Erstens kommt es anders...

ex-antifa-k 06.05.2004 02:31 Themen: Antifa
Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt?

Nach der Auflösung der Antifa K war deren detaillierte Aufarbeitung in der Öffentlichkeit und besonders die Verbreitung von Interna auf den üblichen Kommunikationswegen der Szene nicht von uns intendiert. Aufgrund der, offenbar von einigen anderen Mitgliedern der ex-Antifa K gegenüber der taz geäußerten Behauptungen, nachzulesen im Artikel "Kölner Antifa löst sich in Wohlgefallen auf" in der taz vom 30.4. [  http://de.indymedia.org/2004/04/81802.shtml], und den anschließenden Diskussionen sehen wir uns, als ein Teil der Gruppe, allerdings gezwungen zu einigen Behauptungen kurz Stellung zu nehmen und einen kurzen Ausblick auf zukünftige Antifa-Politik in Köln zu geben.
Niemand der sich ernsthaft der antikapitalistischen Linken zurechnet und noch einigermaßen bei Verstand ist, wird wohl bezweifeln, dass "radikale Kapitalismuskritik" [1] der Ausgangspunkt der politischen Arbeit sein muss. Auch der notwendigen Erweiterung der Themenfelder über den "Kampf gegen die Nazis" hinaus wurde sich nicht verschlossen, ganz im Gegenteil. Einem praktischen Antifaschismus aber indirekt jede Legitimation abzusprechen ist nicht nur ein arroganter Schlag in das Gesicht aller aktiven AntifaschistInnen, sondern blendet auch den notwendigen Abwehrkampf gegen Faschisten aus, der vielfach überhaupt erst die Grundlage und Freiräume für erfolgreiche linke Politik schafft. Das Projekt "Antifa" ist somit nicht nur auf die Verhinderung von Naziaufmärschen zu reduzieren, sondern hat vor allem zur Aufgabe die gesellschaftlichen Zustände zu benennen und zu bekämpfen unter denen Rassismus, Antisemitismus und Nationalismus zum Alltag gehören. In diesem Zusammenhang spielen unseres Erachtens nach aktuell besonders der Diskurs um eine "Nation Europa" und die auf vielen Ebenen forcierte Rehabilitierung Deutschlands eine Rolle.

Es geht hierbei also nicht nur um verschiedene Ausrichtungen der Politik [2], wie uns der Artikel und einige Antifa K-Aktivisten weismachen wollen, sondern eher um die Art der Auseinandersetzung mit der "sozialen Frage" und warum infolge dessen "die inhaltliche Neuorientierung (...) nicht von allen Gruppenmitgliedern so mitgetragen wurde." [3]
Wir erachten nämlich ein reines Schüren von Sozialneid, sowie eine populistische "wir hier unten gegen die da oben" Rhetorik als wenig emanzipatorisch. Auch die generelle positive Besetzung der Masse ist dabei kritisch zu hinterfragen, gerade wenn diese in Form der bundesrepublikanischen Gesellschaft vor dem Hintergrund eines neuen nationalistischen Großmachtstrebens, welches im dumpfen Antiamerikanismus und der Schlussstrichdebatte kulminiert, sich konstituiert.
Eine generelle Verteuflung der "Massen" als per se antisemitisch-völkisches Kollektiv mit "deutschen Genen" ist zwar ebenfalls deutlich zurückzuweisen, in der aktuellen Situation kann sie aber auch nicht als Projektionsfläche revolutionärer Träumereien dienen, auch nicht in der Domstadt.

Auch der momentan in der radikalen Linken geführte Diskurs um "Aneignungspraxen" droht noch schneller in eine Sackgasse zu laufen als der "revolutionäre Antifaschismus", sollte weiterhin die Frage der Produktion im Kapitalismus ausgeblendet werden. So geht es bisher leider vornehmlich um die kostenlose Aneignung einiger Dienstleistungen und Produkte, der Kern der kapitalistischen Ausbeutung ? die Lohnarbeit ? bleibt dabei erneut unberücksichtigt. Hier gilt es das Themenfeld zu erweitern, sowie bestehende Fragestellungen zuzuspitzen und damit die soziale Frage nicht nur zu "relaunchen", sondern in ihr auch die Perspektive der Revolution aufzuwerfen.

