17.4.-bundesweiter Aktionstag gegen Gentechnik

egal 18.03.2004 01:38 Themen: Biopolitik Weltweit Ökologie
Das weltweit tätige Netzwerk von Bauern und Bäuerinnen "Via Campesina" hat zum 17. April zum weltweiten Aktionstag für die Rechte der Bauern und Bäuerinnen aufgerufen. Im Rahmen dieses Aktionstages ruft das Netzwerk "geNOfood" bundesweit zu Aktionen vor und in Supermärkten auf. Ziel ist es, den Druck auf Lebensmittelhandel und Lebensmittelindustrie zu verstärken, um zu erreichen, dass die Supermarktregale und damit die Felder gentechnikfrei bleiben bzw. werden.
Außerdem sollen die Zusammenhänge zwischen Gentechnik und Umweltzerstörung, Globalisierung und Welthandel, Profitinteressen und Ausbeutung deutlich gemacht werden.

Am 17. April wird es in zahlreichen Städten kreative Aktionen vor und in Supermärkten geben, um auf die Lücken in der Kennzeichnung hinzuweisen und so Druck auf die Verantwortlichen auszuüben. Wir wollen die Handels- und Lebensmittelkonzerne zu einer Verpflichtung auf einen vollständigen Verzicht von genmanipulierten Lebensmittel drängen. Denn wo kein Markt ist, findet auch kein Anbau statt und wird auch kein Profit erzielt.

Zum Hintergrund:
Die Auseinandersetzung um den Einsatz der Gentechnik in der europäischen Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie spitzt sich zu. Am 18. April treten die verschärften Kennzeichnungsrichtlinien in Kraft, es ist vom Ende des EU-Moratoriums die Rede, vor der WTO wird eine Klage der USA gegen dieses EU-Moratorium verhandelt und über das neue bundesdeutsche Gentechnikgesetz wird heftig gestritten. In diesen Auseinandersetzungen spielt der Widerstand gegen die Einführung der Gentechnik eine entscheidende Rolle.

Mit einer aggressiven Lobbyarbeit und millionenschweren Werbekampagnen versuchen seit gut 10 Jahren die transnationalen Gentechnikkonzerne wie Bayer, Monsanto und Syngenta den Einsatz der Gentechnik in der Landwirtschaft und bei der Herstellung von Lebensmitteln durchzusetzen. Sie erhoffen sich dadurch enorme Profite und eine Kontrolle über einen der ?Zukunftsmärkte?, den Nahrungsmittelsektor. Dabei waren sie nur in wenigen Ländern erfolgreich. In den USA, in Kanada, in Argentinien und China werden relevante Marktanteile mit Hilfe der Gentechnik gesichert. In den anderen Teilen dieser Welt ist der Versuch der Durchsetzung der Gentechnik bisher gescheitert. Nicht nur in Europa weigern sich VerbraucherInnen den Genfrass zu kaufen, wehren sich Bauern und Bäuerinnen gegen die Abhängigkeit von den Genkonzernen, verhindern Umweltschützer und Globalisierungsbewegung den Anbau der Genpflanzen.

Zur Zeit läuft vor der Welthandelsorganisation (WTO) eine Klage der USA gegen die EU, um ein Ende des EU-Moratoriums zu erzwingen. Dieses EU-Moratorium ist nur ein defacto-Moratorium, da eine Mehrheit der EU-Staaten seit einigen Jahren mit ihren Gegenstimmen entgegen der europäischen Rechtslage ein Neuzulassung von gentechnisch manipulierten Pflanzen blockiert. So gibt es in Europa mit der Ausnahme vom kleinen Flächen in Spanien und Deutschland und etwas Versuchsanbau keine Felder mit Gentechpflanzen. Das soll sich nun ändern. Um den Widerstand der EU-Staaten zu brechen, hat die EU-Kommission zahlreiche Gesetze und Verordnungen verschärft um so die Blockadehaltung durch ein Entgegenkommen zu durchbrechen. Der Erfolg dieser Strategien wird gerade in mehreren Zulassungsverfahren getestet.

