laut TAZ: Kölner Antifa löst sich in auf

Zeitungsleser 30.04.2004 13:44
Nach den Gerüchten nun wohl amtlich. Etwa 1 1/2 Jahre nach der Antifa Aktion Berlin (AAB) hat sich nun auch die 2. Großantifa der 90er Jahre gespalten. Folgendes stadt heute in der Taz-online:

(Quelle:  http://www.taz.de) Antifa K gibt ihr Ende bekannt. Einen Streit über die politische Richtung hat die Gruppe nicht überlebt. Ehemalige Mitglieder wollen jetzt am Aufbau einer starken radikalen Linken mitarbeiten und setzen auf die Antiglobalisierungsbewegung
VON DIRK ECKERT
Ein dunkelgrauer Hintergrund, dazu die Worte "game over" im Titel - das ist alles, was derzeit auf antifa-k.de und pop-antifa.de, den Internetseiten der Kölner "Antifa K", zu sehen ist. Was bislang in Köln nur als Gerücht kursierte, ist jetzt amtlich: Die Antifa K hat sich nach rund sieben Jahren aufgelöst.

"Die Antifa-Bewegung der 90er hat sich überlebt und ein ganzer Teil von ihr hat sich faktisch aufgelöst", heißt es in der "Auflösungserklärung", die der taz vorliegt. Bei vielen in der Antifa K hätten sich zudem die "Prioritäten verschoben", berichtet die Gruppe, die unter anderem 1999 einen Naziaufmarsch gegen die Wehrmachtsausstellung in Köln verhindert hat. Viele stünden nach dem Ende ihres Studiums am Anfang ihres Berufslebens und hätten dadurch weniger Zeit für politisches Engagement.

Offenbar hat es in der Antifa K einen Streit um die politische Richtung gegeben. Die einen waren eher für eine Ausrichtung auf den Kampf gegen Nazis, die anderen wollten eine stärkere Thematisierung von Sozialer Frage, Globalisierung, Privatisierung und radikaler Kapitalismuskritik. Mit Letzterem hätte "der viel beklagten Inhaltslosigkeit der Antifa" entgegengewirkt werden sollen, heißt es in der Auflösungserklärung. Statt "krampfhaft an veralteten Politikkonzepten" festzuhalten, wollen die Antifaschisten demnach lieber am Aufbau einer starken radikalen Linken mitarbeiten und in Auseinandersetzungen zum Beispiel "um bedingungslose soziale Rechte oder die Wiederaneignung von Räumen" eingreifen. Damit dürfte auch ein Soziales Zentrum gemeint sein, dass Linke in Köln schaffen wollen. Letztlich gehe es um eine Gesellschaft "jenseits von Verwertung und Ausbeutung", erklärt ein Antifa-K-Mitglied.

Diese "inhaltliche Neuorientierung sei jedoch "nicht von allen Gruppenmitgliedern so mitgetragen", räumt die Antifa K in ihrer Erklärung selbstkritisch ein: "Offenbar ist es nur unzureichend gelungen, diesen Diskussionsprozess so zu gestalten, dass er für alle eine Perspektive innerhalb der Antifa K geboten hätte." Eine Spaltung habe es aber nicht gegeben, betont das Antifa-K-Mitglied.

Mit dem Israel-Palästina-Konflikt beziehungsweise der Strömung der so genannten Antideutschen, die sich in enger Anlehnung an die Bush-Regierung für den Irak-Krieg ausgesprochen und Kriegsgegner als Saddam-Freunde denunziert hatten, habe die Auflösung übrigens nichts zu tun, sagt ein anderes Mitglied der Gruppe. Das sei "definitiv nicht der Fall". Beide Themen sorgen gegenwärtig in der deutschen Linken immer wieder für heiße Diskussionen.

Antifaschistische Arbeit wird es in Köln auch nach dem Ende der Antifa K weiter geben, sind sich die beiden Antifa-K-Mitglieder sicher. In den Stadtteilen gebe es Gruppen gegen Rechts, und auch eine Initiative gegen das Auftreten von Rechtsextremisten bei den nächsten Wahlkämpfen sei bereits gegründet.

taz Köln Nr. 7347 vom 30.4.2004, Seite 1, 100 Zeilen (TAZ-Bericht), DIRK ECKERT
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Totaler Quatsch!

