27. Buko in Kassel gestartet

Alex 21.05.2004 15:47 Themen: Soziale Kämpfe
Gestern Abend startete der 27. Bundeskongreß Internationalismus in Kassel mit dem Thema "Aneignung - Das Ende der Bescheidenheit. Alltag - Neoliberalismus - Widerstand."
Der kleine Campus der Uni am Holländischen Platz in Kassel ist voller Leute, haupsächlich jüngeren. Die Atmosphäre ist entspannt, kleine Grüppchen sitzen auf den Backsteinstufen und unterhalten sich. Viele sehen sich seit einem Jahr das erste Mal wieder.

Den Buko gibt es seit 27 Jahren. Er findet stets an einem anderen Ort statt, von anderen Leuten organisiert, zu einem anderen Themenschwerpunkt linker Politik. Dieses Jahr haben sich 600 Leute aus ganz Europa angemeldet und sind nach Kassel gefahren, um sich 3 Tage lang über neoliberale Entwicklungen, Hintergründe von Herrschaftssystemen, der Rolle von Staat und die Möglichkeiten der eigenen Intervention auszutauschen. Das Angebot ist vielfältig und verteilt sich auf die drei Schwerpunktthemen "Arbeit und soziale Reproduktion", "Privatisierung" und "Soziale Rechte und Recht auf Legalisierung". Zu diesen Themen laufen 2 Tage lang Workshops, deren Ergebnisse am Sonntag bei einem "moderierten Buffet" zusammengetragen und präsentiert werden sollen.

Die Gäste sind international, es gibt einen freiwilligen Übersetzungsdienst. Wer mehr als eine Sprache spricht, versucht dem Nachbarn zu helfen. Auch sonst ist Mitarbeit gefragt: beim Geschirrspülen im Spülmobil, bei der Organisation der Veranstaltungen, beim Zubereiten der Mahlzeiten.. gekocht wird Bio und vegan, geschlafen in 2 Schulturnhallen. Gemeinsam werden für Samstag Nachmittag Aktionen geplant, denn der Buko ist nicht nur eine reine Theorieveranstaltung: "Buko goes downtown". Hamburg./Berlin./Dresden.Umsonst sind genauso dabei wie die Buko-Pharma-Kampagne mit dem Straßentheater "Schluck und weg" oder die Buko-Biopiraterie-Kampagne mit tütenweise unbehandeltem Saatgut unter dem Arm.

Die Auftaktveranstaltung gestern Abend stand unter dem Thema "Neoliberalismus am Ende?" Es ging hierbei allerdings nicht um das Hoffen auf eine lebenswerte Zukunft, sondern darum, ob der Begriff "Neoliberalismus" überhaupt zeitgemäß ist. Diese Veranstaltung hatte das Ziel, Anregungen zu geben, um Fragen zu ernten. Fragen, die dann am nächsten Tag in die Workshops eingespeist werden können. Immer wieder wurde "der Süden", also die asiatischen Länder, als Beispiel dafür genannt, daß "Neoliberalismus" so neu gar nicht ist, sondern in diesen Regionen schon seit mehreren 100 Jahren Bestand hat. Eine Auseinandersetzung mit Kolonialismus und Imperialismus schafft somit ein Verständnis für unsere eigenen, zukünftigen Existenzbedingungen.

Versuche, die derzeitige Politik durch das Benennen von Zielen zu beschreiben, hat eher spekulativen Charakter. Es soll beim Buko vielmehr darum gehen, ein Verständnis für die momentanen Vorgänge auf der Welt zu entwickeln, damit gerade nicht passiert, was die Mainstreammedien zur Zeit so sehr fördern: ein Weltbild, das lediglich unterscheidet zwischen Weiß und Schwarz, Gut und Böse, "Imperialisten" und "Friedensmacht". In dieser intensiven Auseinandersetzung mit den doch sehr komplexen und unübersichtlichen Regulationsvorgängen auf der Welt liegt die Zielsetzung des Buko - und vielleicht, so die Hoffnung, auch in einer kritischen Betrachtung möglicher linker Strategien gegen die fortschreitende Entwicklung.
Auf das Ergebnis sind wir alle gespannt. Jeder wird etwas von hier mit nach Hause nehmen können, und einige werden es 2005, zum nächsten Buko, wieder mitbringen. Auch das ist eine Form von Aneignung.
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