Berlin - Fau machts schlau und geht allein

7 sozialfuzzis 04.04.2004 00:50
Bei der heutigen Großveranstaltung splitte sich nachmittags ein überschaubares grüppchen ab, nicht zum Spaß, dieser ganze "Gewerkschaft"s Trubel war kaum auszuhalten.
Der ganze Tag glich etwas dem 15.2. letzten Jahres. Die Gutmenschen des gesamten Landes fahren mit Bussen in die Hauptstadt um mal so ordentlich auf den Putz zu hauen. Passiert ist nüscht wirklich, aber alle gehen lachend nach Hause, mit dem guten Gewissen, diesen "da oben" mal richtig die Meinung gezeitgt zu haben.
Wie mensch sieht waren es nicht allzu viele, die da nicht mitspielen wollten...
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Ergänzungen

Nicht zu glauben

Icke 04.04.2004 - 05:34
Bei der Rede von Sommer in Berlin stand neben - frech wie immer - die Engelen-Käfer, die als SPD-Vorständlerin jeden Sozialabbauplan mit abgenickt hat - und war jetzt auf einmal gegen Sozialabbau!
Diese SPD/DGB-Drecksgesindel ist von einer Frechheit, da dreht es einem wirklich den Magen um!

Ecgte Gewerkschaften Kämpfen

Rudolf Mühland 04.04.2004 - 12:36
der slogan bezieht sich offensichtlich auf mehrer aspekte.
der eine ist die unterscheidung in "echte" "falsche" gewerkschaften.
historisch gesehen ist die gewerkschaft eine "wehrvereinigung". sie diente den arbeitern und arbeiterinnen in selbstorganisation als mittel zur durchsetzung ihrer ziele. an erster stelle standen da arbeitszeitverkürzung und lohnerhöhung, aber auch arbeitssicherheit und schutz (zum beispiel schwangerer frauen und kinder).
immer wieder aber auch das verlangen der arbeiterInnen die produktionsmittel (land, maschienen) in eigen regie zu übernehmen und das kapitalistische system einerseits und das jeweilige politische system andererseits abzuschaffen.
"kämpfen" meint hier natürlich sich durch "direkte aktionen" (übernahme der fabriken, des landes, ...) in den besitz dessen zu bringen was "wir" (allso alle direkt und indirekt Lohnabhängigen) selber produziert haben, die produktion von kapitalistischer profitmaximierung um zu stellen auf bedürfnisbefriedigung für alle.

so weit so kurz.

PS: ich empfehle das lesen radikaler linker und anarchistischer texte, sowohl die klassiker als auch modernes, u.a zu finden auf www.graswurzel.net, www.fau.org, www.wildcat-www.org, ...

Abschlusskundgebung war verarsche pur

Morgenmuffel 04.04.2004 - 14:13
der fau/act block war voll ok- gute musik, gute redebeiträge, gute stimmung- und vor allen dingen sehr solidarisch, was die ewige provakation von bullenseite anging.

die abschlusskundgebung hat meine schlimmsten erwartungen übertroffen- "volksfeststimmung", sommer und konsorten (haben wir zum glück nur noch den
rest mitbekommen), die sich in wolf-im-schafspelz-manier auf der bühne in volksverdummung ergehen.
überhaupt die bühne...links in großen lettern DGB, platz für etwas anderes gabs da gar nicht.
nachdem dann heinz-rudolf kunze die bühne erklomm, um "einzuheizen", war das maß des erträglichen weit überschritten und wir machten uns vom acker.

auch in den abendnachrichten nur stimmen von sommer, peters und co, das breite spektrum des widerstandes dieser politik wurde nur noch auf die gewerkschaften reduziert, alle anderen blieben aussen vor.

es muss wohl noch schlimmer kommen, bevor die masse merkt was für ein kuckucksei sie da in ihrem nest zu liegen hat.

FAU

Norbert 04.04.2004 - 17:17
Eine gute marxistische Einführung in die Frage "was ist überhaupt eine Gewerkschaft" bietet folgender Text:

 http://www.marx-forum.de/marx-lexikon/lexikon_g/gewerkschaft.html

Das Problem der FAU ist, dass sie keine Gewerkschaft ist, sondern eine politische Gruppe, das aber unter keinen Umständen sein will. Eines der wichtigsten Grundlagen jeder Gewerkschaft ist eine möglichst große und aktive Mitgliedschaft, denn nur so lassen sich "gewerkschaftliche" Forderungen auch tatsächlich durchsetzen.