Roter Rheinländer 30.04.2004 - 14:08
Ich habe vor ein paar Tagen noch ziemlich gesichert(!) gehört, daß es bei der AntifaK-Spaltung NICHT darum ging, daß die "Orientierung zur Antiglobalisierungsbewegung" nicht von allen mitgetragen worden sei.

Die Spaltung kam wohl daher, daß es unterschiedliche Ansichten darüber gab, wie sowas gehen könnte (begleitend oder konfrontativ kritisch). Auch gab es angeblich Kritik, daß Antifaschismus nicht nur aus der Verhinderung von Naziaufmarschen bestehen dürfe, sondern sich auch gegen gesellschaftliche Zustände richten müße.

Wie jetzt genau weiß ich auch nicht, aber so wie es in der TAZ steht stimmt es wohl nicht.

Et kütt wie et kütt.

xy 30.04.2004 - 14:20
Et kütt wie et kütt.



Auch wir wollen uns dem bundesweiten Trend nicht verschließen und lösen uns auf.



Gruppen haben ihre Zeit, Themen auch. Die Antifabewegung der 90er hat sich überlebt und ein ganzer Teil von ihr hat sich faktisch aufgelöst. Wenn das Konzept des "revolutionären Antifaschismus" (Antifa ist der Kampf ums Ganze etc.) der 90er jemals richtig war, so kann es auf die derzeitige politische Lage schon längst keine Antworten mehr geben. Zudem haben sich bei vielen ehemalig Aktiven die Prioritäten verschoben. War früher (z.B. neben Studium und Freizeitaktivitäten) genug Raum, um sich politisch zu engagieren, stehen jetzt viele in den Anfängen ihres Berufslebens und wenden sich eher diesem zu.



Soweit eine relativ normale Entwicklung für eine in die Jahre gekommene politische Gruppe. Jedoch ist für uns auch zu hinterfragen, ob wir nicht die von uns in diversen Publikationen beklagte Vereinzelung\Individualisierung in den eigenen Strukturen reproduziert haben.

Wir haben - auch um der viel beklagten Inhaltslosigkeit der Antifa entgegenzuwirken - angefangen, uns mit Themen zu beschäftigen, die unserer Meinung nach zentral für linksradikale Arbeit sind. Also etwa die soziale Frage, Globalisierung und Privatisierung und die Möglichkeit einer radikalen Kapitalismuskritik.



Dabei stellt sich die Frage, wie es geschehen konnte, dass die inhaltliche Neuorientierung die schon vor 2-3 Jahren begann, nicht von allen Gruppenmitgliedern so mitgetragen wurde. Offenbar ist es nur unzureichend gelungen, diesen schwierigen Diskussionsprozess so zu gestalten, dass er für alle eine Perspektive innerhalb der Antifa K geboten hätte.

Das macht unzufrieden und wird auch noch weiter zu untersuchen sein. Jedenfalls führte diese Entwicklung zu einer weitgehenden Stagnation in unserer Arbeit. Dieser Zustand musste beendet werden, auch wenn das Ende der Antifa K vielen von uns weh tut.



Nichtsdestotrotz denken wir gemeinsam, dass die inhaltliche Neubestimmung nicht nur richtig, sondern auch alternativlos war (und ist). In Zeiten, da überall auf der Welt eine Art "Relaunch" der sozialen Frage zu beobachten ist und neue Räume für linksradikale Politik sich sogar in Deutschland öffnen, dürfen wir nicht an der Seite stehen und krampfhaft an veralteten Politikkonzepten festhalten.



Im Gegenteil steht es weiterhin für viele an, am Auf- und Ausbau einer starken radikalen Linken mitzuarbeiten und in die Auseinandersetzungen z.B. um bedingungslose soziale Rechte oder die Wiederaneignung von Räumen (realen oder theoretischen) einzugreifen.

Mit etwas Wehmut aber auch viel Lust in diesen spannenden und weiten Feldern zu wirken, verbleibt ein letztes Mal eure Antifa K.



Antifa K im Frühling 2004



Nachbemerkung

Das wunderbare Büchertischprojekt "Counterinformation" wird selbstverständlich weiterhin für euch da sein. War es auch ehemals als wandernder Werbträger gedacht, ist der Bedarf und die Resonanz derart gut, dass das Projekt weitergeführt wird. Es ist bis auf weiteres auch unter der bekannten Mailadresse zu erreichen.



