Gutscheinsystem für Flüchtlinge gekippt

Freya Fluten 05.04.2004 13:50 Themen: Antirassismus
Ende des Gutscheinsystems für Flüchtlinge in Neukölln / Berlin zum 1.7.2004 / The end of the voucher-system for Refugees in Neukölln / Berlin at 1.07.2004
Ende des Gutscheinsystems für Flüchtlinge in Neukölln / Berlin zum 1.7.2004

Nach langjährigen Protesten antirassistischer Gruppen ist das Gutscheinsystem in Neukölln / Berlin endlich beendet worden. Ab dem 1.7.2004 bekommen 190 Flüchtlinge / Flüchtlingsfamilien, die über das Bezirk Neukölln versorgt werden, ihre aufgrund des Arbeitsverbotes notwendig werdende Hilfe zum Lebensunterhalt in Bargeld ausgezahlt. Da der Bezirk Neukölln als einzige Verwaltung Berlins Gutscheine an Flüchtlinge ausgibt, verschwindet diese diskriminierende Praxis damit aus ganz Berlin. Aufgrund öffentlicher Proteste hatte die BVV Neukölln beschlossen, sich der allgemeinen Berliner Praxis anzuschließen und Bargeld auszuzahlen. Doch verzögerte sich die Auszahlung von Bargeld lange, da der zuständige Sozialstadtrat Büge den im Mai 2003 demokratisch gefassten Beschluss nicht umsetzen wollte und dies offen rassistisch begründete. Letztendlich musste sich Büge dem Beschluss und den öffentlichen Proteste beugen und hat nun zugesagt, zum 1.7.2004 Bargeld an Flüchtlinge auszuzahlen.
Wir werden die weitere Umsetzung dieses Beschlusses verfolgen. Bei erneuter Nichtbeachtung des mehrheitlichen BVV-Beschlusses werden wir den öffentlichen Protest gegen diese rassistische Politik in Neukölln forcieren und Büge persönlich politisch dafür verantwortlich machen.
Damit Flüchtlinge, die bis zum 1.7.2004 weiterhin mit den diskriminierenden Gutscheinen einkaufen gehen müssen, auch wie bisher »normal« mit Bargeld einkaufen gehen können, setzen wir unsere Politik des antirassistischen Gutscheinumtausches fort. Schon jetzt kann ein Großteil der über das Bezirk Neukölln versorgten Flüchtlinge mit Bargeld einkaufen gehen, da sich immer genügend Menschen finden, die durch den Abkauf dieser rassistischen Repressionsinstrumente direkte Hilfe leisten und selber mit den Gutscheinen einkaufen gehen. So laden wir alle ein, am Donnerstag den 8.4.04 öffentlich mit den Gutscheinen der Flüchtlinge einkaufen zu gehen um gegen diese Politik zu protestieren und Flüchtlingen zu Bargeld zu verhelfen. Gleichzeitig werden wir den Erfolg unserer Politik feiern und auf die baldige Abschaffung der Gutscheinausgabe anstoßen.

Der öffentliche antirassistische Einkauf findet am Donnerstag den 8.4.04 ab 17:00 vor dem Penny in der Bergmannstr. 102 in Berlin Kreuzberg statt. Wir protestieren vor diesem Penny aus einem besonderen Grund. Denn die Pennyfilialen,als Teil der REWE-Kette, treiben den persönlichen Profit an dem rassistischen Gutscheinsystem in krimineller Weise auf die Spitze. Denn Penny und damit auch die REWE-Kette weigert sich, mit dem Hinweis auf einen Beschluss der oberen Geschäftsleitung, das vorgesehene Wechselgeld von maximal 10 % auszuzahlen. In krimineller Weise wird hier ein Surplus auf Kosten der Flüchtlinge einbehalten. Den Profit steckt sich die/der gewinnbeteiligte Filialleiterin / Filialleiter als zusätzlichen Gewinn in die eigenen Tasche. Außerdem profitiert die REWE-Kette mit ihren Pennyfilialen, wie alle Firmen, die sich bundesweit dem Gutschein-/ und Chipkartensystem beteiligen, an einer versteckten Subvention durch Länder und Kommunen durch das Asylbewerbleistungsgesetz. Als Gegenleistung für die praktische Durchsetzung staatlichen Rassismus bekommen diese Firmen tausende Zwangskundinen und Zwangkunden »geschenkt«.

Leider bedeutet der Erfolg unseres Protestes in Neukölln kein Verschwinden des Sachleistungsprinzips von der Berliner Bühne. In das Fadenkreuz unserer Politik rücken nun die Bezirke Spandau und Reinickendorf, beide CDU/FDP regiert, die weiterhin Sachleistungen an die von ihrem Bezirk zu versorgenden Flüchtlinge in Form von elektronisch lesbaren Chipkarten auszahlen. Wir werden in den nächsten Monaten unsere Politik auf diese Bezirke konzentrieren und sind aufgrund unserer Erfolge im Kampf gegen die rassistisch motivierte Diskriminierung durch das Sachleistungsprinzip voller Hoffnung, dass auch diese beiden Bezirke in der nächsten Zeit durch den öffentlichen Druck einknicken werden und von ihrer rassistischen Politik Abstand nehmen. Wir werden weiterhin diese Chipkarten in Bargeld umtauschen und den gemeinsamen öffentlichen Einkauf mit Flüchtlingen organisieren, um so schon auf der Ebene der praktischen Auswirkung des Gesetzes das System ad absurdum zu führen. Auch auf der politischen Ebene werden wir weiter dafür sorgen, dass der öffentliche Druck auf die Politik der Bezirke Spandau und Reinickendorf sowie auf die beteiligten Supermarktketten steigt.

