GI: Polizeiüberfall nach Vortrag zu Polizei

AbwehrspielerIn der Ordnung u.a. 16.03.2004 17:06 Themen: Repression
60 BesucherInnen kamen am 15.3.2004 zur Veranstaltung über "Machtmissbrauch im Rechtsstaat" in Gießen. Zunächst wurde die Dokumentation zu Hetze, Fälschungen und Erfindungen an ausgewählten Beispielen vorgestellt. Danach berichtete ein Aussteiger aus dem Polizeidienst über seine Erfahrungen und Gründe für den Ausstieg. Schließlich positionierte sich der Bundesvorsitzende der Humanistischen Union recht deutlich gegen die Entwicklung der Sicherheitspolitik im allgemeinen und die Vorgänge in Gießen im Speziellen. Den Höhepunkt lieferte die Polizei aber selbst. Die Veranstaltung wurde observiert - und gegen Mitternacht stoppten drei zivile Polizeiwagen das Auto des Veranstalters von der HU am Ortsausgang von Gießen und durchsuchten ihn martialisch.
Die Veranstaltung war einerseits der Abschluß der Aktionswoche gegen Knäste und Repression sowie andererseits eine breitere Bündnisveranstaltung. Die Diskussion verlief sehr angeregt und deutlich. Etliche BesucherInnen äußerten anschließend, dass sie den Abend sehr informativ, z.T. aber wegen den dargestellten Vorgängen auch schockierend fanden. Für die folgenden Wochen wurden einige Aktivitäten ins Auge gefasst, so u.a. das Einschalten des Presserates wegen der fortgesetzten Verbreitung von Lügen in den Tageszeitungen, Anzeigen wegen politischer Verdächtigung und die Gründung einer Repressionsschutzgruppe im Raum Gießen gemeinsam von verschiedenen Gruppen. Etliche sagten am Abend spontan ihre Mitarbeit zu, ein erstes Treffen soll demnächst folgen.
Der Bundesvorsitzende der HU, Reinhard Mokros, begann seinen Vortrag mit einer vehementen Aussage. Es hätte Kreise gegeben, die in aus Gießen heraus davon abzubringen versucht hätten, nach Gießen zu kommen. Er würde sich das verbitten und von niemanden den Mund verbieten lassen. Diese deutliche Kritik an der auch hier offensichtlichen Filzstruktur in Gießen erntete spontanen Applaus. Genauso wie sein Vorredner, der als Aussteiger aus der Polizeikarriere von den Verhältnissen im Polizeidienst berichtete, prangerte er Strukturen an, die Machtmissbrauch fördern würden. Poetisch reicherte er das mit einem Stück aus Büchners "Der Hessische Landbote" an, der vor 170 Jahren ähnliche Polizeiwillkür kassierte wie jetzt in Gießen die Projektwerkstatt und andere.
Die Polizeidokumentation wurde von verschiedenen Betroffenen gemeinsam vorgestellt. Es entstanden zudem in einzelnen Gesprächen Ideen, die Giessener Vorgänge auch überregional in Publikationen einfließen zu lassen. Im Rahmen der Vorstellung berichtete einer der RednerInnen von einem neuen, in der Dokumentation noch nicht erfassten Vorgang, wo das Giessener Verwaltungsgericht Demonstrationsauflagen bestätigt hat, die der Polizei uneingeschränkte Auflagen und Weisungsrechte einräumt ( http://www.projektwerkstatt.de/demorecht).
In der Diskussion fügten etliche TeilnehmerInnen eigene beeindruckende Erlebnisse an. Aus Marburg wurde von etlichen Fällen berichtet, wo Justiz und Polizei Gewalttätigkeiten von teilweise rechtsgerichteten Jugendlichen decken, weil diese Kinder von Polizisten sind. Ein Mitglied des Giessener Studierendenparlamentes berichtet von persönlichen Drohungen gegen sich und die Gruppe, in der er aktiv ist, durch den Giessener Staatsschutz. Ein Mitglied der Giessener Jusos berichtete, dass er wegen seiner Kontakte zu ProjektwerkstättlerInnen aus Kreisen der Giessener Stadtregierung und auch aus seiner Partei unter Druck gesetzt wurde. Und ein Stadtverordneter berichtete, dass die Anzeige gegen Projektwerkstättler wegen Ausrollen eines Transparentes die erste Anzeige in der Geschichte des Parlamentes überhaupt war und selbst die dafür plädierenden Abgeordneten zugegeben hätten, dass die angezeigte Tat gar nicht schlimm gewesen sein, man aber die Ausführenden treffen wollte. Am Ende berichteten einige von neuen Anklagen betroffene Personen von absurden Vorwürfen, z.B. der "Beleidigung durch Unterlassung" bei Kreidemalereien gegen die Polizei auf einer geteerten Fläche. Der anwesende Mokros bezeichnete das als "Unsinn", allerdings sagte eine Angeklagte aus, das angesichts dessen, dass Law-and-Order-Amtsrichterin Kaufmann die Verfahren durchführen würde, auch Rechtsanwälte schon ausgesagt hätten, dass in der ersten Instanz mit einer Verurteilung gerechnet werden muß. Strafbefehle seien z.T. ja schon ergangen.