--
Antifa K
Ludolf-Camphausen-Str. 36
50672 Köln

www.antifa-k.de

Schade,

X-Berger 30.04.2004 - 14:23
aber es war seit einiger Zeit doch ein offenes Geheimnis, daß auch bei der Antifa-K. die AntiDs Einzug genommen hatten. Und daß sowas auf Dauer nicht mit der vorher von der A.K. verbreiteten Positionsbestimmung "In der Gesellschaft kämpfen" vereinbar war sollte euch doch auch klar gewesen sein.

Ich hoffe nur, daß die Vernunftfraktion der geschiedenen Antifa-K. nun ohne die AntiDs schnell wieder was sinnvolles auf die Beine stellt.

PS: Nicht vergessen: Morgen 16 Uhr Berlin:  http://www.mai-steine.de

???

Berliner 30.04.2004 - 14:40
ZITAT: 'Auch wir wollen uns dem bundesweiten Trend nicht verschließen und lösen uns auf.'

Dann lebt ihr wohl in einer anderen BRD als ich (oder kriegt von "bundesweiten" Rest nix mit.)

Mir sind jedenfalls mehr Neugründungen als Auflösungen bekannt. Nur weil sich die ein oder andere Gruppe mal auflöst (und daraus meist zwei neue entsthen) ist das doch noch lange kein Trend! Oder?

anmerkung

no pasaran 30.04.2004 - 14:51
soweit ich mitbekommen habe war der streit darum, dass es bei einigen sachen nur noch zu einem gegenseitigen blockieren gekommen ist, und keine kompromise mehr gab.

manchmal ist eine teilung dann für alle die beste lösung. wo es schon den vergleich zu aab gefallen gab: bei denen hat die spaltung auch für neuen schwung gesorgt. also positiv denken!

Auch in Göttingen

Göttingerin 30.04.2004 - 15:23
Wie mensch hört, hat es in Göttingen die Autonome Antifa (M) zerlegt. Wohl nicht so friedlich, wie bei der K, sondern mit richtig Zoff. Papiere oder was anderes Öffentliches gibt es noch nicht, die Gerüchte, die hier durch die Stadt schwirren, sind aber ziemlich glaubwürdig.

unterschied zur aab-auflösung!

a.g.r.o. 30.04.2004 - 15:54
was hier schon wieder herbeihalluziniert wird. die antifa k ist NICHT an einem "sektenstreit" (ad vs. antifa) gescheitert, sondern an einer neuorientierung in blossem antifakampf und radikalen autonomieverständniss (soiale, gesellschaftliche fragen). die gruppen existieren natürlich weiter, nur nicht als antifa k.

Erklärung eines anderen teils der AK

poster 27.05.2004 - 14:17
Teil der ehemaligen Antifa K schreibt: Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt? Nach der Auflösung der Antifa K war deren detaillierte Aufarbeitung in der Öffentlichkeit und besonders die Verbreitung von Interna auf den üblichen Kommunikationswegen der Szene nicht von uns intendiert. Aufgrund der, offenbar von einigen anderen Mitgliedern der ex-Antifa K gegenüber der taz geäußerten Behauptungen, nachzulesen im Artikel "Kölner Antifa löst sich in Wohlgefallen auf" in der taz vom 30.4. (siehe auch Indymedia), und den anschließenden Diskussionen sehen wir uns, als ein Teil der Gruppe, allerdings gezwungen zu einigen Behauptungen kurz Stellung zu nehmen und einen kurzen Ausblick auf zukünftige Antifa-Politik in Köln zu geben.

Niemand der sich ernsthaft der antikapitalistischen Linken zurechnet und noch einigermaßen bei Verstand ist, wird wohl bezweifeln, dass "radikale Kapitalismuskritik" [1] der Ausgangspunkt der politischen Arbeit sein muss. Auch der notwendigen Erweiterung der Themenfelder über den "Kampf gegen die Nazis" hinaus wurde sich nicht verschlossen, ganz im Gegenteil. Einem praktischen Antifaschismus aber indirekt jede Legitimation abzusprechen ist nicht nur ein arroganter Schlag in das Gesicht aller aktiven AntifaschistInnen, sondern blendet auch den notwendigen Abwehrkampf gegen Faschisten aus, der vielfach überhaupt erst die Grundlage und Freiräume für erfolgreiche linke Politik schafft. Das Projekt "Antifa" ist somit nicht nur auf die Verhinderung von Naziaufmärschen zu reduzieren, sondern hat vor allem zur Aufgabe die gesellschaftlichen Zustände zu benennen und zu bekämpfen unter denen Rassismus, Antisemitismus und Nationalismus zum Alltag gehören. In diesem Zusammenhang spielen unseres Erachtens nach aktuell besonders der Diskurs um eine "Nation Europa" und die auf vielen Ebenen forcierte Rehabilitierung Deutschlands eine Rolle.

