Bildung - ein Wert an sich?

Sozialreferat des AStA FU Berlin 24.04.2004 20:37 Themen: Bildung
In seiner aktuellen (fünften) Analyse setzt sich das Sozialreferat des AStA FU Berlin mit der Vorstellung, dass Bildung und Wissenschaft so etwas wie "Werte an sich" oder eine Art Selbstzweck auseinander. Diese Vorstellung wird einerseits von den Berufsnationalisten in den Parlamenten vorgetragen, andererseits - allerdings aus anderen Gründen - auch von Studierenden und kritischen Bürgern, die sich mit der Bildungspolitik auseinandersetzen. Und wie sich das gehört gibt's das natürlich zu allererst hier bei Indymedia!

Dieaktuelle Analyse des Sozialreferats No. 5


Bildung– ein Wert an sich?


Studierendeund andere kritische Bürger, die sich Gedanken über diederzeitige Politik im universitären Ausbildungswesen machen,warnen regelmäßig: Die Bildung darf nicht den Bach runtergehen. Studierende verleihen diesem Anliegen Nachdruck, in dem siePapp-Särge, die die Bildung repräsentieren durch die Gegendschleppen oder bei Minusgraden ins kalte Nass springen, was eineMetapher für „Die Bildung geht baden“ sein soll.Wenn man bereit ist, eine Erkältung in Kauf zu nehmen, dann mussder Gegenstand, für den man sich da so ins Zeug legt, etwas sehrBedeutsames sein. Ein Grund, sich anzuschauen, ob die Vorstellung derBildungsfans was taugt.


In einem muss man denStudierenden und ihren kritischen Mitbürgern durchaus rechtgeben: Das universitäre Ausbildungswesen erfährt seiteiniger Zeit eine Umstrukturierung, die man unter dem Oberbegriff derNeusortierung und Effektivierung der Eliten zusammenfassen kann:Studiengebühren sollen den Studierenden Beine machen bzw. vordem Studium abschrecken, Juniorproffessuren machen wiederum ihrenLehrern Beine und die Bedingungen zum Forschen, Lehren und Lernenwerden durch Kürzungen erschwert. Vielmehr sollen dieWissenschaftler wirtschaftliche Drittmittel einwerben, um ihre Kostenabzudecken, was dann notwendig bedeutet, dass sich dieWissenschaftler direkt dem Kommando wirtschaftlicher Interessenunterordnen müssen, was aber im übrigen nichtheißt, dass die Unterordnung der Wissenschaft unter ökonomischeInteressen vorher nicht bestand. Doch dazu unten mehr.


Die Reaktion derBildungsfans auf diese Maßnahmen ist aber nicht geprägtvon analytischem Vorgehen über die Ursachen der Maßnahmenund den damit verbundenen Härten, sondern von emphatischerParteinahme für „Die Bildung“. Es heißt da„Rettet die Bildung!“ oder „Gegen Bildungsklau!“oder „Für den Erhalt von dem xyz-Fachbereich“ oderman kombiniert alles und garniert das Ganze dem Rekurs auf das„Humboldtsche Bildungsideal“. All diesen Vorstellungenist gemein, dass Bildung so etwas wie einen Wert an sichdarstellt, der bei den ganzen Maßnahmen wohl ziemlichenSchaden nimmt.

Beliebt ist in letzter Zeitauch die Parole „Bildung ist keine Ware“ sowie ähnlichesich gegen die Privatisierung und Kommerzialisierung von Bildungwendende Formulierungen. Auch hier ist die Vorstellung unterwegs,dass eine dem Gewinnstreben unterworfene Bildung einen Verderbdieser bedeuten würde. Dieser Standpunkt pflegt eine argeSkepsis gegenüber dem Markt...aber offenbar keine gegenüberdem Staat, wenn er das Bildungswesen organisiert. Doch auch dazuunten mehr.


Zunächstsei klargestellt: Bildung ist ein Mittel – und sonst garnichts!


Das folgende scheint banal,ist aber zur Klärung der Bildungsfrage notwendig: Menschen sindvernunftbegabt, sie können sich freiwillig Zwecke setzen und diefür den Zweck notwendigen Mittel beschaffen, sich dererbedienen, um dann den Zweck zu erreichen.


