Klagewelle gegen Musiktausch rollt an

downloadyourmusic 29.03.2004 22:08 Themen: Kultur Netactivism Repression
Wie jetzt bekannt geworden ist, will die Musikindustrie in Deutschland ab dieser Woche Nutzer von Musiktausch-Programmen gerichtlich verfolgen. Die Kampagne stützt sich vor allem auf Medien und Abschreckung, auch "Kleinuser" werden betroffen sein. Die Hintergründe der Kampagne.
Mit einer Klagewelle will die Musikindustrie ab dieser Woche auch in Deutschland gegen den Musiktausch im Internet vorgehen. In den USA ist dieser Prozess schon am laufen. Ziel der Aktion ist es musiktauschende Menschen von ihrem vermeintlich illegalen Tun abzuhalten. Deutschland ist einer der Spitzenreiter im Downloaden ohne zu bezahlen. In den USA ist die Downloadquote pro Kopf weitaus geringer. Die Musikindustrie geht davon aus im günstigsten Fall 50% der derzeitigen Musiktauschenden durch die Klagewelle abzuschrecken. Zwar behauptet die Branche nur "heavy user" mit mehr als 100 Musikdateien seien das Ziel der Aktion. 100 MP3s sind in etwa acht Musikalben, auf die besten MP3-Player passen ungefähr 10.000 Tracks. Von "heavy usern" zu sprechen scheint hier eigentlich unangebracht. Die Klagewelle soll jedoch mit größtmöglicher Medienpräsenz und Aufmerksamkeit durchgeführt werden. An der Aktion beteiligen sich vor allem die sogenannten Major-Labels, also die Branchenführer.





In den vergangenen Wochen haben die Musikunternehmen mehr oder weniger gut funktionierende "legale" Downloadportale ins Netz gebracht. Im Gegensatz zu den gängigen Tauschbörsen Kazaa oder eMule kostet ein Download dort zwischen 50 Cent und 2 Euro. Für den Download ist meist eine spezielle Software nötig, die wahrscheinlich auch als sogenannte Spyware benutzt werden kann. Darüber hinaus sind die "legalen" Musikdateien nur zweimal auf CD-Rohlinge brennbar und mit einem Wasserzeichen versehen. Dieses Wasserzeichen identifiziert den User direkt beim Unternehmen. Wird eine solche Datei dann mittels Umwandlungsprogrammen in ein anderes Format umgewandelt kann es sein, dass der User, der die Datei runtergeladen hat, immer noch identifizierbar ist – und somit strafrechtlich verfolgt werden könnte.





Trotz all dieser Maßnahmen ist ein wirklicher Erfolg gegen das durchaus antikapitalistische "illegale" Downloaden und Tauschen von Musik wohl nicht in Sicht. Einerseits ist die Zahl der Nutzer ist einfach zu groß, andererseits die Rechtslage in Deutschland nicht ganz eindeutig. Deshalb setzt die Musikindustrie auf den Öffentlichkeitseffekt selbst kleine User mit der vollen Wucht ihrer großen Rechtsabteilungen zu verfolgen. Frei nach dem Motto "Niemand ist mehr sicher" werden wahrscheinlich viele Menschen ihre MP3s von den Festplatten löschen, Eltern ihren Kindern verbieten Musik aus dem Netz zu ziehen.





Die Musikindustrie klagt seit mehreren Jahren über sinkende Umsätze und führt als Begründung immer wieder das illegale Downloaden an. Das ist nur teilweise richtig. Die Zunahme der Handytelefonie hat eben auch Jugendliche betroffen, die jetzt ihr Geld für Kommunikation und eben nicht mehr für Platten ausgibt. Außerdem laden sich viele Internetnutzer Songs runter, wo sie das Album nie kaufen würden. Downloaden ist nur ein Grund für die Probleme einer Branche, die mit zunehmender Profillosigkeit in ihrem Repertoire eben Verluste einfährt. Das Wachstum der kleinen Indie-Labels zeigt, dass es anders auch geht.
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Ergänzungen

ein kleiner Link

niemand 30.03.2004 - 02:01
Unter dem Namen Guerilladonkey -  http://www.guerilladonkey.de.vu startet gerade eine Seite für Linke Tauschbörsen inhalte mit Videos, mp3z, e-books uvm

was soll die aufregung?

freund der kostenlosen musik 30.03.2004 - 11:20
vor einigen jahren gabs noch keine internet-tauschboersen. da haben wir uns - mancher wird sich noch erinnern - einfach die platten und cd´s gegenseitig kopiert (meist auf kassette, was anderes gabs nicht). heute gibts fuer diesen kopier-vorgang massig offline-hilfsmittel, wie mp3-player, cd-rohlinge, diverse datentraeger, ripper usw...

wenn uns die musikindustrie auf den sack geht, weil sie uns online ueberwachen und diese erkenntnisse gegen uns verwenden, dann tausch ich eben wieder auf die offline-tour - unter verwendung aller inzwischen erfundenen und im markt eingefuehrten hilfsmittel. das ist doch eh viel effektiver und auch vom zwischenmenschlichen standpunkt apassiger.

ich scheiss - so oder so - auf die beduerfnisse dieser sterbenden industrie.

