nazis kündigen an demo in pirna anzugreifen

pirnaer antifaschistin 21.05.2004 16:10 Themen: Antifa
am 12.06.2004 um 15:00 Uhr soll in Pirna eine Antifademo unter dem Motto: "Kein schöner Land - linke strukturen stärken" stattfinden ... mehr dazu unter >>> afa13.antifa.net ..
nun gibt es dazu eine erste Veröffentlichung der Nazis, verbunden mit dem Aufruf AntifaschistInnen am Rande und in der Demonstration anzugreifen (nazistuff:  http://speicher24.net/archiv/inhalt.php?id=3973 ) ...

Dass es sich dabei nicht um eine leere Drohung handelt, zeigten die Aktivitäten der lokalen Nazis in den vergangenen Jahren. So griffen etwa 70 Nazis 2001 die Demo eines Bürgerbündnisses an. Dabei verletzten sie eine Sanitäterin mit einer Flasche am Kopf, mehrere Menschen wurden zusammengeschlagen oder gehetzt ... Auch im Prozess gegen die "Skinheads Sächsische Schweiz", Sachsens größter Nazikameradschaft, wurde so einiges darüber bekannt, zu welchen Taten diese Typen fähig sind. Innerhalb von 3 Jahren kam es zu unzähligen übergriffen durch diese Gruppierung und deren Umfeld. Allein der damals in Pirna ansässige Döner-Imbiss "Antalya-Grill", wurde innerhalb der 3 Jahre in Pirna mindestens 14 mal von Nazis angegriffen. Am Haus eines Antifaschisten brannten mehrere Holzkreuze und bei einem anderen Antifaschisten das Auto. Innerhalb des Prozesses werden der SSS vier Übergriffe zugerechnet, bei denen die Nazis, jeweils mit 30 Personen und äußerster Brutalität vorgingen.

Die Antifaschistische Aktion 13 in der Sächsischen Schweiz versucht nun seit einigen Jahren auf dieses Problem aufmerksam zu machen. Staatliche Institutionen ruhen sich gerne auf dem Verbot und dem laufenden Prozess gegen Mitglieder der "Skinheads Sächsische Schweiz" (Prozess nach §129 = kriminelle Vereinigung) aus. Das genügt uns nicht. Menschen die nicht dem Streichholzschachtel-Weltbild der Nazis entsprechen, leben weiter in akuter Gefahr. Für AntifaschistInnen in der Sächsischen Schweiz ist darum dieser 12.06.2004 so wichtig, es geht darum zu zeigen, dass es weiterhin antifaschistische Bestrebungen geben wird. Es soll aber auch nicht an diesem Punkt stehen geblieben werden, es geht darum linke Strukturen zu stärken um endlich Effektiv gegen Nazis aggieren zu können!

Ich rufe darum alle Menschen dazu auf, die AntifaschistInnen in Pirna nicht allein zu lassen und das zu Verteidigen, was dort versucht wird auf- und auszubauen.
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Ergänzungen

Interessantes aus Pirna

egal 21.05.2004 - 18:59
Im Januar 2002 hat sich in Pirna ein Skandal zugtragen, der damals Menschen auf der ganzen Welt aufregte (was sich im Gästebuch der Stadt Pirna widerspiegelte). Über Wochen stand damals in einer Pirnaer Drogerie ein Schild "Ausländer dürfen hier nur in Begleitung des Personals einkaufen" - und niemand störte sich daran.

Die ganze Geschichte unter:
 http://www.metronaut.de/archiv/bg/bgpirna.html

nazis so friedlich

ein stein kommt gefolgen 21.05.2004 - 19:14
hier mal ein kurzer beitrag dazu, wie friedlich neonazis sind und wie sinnvoll daher ein dialog, ausschliesslich auf grundlage von sachlichen argumenten ist: kurz neonazis verdienen keine argumente mündlicher art, sondern es muss ihnen gezeigt werden, dass sie in pirna und sonst wo nichts zu suchen haben. wie ein jeder das macht, das sei seiner kreativität überlassen. hauptsache ihr lasst euch nicht von den bullen fassen.lasst euch aber auch nichts gefallen.


aus der taz:

"Die Erfassung von Tötungsdelikten mit rechtem Hintergrund ist problematisch. So zählte die Regierung in den Jahren von 1990 bis 2000 nur 26 Todesopfer rechtsextremer Gewalt. Eine Recherche von Frankfurter Rundschau und Tagesspiegel ergab dagegen, dass im gleichen Zeitraum mindestens 93 Menschen durch Mord und Totschlag von rechts ums Leben gekommen waren. Im Gegensatz zur Vorgehensweise des Innenministeriums wurden dabei auch Fälle berücksichtigt, in denen der Täter nachweislich aus dem rechten Milieu stammte und kein anderes Motiv erkennbar war. Zum Teil hatten die Gerichte bei den Taten keinen "direkten" rechtsradikalen Hintergrund erkannt, obwohl einer der Täter zuvor "Ausländer raus" gerufen und das Opfer einer Minderheit angehört hatte. Die Regierung korrigierte später ihre Angabe auf 36 Fälle."


ich hab auch noch ein interview zum thema organisationgrad bei faschos. es heisst doch sonst immer, die tätter seien unpolitische jugendliche oder einfach nur wirrköpfe und überhaupt, richtig gefährlich ist doch wohl immer noch die militante linke. gelle?

ok. hier aus der sz:



""Die Neonazis sind straff organisiert"

Gestern wurde in Berlin die Dokumentation "Braune Kameradschaften – Die neuen Netzwerke der militanten Neonazis" vorgestellt. Herausgeber sind Andreas Speit und Andrea Röpke. Von ihr stammt das München-Kapitel über die Kameradschaft Süd.

SZ: Seit dem spektakulären Sprengstofffund betonen die Ermittler, Wiese sei nur der Anführer einer kleinen, isolierten Gruppe gewesen. Sind Sie da anderer Meinung?

Andrea Röpke: Ja. Wir sind, als wir vor Jahren begannen, die Aktivitäten des Aktionsbüros Nord in Hamburg zu beobachten, sehr bald auf die Kameradschaft Süd gestoßen. Es gab und gibt personelle Kontakte und wechselseitige Unterstützung, wobei die seit Januar verbotene Fränkische Aktionsfront (FAF) als Bindeglied diente.

SZ: Kontakte ergeben sich schon durch gemeinsame Demonstrationen. Überbewerten Sie die nicht?

Röpke: Nein. Wir haben festgestellt, dass es zwischen Norddeutschland und dem Süden einen regen Austausch über Strategien gab und gibt. Mit unseren Recherchen wollen wir darauf aufmerksam machen, dass die Kameradschaft Süd – wie die FAF – dem „Aktionsbündnis“ angehört, einem Zusammenschluss von mehr als 160 nationalen Kameradschaften. Sie ist Teil eines straff organisierten, gewaltbereiten Neonazi-Netzwerkes.

SZ: Davon hätte der Verfassungsschutz doch etwas mitbekommen müssen?

Röpke: Tatsache ist, dass unbemerkt von der Öffentlichkeit und vor den Augen der Verfassungsschützer amtsbekannte Neonazis wie Christian Worch und Thomas Wulff aus Hamburg ein bundesweit agierendes, so genanntes führerloses Netzwerk aufbauen konnten, das aber klare Führerstrukturen besitzt.

In diesem Spektrum wird der Besitz von Sprengstoff und Waffen nicht abgelehnt. Unverständlicherweise wird nach wie vor der gefährliche Netzwerk-Charakter ignoriert. Auch die Gerichte halten an der Einzeltäter-These fest: Ein Zeichen dafür ist aktuell der Ausgang des Prozesses gegen die Sprengstoff-Beschaffer der Kameradschaft Süd vor dem Landgericht in Neuruppin.

Ohne Bezugnahme darauf, dass die Generalbundesanwaltschaft diese als terroristische Vereinigung einstuft und unabhängig von den Münchner Ermittlungen sind Wieses Komplizen zu milden Bewährungsstrafen verurteilt worden. Ebenso dubios war der Prozess gegen einen Neonazi aus dem Umfeld der Kameradschaft Süd, bei dem bereits im Juli 2003 Sprengsätze gefunden wurden. Die politischen Hintergründe blieben ungeklärt, die Strafe fiel milde aus.

SZ: Die Richter haben wohl die Unreife der Angeklagten berücksichtigt. Sie schreiben ja selber, dass die Kameradschaften immer jünger werden.