Beispiele: Jemand setztsich den Zweck a) die Haare zu schneiden, b) zu rauchen, c) dieWeltordnung nach den nationalen Interessen zu gestalten oder d)Deutschlands Stellung in der Welt voranzutreiben. Dazu werden danndie geeigneten Mittel gesucht: a) eine Haarschneidemaschine, b)Zigaretten oder ähnliches Rauchzeugs, c) z.B. ein Militäroder Diplomaten, deren Verhandlungsmasse meistens ersteres ist d)z.B. Schaffung finanzieller Spielräume im Staatshaushalt durcheine Agenda 2010.


Bildungist auch nur ein Mittel zu einem Zweck. Beispiele:Jemand will den Schlauch seines Fahrrads reparieren, dann beginnter/sie zu lernen, bildet sich darin, wie das geht und schwuppdiwuppfährt er/sie wieder durch die Gegend. Manchmal will jemand einem anderen Menschen mit einem schicken Essen imponieren, dannlernt er/sie eben, wie man beispielsweise einen Pizzateig macht undden dann belegt. Oder: Ein Mensch will jemandem, der sich woandersaufhält, eine Nachricht zukommen lassen und lernt dannschreiben, verschafft sich also Kenntnis des Alphabets. Oder manwill, dass das nationale Militär dem Gegner besonders gut undeffizient vernichtet, dann werden die Soldaten und Panzergrenadiereim Schießen besonders geschult.

Immerwird Bildung, also das Verschaffen von Erkenntnissen überdiverse Gegenstände durch andere oder eben autodidaktisch alsMittel für einen Zweck gebraucht.


DieBildungsfans sehen das anders


I.

Esmuss zunächst unterschieden werden: Es gibt Bildungsfans, diemachenBildung zum Mittel ihresZwecks. Der Unterschied zu dem oben beschriebenen – derübrigens sehr wichtig ist, weil aus ihm einiges für dieOrganisation des Bildungswesens folgt! - ist den folgenden Zitatenauszumachen: „Zwischen Kindergarten undHochschulabschluss entscheidet sich die Zukunft jedes Einzelnen. Nurwenn wir da erfolgreich sind, lassen sich die Zukunftschancen ineiner Wissensgesellschaft nutzen und die Wettbewerbsfähigkeiterhalten. [...] Deutschlandstützt seine Wettbewerbsfähigkeit auf das Wissen undKönnen der Menschen. Deshalb hat das Bundesbildungsministeriumden Bildungssektor mit Zukunftsinvestitionen deutlich gestärkt.“(Bundesministeriumfür Bildung und Forschung „Wir beflügelnVisionäre“; Hervorhebungen Sozialreferat)

Besserund zynischer als die Vorsitzende der Gewerkschaft für Erziehungund Wissenschaft Eva-Maria Stange kann man das gar nicht ausdrücken,als sie einen Verbesserungsvorschlag für das Bildungswesenmachte: „Die Köpfe der Kinder und jungenMenschen sollten unsmindestens so viel wert sein wie der Straßenbau.“(„Kinderbetreuungjetzt ausbauen!“ GEW Presseerklärung 12.3.2004). Bildungist hier nicht Mittel, sich für einen ZweckKenntnis zu verschaffen,sondernfür das Fortkommen Deutschlands inder Staatenkonkurrenz. Daes sich bei Deutschland um eine Nation handelt, die den Zweck hat,auf ihrem Territorium kapitalistisch wirtschaften zu lassen(Geldvermehrung per Gewinnmaximierung als Zweck), hat das Folgen fürdie Organisation des Bildungswesens.1

Erstens wird Bildung –meist nach einem Vergleich mit anderen Nationen, es geht ja darum,diesen Konkurrenten voraus zu sein - nach den nationalenAnforderungen für eine kapitalistische Bewirtschaftungorganisiert, und zwar als eine abhängige Variabledavon!

