Potsdam: Park Sanssouci nicht mehr for free

Jenz Steiner 29.03.2004 14:12 Themen: Freiräume Globalisierung Kultur
Der Chef der Stiftung Preussische Schlösser und Gärten, Prof. Dr. Hartmut Dorgerloh hat am Wochenende erstmals ins Gespräch gebracht, die Gartenanlagen von Schloss Charlottenburg und Sanssouci in Potsdam zukünftig nicht mehr frei für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Heute findet in Potsdam eine bundesweite Kulturexpertenkonferenz statt, bei der über zukünftige Eintrittspreismodelle beraten werden soll. In Zukunft soll eine Marketing-Abteilung die Anlagen gemeinsam mit Produkten von Werbepartnern promoten.
Seit Sommer 2002 ist Prof. Dr. Hartmut Dorgerloh im Amt. Ein neuer Chef muss sich etablieren. Am Besten mit "modernen" Konzepten, die zumindest nach aussen Geld sparen und Gewinne einspielen. Das gilt heutzutage auch für kulturelles Welterbe. Am Sonntag, dem 28. März thematisierte der Generaldirektor der Stiftung Preussische Schlösser und Gärten erstmals in der Öffentlichkeit seine Pläne, für die Parkanlagen Sanssouci und Charlottenburg Eintritt zu erheben.

Dorgerloh argumentierte für die Kommerzialisierung der Parks mit einer Wert- und Sicherheitssteigerung der Anlagen und mit weniger Problemen, die durch Vandalismus, Grillen und Hunde entstehen würden. Weiterhin plane die Stiftung die Schaffung einer Marketingabteilung, die zusammen mit Werbepartnern anhand von Produkten die Schlossparks bewerbe.


Dorgerlohs Pro-Argumente

  • Wertsteigerung des Geländes
  • mehr Sicherheit
  • weniger Vandalismus
  • kein Grillen im Park
  • keine Hunde


  • Steigerung der Besuchereinnahmen, die dezeit bei 11,6 Millionen Euro liegen

  • Dorgerlohs Probleme bei der Umsetzung

  • Anwohner
  • Gewerbetreibende
  • Verschandelung des Geländes durch Kassenhäuschen und Sperranlagen


Störende Faktoren im Vermarktungskonzept seien lediglich die Anwohner und Gewerbetreibenden, sowie die Verschandelung der Anlage durch Kassenhäuschen und Sperranlagen.
Schon vor einiger Zeit wurden zugunsten eines Exklusiv-Vertrages mit dem Systemgastronomie-Anbieter Mövenpick sämtliche kleinere Imbissbuden und Snackbars vom Gelände des Schlossparks Sanssouci verbannt.
In diesem Jahr sollen laut Alfons Schmidt, Baudirektor der Stiftung Preussische Schlösser und Gärten, acht Millionen Euro des Bauetats in den Besucherkomfort investiert werden. erst am Wochenende eröffnete in Potsdam eine neue Filiale der Museumsshop GmbH, einer Tochterfirma, der Freunde der preussischen Schlösser und Gärten. Auch ein neues Besucherzentrum soll in Potsdam Sanssouci errichtet werden. Nicht als Museum verwertbare Immobilien sollen der Gastronomie überlassen werden. Die Umstrukturierung der Schlossparks soll bereits in der zweiten Jahreshälfte vollzogen sein.

Fakten zum Schlosspark Sanssouci in Potsdam

  • 2,1 Millionen Besucher im Jahr 2003
  • jeder vierte Besucher führt Kinder mit sich
  • 34 Prozent der Besucher kommen aus Berlin
  • Führungen in Sanssouci kosten 8 Euro
  • Eintritt für das Neue Palais kostet bisher 5 Euro
  • 35 % von 100 befragten Besuchern sprechen sich gegen Eintritt für die Parkanlagen aus
  • Quelle: Studie des Willy-Scharnow-Institutes an der Freien Universität zu Berlin

    Zum Unesco-Weltkulturerbe gehören in Potsdam und Berlin die Parkanlagen Sanssouci, der Neue Garten, Babelsberg und Glienicke mit ihren Schlössern als Gesamtensembles, das Dorf Klein-Glienicke, das Jagdschloss Glienicke, die Pfaueninsel, das Schloss und der Park Sacrow mit der Heilandskirche und viele andere Bereiche in Potsdam, wie zum Beispiel der Pfingstberg, Schloss Lindstedt, die Russische Kolonie Alexandrowka und das Dorf Bornstedt.
    Dorgerloh vertritt die Ansicht, dass Menschen, die auch noch kostenlos in den Genuss von Schlössern und Gärten kommen möchten, sich noch Objekten wie dem Jagdschloss Königs Wusterhausen und dem Schloss in Oranienburg zuwenden könnten. Ausserdem seien Eintrittspreise für Parkanlagen in anderen europäischen Ländern keine Ausnahme. Als Beispiel führte er Versailles und Florenz an.