Röpke: Das macht sie nicht harmloser. Es ist Teil der Kameradschaftsstrategie, die Anhänger gezielt schon an Schulen und Freizeittreffs zu rekrutieren. Dabei verwenden sie „linke“ Parolen und Symbole wie Palästinensertücher oder Che-Guevara-T-Shirts. Beunruhigend ist, dass der Mädchenanteil stark steigt, auch bei den militanten Gruppen.

SZ: Die Behörden haben wiederholt erklärt, nun energisch gegen die Neonazis vorgehen zu wollen.

Röpke: Ja, sie handeln und erwecken den Eindruck, als wäre mit Verboten alles getan – das ist falsch. Dringend nötig ist eine umfassendere Aufklärung. So weiß kaum einer, dass die Kameradschaft Süd um Wiese jede Woche militärische Wehrsport-Übungen in den Wäldern um München und an der tschechischen Grenze abgehalten hat.

Auch dass die Pistole, die schon im Jahr 2000 bei der Gewalttat gegen eine 15-Jährige eine Rolle spielte, Wiese gehörte, teilte die Polizei nicht mit. Und niemand hat bisher beim Kreisverwaltungsreferat nachgefragt, warum man dort Wiese immer wieder als Verhandlungspartner vor geplanten Neonazi-Demonstranten akzeptiert hat. Vielleicht kann unser Buch da etwas anstoßen. "

Quelle:Süddeutsche

nennt doch mal adressen

kahlkopf 21.05.2004 - 19:27
folgende links sind ganz informativ und gut gemacht:
 http://www.netzgegenrechts.de
 http://www.nazis-raus.de
 http://www.idgr.de

schaut auch mal auf die seite der bullen in hessen. da gibt es eine übersichtliche auflistung aller verbotenen und noch nicht verbotenen nazisymbole, abbildungen,... und wie mensch was erkennt.

wäre ganz nützlich, auch mal einige adressen aus der region pirna und pirnastadt zu veröffentlichen. klar , keine privatadressen- aber vielleicht zb von gaststädten, wo sich faschos aufhalten.

es gibt viel zu lachen

???????????????? 21.05.2004 - 19:30
nazis die unmenschlichkeit entdecken *lol*

www.die-kommenden.net behauptet unmenschlichkeit entdeckt zu haben
schaut mal unter dem link nach und vergleicht es dann mit den unten angeführten links
www.die-kommenden.net/dk/w/index2.html (unter dem link grafiken)

ich werde euch jetzt ein paar links zeigen was die nazis gemacht hatten
(bitte auf eigene verantwortung reingehn)
 http://www.wsg-hist.uni-linz.ac.at/Auschwitz/HTML/Zwillinge.html

und nochmal einer ihrer tollen helden (seite scrollen eventuell lesen)
 http://home8.inet.tele.dk/aaaa/Mengele.htm

ich glaube das sollte auch nie in den medien gezeigt werden was der herr mengele für scheisse gemacht hat unter der führung eines so "mächtigen" mannes wie adolf hitler


neonazis in magdeburg

nix gut 21.05.2004 - 21:53
der text is zu einem prozess anfang des jahres und von der seite aktenzeichen xy-ungelöst.

Prozess gegen Neonazi wegen versuchten Mordes beginnt


Neuruppin (ddp-lbg). Wegen versuchter schwerer Brandstiftung und versuchten Mordes in sieben Fällen beginnt am Dienstag ein Prozess gegen einen 27-Jährigen aus Hohen Neuendorf. Der Angeklagte soll aus ausländerfeindlichen Motiven versucht haben, Brandsätze in ein türkisches Bistro zu werfen, sagte ein Sprecher des Landgerichts Neuruppin heute. Nach Angaben des Vereins Opferperspektive handelt es sich bei dem Angeklagten um den ehemaligen Vorsitzenden der «Kameradschaft Oberhavel».

Der 27-Jährige soll am Nachmittag des 3.September 2003 in angetrunkenem Zustand in dem Bistro «Schallallalla» in Hennigsdorf einen Zeugen aufgefordert haben, einen Strafantrag gegen zwei seiner, der rechten Szene zuzuordnende, Bekannte zurückzunehmen. Anschließend kam es zu einer Schlägerei, bei der der Angeklagte verletzt wurde.