Und da stimmt der Vergleichmit dem Straßenbau, dass es kracht! Wo die meisten Autobahnenund gut gepflasterten Straßen hingebaut sind, da braucht mannicht lange nach rauchenden Schloten oder gläsernenFinanzinstituten zu schauen! Wo nur ein paar alte Einfamilienhäuserstehen und neben einigen Familien ein paar Hunde, Katzen und Hühnerwohnen, da gehen die Stoßdämpfer der PKWs wegen desschlechten Kopfsteinpflasters regelmäßig schneller kaputtals die der Städter. Wobei – und das ist der Witz - niegenau gesagt werden kann, wo und wann es vernünftig ist, Straßenzu bauen, denn wo investiert wird, um einen Profit zu machen, weißman in einer Marktwirtschaft ja nicht. Daher wird durchaus in derRegel an einer Stelle eine Straße gebaut, ohne dass klar ist,ob hier jemand investiert, quasi auch als Bedingung fürkommende Investitionen. Oder es wird auf einem Landstrich investiert,ohne dass es Infrastruktur gibt, dann braucht es eine Weile, bis eineStraße steht (letzteres dürfte eher der Einzelfall sein).


So geht's auch imBildungswesen. Ersteres schlägt dann – falls niemand diegeschulte Arbeitskraft benötigt - in Arbeitslosigkeit umund letzteres zum Beispiel in einen Informatikermangel wie inden 1990er Jahren, der dann erst später behoben wird(gegebenenfalls durch Inderimport). Dann sind die IT-Firmen pleitegegangen und nun gibt's eine Informatikerschwemme usw. usw. usw.Genau so funktioniert ein Bildungssektor, der wie der Straßenbauals Variable nationaler Interessen organisiert ist. Beschließtdie jeweilige deutsche Regierung als nationales Interesse wiebeispielsweise in den 60er Jahren, dass es einen Bildungsnotstandgibt, dann wird Bildungswerbung gemacht, finanzielle Anreize gegebenund zack war die Abitiurientenquote von 10 auf 30% gestiegen, weilman der Ansicht war, dass es für Deutschlands Fortkommen mehrAkademiker braucht. Jetzt gerade wird der umgekehrte Schluss gemacht!Deutsche Politiker meinen, dass Deutschlands Fortkommen mit wenigeroder zumindest wesentlich effektiveren (das heisst: schnellerausgebildeten) Akademikern zu bewerkstelligen ist und beschließen:Studiengebühren, Kürzungen im Bildungsbereich,Bachelor/Master...


Der Skandal an der Sache:Eine Straße hat keine Interessen und Bedürfnisse.2


II.

„Der wahre Zweckdes Menschen [...] ist die höchste und proportionierlichsteBildung seiner Kräfte zu einem Ganzen [...] Jede alsSelbstzweck betriebene Beschäftigung adelt Menschen“

Wilhelm von Humboldt


Danngibt's aber noch jene Bildungsfans, die meinen, dass Bildung keinMittel ist, sondern selbst ein Zweck fürsich,ein Selbstzweck eben, für den es einzutreten gilt. Dabei müsstedoch eigentlich auffallen, wie verrückt das eigentlich ist, wennman „die Bildung“, ganz abstrakt ohne einen zugehörigenZweck lobt, also das „bilden wofür“fehlt. Ein Mittel ist doch gerade abhängig von demZweck, es steht und fällt gerade mit diesem.

EinBeispiel: Jemand glaubt nicht, dass die Gesellschaftsvertragsmodellevon Hobbes, Locke, Rousseau und Kant Rechtfertigungen fürHerrschaftstechniken wie Absolutismus, Aristokratie, konstitutionelleMonarchie und Demokratie sind. Das hat ihm eine olle Marxistin aufeiner WG-Party gesagt. Um die Argumente zu prüfen, muss er sichzu den Gesellschaftsvertragsmodellen schulen lassen und bildet sichfür den Zweck der Widerlegung der Marxistin in der Universität.Käme der Gesellschaftsvertragsinteressierte nun zu einem Lob aufdie Schulung in der Uni an sich? Wenn überhaupt, dannnur über die Zweckerfüllung,also den Erfolg, nämlich wenn er es schafft, die Marxistin zuwiderlegen. Es wäre völlig widersinnig, durch die Gegend zulaufen und Schulungen zum Gesellschaftsvertrag zu loben. Da würdedoch jeder fragen: Wozu? oder anders: zu welchemZweck braucheich das? Wäre Bildung nun ein Selbstzweck, müsste er sagen:Weil Du das brauchst. Und der Gesprächspartner wüsste soviel wie vorher. Aber dieser Mensch würde dann vernünftigerweisesagen: „um die Marxisten zu widerlegen“. Anders herum:Wenn der Zweck nicht erfüllt wird, man damit die Marxisten nichtwiderlegen kann, dann käme derGesellschaftsvertragsinteressierte erst gar nicht auf die Idee, dieBildung für die Kenntnis der Aufklärungsphilosophien zuloben, weil's nix taugt, jedenfalls nicht, um Marxisten zuwiderlegen. Dann müsste er nämlich durch die Gegend ziehenund verkünden: „Schulungen zum Gesellschaftsvertrag sind,auch wenn sie Widersprüchen nicht Stand halten, eine guteSache.“ So ein Käse!