Schon abkassiert

Fight DRM! 30.03.2004 - 11:56
Musik-Industrie & GEMA bekommen schon heute enorme Ausgleichszahlungen aus dem Verkauf JEDES Rohlings, CD- o. DVD-Brenners etc.
Leider reicht ihnen das nicht aus und sie wollen das totale Monopol auf Verbreitung von Musik.

siehe auch Copyriot / Copyleft

Urmel 30.03.2004 - 12:45
In Berlin läuft dieses Wochenende das Kulturevent "Rebelartz". In diesem Zusammenhng gibt es u.a. eine Veranstaltung mit Sebastian L.,der von den Anwälten der Stiftung des "Hamburger Instituts für Sozialforschung" zu über 2600€ Strafgeld verknackt wurde,weil er 2 Texte von T.W. Adorno auf seiner Homepage allgemein zugänglich gemacht hat. Der Vorgang lohnt sich schon rein textlich zur Rezeption.
Wer also in Berlin ist, kann dort ja einmal vorbeisehen.

68 TauscherInnen werden verklagt

egalo 30.03.2004 - 14:46
Laut Spiegel-Online sollen 68 "Hardcore-Tauscher" verklagt werden. Der ganze Artikel:  http://www.spiegel.de/netzwelt/politik/0,1518,293172,00.html

Die Krise der Musikindustrie...

Bärtels Frau 31.03.2004 - 00:47
...am Beispiel BMG: Heute berichten diverse Medien über eine massive Steigerung des operativen Gewinns bei Bertelmann, es sind satte 20%!
Der Bertelsmann-Sprecher betont ausdrücklich, alle Unternehmensbereiche seien profitabel, was sich dann ja wohl neben RTL, dem Verlag Gruner+Jahr sowie dem Buchclub auch auf das Musikgeschäft bezieht. Denen geht es sogar so gut, dass BMG 3,9 % Umsatzrendite erzielt.
Doch damit nicht genug: Sie wollen gar für zwei bis drei Milliarden Euro auf globale Einkaufstour gehen.

Die selben Companys, die Filesharern vorwerfen, Textern + Musikern Tantiemen zu stehlen, wollen in Verhandlungen mit der GEMA (die ja ooch nicht gerade ne sozialistische Einrichtung ist) die Lizensierungen von 9% auf unter 6 % drücken, was gerade viele kleine Musiker extrem hart trifft.

Kleine Notiz am Rande: Wer sich die Media Control Single- und Album-Charts Germany vom 26.03.04 anschaut, wird feststellen, dass jeweils 10 (!) in Deutschland produzierte Titel vertreten sind.

Fazit: Knete ist genug vorhanden, filesharing - so what?!

@Fight DRM!

Reinhart Unbehagen 31.03.2004 - 01:33
Die Gema-Gebühr auf bespielbare Tonträger bezieht sich nach wie vor nur auf Audio-Kassetten. Ein Gebühr auf CD-Rohlinge gibt es (noch) nicht!

Übersicht über Abgaben an die GEMA

Rechtslagenkenner 31.03.2004 - 11:36
Die Gema-Gebühren auf CD/DVD-Rohlinge und Player auf einen Blick:

CD-Rohling: 7 Cent
DVD-Rohling: inzwischen 17 Cent

CD-Brenner: 7,50 €
DVD-Brenner: 9,21 €

Quellen:
 http://www.winreport.info/gratis529.html
 http://www.microboss.de/gema_aktion/gema_protest.htm
 http://www.golem.de/0301/23447.html

Einfach mal google benutzen, wenn man mehr wissen will...

Zitat

konsument 01.04.2004 - 02:20
Man kann nur noch mal wiederholen, was auch der CCC meint:

"Wir haben das Recht auf Kopien über GEMA-Abgaben auf CD-Brenner und -Rohlinge erkauft. Es ist unglaublich, wenn wir uns jetzt die Ausübung unseres bezahlten Rechtes als "Raub" vorwerfen lassen müssen."

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 8 Kommentare an

@ alle Kritiker — niemand

biete — schlagerfan

Wehren !!! — freebse

KEINE PANIK — ich er sie es