LEIPZIG am 15. Mai: Bericht der NOlympia-Demo

imc_le 15.05.2004 19:30 Themen: Freiräume Repression Soziale Kämpfe
Erste Eindrücke von der antiolympischen Demonstration in Leipzig. Das erfreuliche Endergebnis vorweg: klare und klägliche 0:3-Niederlage für Leipzig und seine "one family", formerly known as Volksgemeinschaft.
Am heutigen Nachmittag fand die vom Antiolympischen Komitee Leipzig (AOK) organisierte bundesweite Demonstration unter dem Motto "fatal error - the game is over" statt. Trotz miesem Wetter versammelten sich am Burgplatz an die tausend Menschen. Schon vor Beginn der Demonstration kam es zu einem Zwischenfall, als Burschenschaftler sich mit Hilfe von Pfefferspray Durchgang durch die Menge verschaffen wollten. Es flogen spontan einige Flaschen und die Burschis kamen ins Rennen, noch bevor die Polizei sich der Situation bewusst wurde. Jene war zahlreich erschienen, unterstützt durch Bundesgrenzschutz, Kamerawagen und Hubschrauber. Damit stand es schon vor Beginn 1:0!

Vor dem Start wurde bekannt, dass die geplante Route erneut verändert wird. Bereits im Vorfeld musste der Ort der Auftaktkundgebung vom Augustusplatz weg verlegt werden, da die Stadt im Nachhinein pro-olympische Jubelveranstaltungen inszenieren wollte. Allerdings folgten dem Aufruf, eine volksgemeinschaftliche Menschenkette gegen die subversiven Olympia-Kritiker zu bilden, nur wenige Bürgerinnen und Bürger. In Sichtweite des Burgplatzes waren höchsten dreißig Personen zu erblicken, am Zetkin-Park sollen sie mit jeweils fünfzig Meter Abstand gestanden haben. Mehr pro-olympischen Geist konnte ich an diesem Tag nicht erblicken, mit Ausnahme einiger Pöbelpassanten und "damals-herrschte-noch-Zucht-und-Ordnung"-Renter im blauen T-Shirt. Ganz deutlich: das war das 2:0!

Die Demo begann mit sportlicher Pünktlichkeit, also einstündiger Verzögerung gegen 15 Uhr. Im Voraus wurden Grußworte von Rostocker GenossInnen verlesen, sowie zwei Textbeiträge von Re:sistencia und der Libelle gehalten. Letzterer war ausgesprochen kreativ, inhaltlich wurde aber in keinem Beitrag über das bisher bekannte hinausgegangen (dazu ist eigentlich auch schon alles gesagt). Dann gings Los mit viel guter Laune, etwas Pink & Silver und Nieselregen. Auch kreative Transparente waren dabei, allen voran eine umfunktionierte und provisorisch neu betextete "one family"-Fahne. Leider führte die Route aus der Innenstadt heraus und durch schwach bevölkertes Terrain. Trotzdem ergab sich durch gute Musik und laute Parolen ("Eure Bewerbung ist eh' passé - Wolfgang in den tiefen See!") eine nette Stimmung. Während der ersten Zwischenkundgebung rieselte es reichlich Zeitungskonfetti.

Während der zweiten Kundgebung gab es einen Redebeitrag der Wertkritischen Kommunisten (WKL). Der Inhalt war sicher passabel, die Akustik war es nicht. Am Rande eine Diskussion mit Bullen, weil einem Punk das Bier abgenommen wurde. Der Nichtgenuss von Alkohol war eine der Auflagen, ebenso, wie das Nutzen nur des jeweils äußersten Fahrbahnstreifens. Letzteres konnte jedoch nicht durchgesetzt werden. Auf dem letzten Abschnitt in Richtung Waldplatz gab es dann zwei Countdowns samt Massensprints, begleitet von Rufen wie "no, no, no Olympia!" und "Nie wieder Deutschland!" Ein älterer Polizist erwies sich dabei leider als völlig unsportlich und der antiolympische Mob konnte zu ihm aufschließen...

Die Demonstration endete schließlich gegen halb fünf am Waldplatz. Ingewahrsamnahmen konnte ich nicht beobachten. Der Tag endet also mit einem klaglosen und völlig positiven Resümee: die Ankündigung des AOK, 700 Menschen zu mobilisieren, wurde übertroffen; die versprochene antikritische Menschenkette blieb zu Hause; Burschis konnten zurückgeschlagen werden... für uns steht es damit 3:0! Am kommenden Dienstag wird der Vorausscheid des IOC auf dem Augustusplatz live übertragen. Sollte unser Job damit noch nicht erledigt sein, freuen wir uns auf ein baldiges Rückspiel inklusive weiterer unsportlicher Szenen.