Es lässt sich somitfesthalten, dass Bildung als Zweck nicht geht, weil die Frageoffenbleibt: „Wofür?“ und damit wiederum klar wird,dass es sich gar nicht um einen Zweck handeln kann, sondern höchstensum ein Mittel.


Aber manche Bildungsfansmeinen dann, sich diesem Dilemma vermeintlich abhelfen zu können.Da heißt es dann, es gehe um die „Persönlichkeitsentfaltung“des Menschen oder wie oben der Humboldt meinte, um die „Bildungseiner Kräfte zu einem Ganzen“. Damit wird das Problem imPrinzip nur verschoben, vielleicht sogar vervielfältigt.Denn es tun sich nämlich verdammt viele Fragen auf.Persönlichkeitsentfaltung – weswegen oder wieder: Zuwelchem Zweck? Was ist überhaupt eine Persönlichkeit? Wozutaugt die? Ist jemand, der das Alphabet nicht kennt, nur eine halbePersönlichkeit?3Niemand, der sich bildet, etwas liest oder lernt, tut dies desBildens, Lesens oder Lernens, sondern des Inhalts dieserBeschäftigungen wegen.


Wiesomachen die das?


Bleibt an der Stelle dieFrage, wieso die unter II) Genannten auf solche Gedanken denn kommen?Gibt es vielleicht einen Anlass, dem sie sich gegenübersehen,dass sie diesen Fehler machen, also so etwas wie eine Fehlerquelle?


Das Ausbildungswesen istunabhängig von den gesellschaftlichen Zweckenorganisiert. Zwar sollen die ausgebildeten Resultate deransässigen kapitalistischen Wirtschaft zugute kommen, aber überdiesen Zweck selbst, Kapitalismus, nicht bestimmen, höchstenszustimmen. Besonders schön ist das am Beispiel der Universitätzu illustrieren. Ihre Organisation wird in der deutschen Verfassungbestimmt.


Kunstund Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Art.5 III Satz 1 Grundgesetz


Der Staat organisiert dieFreiheit der Wissenschaft, d.h. er setzt die in derUniversität Beschäftigten von Lohnarbeit, also demregelmäßigen Mittel, am gesellschaftlichen Reichtum zupartizipieren, frei, schreibt ihnen zunächst nicht vor, was siezu erforschen haben. Umgekehrt ist die Freiheit aber gleichzeitigauch die Unterordnung unter die gesellschaftlichen Prinzipienoder anders: Wer einen Freiraum von etwas gewährt, ins Werksetzt, bestimmt auch die Grenzen dieses Raums, bestimmt, wie weitdieser Raum reicht. Daraus folgt wie bereits angedeutet, dass dieWissenschaftler nicht über die Resultate ihrer Forschung alsoderen Verwendung bestimmen.4