Die bedauerliche (!) und anhaltende Winzigkeit der seit 1977 bestehenden FAU verhindert aber gerade gewerkschaftliche Aktivitäten. Ihre Fixierung auf das Konzept des "Anarcho-Syndikalismus" ist wahrscheinlich bei der Erweiterung ihrer Mitgliedschaft auch nicht gerade behilflich. Dabei würde es vielleicht eher darauf ankommen, alle ArbeiterInnen, ohne "weltanschauliche" Einschränkungen, zu organisieren. Dies ist z.B. der Ansatz der ebenfalls winzigen syndikalistischen Industrial Workers of the World - a union for all workers, einer klassischen ArbeiterInnenorganisation in den USA:

 http://www.iww.org

Klar, auch die FAU spürt die Schwundhaftigkeit des Klassenbewußtseins in Deutschland, d.h. sie ist nicht daran "schuld", dass sie zu den "kleinsten Gewerkschaften" der Welt gehört.

Dass die FAU zu den wenigen (politischen) Gruppen zu zählen ist, die sich noch nicht vom "Proletariat" und "Klassenkampf" verabschiedet haben und frei von standortbezogenen, sozialpartnerschaftlichen und nationalistischen Zügen sowie von hierarchischen Binnenstrukturen ist, dass sie in der Regel keinem "Antiimperialismus" anhängt, dass sie auch nichts mit dem Leninismus/Trotzkismus und dem "sowjetischen Modell" zu tun hat, macht sie zu den sympathischsten Erscheinungen der Linken in Deutschland. Und wer möchte ihrem Ziel, eine selbstverwaltete, ausbeutungsfreie und staatenlose Gesellschaft zu schaffen ernsthaft widersprechen.

Die FAU gehört also mehr oder weniger zu dem Besten, was die Linke in Deutschland in den letzten 30 Jahren geschaffen hat, das es nicht viel ist, das liegt nicht an der FAU.

Norbert

@ Norbert

Franz Sass 05.04.2004 - 13:21
Vielen Dank für die Blumen erstmal.

Es ist natürlich richtig, daß gewerkschaftliche Aktivitäten nicht so einfach sind, wenn die FAU Gruppen so klein sind (und schwer größer werden, wenn keine gewerkschaftlichen Aktivitäten gelingen).

Wir haben über viele Jahre verschiedene Sachen versucht. Vor etwa 10 oder 15 Jahren war die Überlegung, wenn es schon vor Ort nur wenige Mitglieder einer Branche gibt, bundesweite Branchengruppen zu gründen. Das stellte sich aber als Holzweg heraus, weil über große Entfernungen kaum richtig was gemacht werden kann.

Dennoch ist das Festhalten am anarchosyndikalistischen Konzept m.E. kein Fehler, ganz im Gegenteil: Die siebenundsechzigste linxradikale Gruppe braucht kein Mensch. Aber da, wo FAUistas ernsthaft dran gehen, Gewerkschaften aufzubauen, bleibt der Erfolg nicht aus. Berlin ist das beste Beispiel. Früher war in Berlin schon traditionell FAUmäßig nix los, bis vor einigen Jahren Leute dazu kamen, die ernsthaft gewerkschaftlich aktiv werden wollten.

Das FAU Konzept unterscheidet sich in der von Dir angesprochenen Hinsicht nicht groß von den IWW. Es gibt den Slogan, daß anarchosyndikalistische Organisationen nicht die Gewerkschaft für anarchistische ArbeiterInnen sind, sondern die anarchistischen Gewerkschaften für alle ArbeiterInnen. Das heißt in der Praxis, daß es ausreicht, die Prinzipien der FAU anzuerkennen (Basisorganisation, keine Funktionäre, imperatives Mandat, keine Klassenkollaboration etc.pp.), um mitmachen zu können, anarchistische Glaubenbekenntnisse werden nicht abgefragt.

Es hat sich gezeigt, daß wir vor allem in Bereichen, in denen es traditionelle Gewerkschaften nicht gibt, durchaus kleine Erfolge erzielen können. Die momentane gesellschaftliche Lage kommt uns da sicher entgegen. Es gibt in vielen Bereichen das Bedürfnis und die bittere Notwendigkeit, sich zu organisieren, in denen bislang kaum jemand daran gedacht hätte.

Ob die FAU einen entscheidenden Schritt nach vorne schafft, hängt m.E. von verschiedenen Faktoren ab. Zum einen betreten wir mit dem, was wir im Moment machen (können) Neuland. Erfahrungen unserer GenossInnen aus anderen Ländern lassen sich nut zum Teil auf unsere Situation übertragen. Wir sind auf das Trial-and-Error System angewiesen.