Nach ambulanter Behandlung im Krankenhaus sei er mit zwei Brandsätzen zum Bistro zurückgekehrt. Er habe versucht, einen Brandsatz in das Lokal zu schleudern, in dem sich sieben Menschen aufhielten. Der 27-Jährige habe die Brandflaschen schließlich jedoch gegen Tür und Schaufenster des Lokals geworfen. Sie durchschlugen jeweils nur die erste Scheibe der Doppelverglasung und konnten schnell gelöscht werden.


@ klingt von 19.02 h

du peilst offenbar nicht, dass nazis und antifa nicht zu vergleichen sind. wenn du die beiden gruppen hinsichtlich ihrer gewalt vergleichst und feststelltst, dass beide u.a. gewalt benutzen und ergo auf einer stufe zu stellen sind, beweisst das erst mal nichts , ausser wie einfach und oberflächlich du beobachtest.

denn merke: gewalt und gewalt ist nicht das selbe. hol dir auch mal infos von anderen als deinem netten opi aus der nazis und vornazizeit.wenn nazis zunehmend den öffentlichen raum bestimmen wollen, menschen jagen und umbringen und anitfas sich dagegen wehren und das z. t. eben auch unter körperlichem einsatz dann ist das etwas völlig anderes. ich habe nicht gehört, das die antifa flüchtlinge, migranten, schwule , behinderte und obdachlose sowie punker tot geschlagen haben.

aber mal so unter uns: ein tipp für dich: kannst dich doch mal einer horde faschos in den weg stellen und den sozialarbeiter raus hängen lassen. so in richtung, arme kindheit, keiner liebt euch und ein ventil braucht ihr halt.

Immer schön ruhig bleiben

abc 22.05.2004 - 01:40
"Hunde, die bellen, beißen nicht" heißt ein altes Sprichwort. Damit will ich die Nazi-Szene vor Ort nicht verharmlosen, aber als die Nazis vor ein paar Jahren das Bürgerbündnis angegriffen haben, gab es im Vorfeld keinen "offiziellen" Aufruf. Es handelt sich doch hier offensichtlich um ein Täuschungsmanöver, um möglichst viele Antifas von Gegenaktionen bei einem nicht mal 250 km entfernten Nazi-Aufmarsch fernzuhalten. Vielleicht hat auch der VS seine Hände im Spiel, der entschlossenen Widerstand gegen den Nasen-Aufmarsch fürchtet.

fotos von bekannter anti-antifa-combo

venci 22.05.2004 - 10:21
in dresden tritt seit einiger zeit eine gruppierung aus dem umfeld der "skinheads sächsische schweiz", der "freien kräfte dresden" und hooligans auf, die bei nazidemonstrationen versuchen antifaschistinnen anzugreifen. das heisst sie gehen gezielt nicht auf die nazidemo sondern versuchen zu den antifas zu gelangen.

über diesen link fotos dieser combo vom 8. mai 2004 dresden
 http://venceremos.antifa.net/ddneonazis/nazidemosdd/mai04/fotos_nazihools1.html

es ist stark davon auszugehen, dass diese leute (zusammensetzung variiert immer ein bisschen) mit dabei sein werden, wenn sich nazis in pirna zusammenrotten um die linke demo anzugreifen.

Interessantes aus Pirna - historisch gesehen

Axel Gallert 22.05.2004 - 14:17
Der antisemitische Reichstagsabgeordnete Carl Friedrich Lotze
aus: "Früher Antisemitismus in Sachsen und in Pirna"

Als es gerade fünf jüdische Geschäfte in Pirna gibt, erscheint am 7.10.1886 im "Pirnaer Anzeiger" folgende Annonce:
"Höchste Zeit ist es, dass man sich jetzt immer um einen Platz zur Erbauung einer Synagoge umsieht, da die Kinder Israels in unserer Stadt sich in beängstigender Weise vermehren.
Ein Reformer."[1]
Diese Anzeige ist eine Novität. Zum ersten Mal außerhalb von Wahlen finden wir in der örtlichen Zeitung individuelle politische Meinung bekundet, dazu noch in ironisch-hetzerischer Form. Was den Verfasser so beängstigt, ist das Anwachsen des jüdischen Bevölkerungsanteils auf 37 Personen (davon mindestens 12 Kinder), also bei rund 12.000 Einwohnern auf 0,32%![2] Gleichzeitig ist diese Anzeige aber auch das früheste Anzeichen des neueren Antisemitismus im Raum Pirna.