Und es folgen zwei weiterewichtige Punkte. Erstens der Druck zur Konformität: Wer einewissenschaftliche Karriere anstrebt, wird sich kaum mit Gegenständenauseinandersetzen, die unpopulär sind. Damit wird das, wasWissenschaft ausmacht, das planmäßige Streben nachWahrheit und Erkenntnis über die materielle Wirklichkeittendenziell durchgestrichen. Oder anders gesagt bzw. gefragt: Wasist, wenn eine richtige Erkenntnis nicht auf Interesse in derGesellschaft stößt? Zweitens: Wer sich überwissenschaftlich spezifische Themen als Professor o.ä. hinausäußert oder gar bestrebt ist, aus dem Freiraum Universitätheraus zu agieren, wird zurechtgewiesen. Dann heißt es: Daswäre nicht von der Wissenschaftsfreiheit gedeckt bzw. derWissenschaftler würde sich von der Wertfreiheit der Wissenschaftverabschieden. Ein Beispiel bietet die Freie Universität Berlin.Dort gibt es den Politikprofessor Peter Grottian und als dieser sichmit Mitteln der Universität kritisch zum sog. Bankenskandaläußerte, gab's gleich Mecker vom damaligen Uni-PräsidentenPeter Gaehtgens mit den oben genannten Argumenten. Man muss sich daseinmal vorstellen (mag man von Grottian halten was man will!): Dabeschäftigt sich die Wissenschaft mit nichts weiter als dermateriellen Wirklichkeit, aber mit den Erkenntnissen nach außentreten, ist verboten. Anders gesagt: Es wird einem Politikprofessorals solchem verboten, sich politisch zu äußern, wo er dochmit nichts anderem beschäftigt ist, als mit diesem Gegenstand.Die bürgerlichen Verhältnisse treiben da wirklich komischeBlüten.


Voneinem affirmativen Standpunkt zu dieser Organisationdes Bildungswesens aus liegt es dann nämlich nahe, einVerständnis von Bildung als Selbstzweck an den Tag zulegen. Denn wenn Bildung von dem gesellschaftlichen Zweck getrenntwird, dann scheint es so, als ob sie nur für sich selbstda wäre. Und die Leute, die diesem Skandal noch einenSinn geben wollen, finden dann schöne Metaphern wie „Bildungals Persönlichkeitsentfaltung“ sei es nun von einem v.Humboldt oder von seinen Apologeten. Der eigentliche Zweck desBildungswesens, nämlich ein Mittel des Vorankommens von Staatund Kapital zu sein, wird dann freilich schon mal übersehen.

Mancheaus dem linken studentischen Spektrum meinen, dass es als eine ArtCode strategisch ganz sinnvoll wäre, das Humboldt'scheBildungsideal und die „Persönlichkeitsentfaltung“ins Spiel zu bringen, wenn es um aktuelle Bildungspolitik geht. AlsArgument wird dann vorgetragen, dass dahinter eine Art subversiverGedanke steckt, den man eigentlich damit ausdrücken will.Nämlich der, dass man selbst seine Interessen bestimmen kann als„werdende Persönlichkeit“. Daraus leiten radikalereLeute dann eine „Bildung für alle – und zwarumsonst“ ab. So sympathisch all diese Gedanken auch erscheinen:Sie verkennen – mal abgehen von dem Idealismus (s. Fußnote2) - , dass auch eine Bildung, die allen zugänglich wäreund die dann genutzt würde, keine Garantie für einen vollenMagen und ein Dach über dem Kopf bietet. Das Kapital und derStaat brauchen nur begrenzt Köpfe und Hände, sei es alsArbeiter oder als Elite. Also nix mit Interessensverfolgung oder garmit garantiertem Erfolg.

ZumAbschluss daher eine Frage: Wäre es nach dem bis hierherGesagten, nicht angebracht, anstatt nach der „Rettung derBildung“ zu rufen, die Gründe ihrer derzeitigenOrganisation zu analysieren, also die gesellschaftlichen Zwecke, umdann zu schauen, ob diese mit den eigenen Interessen übereingehen?Daraus dürfte sich jedenfalls ein anderer Schluss ziehen lassen,als sich Sorgen um „die Bildung“ zu machen...


SozialreferatAStA FU Berlin 19.04.04 00:01 Uhr

www.sozialreferat.com

BeiFragen und Kritik: sozialreferatAT astafu.de


Einnettes Seminar in Thüringen von einer Gruppe namens „JungeLinke“

RohstoffGeist - Ressource Wissen - Zur politischen Ökonomie desBildungssektors

Seminarzur Bildungspolitik vom 14. bis 16. Mai 2004 in Bad Sulza/Thüringen

mehr:http://www.junge-linke.de/seminare/rohstoff_geist_ressource_wisse.html


Veranstaltungendes Sozialreferats im Sommersemester 2004 an der FU Berlin:


DieGesundheitsreform - Wieder Staat den massenhaften Verschleiß von Arbeitskrafttherapiert

Referent:Dr. Rolf Röhrig (Bremen)