* Aufruf:  http://www.nein-zu-olympia.de/html/aufruf.php
* mehr antiolympische Infos:  http://www.nein-zu-olympia.de

* FÜR DEN KOMMUNISMUS!
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Ergänzungen

Ergänzung: LVZ-Bericht

imc_le 15.05.2004 - 19:42
* siehe:  http://www.lvz.de/aktuell/content/114268.html
Menschenkette für Olympia - Demonstration gegen die Spiele

Leipzig. Mit einer Menschkette haben am Samstag in Leipzig die Initiative „Leipzig für Olympia“ und Studenten für die Olympia- Bewerbung der Stadt demonstriert. Fast 5000 Menschen bildeten laut Veranstalter eine sieben Kilometer lange Kette quer durch die Innenstadt. Gleichzeitig demonstrierte das neu gegründete „Leipziger Bündnis gegen Olympia“ gegen die Olympia-Pläne der Stadt. Daran nahmen nach Polizeiangaben ungefähr 300 Menschen teil.
Vertreter aller Fraktionen des Stadtrates und Prominente wie Radsportler Jens Lehmann, Olympiasieger von Sydney, nahmen an der Menschenkette teil. Fast eine Stunde lang demonstrierten die Teilnehmer bei heftigem Regen für Spiele in Leipzig. „Wir wollen zeigen, dass unser Slogan „one Family“ von den Menschen hier mitgetragen wird“, sagte Joachim Horn, Sprecher der Initiative.

Die Protestveranstaltung des „Leipziger Bündnis gegen Olympia“ war die erste Demonstration gegen eine Austragung der Olympischen Spiele 2012 in Leipzigs Innenstadt. „Es muss auch kritische Stimmen zu Olympia geben“, sagte die ehemalige PDS-Bundestagabgeordnete, Angela Marquardt, die an der Demonstration teilnahm. Millionen würden für die Olympia-Bewerbung ausgegeben werden, die im Arbeitsmarkt besser investiert wären, sagte Marquardt.

* LVZ LÜGT!

Ergänzung: MDR-Artikel

imc_le 15.05.2004 - 19:52
*  http://www.mdr.de/nachrichten/sachsen/1383629.html
Leipzig: Menschenkette für Olympia

Mit einer Menschenkette haben sich mehrere tausend Leipziger am Nachmittag für die Olympischen Spiele 2012 in ihrer Stadt stark gemacht. Wie die Initiative "Leipzig für Olympia" mitteilte, haben sich unter anderem Rad-Olympiasieger Jens Lehmann, TV-Schauspieler Dieter Bellmann und Turn-Olympiasieger Klaus Köste in die Schlange eingereiht. Die Idee zur Menschenkette stammt von den Studenten, die schon den Non-Stop-Staffellauf ins Leben riefen.

Gleichzeitig demonstrierte das "Leipziger Bündnis gegen Olympia". Unter den rund 500 Olympia-Gegnern war auch die ehemalige Bundestagsabgeordnete Angela Marquardt. Sie befürchtet, dass auf die Leipziger bei einer erfolgreichen Bewerbung viele Nachteile zukommen: höhere Mieten, die Zerstörung des Auenwaldes sowie der Abbau von Grund- und Freiheitsrechten. [...]

Fotos der Demo

Anti-Olympisches Komitee 15.05.2004 - 20:40

Ergänzung: weiterer MDR-Ber., Fotos und Video

imc_le 16.05.2004 - 12:04
* Bilder von mdr.de:  http://www.mdr.de/leipzig2012/bilder/1384391.html

* Video mit kurzem Ausschnitt der NOlympia-Demo:  http://www.mdr.de/sport/1384263.html

* weiterer Artikel:  http://www.mdr.de/leipzig2012/nachrichten/1384380.html

"Olympische Kontraste: Demos pro und contra 2012

Der 15. Mai war ein Tag der Gegensätze in Leipzig. Etwa 72 Stunden vor der Entscheidung des IOC, wer offizielle Kandidatenstadt für 2012 wird, gingen in Leipzig Olympia-Fans und -Gegner auf die Straße.

