Streit um Führung bei span. Arbeiterkommissio

Ralf Streck 21.04.2004 12:18 Themen: Soziale Kämpfe
In den spanischen Arbeiterkommissionen (CCOO) lebt der Richtungsstreit vor dem heute beginnenden 8. Gewerkschaftskongress auf. Zwei Sektoren kritisieren den Kurs unter José María Fidalgo, der die Einheit mit der Arbeiterunion (UGT) gefährdet und die Gewerkschaft auf einen Schmusekurs zur Regierung geführt hat.
Was die deutsche IG-Metall hinter sich gebracht hat, steht der größten spanischen Gewerkschaft heute bevor: Ein massiver Führungsstreit. Im Fall der Arbeiterkommissionen (CCOO) kann der langfristig sogar zur Spaltung führen, obwohl es an der Wahl des umstrittenen Gewerkschaftsboss José María Fidalgo kaum Zweifel gibt, weil sich die Kritiker nicht auf einen Kandidaten einigen konnten.

1001 Delegierte, die von den regionalen Versammlungen im Vorfeld gewählt wurden, werden nun in Madrid über die Zukunft der einst kämpferischen Gewerkschaft entscheiden. Schon jetzt ist klar, dass die Unterstützung für Fidalgo gesunken ist. Vor vier hatten mehr als 70 Prozent der Delegierten erstmals einen Führer gewählt, der kein Amt in der Kommunistischen Partei (PCE) oder der von ihr dominierten Vereinten Linken (IU) inne hatte. Er gab sich damals als Verfechter der „Autonomie der Gewerkschaften gegenüber der Politik" aus. Unter diesem Motto begann er einen Schmusekurs mit der abgewählten Regierung, die bis vor kurzem von der rechtsradikalen Volkspartei (PP) gestellt wurde. Das war erstaunlich, da sich die PP aus Anhängern der Franco-Diktatur speist, die viele CCOO Mitglieder inhaftierte, folterte und ermordete und sich bis heute nicht von der Diktatur distanziert hat.

Offenbar waren staatliche Zuschüsse wichtiger, auf die die Gewerkschaft angewiesen ist, um den riesigen Apparat zu bezahlen, als eine harter Widerstand gegen die neoliberale Deregulierung. Die brachte den Firmen zwar hohe Gewinne und der Bevölkerung ein Abbau von Rechten und Sozialleistungen, an der höchsten Arbeitslosigkeit in der EU änderte sich nichts, obwohl stets Vollbeschäftigung versprochen wurde.

Auf seinem Weg nach Rechts hatte Fidalgo, gegen die Einheit mit der Arbeiterunion (UGT), schon im April 2001 einen Pakt in einer strittigen Rentenfrage mit der Regierung und dem Arbeitgeberverband geschlossen. Dabei wurden erste Schritte zur Privatisierung der Rentenversicherung gemacht und für Unternehmen der Rentenanteil verbilligt und damit die den Sozialisten nahestehende UGT rechts überholt.

Der Höhepunkt seines Kurses war seine Weigerung im letzten Frühjahr sich am Generalstreik gegen die Kriegspolitik der Regierung beteiligen. Wegen Demonstrationen von Millionen gegen den Irak-Krieg hatte Fidalgo zwar einen Generalstreik für den Fall der Invasion angedroht, als es so weit war, zog er den Schwanz ein. Er ließ die UGT und kleinere Gewerkschaften im Regen stehen und meinte plötzlich, der Streik könne illegal sein. Diverse Sektionen der CCOO wurden unter Androhung von Strafen zur Ordnung gerufen und ihre Streikaufrufe von der Führung annulliert.

Schon zuvor gab es Streit mit dem „kritischen Flügel“. Nachdem die Regierung eine Reform des Arbeitsmarktes dekretiert hatte, der massiven Abbau von Rechten vorsah. Nur mit größter Mühe konnten die Kritiker mit der UGT im Juni 2002 einen Generalstreik gegen das Dekret durchsetzen. Er wurde ein voller Erfolg: die Reform wurde fast völlig gekippt.

Dieser Flügel um Agustin Moreno und Salce Elvira ist der Hauptgegner von Fidalgo. Moreno, der vor vier Jahren knapp 30 Prozent der Stimmen erhielt, knüpft an das traditionelle kämpferische Verständnis der Gewerkschaft an. Er fordert einen Linksruck und eine vielfältigere Politik der Gewerkschaft, die sich auf Basisbewegungen konzentriert. Fidalgo wirft er vor, die „Gewerkschaft in die absolute Spaltung“ geführt zu haben. Zudem habe der bei der Wahl der Delegierten alles getan, um erneut die Mehrheit zu erhalten. “In den letzten vier Jahren bestimmten Repressionen und Sanktionen das Bild“, erklärte Moreno in der Zeitung El País. Deshalb werde er ein „armseliges Ergebnis“ erreichen, dass mit „wenig interner Diskussion und unsauber“ zustande kommen werde.

Sein zweiter Widersacher ist seine frühere rechte Hand. Rodolfo Benito war vor zwei Jahren aus der Führung entlassen worden. Benito habe offen den Führungsstil Fidalgos kritisiert, wird offiziell die Entlassung begründet, wobei wohl eher ein potentieller Gegner frühzeitig entmachtet wurde, der einst die Krönung Fidalgos unterstützte und gefährlich wurde. Benito fordert Fidalgos Rücktritt. Es sei „Selbstmord“ gegen einen großen Teil die Gewerkschaft zu führen. Nur in 17 Regionalstrukturen habe er die Mehrheit, 13 stellten sich gegen ihn.

Gewinnen kann Fidalgo aber nur, weil sich die Kritiker nicht auf eine gemeinsame Kandidatur einigen konnten. Dies war aber nahezu unmöglich, weil inhaltlich Fidalgo und der Benito-Flügel nur wenig trennt. Benito hat nur seit seiner Entlassung wenig glaubwürdig versucht populistisch an kritische Strömungen an der Basis anzuknüpfen.

© Ralf Streck, Donostia - San Sebastián den 20.04.2004
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