesen: "Die Mitgliedsstaaten verpflichten sich, ihre militärischen Fähigkeiten schrittweise zu verbessern." Auch Angriffskriege überall werden darin fest verankert: "Unser herkömmliches Konzept von Selbstverteidigung, dass bis zum Ende des Kalten Krieges galt, ging von der Gefahr einer Invasion aus. Bei den neuen Bedrohungen wird die erste Verteidigungslinie oftmals im Ausland liegen." Wenn der aktuelle Vorschlag zur EU-Verfassung können einzelne Staaten-Zusammenschlüsse innerhalb der EU sogar "autonom" für Menschrechte bomben ("strukturierte Zusammenarbeit") ... die konkrete Form für die "Kern"-Europaidee, die überaschenderweise vor allem von deutschen und französischen Eliten propagiert wird.

Deutschland hat die Nase vorn
Mit 18.000 SoldatInnen stellt Deutschland das größte Kontingent für die EU-Interventionstruppe. Der Befehlshaber der EU-Armee wird ein deutscher General sein. Und sehr wahrscheinlich wird das "Operation Headquarter" das Einsatzführungskommando in Potsdam-Geltow werden. Auf der Webseite der Bundeswehr gibt mensch sich wenig Mühe, die Ziele zu verdecken: "Diese Kräfte in Form einer europäischen Eingreiftruppe sollen für gemeinsame Einsätze der EU unabhängig von der NATO zur Verfügung stehen."

EU-Wahlquark ... linke Parteien und andere Wiederholungen
Im Kern des Projekts geht es um die Ausdehnung von Herrschaft und Verwertung - die Wahl soll den Euro-Schäfchen das Gefühl geben, irgendwie dabei mitbestimmt zu haben. Demokratische Systeme leben davon, dass Unmut immer wieder neu kanalisiert wird. Die tatsächliche Fremdbestimmung wird mit Wahlen, runden Tischen und der Einbindung der "Zivilgesellschaft" verschleiert.

Wie immer sind auch jede Menge linker Partein, die auch ein Stück vom Kuchen haben wollen. Was überhaupt daran sinnvoll sein soll, neue staatliche Herrschaftsstrukturen zu schaffen, erklärt niemand. Denn etwas anderes als eine Machtstruktur kann bei dem Projekt EU gar nicht heraus kommen - egal, ob sich die HardlinerInnen oder die "softeren" Herrschaften durchsetzen: Konkrete Menschen würden sich nie weder in Form von Nationen oder der EU organisieren - das sind immer Projekt der wirtschaftlichen und politischen Eliten, die über die Diskurse und völkischer Identitäten ihre Interessen durchsetzten (Sozialabbau ist z.B. sicher nicht das, was die lohnabhängigen Menschen in Europa wollen - die Lügen von notwendigen Reformen oder leeren Kassen sollen die Köpfe der Menschen vernebeln und die Zuspitzung von Ausbeutung verdecken). Die Beteiligung an der EU-Wahl ist bereits per se antiemanzipatorisch, weil ein Staatenbund überhaupt nichts anderes sein kann als eine Herrschaftsstruktur. Deshalb geht es nicht darum, Europa zu verhindern und am Nationalstaat festzuhalten, sondern für Alternativen jenseits von Staatlichkeit und völkischen Konstrukten zu kämpfen, in der Menschen tatsächlich selbstbestimmt und kooperativ zusammen leben können. Insbesondere linke Parteien sind aktiv daran beteiligt, dass diese Frage nicht gestellt wird: Sie kanalisieren Widerstand, indem Stimmabgabe als Protest verklärt wird oder zur Wahl des kleineren Haufen Scheiße aufgerufen wird. Sie verengen die Frage darauf, wer die Mega-Nation Europa regieren wird anstatt die sie dafür zu öffnen, wie eine Welt ohne Grenzen, Armeen, Markt und Staat aussehen könnte und wie wir damit anfangen könnten, erste Ansätze selbstbestimmten Lebens schon heute aufzubauen.

Wahlen als Aktionsfläche!
Ob Europa- oder Landtagswahl - sie alle werden Werbeshows für Stellvertretung, Kapitalismus und die aktuellen Verschärfungen sein ... mit erhebliche Aufmerksamkeit durch Medien usw. Genau deshalb bieten all diese Wahlen auch Möglichkeiten, mit kreativen Aktionen Gegenbilder zu demokratischer Herrschaft, Sozialabbau und Militarismus öffentlich zu machen: Vom veränderten Wahlplakat über Jubel-Orgien bei Politikerbesuchen, gefälschte Parteipropaganda bis hin zu Utopiezonen vor Wahllokalen oder verstecktes Theater beim Urnengang ... ein bunter, vernetzter Widerstand, der Visionen einer ganz anderen Welt thematisiert, erscheint uns viel sinnvoller als das Mitmachen beim Wahlquark.