Ein Ergebnis dieser Gesetzesverschärfungen ist die neue Kennzeichnungsrichtlinie für Genlebensmittel, die ab 18. April in allen EU-Ländern Gesetzeskraft hat. Fast alle Genlebensmittel müssen nun gekennzeichnet werden. Davon ausgenommen sind allerdings alle Fleisch-, Eier,- und Milchprodukte von Tieren, die mit Genpflanzen gefüttert wurden. Auch Lebensmittelzusatzstoffe, die mit Hilfe von Genenzymen produziert wurden, müssen nicht gekennzeichnet werden. Der Handelskonzern Metro plante mit Unterstützung der Gentechnikkonzerne Bayer und Monsanto einen offensive Kampagne für Genlebensmittel, hat sich aber inzwischen dem Druck der Gentechnikgegner gebeugt und versichert nun inzwischen wie allen anderen großen Handelsketten und Lebensmittelhersteller die Gentechnikfreiheit ihrer Produkte, allerdings nur für die Waren, die auch gekennzeichnet werden müssen. Hier findet sich also das große Einfallstor der Gentechnikkonzerne. Sie werden sich vor allem um den Anbau und Verkauf genmanipuliertem Tierfutter bemühen, denn Molkereien und Fleischverarbeiter setzen weiterhin auf Gen-Futtermittel.

Die Bundesregierung hat einen Entwurf für das neue Gentechnikgesetz vorgelegt über das voraussichtlich im Herbst der Bundestag entscheiden wird. Der Entwurf ist ein Kompromiss zwischen der Industrielobby hinter Wirtschaftsminister Clement und Forschungsministerin Buhlmann auf der einen Seite und den gentechnikkritischen Umwelt- und Verbraucherschutzgruppen hinter der Verbraucherschutzministerin Künast. Der Gesetzentwurf setzt ganz klar auf die sogenannte Koexistenz, der Anbau von Genpflanzen, konventionelle Landwirtschaft und Öko-Landbau sollen nebeneinander existieren können. Dabei haben viele wissenschaftliche Studien klar gezeigt, die sogenannte Koexistenz führt in kürzester Zeit zu einer vollständigen Durchsetzung der Gentechnik, ein wirklich gentechnikfreier Anbau ist nicht mehr möglich. So ist es heute bereits in Kanada unmöglich gentechnikfreien Raps anzubauen oder gentechnikfreien Honig herzustellen. Über Wind- und Insektenbestäubung kreuzt sich die Genmanipulation aus und ist auch nicht mehr rückholbar. Hinzu kommt die Kontamination gentechnikfreier Ernte, da die selben Transportwege und Verarbeitungsanlagen auch für die genmanipulierte Ernte genutzt werden.

Bayer, Monsanto und Syngenta wollen mit Hilfe der Gentechnik das weltweite Monopol über die Saatgutproduktion erlangen. Sie versprechen dafür die Bekämpfung des Welthungers. Der ehemalige britische Umweltminister Meacher sagt dazu: ?Es ist empörend, dass Monsanto seine bösartige kommerzielle Gier jetzt hinter der Maske des Wohltäters verstecken will. Der Welthunger ist denen doch vollkommen egal, sie wollen nur ihre Produkte in der Dritten Welt verkaufen?. Der Hunger in einigen Gegenden Afrikas, Asiens und Lateinamerikas wird nicht durch eine zu geringere Nahrungsmittelproduktion hervorgerufen, er ist im wesentlichen ein Verteilungsproblem und wird durch Kriege und ungerechte Welthandelsstrukturen produziert. Die angestrebte Abhängigkeit der Bauern und Bäuerinnen von den Gentechnikkonzernen wird deren Armut weltweit vorantreiben und die Anzahl der Hungernden steigen lassen.

Halten wir fest:
Die Bauern in Europa stehen vor einschneidenden Veränderungen. Auch weltweit wird die Abhängigkeit der Bauern von den transnationalen Saatgut- und Chemiekonzernen erheblich steigen und die Industrialisierung der Landwirtschaft wird sich beschleunigen. Das wird die Armut unter Kleinbauern und Landarbeitern weltweit vorantreiben und die Anzahl der Hungernden steigen lassen.
Das Gesundheitsrisiko für Tier und Mensch durch den Konsum von Genfood ist bisher nahezu unerforscht. Es gibt keine aussagekräftigen Langzeitstudien über mehrere biologische Generationen hinweg. Tier und Mensch sind die Versuchskaninchen der Gentechnikindustrie!
Die Freisetzung genmanipulierter Pflanzen stellt ein erhebliches Risiko für die Umwelt da. Einmal in die Natur entlassen, sind Genmanipulationen nicht mehr rückholbar. Solche Experimente sind unverantwortlich!