Für Interviews oder Auskünfte stehen wir gerne zur Verfügung. Weitere Informationen zu dem diskriminierenden Sachleistungsprinzip können über unserer Homepage oder direkt von uns bezogen werden.


Freya Fluten / Initiative gegen das Chipkartensystem/Berlin



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Press-release 4.4.2004


The end of the voucher-system for Refugees in Neukölln at 1.07.2004

After many years of protests from anti-racist groups, the voucher-system for refugees in Neukölln has finally stopped. At the 1.7.2004 the 190 refugees / refugee-families who are taken care of by the district Neukölln, will get the money they need to live because of the forbidance to work, in cash. The district Neukölln is the last disctict in Berlin which refused to pay refugees out in cash, so with them the practice of paying out in vouchers is gone in Berlin. Because of public protests the district Neukölln decided to pay out in cash like all other districts in Berlin. Though the paying out in cash delayed because the responsible senator Büge, didn?t want to put this democratic token decision into practise and motivatet his decision with openly racist arguments. At last Büge had to bow down because of the ant-racist protests and now promised to pay out in cash at the 1.07.2004. We will observe the putting into practise of this decision. When Büge still will disrespect the decision of the disctict-meeting, we will continue our protest and make him personally responsible. To take care that refugees until the 1.07.2004 can buy their things with normal cash, we will continue with our politic to exchange vouchers in cash. Already now, many refugees in the distict Neukölln are able to buy with cash, because enough people buy these racist repressionsinstruments and buy themselves their things with vouchers. So, all are invited, at thursday the 8.04.2004 to buy together with refugees, also to protest against this politic and at the same time help refugees with getting cash. At the same time we will celebrate our success and drink one at the abolishing of the vouchers.

The public anti-racist purchase takes place on thursday the 8.04.04 at 17.00 in front of Penny in the Bergmannstr 102 in Berlin Kreuzberg. We protest for this Penny because of a special motivation. Then, the penny-markets, who are part ot Rewe, are profiting themselves personally in a criminal way. Then Penny refuses to pay out any exchange-money. In a criminal way they profit from refugees. Besides this extra profit, they profit from refugees by a hidden subvention from the state, like all other firms who take part in chip card / voucher system. In exchange for the practical carrying through of racism by the state, they get tousend of clients who are forced to purchase their things at these firms.

Unfortunately, there exists still two districts, Reinickendorf and Spandau, both of them governed by CDU/ FDP, who refuse to pay refugees out in cash and pay out in chip cards. In the next months we will concentrate our politics on these districts and we are full of hope that this racist motivatet discrimination will end because of public protests. We will continue to exchange chip cards for cash and continue to organise common public purchases with refugees.

For interviews and informations please contact us. More informations can be found on our website or contact us directly.


Freya Fluten / Initiative gegen das Chipkartensystem/Berlin
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Ergänzungen

Frage????

s.l. 05.04.2004 - 16:04
Hat man die Möglichkeit auf Grund der Entscheidung in Neuköln, auch in anderen Bundesländern etwas rechtlich gegen das Gutscheinsystem zu unternehmen?

Gutachten zur Zulässigkeit von Bargeldleistun

freya fluten 05.04.2004 - 17:02
Rechtlich ist alles möglich doch ohne politischen Druck ?

Gutachten zur Zulässigkeit von Bargeldleistungen nach dem AsylbLG
Rechtsanwältin Anja Lederer zu den Spielräumen der Kreise und Kommunen im Land Brandenburg bei der Form der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz im Hinblick auf verfassungsrechtliche, bundesgesetzliche und landesrechtliche Vorgaben (Mai 2003).
--> http://www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/pdf/Gutachten_Bargeld_AsylbLG.pdf

Grandioser Erfolg!

The great GATSby 05.04.2004 - 17:10
Das ist der Beweis, daß beständige und hartnäckige Basisarbeit gegen menschenverachtende Herrschaftspraktiken funktioniert! Immer wieder Sand ins Getriebe zu streuen läßt dieses schließlich stillstehen.

Wann wird dieser grandiose Erfolg gefeiert?

Ein längeren Erlebnisbericht zum antirassistischen Einkauf gibt es unter
 http://germany.indymedia.org/2002/11/33649.shtml

Danke Chipkartenini!

Michael Büge

Ergänzer 06.04.2004 - 09:00

Neue Webadresse der Chipini

freya fluten 28.04.2004 - 22:31

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