Es geht hierbei also nicht nur um verschiedene Ausrichtungen der Politik [2], wie uns der Artikel und einige Antifa K-Aktivisten weismachen wollen, sondern eher um die Art der Auseinandersetzung mit der "sozialen Frage" und warum infolge dessen "die inhaltliche Neuorientierung (...) nicht von allen Gruppenmitgliedern so mitgetragen wurde." [3]
Wir erachten nämlich ein reines Schüren von Sozialneid, sowie eine populistische "wir hier unten gegen die da oben" Rhetorik als wenig emanzipatorisch. Auch die generelle positive Besetzung der Masse ist dabei kritisch zu hinterfragen, gerade wenn diese in Form der bundesrepublikanischen Gesellschaft vor dem Hintergrund eines neuen nationalistischen Großmachtstrebens, welches im dumpfen Antiamerikanismus und der Schlussstrichdebatte kulminiert, sich konstituiert.
Eine generelle Verteuflung der "Massen" als per se antisemitisch-völkisches Kollektiv mit "deutschen Genen" ist zwar ebenfalls deutlich zurückzuweisen, in der aktuellen Situation kann sie aber auch nicht als Projektionsfläche revolutionärer Träumereien dienen, auch nicht in der Domstadt.

Auch der momentan in der radikalen Linken geführte Diskurs um "Aneignungspraxen" droht noch schneller in eine Sackgasse zu laufen als der "revolutionäre Antifaschismus", sollte weiterhin die Frage der Produktion im Kapitalismus ausgeblendet werden. So geht es bisher leider vornehmlich um die kostenlose Aneignung einiger Dienstleistungen und Produkte, der Kern der kapitalistischen Ausbeutung, die Lohnarbeit, bleibt dabei erneut unberücksichtigt. Hier gilt es das Themenfeld zu erweitern, sowie bestehende Fragestellungen zuzuspitzen und damit die soziale Frage nicht nur zu "relaunchen", sondern in ihr auch die Perspektive der Revolution aufzuwerfen.

"Antifaschistische Arbeit wird es in Köln auch nach dem Ende der Antifa K weiter geben" [4], hier hat der Artikel ausnahmsweise einmal Recht. Diese wird sich aber sicherlich nicht darin erschöpfen einen rassistischen Bürgermob wie in Köln-Poll und Weidenpesch über den rechten Hintergrund der einträchtig mit ihm laufenden Führungskader von Pro Köln zu informieren.

Ein Teil der ehemaligen Antifa K
Mai 2004

Anmerkung: Mit dieser Stellungnahme soll keine "Schlammschlacht" begonnen werden, in der weitere Interna veröffentlicht werden. Wir sehen von unserer Seite aus die Diskussion hiermit als beendet an. Durch den Artikel in der taz vom 30.04. haben wir uns allerdings zu einer Stellungnahme gezwungen gesehen, da bereits in der Auflösungserklärung auftauchende und uns missfallende Tendenzen hier verstärkt und erweitert wurden.

Fußnoten: [1] aus "Kölner Antifa löst sich in Wohlgefallen auf", taz Köln vom 30.04.2004

[2] "die einen waren eher für eine Ausrichtung auf den Kampf gegen Nazis, die anderen wollten eine stärkere Thematisierung von sozialer frage, Globalisierung, Privatisierung und radikaler Kapitalismuskritik." Taz Köln 30.04.2004

[3] ebd.

[4] Siehe [1]

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 14 Kommentare an

Frage? — T.H.

Antideutsche Karrierepläne??? — muss ausgefüllt werden

@ norden — koelnA

@koelnA — Kazimir

@T.H. — M

@ a.g.r.o. — wat denn?

Soli-Grüße nach Köln! — Hamburg-Rockers

@berliner — grau

das schöne... — MOdjo