Demnächst in Giessen:

12.6. in der Innenstadt Gießen: Umsonstladen unterwegs plus Infostand und Aktionen zur EU-Wahl (Kritik an Militarisierung und innerer Sicherheitspolitik der EU, kreative Aktionen in der FußgängerInnenzone ... wer mitmischen will, sollte sich melden ...)
Subversive Demo für mehr Bomben, Rassismus usw. durch die EU. Auszüge aus der Demoanmeldung:
Start: 13 Uhr Kirchenplatz mit Auftaktkundgebung.
Route: Marktplatz (Kundgebung) - Mausburg - Kugelbrunnen (Kundgebung) - Kreuzplatz (Kundgebung) - Drei Schwätzer (Kundgebung) - Kreuzungspunkt Löwengasse/Goethestr. (Kundgebung) - Selterstor und zurück.
Gesamtdauer: 1-2 Stunden. Kundgebungen jeweils 5-15min.

18.-20.6. in Gießen: Training zu kreativer Antirepression, u.a. Gerichtsprozeß, denn am 23. gehts wieder los mit der Rechtssprechung besonderer Art ... bis dahin vielleicht Aktionstage in Gießen

21.-26.6. in Gießen: Dauer-Mahnwache am Kirchenplatz mit Utopiezelten, Veranstaltungen, Aktionen usw. gegen Herrschaft, Strafe, Justiz und Polizei. Infoseite ...
Auszüge aus der Demo-Anmeldung:
Start: Mo, 10 Uhr Kirchenplatz.
Details und Demonstrationsformen:
- Kundgebungen mehrfach täglich, d.h. Durchsagen mit Lautsprechern (die Ruhezeiten werden beachtet)
- Angebote zur Diskussion, Veranstaltungen zum Thema, Workshops usw.
- Ausstellungen
- Modelle für ein Leben jenseits von Herrschaft, u.a. Gratisessen, Umsonstladen usw. (jeweils zeitweise)
- Musikdarbietungen, Kunst (z.B. Lesungen)
Ende: Samstag, 16 Uhr Kirchenplatz.
Erwartete TeilnehmerInnenzahl: 3 bis 40 je nach Zeitpunkt.
Entlang der Rasenfläche werden auf dem befestigten Bereich je nach Wetter 3 bis 6 Pavillons bzw. Zelte aufgestellt, deren Ausmaße insgesamt aber nicht über die beschriebene Fläche hinausgehen. Die Zuwegungen links und rechts vom Rasenplatz bleiben offen, ebenso der Beginn des Fußwegs auf die Rasenfläche in der Mitte des Abschnitts.
Am 23., 24. und 25.6. wird es jeweils Umzüge ab 8.30 Uhr vom Kirchenplatz durch die Schulstraße über den Berliner Platz zum Landgericht sowie nachmittags im Anschluß an die dort stattfindende Gerichtsverhandlung über den Kennedyplatz zurück zum Kirchenplatz geben. Dabei werden Lautsprecher und eventuell weitere Utensilien mitgeführt.
Auf eine Demonstrationsleitung wollen wir angesichts der Überschaubarkeit der Gruppe verzichten. Dieses ist durch Art. 8 I Grundgesetz gedeckt (siehe Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, Abschnitt H, Rdnr. 250 f).

23.-25.6. in Gießen (Landgericht, Ostanlage 15, Erdgeschoß, Raum 15, ab 9 Uhr): Prozeß gegen zwei Projektwerkstättler (Berufung), Infoseite dazu ... Täglich Demo ab 8.30 Uhr vom Kirchenplatz (Dauer-Mahnwache) zum Landgericht und nach der Verhandlung zurück.

Weitere Infos:

 http://www.abwehr-der-ordnung.de.vu
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Ergänzungen

polizeiberichte dazu

zk 10 06.06.2004 - 22:09
02.06.2004 - 16:03 Uhr
Gießen (ots) - Gebäude mit Farbe beschmiert

Gießen: Am Dienstag, dem 01.06.04, gegen 22.10 Uhr, wurde ein
Gebäude in der Bleichstraße von Unbekannten mit Farbe beschmiert. Die
Schadenshöhe steht noch nicht fest. Hinweise erbittet die Kripo
Gießen unter der Rufnummer 0641-7006- 2555.
 http://www.presseportal.de/polizeipresse/p_story.htx?nr=562427&firmaid=43559&keygroup=


Gebäude mit Farbe beschmiert

Gießen: In der Nacht zum Dienstag, dem 01.06.04, gegen 02.00 Uhr,
wurde ein Gebäude im Spenerweg mit Farbe beschmiert. Die Schadenshöhe
steht noch nicht fest. Hinweise erbittet die Kripo Gießen unter der
Rufnummer 0641-7006-2555.
 http://www.presseportal.de/polizeipresse/p_story.htx?nr=562005&firmaid=43559&keygroup=



Anmerkung: Im Spenerweg liegt die CDU, in der Bleichstraße die FDP.

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ungültig wählen — anarcho

? — DJ