Nach diesem ersten Signal im "Pirnaer Anzeiger" finden seit 1890 antisemitische Tiraden ihren Nährboden.

Zwischen 1890 und den nächsten Reichstagswahlen von 1893 scheinen im Kreis Pirna antisemitische Tendenzen erste organisatorische Formen angenommen zu haben. Auf dem Parteitag der Antisemitischen Volkspartei 1892 in Dresden sind unter 119 Delegierten auch die Reformvereine von Helmsdorf, Neustadt und Stolpen vertreten.[3] 1893 existiert bereits ein Wahlausschuss der "Deutschen Reform-Partei" im 8. sächsischen Reichstagswahlkreis. Er nominiert den Dresdner Mörtelfabrikanten Carl Friedrich Lotze, der zum Führungskern dieser Antisemitenpartei in Sachsen gehört, als Reichstagskandidaten.[4] Lotze betreibt eine rührige Wahlwerbung. Er wird dabei, wie in Teilen Sachsens, auch durch Konservative unterstützt. So finden wir im "Pirnaer Anzeiger" vom 9.6.1893 einen Wahlaufruf des "Conservativen Landes-Vereins im Kgr. Sachsen", in dem es u.a. heißt:
"... Wir wollen ein christliches Volk unter christlicher Obrigkeit, eine deutsche Nation unter deutschen Fürsten und einem deutschen Kaiser sein und bleiben. Fort mit dem sich vordrängenden und zersetzenden jüdischen Einflusse auf unser Volksleben, aber auch fort mit der jüdischen Lüge, dem jüdischen Betruge im Munde derer, die sich zwar Deutsche und Christen nennen, aber nur auf die Untergrabung von Deutschtum und Christentum ausgehen, indem sie Beides den verwerflichen Parteizwecken unterordnen."[5]

Lotze wird auch vom "Reichstreuen Verein für Königstein und Umgebung" unterstützt.[6] Er tritt allenthalben als "Candidat der gesinnungstüchtigen Mittelparteien" auf. An sozialen Reformen werden u.a. gefordert: "... verschärfte Konkurs- und Wucher-Gesetze, Beseitigung der Conkurrenz der Zuchthausarbeit, der zügellosen Gewerbefreiheit und der unbegrenzten Freizügigkeit, Beschränkung des Hausier-Handels, der Abzahlungs-Bazare, Schwindel-Ausverkäufe und Wanderlager, der Börsenspekulation ...", auch die soziale Lage der Arbeiter soll verbessert werden.[7]

Der bisherige konservative Abgeordnete, Kommerzienrat Grumbt, sei nicht mehr wählbar, verkünden die Reformparteiler.
"Allein seine Haltung zu den Handelsverträgen, seine völlige ablehnende Stellung gegenüber dem Antisemitismus, dessen Berechtigung auch von der deutschkonservativen Partei anerkannt worden ist, machen es für jedes Mitglied des Mittelstandes unmöglich, ihn wieder zu wählen."

In der Tat löst sich der konservative "Reichstreue Verein" im Kreis auf und tritt für die Wahl Lotzes ein.[8] Einige Konservative nominieren zwar noch rasch Hoenerbach, aber der hat keine reale Chance. Der Steinbruchbesitzer Julius Lotze, Stadtrat in Pirna, distanziert sich in der Zeitung öffentlich vom "antisemitischen oder reformerischen Kandidaten" C. F. Lotze und möchte keinesfalls mit ihm verwechselt werden.[9]

Die organisierte Arbeiterbewegung ist ohne die jüdischen Intellektuellen Karl Marx, Ferdinand Lassalle, Eduard Bernstein und Rosa Luxemburg, um nur einmal die wesentlichsten zu nennen, schlechthin nicht vorstellbar. Weil sie nach radikaler Emanzipation strebte, war sie gerade auch für viele Juden politische Heimstatt. Sie grenzte sich unzweideutig von antisemitischer Volksverhetzung ab.
Im Vorfeld der Wahlen von 1893, wählt der sozialdemokratische Kandidat Julius Fräßdorf in bewusster Auseinandersetzung mit dem "Reformer"-Kandidaten Lotze als Thema einer öffentlichen Versammlung des sozialdemokratischen Volksbildungsvereins am 22.1.1893 vor ca. 250 Teilnehmern: "Die Antisemiten und die Sozialdemokratie".[10]
Am 6.5.1893 beschließen im Carolabad ca. 120 anwesende Mitglieder, auch aus Sebnitz, Königstein und Schandau, in einer öffentlichen sozialdemokratischen Parteiversammlung, ein Flugblatt gegen den Antisemitismus in Angriff zu nehmen. Es ist leider nicht erhalten geblieben.[11]