"Antifaschistische Arbeit wird es in Köln auch nach dem Ende der Antifa K weiter geben" [4], hier hat der Artikel ausnahmsweise einmal Recht. Diese wird sich aber sicherlich nicht darin erschöpfen einen rassistischen Bürgermob wie in Köln-Poll und Weidenpesch über den rechten Hintergrund der einträchtig mit ihm laufenden Führungskader von Pro Köln zu informieren.

Ein Teil der ehemaligen Antifa K
Mai 2004

 post.antifa-k@linkeseite.zzn.com


Anmerkung: Mit dieser Stellungnahme soll keine "Schlammschlacht" begonnen werden, in der weitere Interna veröffentlicht werden. Wir sehen von unserer Seite aus die Diskussion hiermit als beendet an. Durch den Artikel in der taz vom 30.04. haben wir uns allerdings zu einer Stellungnahme gezwungen gesehen, da bereits in der Auflösungserklärung auftauchende und uns missfallende Tendenzen hier verstärkt und erweitert wurden.


Fußnoten:
[1] aus "Kölner Antifa löst sich in Wohlgefallen auf", taz Köln vom 30.04.2004

[2] "die einen waren eher für eine Ausrichtung auf den Kampf gegen Nazis, die anderen wollten eine stärkere Thematisierung von sozialer frage, Globalisierung, Privatisierung und radikaler Kapitalismuskritik." Taz Köln 30.04.2004

[3] ebd.

[4] Siehe [1]
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Ergänzungen

auf die Plätze - fertig - los!

kölnerin 06.05.2004 - 15:27
das wird dann ja wohl Ärger geben, einige werden sich hierüber sehr erbosen, wobei sie ja eigentlich auch das gleiche gemacht haben, zumindest kommt mir das als Außenstehender so vor, was natürlich immer eine schwere Position zur Bewertung ist, oft aber auch eine distanziertere Betrachtung ermöglicht.
Es erscheint doch so: Auflösungspapier kommt raus, der Teil der dies hier gepostet hat findet das nicht so toll, kann aber damit leben. Dann erzählt der andere Teil der Gruppe der Taz Köln (sehr wahrscheinlich unabgesprochen) etwas, womit sie nun aber überhaupt nicht mehr einverstanden sind, es folgt dieses Papier, was wiederum die andere Seite aufregen wird und so weiter, Teufelskreis?

Hoffen wir das nicht, im Interesse der Kölner Linken, ich finde es berechtigt sowas hier zu schreiben und beide Ansätze hören sich doch ganz erfolgsversprechend an, die einen wollen im Sozialen Zentrum aktiv werden (die Besetzung war klasse, nochmal Lob dafür!), die anderen u.a. auch weiterhin Antifa-Arbeit machen, wobei sie einige Fehler die die Antifa K dabei gemacht hat, wohl umschiffen wollen. Der Part, der das Themenfeld Antifa umreisst finde ich dann auch sehr gelungen und notwendig als Gegenrede zu dem Mist aus der Auflösungserklärung, die Äußerungen zur "sozialen Frage" sind zwar nicht unbedingt falsch, aber warum engagiert ihr euch erstmal nicht selber in diesen Kreisen, anstatt sie sofort abzuurteilen? Vielleicht habe ich ja auch Unrecht und ihr habt das schon gemacht oder macht es sogar noch?

Ingesamt macht die Auflösung der K doch wieder Hoffnung, vorher stagnierte alles, jetzt kommen wenigstens wieder Debatten auf und von einer antideutschen Abspaltung kann man glücklicherweise auch nicht reden. Es wäre wünschenswert, wenn daraus mehr fruchten würde.

keine internas auf indy

arthur 07.05.2004 - 11:19
indymedia ist ein nachrichtenpool und kein forum, schon gar kein offenes!
bullen und nazis lesen mit, das sollte allen klar sein. szenediskussionen gehören nicht in öffentlichen raum. genausowenig wie aussagen bei bullen und vs gemacht werden.
also: wir halten immer noch das maul, auch auf indy!

Ergänzung

Intentionen 08.05.2004 - 19:01
Also ich finde intendieren nicht unbedingt falsch. Der Duden gibt ja eine aufschlussreiche Definition. Fremdwörter in Texten - das haben schon zahlreiche Forscher herausgefunden - sind nun einfach nicht zu vermeiden. Andererseites stimmt es schon, dass das Wort eigentlich nicht mehr benutzt werden sollte.
Besucht mein Diskussionsforum: www.intendierenjaodernein.de

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