Eigentlich wäre es das gewesen - ein runder Abend, eine nette Diskussion und vielleicht ein paar neue Aktivitäten, wo auch einige Gruppen mal wieder etwas mehr miteinander kooperieren. Wäre ... wenn da nicht noch die Polizei wäre. Schon in seinem Referat benannte Reinhard Mokros ab und an eventuell anwesende Spitzel der Polizei. Die waren denn auch da, aber das wusste da noch niemand. Nach der Veranstaltung ging es noch in eine Kneipe, was essen und trinken ... immer unter den Augen der Polizei Gießen, die sich einige Monate vorher in einer Giessener Tageszeitung noch ausheulte "Wir sind keine Oberspitzel!". Als der Moderator des Abends dann gegen Mitternacht mit zwei ProjektwerkstättlerInnen in seinem Auto wegfuhr, wurde er am Ortsrand von Gießen in einer spektakulären Aktion von drei Zivilwagen der Polizei gestoppt und durchsucht. Sein eigener Bericht:

Auf dem Nachhauseweg von der Veranstaltung "Machtmißbrauch im Rechtsstaat" am 15/16 März 2004:
Nach der Veranstaltung "Machtmißbrauch im Rechtsstaat" die Übergriffe von Polizei und Justiz in Gießen thematisierte durfte ich neben der Theorie nun die Praxis kennenlernen: Um 22 Uhr ging ich mit einigen Leuten bis kurz vor Mitternacht in die Kneipe. Auf dem späten Heimweg gegen Mitternacht wurde ich kurz hinter dem Ortsausgang Gießen Richtung Reiskirchen B49 /Kreuzung "Panzerstraße" von drei Zivilautos der Polizei mit Blaulicht angehalten: An einer Stelle die für Verkehrskontrollen nicht taugt, da man nicht ordentlich "rausgewunken" werden und nicht richtig anhalten kann weil kein Platz vorhanden ist. Eine Person öffnete meine Tür und eine andere die meines Beifahrers: Mir wurde eröffnet das dies eine "Verkehrskontrolle" sei. Meine Papiere wurden mitgenommen und von einem Kollegen in seinem Wagen aufgenommen. Ich wurde ohne Angaben von Gründen für diese Verkehrskontrolle dazu gezwungen aus dem Auto auszusteigen durch mehrmalige penetrante Aufforderung. Ich mußte mich einer Leibesvisitation unterziehen lassen - an das Auto angelehnt mit dem Gesicht zum Wagen mit auseinandergestellten Beinen wie in einem amerikanischen Film. Alle meine Taschen mußte ich leeren und alles wurde genau in Augenschein genommen. Lange fuddelte er in meinen Taschen herum. Auf die Nachfrage was er denn suche meinte er "Sie könnten bewaffnet sein". Ich war ziemlich ärgerlich, denn noch nie im Leben bezichtigte mich jemand gefährlich zu sein. Die Aktion war absurd, denn so sucht man nicht nach Waffen und ich regte mich auf. Schließlich kam ich gerade von einer Veranstaltung wo über Polizeiwillkür der Gießener Polizei/Staatsschutz gesprochen wurde. Mir wurde gedroht mich auf die Wache zu bringen wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt. Dabei wurde ich