Und so sahen dann die Wahlergebnisse im Kreis aus:
Lotze (Reformpartei) 7.803 Stimmen, Fräßdorf (Sozialdemokrat) 7.665, Eysoldt (Freisinn) 4.233 und Hoenerbach (Cons.) 1.248.[12] Eine Stichwahl ist nötig. Aus diesem Anlass veröffentlicht Lotze erneut einen Wahlaufruf, in dem es heißt: "Wollt Ihr gegen die Verjudung des deutschen Volkes energisch Front machen, ... dann wählt Lotze!"[13] In der Stichwahl setzt sich Lotze mit 12.296 Stimmen gegen Fräßdorf mit 9.606 durch.[14] In Sachsen erhielten die antisemitischen "Reformer" bei diesen Wahlen 93.364 Stimmen und brachten es bei 11 Kandidaturen auf 6 Mandate im Reichstag, darunter das für den bei uns gewählten Lotze.[15]

In diesem Jahr 1893 kommt es im Ergebnis der konzentrierten antisemitischen Aufheizung auch zu ersten Boykottaufrufen gegen die jüdischen Kaufleute. Wenn auch Einzelheiten dazu nicht überliefert sind, so legt doch die Gegenaktion in Gestalt einer ganzseitigen Anzeige im "Pirnaer Anzeiger" vom 16.12.1893 davon Zeugnis ab.[16] Dieser Appell an die Käufer enthält einen indirekten Vorstoß an die Adresse der Sozialdemokratie, wohl auch zur Absicherung gegenüber einer kleinbürgerlich geprägten Mehrheit in der Bevölkerung.
Für Lotze, der sich 1898 erneut als Reichstagskandidat bewirbt, sind aber Sozialdemokraten wie Juden Feinde. In seinem ersten Wahlaufruf im "Pirnaer Anzeiger" vom 29.5.1898 heißt es denn auch:
"Die Reichstagswahlen von 1898 müssen zum Entscheidungskampfe zwischen dem deutschen Volke und seinem Erbfeinde, der verjudeten Sozialdemokratie werden."

Als "geeignete Kampfmittel gegen die Sozialdemokratie" gelten:
"Die Aufklärung des Volkes und speziell der Arbeiter über das Wesen und die wahren Ziele der sozialdemokratischen Lehre, die Hebung der Religiosität und des sittlichen Gefühls in der arbeitenden Bevölkerung, die Verminderung der Begehrlichkeit der Massen durch Vereinfachung der Lebenshaltung aller Stände, die Verminderung der Steuerlast in den erwerbenden Klassen und die Beseitigung des jüdischen Einflusses in der Führerschaft der Industrie-Arbeiter."[17]

Diese Stoßrichtung betont auch eine andere bezeichnende Stellungnahme, die am 16.6.1898 erscheint, und zwar mit fetter Balkenüberschrift gleich auf Seite 1:
"Reichstagswahl!
Angesichts der sozialdemokratischen Anmaßungen werden die Mitglieder des Reichstreuen Vereins dringend aufgefordert, geschlossen Mann für Mann für
Herrn C. F. Lotze in Dresden
einzutreten und demselben am 16. Juni ihre Stimme zu geben.
Commerzienrat Hugo Hoesch, Hütten."[18]

Bei diesen Wahlen setzt sich erneut der Antisemit Lotze mit 11.118 Stimmen, diesmal sogar im ersten Wahlgang mit der absoluten Mehrheit, gegen Fräßdorf mit 10.007 und den Freisinnigen Fischbeck mit 652 Stimmen durch.[19] Bei den Wahlen ein Jahr später, 1899, gewinnt Lotze zwar mit 10.692 Stimmen weniger als Fräßdorf mit 11.571 und dem abgeschlagenen Kandidaten des Freisinns, Strohbach, mit 1.825 Stimmen, setzt sich aber in der Stichwahl mit 13.307 gegenüber 12.605 für Fräßdorf noch einmal gegen diesen durch.[20] Erst 1903 unterliegt er dem sozialdemokratischen Kandidaten.