Presse

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Ergänzungen

Moevenpick und so weiter

Studi aus Potsdam 29.03.2004 - 17:21
Die Sache mit dem Exclusiv/Vertrag für den Nahrungsmittelvekauf im Umfeld des Parks durch Moevenpick ist ein größerer Skandal, als es zunächst klingen mag. Der Schlosspark Sanssouci nimmt einen sehr großen Teil der Stadtfläche ein, ein Uni-Standort ist quasi eingeschlossen von der Fläche, die durch die "Siftung Preussische Schlösser und Gärten" verwaltet wird. Der Bürgermeister der Stadt ist eng mit den lokalen Chefs des Konzerns befreundet und lässt sich seine geburtstagsfeiern (und mehr)von denen ausrichten. Die Sache mit Moevenpick ist ein schönes Beispiel dafür, daß neoliberale Politik nur durch Korruption funktionert. Die Schenkung eines großen Teils der Stadt an den Konzern würde wahrscheinlich keiner rechtlichen Prüfung stand halten. Umso interessanter, daß es keinen Protest gab, als vor einigen Jahren Imbissbuden und Lebensmittelgeschäfte um den Park geschlossen oder abgerissen wurden.
Wenn Eintritt für den Park genommen wird, müssen Besucher der Uni künftig große Umwege in Kauf nehmen, um von der Stadt zum Neuen Palais zu gelangen. Ist ansonsten nur eine Frage der Zeit, bis der Park an einen Konzern (vielleicht Moevenpick? oder Walt Disney?) verschenkt wird....

Potsdam : Kultur-Agenda-Haupstadt 2010

flopserver 29.03.2004 - 18:47
Welch ein Hohn auf den Namen des Schloßes "Sanssouci" (ohne Sorge), wenn die Ärmeren sich am Parkzaun die Nase platt drücken - so wie sich früher manche Ostdeutsche an den Fenstern des Intershops die Nase plattgedrückt haben - während die finaziell Bessergestellten von oben, den Stufen des Parks, auf sie herabblicken.
Beim Eisenbahnpark am U-Bahnhof Priesterweg wird ooch schon Eintritt verlangt (1 €). Dabei kommt das Geld, der Lohn, für das Sicherheitsperonal, was die Eintrittszahlung überwacht, nie und nimmer wieder herein. Aber die Hauptstadt (der Korruptionsskandale) mit ihrem asozialen und anti-sozialen Bürgermeister Wowerreit setzt weiter auf teures Sicherheitspersonal, wie die neuen Koop-Polizisten, die mit Pfefferspray und Knüppel für die Sauberkeit der Kieze sorgen sollen, anstatt, daß die Stadt wie in anderen Bundesländern auch üblich, einmal im Jahr für die Haushalte einen kostenlose Spermüllentsorgung anbietet. Der öffentliche Raum schrumpft mehr und mehr für finanziell schlecht gestellte in Berlin und Potsdam, ganz drastisch für Sozialhilfeempfänger durch die Streichung des Sozialtickets. Und die Reichen in Berlin dürfen mittlerweile sogar die öffentlichen Innenstadtplätze nach ihrem Gutdünken bennen, s. Beissheim-Platz.
Mit solchen Plänen braucht sich Potsdam jetzt nicht mehr als Kulturhauptstadt Europas 2010 bewerben, sondern soll sich besser doch gleich als Kultur-Agenda-Hauptstadt 2010 ausschreiben.
Wir sehen uns am 3. April in Berlin, Köln oder Stuttgart:
 http://www.alle-gemeinsam-gegen-sozialkahlschlag.de/















Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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WIDERSTAND — ufo

Eintrittskarten — Kassierer

woh — jack the ripper

Endzeit ! — Grille

Wegerechte — Warhead