auch rüde am Nacken festgehalten und auf das Auto zurückgeworfen. Ich fragte hartnäckig weiter - dann hieß es "wir suchen nach Drogen", wieder etwas später "Ihre Plakette hinten am Auto ist nicht in Ordnung". Ich sagte ich sei sicher, daß alles in Ordnung sei und das sie die kleine Plakette nachts im Dunkeln sicher nicht hätten erkennen können um mich deswegen anzuhalten. Dann hieß es "Sie waren nicht angeschnallt". Was sofort andere Polizisten bestätigten. Natürlich war das eine Lüge. Es sah so aus daß nur nach einem Vorwand gesucht wurde meine Personalien aufzunehmen und mich in der Zeit ein wenig zu beschäftigen. Erst auf mehrmaliges Nachfragen bekam ich seinen Namen genannt. Ich war sehr ärgerlich nachts ohne fahrauffälliges Verhalten in eine "verdachtsunabhängige" Verkehrskontrolle "geraten" zu sein: sechs Personen und und drei zivilpolizeiliche Fahrzeuge mit Blaulicht waren dafür nötig. Eine merkwürdige Verkehrskontrolle war das.

Als mein Beifahrer zwischenzeitlich ausstieg um die Ereignisse zu beobachten - er blieb in seiner Tür stehen und hob sogar die Hände - wurde er handgreiflich ins Auto zurückgedrängt. Und durfte auch nicht mehr aussteigen. Als Grund wurde angegeben das durch Zugucken die polizeiliche Maßnahme gestört würde. Ihm wurde von einem Kollegen die ganze Zeit mit einer Taschenlampe ins Gesicht geleuchtet, damit er nichts sehen kann.

Insgesamt gesehen kann nur vermuten, daß die Gießener Polizei sich wohl furchtbar "geirrt" hat, anders kann ich mir das nicht erklären.....



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- Infos zur Aktionswoche:  http://www.antirepression.de.vu
- Infos zum Prozeß gegen Projektwerkstättis:  http://www.projektwerkstatt.de/prozess
- Kreative Antirepression:  http://www.projektwerkstatt.de/antirepression
- Projektwerkstatt Saasen:  http://www.projektwerkstatt.de/saasen
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Ergänzungen

HU?

Projektwerkstätti 16.03.2004 - 20:12
Die Humanistische Union hat mit ähnlichklingenden Combos esoterischer oder rechter Ausrichtung wie Humanistische Partei, Humanwirtschaft usw. nix zu tun. Es ist "die" NGO des linksliberalen BürgerInnentums - und wie überall gibt es dann Menschen, die kooperativ und offen sind und solche, die es weniger sind. Wir haben hier sehr nette Erfahrungen gemacht und die Unterschiede zwischen herrschaftskritischen Gruppen wie der Projektwerkstatt und solchen, die "den Staat für heilbar halten" (so wurde es gestern im Gegensatz zu ersteren immer formuliert), tritt offen, aber nicht immer unsolidarisch zutage. Da HUlerInnen ihre Karriere in der Regel schon hinter sich haben, sind sie mitunter kooperationsfreuiger als jung-dynamischere Gruppen mit Rechtsstaatsglauben.