So hat die Mehrheit der Wählerschaft des 8. sächsischen Reichstagswahlkreises für runde 10 Jahre einen erklärten Antisemiten in die höchste parlamentarische Vertretung des deutschen Reiches entsandt!

[1] Pirnaer Anzeiger, vom 7.10.1886, S.4.
[2] Vgl. Diamant, Chronik der Juden in Dresden. Darmstadt 1973.
[3] Stadtarchiv Pirna, B II-XXII, 2 und 3, Reichstagswahlen.
[4] Lexikon zur Parteiengeschichte. Bd.1, S.85f; Bd.2, S.63.
[5] Pirnaer Anzeiger, vom 9.6.1893, S.8.
[6] Pirnaer Anzeiger, vom 10.6.1893, S.4.
[7] Pirnaer Anzeiger, vom 13.6.1893.
[8] Ebenda.
[9] Pirnaer Anzeiger, vom 14.6.1893.
[10] B III-XXVI, 03, Bl. 117-121 (Acten, die Sozialdemokratie betreffend 1874-1918).
[11] B III-XXVI, 13, Bl. 128/129 (Sozialdemokratie betreffend 1878-1918).
[12] Pirnaer Anzeiger, vom 17.6.1893, S.1.
[13] Pirnaer Anzeiger, vom 21.6.1893.
[14] Pirnaer Anzeiger, vom 25.6.1893.
[15] Lexikon zur Parteiengeschichte, Bd.1, S.86.
[16] Pirnaer Anzeiger, vom 16.12.1893, S.7. Im Anhang wiedergegeben.
[17] Pirnaer Anzeiger, vom 29.5.1898, S.13.
[18] Pirnaer Anzeiger, vom 16.6.1898, S.1.
[19] Pirnaer Anzeiger, vom 18.6.1898, S.5.
[20] Pirnaer Anzeiger, vom 17.9.1898, S.1.

Der vollständige Text "Früher Antisemitismus in Sachsen und in Pirna" finden Sie auf folgender Internet-Seite:  http://www.geschichte-pirna.de/bis_1933.htm

Beitrag der AAG zur Demo

x 22.05.2004 - 15:59
Hier ein weiterer Artikel "Infos zur Antifa-Demo 'Kein schöner Land'" der Antifaschistischen Aktion Gera [AAG]:
 http://de.indymedia.org/2004/05/84088.shtml

"hunde, die bellen, beißen nicht"-nazis schon

andere Antifaschistin aus pirna 22.05.2004 - 22:12
Diese Drohungen sind aufgrund der in der Sächsischen Schweiz vorherrschenden Situation, die im Beitrag schon angerissen wurde, auf jeden Fall ernst zu nehmen. Mit einer Bilanz von mehr als 45 Übergriffen auf Nichtrechte im Raum Pirna in den letzten fünf Jahren, die über 14 Angriffe auf den "Antalya-Grill" und sonstige Aktionen, wie Brandanschläge, noch garnicht mitgerechnet, muss die Sächsische Schweiz als Hochburg nazistischer Aktivitäten bezeichnet werden.
Andererseits ist anzunehmen, dass die Nazis mit ihren Veröffentlichungen ein Verbot der Demonstration erreichen wollen.

noch einige Anmerkungen:

-die "Zeichen gegen Rechts"-Bürgerdemo war am 04.11.2000 im Zeitraum des sogenannten "Antifa-Sommer" und nicht 2001, wie im Beitrag geschrieben (auch wenn im November 2000 ja schon fast das Jahr 2001 war...)
-zu "immer schön ruhig bleiben" von abc:
ein verharmlosendes Zitat wie "Hunde, die bellen, beißen nicht" , finde ich in diesem Kontext äußerst unpassend. Das mag vielleicht auf Hunde zutreffen, auch wenn ich mir selbst da nicht sicher wäre. Und auch diese Verschwörungstheorien erscheinen mir nicht sonderlich plausibel.

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