Die Auseinandersetzung um die Gentechnik ist noch nicht entschieden. Die zahlreichen Niederlagen der Gentechnikkonzerne haben gezeigt, das Widerstand erfolgreich sein kann. Beteiligt euch am 17. April an den Aktionen in eurer Stadt! Schließt euch in Gruppen zusammen, sucht euch einen geeigneten Supermarkt und werdet kreativ aktiv.

weitere Hintergrundinformationen und aktuelle Nachrichten findet ihr unter www.genofood.de.vu
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Ergänzungen

Materialien !

durchgeklickt 18.03.2004 - 12:26
weitere Hintegrundinfos u. aktuelle nachrichten konnte ich auf der angegebenen Seite zwar nicht finden, aber Material für Aktionen, siehe Link:

website aktualisiert

GENervt 19.03.2004 - 02:06
die website www.genofood.de.vu wurde aktualisert. es finden sich da jetzt viele termine, aktionen und materialien.

02.04.04 Bundesrat lehnt Gentechnik Gesetz ab

Susanne 03.04.2004 - 13:09
02.04.2004
Der Bundesrat hat den Entwurf der Bundesregierung für ein neues Gentechnik-Gesetz mit der Mehrheit der CDU/CSU-geführten Bundesländer abgelehnt und den Vermittlungsausschuss angerufen.
In den Kernpunkten Koexistenz und Haftung liegen die Auffassungen von Bundesregierung und Ländermehrheit weit auseinander.

Christian Wulff, Ministerpräsident Niedersachsen: "Der vorgelegte Entwurf ist ein Verhinderungsgesetz zur Nutzung neuer Technologien. Er schafft keine fairen Bedingungen für eine Koexistenz verschiedener Anbauformen.

Renate Künast, Verbraucher- schutzministerin: Rund siebzig Prozent der Verbraucher und der bauern sprechen sich gegen Anbau und Verzehr genmanipulierter Pflanzen aus. Mit dem Entwurf des Gentechnik-Gesetzes wollen wir Sicherheit geben, dass das, was gentechnikfrei produziert ist, auch gentechnikfrei bleibt."

Knapp einhundert Punkte umfasst die Liste der Änderungen, welche die Bundesrats-Mehrheit an dem von der Bundesregierung vorgelegten "Gesetz zur Neuordnung des Gentechnikrechts" beschlossen hat. Sie betreffen die Kernpunkte des rot-grünen Gesetzentwurfs, die das Nebeneinander von Landwirtschaftsformen mit und ohne Gentechnik regeln sollen. Auch bei der Haftung für Schäden durch Auskreuzung und Beimischungen von GVOs in "gentechnikfreien" Produkten stimmte der Bundesrat gegen die Vorschläge der Bundesregierung.
Auch die Bundesregierung hatte mögliche Schäden durch den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen ausschließlich ökonomisch definiert: Entschädigungspflichtig sind "Vermarktungsverluste", wenn in Folge von Auskreuzungen und anderen Vermischungsvorgängen konventionelle oder ökologisch erzeugte Produkte als "gentechnisch verändert" deklariert werden müssen und dadurch niedrigere Preise erzielen. Der Streit geht darum, wer für mögliche Schäden haftet und unter welchen Umständen
Anders als im Gesetzentwurf will die Bundesrats-Mehrheit einen gv-Pflanzen anbauenden Landwirt nur dann in die Haftpflicht nehmen, wenn er gegen die Regeln guter fachlicher Praxis verstoßen hat. Diese sollen als Produktinformationen vom Saatguthersteller mitgeliefert werden. Hält sich ein Landwirt daran - indem er etwa Mindestabstände zwischen GVO- und konventionellen Feldern der gleichen Fruchtart beachtet -, kann er nicht persönlich haftbar gemacht werden.
Treten dennoch GVO-bedingte Schäden auf, ohne dass es ein Verschulden eines einzelnen Landwirts gibt, sind die fälligen Entschädigungen aus einem Ausgleichsfonds zu bezahlen. Nach den Vorstellungen des Bundesrates sollen sich Saatguthersteller, gv-Pflanzen anbauende Landwirte, aber auch der Bund an diesem Fonds beteiligen. Die Bundesregierung hatte in ihrem Gesetzentwurf eine gesamtschuldnerische Haftung der GVO anbauenden Landwirte vorgesehen.
Der Bundesrat hält ein zentrales Standortregister auf Bundesebene für ausreichend. In ihm werden Flächen, auf denen gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut werden, dokumentiert. Register auf Länderebene, wie sie Bundesregierung einführen will, seien nicht notwendig.
Den im Regierungsentwurf vorgesehene "Sachkundenachweis" beim Umgang mit gentechnisch verändertem Saat- oder Erntegut will der Bundesrat streichen.
Der Bundesrat hat die Bundesregierung aufgefordert, einen Schwellenwert für zulässige GVO-Beimischungen in Produkten festzulegen, die "ohne Gentechnik" deklariert werden. Derzeit gelten etwa für Produkte des ökologischen Landbaus die gleichen Schwellenwerte für für konventionelle Produkte.