Die HU versteckt sich auch nicht, sondern ist im Netz unter  http://www.humanistische-union.de und  http://www.innere-sicherheit.de zu finden. Sie gibt u.a. den jährlichen Grundrechtereport heraus.

Das aus Sicht eines kritischen Kooperateurs mit der HU. Und passen zur kritischen Perspektive der Link zu den Debatten um Herrschaftsfreiheit ...

Ergänzungsdienstliche Behandlung

ED 16.03.2004 - 20:29
Text zum nächtlichen Vorgang: Eine Presseinformation der Jusos Gießen von heute:

Jusos: „Polizei in Giessen schüchtert Kritiker systematisch ein“
Christoph Weinrich, Sprecher der Jusos Giessen hat in einer Presseerklärung einen offensichtlichen Einschüchterungsversuch der Giessener Polizei gegenüber dem Bürgerrechtler und HU-Aktivisten Dragan Pavlovic scharf verurteilt und eine umgehende Stellungnahme der verantwortlichen Beamten zum Fall eingefordert. Nach einer Veranstaltung zum Thema „staatlicher Machtmissbrauch“, den die Humanistische Union gemeinsam mit anderen politischen Gruppen unter anderem dem Juso-Unterbezirk Giessen am vergangenen Montag durchgeführt habe, sei es zu dem Vorfall gekommen. Auf dem Rückweg von der Veranstaltung sei der Wagen von Pavlovic unter dem fadenscheinigen Vorwand einer allgemeinen Verkehrskontrolle von drei zivilen Polizeistreifen mit Blaulicht an der Ortsausfahrt Giessen gestoppt worden und der Bürgerrechtler einer intensiven Leibesvisitation unterzogen worden. Dabei wurde nun nicht mehr eine allgemeine Verkehrskontrolle durchgeführt, sondern der Aktivist auf Waffen und Drogen durchsucht unter ständig wechselnden Angaben der Gründe für die Kontrollen, die jedoch allesamt erfunden worden seien. Das pikante an der Geschichte sei, dass von weiteren Insassen des Fahrzeuges zumindest zwei der anwesenden Polizisten erkannt wurden, die zuvor die Veranstaltung observiert hatten. „Dieses Vorgehen der Polizei kann nur als ein massiver Versuch eingestuft werden, hier einen Bürgerrechtler einzuschüchtern.“ Auch könne es nicht hingenommen werden, dass auf einer Veranstaltung von Bürgerrechtlern der Staatsschutz zum spitzeln anwesend sei. Schon im Vorfeld der Veranstaltung sei es auch nach der Aussage des anwesenden Bundesvorsitzenden der Humanistischen Union auf der Veranstaltung zu Einschüchterungsversuchen seitens der Polizei gekommen, die ihm geraten habe, nicht auf der Veranstaltung zu referieren. Dieses Verhalten sei umso merkwürdiger, als es bei der Veranstaltung ohnehin unter anderem um Repressionsversuche gegen Aktivisten aus dem Umfeld der Projektwerkstatt in Saasen gegangen sei, so Weinrich weiter. Auch wenn der Juso-Unterbezirk Giessen die Positionen aus dem Umfeld der Projektwerkstatt in Saasen nicht teile, seien auch hier einige Fälle mit deutlichen Merkwürdigkeiten zu erkennen. „Aufgabe der Polizei ist es aber gerade nicht, missliebige Meinungen zu unterdrücken, sondern vielmehr Straftaten aufzuklären“, „die Polizei ist in Deutschland nicht zuletzt aus den Erfahrungen mit dem dritten Reich kein Geheimdienst und geheimdienstliche Tätigkeit ist ihr deswegen gesetzlich untersagt,“ so der Juso-Unterbezirksvorsitzende. Sollte die Aufklärung der Umstände ergeben, dass die Polizei hier erneut in Giessen ihre Kompetenzen überschritten habe, seien auch persönliche Konsequenzen im Dezernat Staatsschutz zu fordern. Dabei werde sich der Juso-Unterbezirk auch vor dem Hintergrund der Berichte anderer politischer Gruppen wie etwa der demokratischen Linken an der Uni-Giessen nicht damit zufrieden geben, dass von der Polizei die Aussage komme, es sei doch nichts passiert. Die Häufung der Vorfälle in Giessen ließen prinzipiell den Schluss zu, dass das Derzernat Staatsschutz im unklaren über seine eigentlichen Aufgaben sei. Sollten die Antworten auf die aufgeworfenen Fragen nicht zufriedenstellend sein, kündigte Weinrich an, gemeinsam mit der Humanistischen Union weitere Schritte zu prüfen. Im übrigen behielt sich Weinrich vor, den Landtagsabgeordneten der SPD im Unterbezirk Giessen in den Vorgang einzuschalten. „Was wir erwarten ist ein klares Signal der Polizei, dass Einschüchterungsversuche in Zukunft unterbleiben,“ wenn die Polizei sich hier nicht bewege, müsste sie mit entschiedenem Widerstand rechnen, schloss Weinrich die Pressemitteilung.