"Ihr macht unsere Stadt kaputt!" - Dieser Ausruf ging nicht in Richtung Anti-Olympia-Demo. Es waren Demonstranten, die am Straßenrand Leipzigs Sport-Bürgermeister Tschense und Olympia-GmbH-Geschäftsführer de Vries entdeckt haben. Deren Unterstützer wiederum bildeten eine große Menschenkette, um ein Zeichen pro Olympia zu setzen.

Friedliche Gegendemo
Rund 500 zumeist linksgerichtete Jugendliche demonstrierten am Sonnabend bei strömendem Regen erstmals gegen die Olympia-Pläne ihrer Stadt. Angemeldet wurde die Demonstration von Angela Marquardt. Die ehemaligen PDS-Bundestagsabgeordnete wurde von Polizei-Einsatzleiter König fast schon freudig begrüßt. "Es ist eine Freude, ihnen mal persönlich zu begegnen. Sonst sieht man sie ja nur im Fernsehen", sagte der Hauptkommissar und wies sie in die Demo-Auflagen ein.

Diese waren letztendlich weniger hart als von den Demonstranten befürchtet. "Wir haben sogar auf die üblichen Vorkontrollen verzichtet", betonte König. Auch sein Gegenüber Marquardt wirkte entsprechend gelassen. "Ursprünglich sollten wir unsere Ordner mit deren Personalausweis-Nummer angeben und durften nur maximal 30 Transparente mitführen. Aber diesen Blödsinn haben sie zurückgenommen", sagte sie, während ein paar Meter weiter Mitglieder des Anti-Olympischen Komitees die Restriktionen der Stadt anprangerten.

Angst vor Olympia
Wesentlich kritischer sieht Marquardt die Leipziger Olympia-Bewerbung, "die Millionen Euro kostet, während im Breitensport gespart wird". Marquardt ist der Meinung, dass Stadt und Olympia-GmbH mit den Hoffnungen der Menschen spielt. "Ihnen wird vorgegaukelt, dass nachhaltig neue Arbeitsplätze entstehen. Doch es wird Zeitarbeit dominieren", sagt sie und verweist darauf, dass nach Olympia Großruinen stehen würden. Andere Demoteilnehmer äußerten die Befürchtung, dass bei Olympia Freiheitsrechte massiv eingeschränkt würden.

Gesprengte Ketten, gute Stimmung
Eher euphorisch, aber nicht weniger durchnässt waren dagegen die Olympia-Befürworter, die mit einer Menschenkette durch Leipzigs Innenstadt ein Zeichen in Richtung IOC setzen wollten. Mehrere tausend Leute machten sich trotz miesen Wetters auf die Beine, um zu zeigen, "dass unser Slogan 'one Family' von den Menschen hier mitgetragen wird", sagte Joachim Horn von der Initiative "Leipzig für Olympia". Die Schlange wurde auf der 7 km langen Strecke gebildet, auf der seit 12. April nonstop ein Staffellauf stattfindet.

... und an vielen Stellen mit Erfolg
Über die Anzahl der "Kettenmitglieder" gab es ebenso unterschiedliche Ansichten, wie über den Erfolg der Aktion. "Die Kette war geschlossen", verkündete Leipzigs Olympia-Planer Mike de Vries - "die Kette war zu 90 Prozent perfekt" ein Mitorganisator. Beides stimmt nicht ganz. Während sich an zentralen Punkten viele Menschen häuften, war die Kette an vielen Stellen ausgesprochen löchrig. Der Stimmung tat das allerdings keinen Abbruch. Auch die Konfrontation beider Olympia-Lager ging glimpflich aus. Den tropfnassen Olympia-Befürwortern konnten die Wasserspritzen der Olympia-Gegner nichts anhaben."

weitere fotos

. 16.05.2004 - 16:22
weitere fotos der demonstration hier

 http://de.indymedia.org/2004/05/83608.shtml

Ergänzung: Leipzig Fernsehen

imc_le 17.05.2004 - 22:15
In der heutigen Ausgabe der "Drehscheibe" lieb ein kurzer Beitrag zur "Menschenkette" und auch dem antiolympischen Protest. Gezeigt wurden die Transpihalter auf dem Augustusplatz sowie der Burgplatz mit dem Kommentar, dass dieser "fast leer" geblieben sei. Wurde wahrscheinlich gegen 13 Uhr gefilmt. Zum Thema Olympiakritik fiel am Ende ein prägender Satz: "...wer nichts zu sagen hat, kann bekanntlich nichts erreichen". Schönes Motto.

Leipzig Fernsehen lügt!

Ergänzung: Bericht & Bilder der Antifa Dessau

imc_le 19.05.2004 - 20:27

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