Wenig Gemeinsamkeiten. Nicht nur beim Hauptstreitpunkt Koexistenz wollen die Bundesländer das neuen Gentechnik-Gesetz nicht akzeptieren. Abgelehnt hat die Bundesratsmehrheit etwa den Vorschlag der Regierung, die Zentrale Kommission für Biologische Sicherheit aufzuteilen - in eine für gentechnischen Anlagen und eine weitere für Freisetzungen und das Inverkehrbringen gentechnisch veränderter Organismen. Die Länder wollen die derzeitige Regelung mit Sachverständigenkommission nicht ändern.
Zudem will der Bundesrat das Umweltbundesamt wieder als "Einvernehmensbehörde" bei Freisetzungen vorsehen, obwohl die Verlagerung dieser Kompetenz auf das Bundesamt für Naturschutz gerade rechtskräftig geworden ist.
Noch ein weiteres Gesetz zur Gentechnik hat der Bundesrat abgelehnt. Damit sollten die EU-Verordnungen für gentechnisch veränderte Lebens- und Futtermittel umgesetzt werden. Auch hier war die Bundesrats-Mehrheit gegen die Vorschläge der Bundesregierung.

!!!!Damit wird es vorerst keine Strafen für die ab 19. April geltenden Kennzeichnungsbestimmungen geben.!!!!

Die neuen EU-Vorschriften selbst zur Kennzeichnung und Zulassung von Leben- und Futtermitteln aus gentechnisch veränderten Pflanzen werden davon allerdings nicht berührt: Sie werden wie vorgesehen wirksam.

Zwischen Umweltverbänden und Ländermehrheit. Nun geht das neue Gentechnik-Gesetz in den Vermittlungsausschuss. Zuvor hat der Bundestag über das Gesetz zu beschließen. Was immer der am Ende gefundene Kompromiss aussehen wird - der Bundesrat muss zustimmen. Die Akzente werden sich mehr in die Richtung verschieben, wie sie durch die Bundesrats-Mehrheit der CDU/CSU-geführten Länder vorgezeichnet ist.
Zugleich verschärfen außerhalb der Parlamente Anti-Gentechnik-Aktivisten, Umwelt- und Ökoverbände den Druck. Für sie ist schon der Gesetzentwurf der Bundesregierung nicht streng genug, um die "gentechnik-freie" Landwirtschaft vor den Auswirkungen der Grünen Gentechnik zu schützen.
Der Konflikt verschärft sich - und so schnell wird es keine politische Einigung geben.




GENug WTO - Hände weg von unserer Nahrung

Jörg 07.04.2004 - 22:52
viel mehr zum Streitfall zwischen USA und EU und aktuelle Informationen zur Kampagne "GENug WTO: Hände weg von unserer Nahrung" (von attac, BUND und BUNDjugend) gibt es unter www.genug-wto.de

für diskussionen zum thema www.grünes-forum.de (ja, die domain funktioniert, aber nur in neuen browsern, internet explorer benötigt ein spezielles plug-in, nutzt lieber opera oder mozilla)

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