Bitte auf dem Laufenden halten!

Peter U. 16.03.2004 - 21:22
Hallo

Gibt es weitere Neuigkeiten? Reaktionen der Presse oder der Polizei selbst? Es ist erschreckend, wie sehr teilweise offen rechte und kriminelle Strukturen in deutschen Provinz herrschen. Wahrscheinlich haben diese Kriminellen im Staatsdienst nicht einmal ein schlechtes Gewissen.
Bitte informiert über Indymedia, was weiter passiert ist und lasst Euch nicht einschüchtern! Sollten die verfilzten Lokalstrukturen eine juristische Aufarbeitung unmöglich machen, solltet Ihr die namen der Täter veröffentlichen und ggf. vor Bundesgerichte ziehen.

Erstmals in Giessener Allgemeine!

ED 17.03.2004 - 20:10
Erstmals ist mit der Veranstaltung der Sprung in die Gießener Allgemeine in der Sache gelungen. Der Artikel wird auf der Seite  http://www.polizeidoku-giessen.de.vu ins Netz gestellt.

We don´t care about friendly Cops

Hans 17.03.2004 - 20:44
We don't care about friendly cops!
Zum Verhältnis von Rechtsstaat und Polizeigewalt

Wir haben offen gestanden keine Ahnung, was uns erwartet, wenn sogenannte Autonome, RadikaldemokratInnen, AnarchosyndikalistInnen, demokratische SozialistInnen und die "älteste Bürgerrechtsorganisation Deutschlands" gemeinsam zu einer Podiumsdiskussion einladen, deren Thema "Machtmissbrauch im Rechtsstaat" lautet und deren prominentester Redner es immerhin zum Polizeidirektor gebracht hat. Nachdem diesen Winter die selbsternannten AnarchistInnen "Andreas, Anne und Stefan" aus dem Infoladen Gießen mit der Berliner Nationalistencombo MIA darüber fachsimpelten, ob die deutsche Nation und ihre Nationalfarben nun die geeigneten "Formen zur Vermittlung von gemeinsamen Werten" (schon die bloße Rede von Werten, auch noch von mit deutschen NationalistInnen geteilten, sollte allen AnarchistInnen die Fußnägel aufrollen lassen) seien, befürchten wir das Schlimmste: Etwa die gegenseitige Rückversicherung, dass ein Polizeistaat nicht die passende Form der Vermittlung von Werten sei, oder vielleicht gar nicht in den Wertekanon passt. Wie immer, wenn wir mutmaßen, dass etwas im Argen liegen könnte, steuern wir auch heute unseren Senf in Form einer konstruktiven und differenzierten Flugschrift bei:

Das Thema der Diskussion soll also "Machtmissbrauch im Rechtsstaat" lauten. Es geht um die als Skandal wahrgenommene Tatsache, dass auch in Staaten wie der Bundesrepublik, in denen BürgerInnen formale Rechte gegenüber dem Staat haben, der Staat diese Rechte bricht. Der heutige Redner der Humanistischen Union fordert statt solcher Unannehmlichkeiten schlicht und ergreifend "eine rechtsstaatliche Polizei im aktiven Einsatz für die Menschenrechte", also den an sich guten Staat mit lieben Bediensteten im ständigen Einsatz als Freund und Helfer aller. Das ist zwar auf geradezu putzige Art und Weise naiv, aber andererseits eben genau das, was man von Humanisten erwartet. Nicht erwarten sollte man aber, dass sich Gruppierungen, die mit markigen Slogans a la "Mal im Ernst, ohne Revolution geht nix" werben, derartige Utopien teilen: Schließlich sind es solche Forderungen, die den Glauben, Staat und Kapital seien Einrichtungen zum Nutzen der Menschen, zementieren und somit den gewaltsamen Umsturz zu einem Button machen, den man je nach Gusto halt manchmal trägt, manchmal aber genauso selbstverständlich ablegt, wie andere die Frisur wechseln. Unsere Denkanstöße, wie das Verhältnis von Rechtsstaat und Gewaltstaat, Sozialstaat und Klassenstaat zu verstehen ist, haben wir in folgenden 18 Thesen zusammengefasst. Da das bloße Theoretisieren unhaltbarer Umstände idiotisch und reaktionär ist, wollen wir die Thesen als Beitrag zur revolutionären Praxis verstanden wissen.

Vorbemerkung:
Eines vorneweg um Missverständnisse zu vermeiden: Wir möchten den Unterschied zwischen bürgerlich-demokratischen Staaten, in denen Bürger Rechte gegenüber dem Staat haben, und solchen, von George W. Bush mit einigem Recht als Schurkenstaaten bezeichneten Rackets, in denen Untertanen ihren Herrschern auf Gedeih und Verderb mit Leib und Leben ausgeliefert sind, keinesfalls leugnen. Im Gegenteil: Anders als die heute aufrufenden Gruppen gehören wir zur verschwindend kleinen Minderheit in Deutschland, die es begrüßt, wenn die US-Army solchen Staaten das wohlverdiente Ende bereitet. Außer Frage steht des Weiteren, dass rechtsstaatliche und sozialstaatliche Tendenzen unser aller tägliches Leben erleichtern und ohne Zweifel ist es richtig und wichtig, provinzielle Staatsschützer in Gießen, die glauben ihr Vaterland gegen "Chaoten" verteidigen zu müssen, in ihre rechtsstaatlichen Grenzen zu weisen. Fatal wäre es jedoch für Kräfte, die sich als radikal herrschaftskritisch, anarchistisch oder kommunistisch verstehen, sich darauf zu beschränken, die Verwirklichung, beziehungsweise Erhaltung von Rechtsstaat und Sozialstaat zu fordern, denn diese sind, wie noch zu zeigen sein wird, als Formen des Unwesens Staat Teile des Problems und Ursachen des Andauerns von Herrschaft und Ausbeutung. Während also die HU, wie alle anderen DemokratietheoretikerInnen und VerfechterInnen der sogenannten Zivilgesellschaft neben ihnen, glaubt, Rechtsstaat und Menschenrechte seien an sich dufte Sachen, die nur noch nicht richtig umgesetzt werden, wollen wir das Gegenteil: Die immanenten Grenzen des Unwesens Staat und somit auch seiner fraglos sympathischsten Form des Rechtsstaates ausloten und denunzieren. Um dies zu tun ist es entscheidend, die Art und Weise, wie sich Herrschaft und Ausbeutung in bürgerlich-demokratischen Demokratien überhaupt durchsetzen, zu klären:

I. Damit es etwas wie "Recht" als allgemein verbindliche Norm überhaupt geben kann, muss es einen Souverän geben, der es als Recht fest- und gegen Widerstand als verbindlich durchsetzt. Alles andere wären nur unverbindliche Handlungsmaximen, die zu verletzen keine Konsequenzen hätte.