Mittwoch,12.5.2004, 18:00 Uhr


Kritikder Philosophie - EinDenken aus dem Geist der Rechtfertigung

Referent:Dr. Peter Decker

Donnerstag,27.5.2004, 18:00 Uhr


DieEU und deren aktuelleStreitigkeiten

Referentin:Prof. Dr. Margaret Wirth (Uni Bremen)

Mittwoch,09.06.2004, 18:00 Uhr


unregelmäßigeAnalysen gibt's auch im Verteiler:


analyse-subscribe@astafu.de

1Eigentlich sind diese Leute also gar keine Fans von Bildung, sondern von Deutschland. Dieser Standpunkt soll hier aber aus folgendem Grund nicht unerwähnt bleiben: Leute von diesem Schlag tun, wo sie auftauchen, nämlich immer so, als wäre Bildung ihr Zweck, wenn sie mehr „Investitionen in die Bildung“ fordern. In Wirklichkeit geht es aber, wie gesagt, um das Vaterland und sein Vorankommen.

2An dieser Stelle sei noch der Hauptzweck des Ausbildungswesens in der freien Welt genannt: Die Sortierung der Leute. Kapitalistische Staaten zeichnen sich dadurch aus, dass ihre Eliten in Staat und Kapital einer Masse gegenüber stehen, über deren Arbeit sie das Kommando haben. Im Kapitalismus ist dabei, im Gegensatz zu vorbürgerlichen Gesellschaften wie Sklavenhalterordnung und Feudalgesellschaft, nicht von vornherein klar, wer Elite und wer Masse wird. Das Ausbildungswesen mit seiner Chancengleichheit (siehe ausführliche Klärung in Analyse No. 4 - http://www.sozialreferat.com) reproduziert das Verhältnis von Elite und Masse mittels Selektion, also den Ausschluß der Leute von höherer Bildung und damit auch von höheren Positionen. Anders gesagt: Ein Realschüler wird niemals ein Englischlehrer. Dazu bald auf der genannten Homepage den ausformulierten Vortrag des Sozialreferats „Einführung in die Kritik der politischen Ökonomie des Ausbildungswesens“ lesen!

3Selbst diejenigen, die dann meinen, „Ich lese dies und das nur so für mich“ haben noch einen Zweck: Nämlich den der persönlichen Unterhaltung.

4Das führt dann immer zu so merkwürdigen wissenschaftsethischen Debatten, in denen Wissenschaftler jammern, dass sie Folgen ihres Tuns ja so gar nicht in Betracht gezogen haben, z.B. bei Waffen o.ä.

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Ergänzungen

schön gesagt , aber....

zora 27.04.2004 - 13:49
erst einmal hut ab, fuer den artikel!ich bin grad im ersten semester und verstehe mich selbst als person , die sich herschaftslosigkeit als ziel gesetzt hat! dementsprechend ist , glaub ich , auch klar , dass ich mir über die organisation ,den inhalt , die struktur etc. von hochschule mehr als gedanken gemacht habe! ich habe mehr als 4 jahre zusammen mit anderen menschen probiert "frei" dinge zu erlernen und 8 monate alleine. ich muss einfach sagen , es war sehr schwer und nervenaufreibend.....das heisst jedoch nicht , dass ich diese art von eigenstänidgem erlernen von vorgängen etc. , nicht immer wieder probieren und organisieren möchte. allerdings , hab ich mir selbst auch grade überlegt , wenn ich diesen ganzen scheiss von staat , gesellschaft , normen , werten kritisieren will , ist es auch spannend die argumente derer zu kennen , die dieses weltbild so unterstützen.......
ich finds , aber ich muss auch sagen , dass ich immer noch nicht zu einem entschluss gekommen bin, ob ich weiterstudieren will oder einfach nur in linken strukturen leben will, was ja auch wieder eine verdammte einnischung waere! naja wie ihr merkt bin ich etwas konfus. vielleicht habt ihr denkanstösse für mich auf die ich selbst noch nicht gestossen bin. zora
PS: aber mal ehrlich , glaubt ihr , dass ein mensch , der nicht auf die universität geht oder selbst sehr viel lernt , euren text mit zweck und mittel... versteht. nur nen kleiner kritikpunkt gegen die intellektisierung (heisst das so???)

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