Zum anderen ist entscheidend, daß sich alle FAUistas darüber klar sind, daß wir nicht irgendeine Gruppe sind, die im Sumpf derjenigen mitschwimmt, die heute immer noch glauben, Autonome zu sein. In diesen Kreisen ist es zwar hip, "irgendwas zu Arbeit" zu machen, aber gleichzeitig haben sie Angst vor ArbeiterInnen und zudem eine ziemlich komische Vorstellung davon, was und wie ArbeiterInnen sind. In der Regel treten sie ArbeiterInnen gegenüber als moralisierende KlugscheißerInnen auf. Da braucht mensch sich nicht zu wundern, daß da nix bei rauskommt.

Es kommt nicht darauf an, die "Guten" oder "politisch korrekten" zu finden und zu organisieren. Es gibt nur die real existierende ArbeiterInnenklasse und die ist so wie sie ist. Ob die "gut" ist oder nicht, spielt keine Rolle.

Mao mutmaßte mal, die Macht käme aus den Gewehrläufen. Das stimmt aber nicht, sie kommt aus den Produktionsverhältnissen. Und solange wir die nicht aufgeknackt kriegen, wird sich nix grundlegend ändern. Die Produktionsverhältnisse können aber nur die ProduzentInnen, also die ArbeiterInnen ändern. Wenn wir keine Diktatur errichten wollen, die ihnen befiehlt, sich zu ändern (was natürlich keine große Änderung wäre, da es dann ja wieder eine neue herrschende Klasse gäbe und dabei allerhöchstens ein modifizierter Kapitalismus entstehen könnte, siehe Sowjetunion etc.), bleibt nur der Weg, uns mit ihnen auseinanderzusetzen und mit ihnen zu kämpfen, als ArbeiterInnen unter ArbeiterInnen. Alles andere wäre Sozialarbeitergehampel.

*weiter grübel*

umpf 05.04.2004 - 21:49
Wenn eine Gerwerkschaft für die Übernahme der Produktionsmittel durch die Arbeiter kämpft, welche Rolle spielt sie dann noch wenn das Ziel erreicht ist?

Würden sich die Arbeiter Arbeitszeitverkürzungen und Lohnerhöhungen genehmigen, wenn sie die Verantwortung für die Firma hätten?

Fragen über Fragen.

umpf

Norbert 05.04.2004 - 23:06
umpf, es kommt darauf an.

Wenn z.B. Leute, seien es nun Gewerkschaften und/oder Parteien die Macht übernehmen, z.B. im Namen der ArbeiterInnen, aber die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung, also die ArbeiterInnen - wie in dieser Situation zu erwarten - von der Macht ausgeschlossen bleiben, dann wird es wieder neue Gewerkshaften geben, die wiederum versuchen, die Lage der ArbeiterInnen zu verbessern, oder sich wenigstens gegen Verschlechterungen zur Wehr zu setzen.

Wenn der Kapitalismus lediglich reformiert, statt abgeschaft wird, dann wird sich tatsächlich gar nichts ändern, egal wer an der Macht ist und wie gut- oder böswillig diese Macht ist. Letztendlich bestimmen die kapitalistischen Gesetze (hier v.a. der Zwang Profite erwirtschaften zu müssen), nicht der politische Wille innerhalb des Kapitalismus, wie sich die Gesellschaft entwickelt, wenigstens meiner Meinung nach.

Mein Ziel ist aber ein anderes: ein rationales gesellschaftliches System, also in allem - sozusagen - das komplette Gegenteil des Kapitalismus in allen seinen Varianten.

Und das heisst: Die Produktion gesellschaftlich notwendiger und erwünschter Güter wird nach den Bedürfnissen ausgerichtet und nicht nach Kaufkraft und Profiten.

Weiter: Alle gesellschaftlichen Produktionsmittel werden in gesellschaftliches Eigentum überführt und demokratisch kontrolliert (bitte: nicht verwechseln mit der sogenannten "Vergesellschaftung", die verschiedene staatskapitalistisch bzw. staatssozialistische Reformisten wollen).

Abschaffung der Lohnarbeit, Ende der Warengesellschaft, Ende der Klassendifferenzierung, kein Staat, extreme Arbeitszeitreduzierung, keine gesellschaftlichen Hierarchien, kein Geld, kein Lohn, Luxus für Alle, keine Grenzen, jedem nach seinen Bedürfnissen, jeder nach seinen Fähigkeiten, kein Krieg, das wäre der Kommunismus, der Sozialismus, die Anarchie - für mich sind diese Wörter ohnehin Synonyme.

Wer würde sich dann noch Sorgen "um den Arbeitsplatz" oder um "seinen Lohn" machen? Wer möchte dann noch eine sichere Pesterkrankung, oder mehr Cholera?

Norbert

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*glübel* — umpf

Gewerkschaft?! — Dr. Sommer

@ dr. sommer — FAUista

FAU und Antifa in Ffm — FAUista