II. Um dies zu tun müssen diesem Souverän genug Gewaltmittel zur Verfügung stehen, mit denen er die von ihm als Recht gesetzten Normen gegen etwaige Abweichler durchsetzen kann.

III. Die für bürgerliche Gesellschaften konstitutive Norm ist das für alle Bürger bestehende Verbot, untereinander offen physisch gewalttätig zu agieren. Das Recht auf Gewaltanwendung wird, von Notwehr abgesehen, staatlich monopolisiert und jeder Verstoß hiergegen wiederum mit staatlichen Gewaltmitteln geahndet.

IV. Mit dieser Beendigung der offenen Gewalt- und Herrschaftsverhältnisse zwischen Menschen, wie sie in vormodernen Zeiten anzutreffen waren, werden Menschenrechte überhaupt erst gesetzt: Der Staat garantiert auf diese Weise seinen ihm unterworfenen Bürgern die Sicherheit von Leib, Leben und Privateigentum. Dies ist zugleich Unterwerfung und Befreiung! Anders als in vormodernen Zeiten, kennt der moderne Souverän zunächst nur gleiche Menschen und deren individuelle Interessen. Anders als der vormoderne Souverän ist der moderne nicht mehr unmittelbares Instrument eines einzelnen Monarchen oder einer Herrschaftskaste.

V. Gerade diese Garantie ermöglicht, ja erzwingt wiederum eine kapitalistische, also auf dem Tausch von Privatbesitz und Arbeitskraft beruhende Ökonomie: Deren Gesetze bringen es mit sich, dass die Eigentumsverhältnisse sich mit der Zeit polarisieren, wenige immer reicher und viele eigentumslos werden. Ebenfalls wächst diese Ökonomie sich zu einem eigenem Unwesen, dem Kapital, aus, nach dessen Verwertungslogik die gerade als Einzelne frei gewordenen Menschen spätestens in der mit Sicherheit kommenden Krise in Nutzlose und Nützliche sortiert werden. Dies ist die faktische Negation des Versprechens vom individuellen Glück aller. Das Menschenrecht ist gleichsam das Recht der Armen zu verhungern.

VI. Wer nun an dem vom Souverän als solches festgesetzten Recht rüttelt, indem er sich, etwa um sich das Nötigste zum Überleben zu sichern, den Besitz anderer aneignet oder das durch dieses Recht konstituierte Ganze als falsches erkennt und revolutionär beenden will, bricht das vom Souverän gesetzte Recht, verlässt die Sphäre der Gewaltfreiheit und setzt sich der Gewalt des Souveräns aus.

VII. Eine solche Form der Vergesellschaftung mit ihrem radikalen Widerspruch zwischen formaler Gleichheit aller und der realen Ungleichheit wäre nur unter ständiger Gewaltanwendung durch den Souverän lebensfähig und dementsprechend über kurz oder lang im Klassenkampf zerbrochen.

VIII. Dies zu verhindern und die Widersprüche zu lindern ist der Sozialstaat als ökonomisch starker Staat angetreten. Er löste den Laisser-fair-Staat, der nur die Interessen der besitzenden Klasse vertrat, mit einem Reformprogramm der Umverteilung ab. Dies geht mit einer Stärkung des Kommandos des Souveräns und mit einer Staatsfixierung der Subjekte einher. Diese Eingriffsmöglichkeiten sind nicht unbegrenzt, da staatliche Interventionen leicht zum Erliegen der Kapitalakkumulation, zum Zusammenbruch der Wirtschaft und somit der Existenzgrundlage des Staates führen kann. Freilich ist eine solche Umverteilung für das System von Staat und Kapital nur dann von Nöten, wenn der Druck derer, die Ausbeutung nicht ohne weiteres hinnehmen, groß genug ist. Momentan ist das Gegenteil der Fall.

