Iranischer Flüchtling in Hungerstreik

paul 28.04.2004 18:49
Gholam Reza Ghavidel befindet sich seit dem 18. April im unbefristeten Hungerstreik.
Der politische Flüchtling aus dem Iran hat sich aus Protest gegen die seit acht Jahren andauernde Verweigerung seiner Rechts auf Asyl Mund, Augen und Ohren zugenäht.
Sofortiges und gesichertes Bleiberecht
für Gholam Reza Ghavidel

Acht Jahre ist es her, dass Herr Ghavidel seinen Verfolgern im Iran entfloh und in Deutschland Asyl suchte. Seit acht Jahren wird ihm sein Recht verweigert. Lediglich ein Papier, dass ihm die Aussetzung der Abschiebung bescheinigt und welches er monatlich, manchmal wöchentlich und manchmal sogar täglich, je nach Willkür der Ausländerbehörde, verlängern muss, hält er in seinen Händen. Seit acht Jahren wird ihm jede Zukunftsplanung und Perspektive vorenthalten. Er ist gezwungen in dem Landkreis Pinneberg sein Dasein zu fristen - ohne Sondergenehmigung der Behörde ist es nicht einmal erlaubt nach Hamburg zu kommen. Das sieht der Gesetzgeber so vor: Für Asylbewerber oder Menschen, die
lediglich geduldet werden, gilt unbefristet die sogenannte Residenzpflicht, die den Aufenthalt der Betreffenden auf das Gebiet eines Landkreises einschränkt. Sein Exil in Deutschland bedeutet, seit acht Jahren ausgeschlossen zu sein vom gesellschaftlichen Leben, ohne Ausbildungs- und Arbeitserlaubnis, abhängig von 150 Euro Sozialhilfe, kein Recht auf eine eigene Wohnung und somit auf eine Privatssphäre - als Mensch nicht existent für Staat und Gesellschaft.
Acht Jahre sind nicht acht Tage. Zuviel ist zuviel. Herr Ghavidel hat sich die Augen, den Mund und die Ohren zugenäht, um seine unrechte und unmenschliche Behandlung sicht-bar zu machen. Er ist in den unbefristeten Hungerstreik getreten. Einzige Forderung ist die Anerkennung seiner Rechte als Flüchtling und politisch Verfolgter, ein Leben als Mensch oder keines.

Herr Ghavidel stammt aus dem kurdischen Teil des Iran. Seit 1982 war er aktiv in der iranischen Opposition gegen das islamische Regime und auch für die Rechte der kurdischen Bevölkerung. Als immer mehr seiner Freunde und Genossen vom Regime verhaftet und ermordet wurden und es nur eine Frage der Zeit war, wann die staatlichen Mörder ihn fangen würden, floh er nach Deutschland. Er stellte im August 1996 einen Asylantrag, der bereits zweieinhalb Monate später negativ entschieden wurde. Trotz der feindlichen Bedingungen in Deutschland setzte er seine Aktivitäten gegen das Regime in Teheran fort. Gleichzeitig unterstützte er andere Flüchtlinge aus dem Iran, die ebenfalls in Deutschland Schutz suchten.
Wenige Monate nach seiner Ankunft in Deutschland erlebte er, wie ein iranischer Asylbewerber in seinem Heim in den Hungerstreik gegen die Abschiebebestrebungen der Behörde trat. Der Mann hängte ein Plakat in sein Fenster mit seiner Forderung. Die Heimleitung rief die Polizei. Diese entfernte und zerstörte das Plakat. Herr Ghavidel war zutiefst getroffen über die Ignoranz und Brutalität gegenüber den Menschen, die dieselben grausamen und leidvollen Erfahrungen wie er selbst im Iran gemacht hatten. Er entschloss sich zu ihrer Unterstützung zu dem gleichen schmerzhaften und gefährlichen Mittel, dem Verschließen der Sinnesorgane, um das Unrecht sichtbar zu machen. Endlich nahm die Öffentlichkeit die Geschehnisse wahr. Nach einiger Zeit wurden einige iranische Flüchtlinge anerkannt.

Für das islamische Regime ist Herr Ghavidel ein Staatsfeind und eine unerwünschte Person. Als ihn die Polizei auf Weisung der Ausländerbehörde dem iranischen Konsulat vorführte, um Ersatzpapiere für seine Abschiebung zu beschaffen, äußerte er dort seine Meinung über das Regime. Der Konsulatsvertreter forderte die Beamten auf, mit Herr Ghavidel das Konsulat zu verlassen. Herr Ghavidel dürfe nie wieder iranischen Boden betreten und die Behörden sollen nicht noch einmal diese Person ins Konsulat bringen.

Bei vielen Aktivitäten der iranischen Exilopposition stand Herr Ghavidel in erster Reihe. Er war beteiligt an den Öffentlichkeitsaktionen im Zusammenhang mit dem "Mykonosprozeß" in Berlin (Hintergrund: der iranische Geheimdienst ermordete iranisch-kurdische Oppositionsführer in Deutschland). Er nahm an den Protesten gegen die Konferenz mit dem "Reformflügel" des islamischen Regimes, organisiert von den Grünen über
die Heinrich-Böll-Stiftung. Er war aktiv bei den massiven Protesten anlässlich des Besuchs des iranischen Präsidenten Khatami. Er nahm an dem 31-tägigen Sitzstreik vor der Hamburger Ausländerbehörde teil, der zeitgleich in über 10 weiteren Städten in ganz Deutschland stattfand und das Ziel hatte, auf die Situation im Iran und die deutsche Abschiebepolitik aufmerksam zu machen. Er beteiligte sich ebenfalls an dem Protest in und vor dem iranischen Konsulat in Hamburg im Juni letzten Jahres anlässlich der Massaker an der iranischen Studentenbewegung. Seit längerer Zeit ist er aktiv in der
Sozialistischen Partei Iran (SPI) und dort verantwortlich im Kreis Pinneberg.


Herr Ghavidel hat sich nie geschont, trotz der harten und unmenschlichen Bedingungen im Iran und in Deutschland. Aber jeder Mensch gelangt an das Ende seiner Kraft. Wir rufen alle Menschen auf mit den Ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln Herrn Ghavidel in seinem existenziellen
Kampf um sein Recht zu unterstützen.

Sofortiges und gesichertes Bleiberecht für Gholam Reza Ghavidel!

Bitte schicken Sie Protestbriefe an den Landrat Pinneberg:

Landrat Dr. Grimme
Moltkestraße. 10, 25421 Pinneberg
Tel: 04101-212 243
Fax: 04101-212 678

Senden Sie eine Kopie an:

Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen
Sektion Nord / Koordinationskreis Hamburg Tel: 0049-(0)40-43 18 90 37
c/o Brigittenstrasse 5 Fax: 0049-(0)40-43 18 90 38
20359 Hamburg mail:  free2move@nadir.org
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