IX. Die Sache des Kapitals ist die Erhaltung der Souveränität, die Sache des Souveräns die Aufrechterhaltung der Kapitalakkumulation. Das Kapital braucht einen Souverän, der Eigentum zur Not mit Gewalt schützt und mit dessen Umverteilung die Subjekte bei Laune hält. Der Souverän braucht eine funktionierende Kapitalakkumulation um seine Gewaltmittel bezahlen zu können. Souverän und Kapital sind nicht getrennt voneinander zu denken und nicht voneinander ableitbar. Der Staat ist der "Staat des Kapitals" (J. Agnoli), das Kapital existiert nur durch den Staat. Sie können nur gemeinsam existieren und können deshalb auch nur gemeinsam abgeschafft werden.

X. Die Opposition pflegt dieser gesellschaftlichen Totalität in aller Regel auf einem Auge blind gegenüberzutreten: Liberale und AnarchistInnen kritisieren das herrschaftliche Kommando des Souveräns, bleiben aber blind für Ausbeutung und Zwang, die die Wirtschaft der Gesellschaft der im bürgerlichen Sinne freien und gleichen Subjekte mit sich bringt. Paradigmatisch hierfür ist wiederum die HU, deren Programm auf das Zurückschneiden der staatlichen Kompetenzen hinausläuft, die aber über Ökonomie kein Wort verliert. SozialdemokratInnen und SozialistInnen kritisierten stets die ökonomische Ausbeutung; zur Bekämpfung derselben fällt ihnen aber bis heute nichts besseres ein als die Stärkung des staatlichen Kommandos und somit der Herrschaft des Souveräns. Paradigmatisch hierfür war der Leninismus, der antrat die "Freiheit" der Ökonomie ganz durch staatliches Kommando zu ersetzen.

XI. Eben diese, natürlich auch der Schwächen der Opposition entspringende Fähigkeit, jede Tendenz derselben in eine Veränderung des Verhältnisses von Politik und Ökonomie einfließen zu lassen ohne etwas grundsätzliches zu ändern, die Möglichkeit jeden kritischen Impuls in Politik, jede Opposition in einen Teil des Souveräns umzuwandeln, ist es, die bürgerlich-kapitalistische Gesellschaft zu einem so stabilen System macht.

XII. Diejenigen Oppositionsbewegungen, die sich entweder nicht mit einer bloßen Verschiebung im Verhältnis von Staat und Kapital zufrieden geben und aufs Ganze zielen, oder die schlicht zu schwach sind, um eine solche Verschiebung für den Souverän rentabel zu machen, verlieren ebenfalls ihr Recht auf gewaltfreie Behandlung. Eben dies gilt freilich auch für AntifaschistInnen, die glauben, dass der Kampf gegen Nazibanden es notwendig macht, selbigen das "Recht auf freie Meinungsäußerung" mit Gewalt streitig zu machen. Somit wird es Staatsaufgabe, diese Gruppen mit Gewaltmitteln zu stoppen.

XIII. Dass der Souverän hierbei zu paranoider Pedanterie neigt - seien wir ehrlich, weder die Saasener Projektwerkstatt, noch die Studierendenproteste dieses Winters, noch sonst eine Bewegung der letzten Jahre (uns freilich eingeschlossen) waren eine ernste Bedrohung für Staat und Kapital - darf als systemimmanent angenommen werden: Schließlich ist es kaum verwunderlich, dass es überwiegend Konservative und PatriotInnen zur Polizei im Allgemeinen (Umfragen belegen dies) und GewaltfanatikerInnen zur Bereitschaftspolizei zieht, und dass diese zu dem, was dann als "Machtmissbrauch" wahrgenommen wird, neigen. Genau diese Fälle, in denen PolizistInnen über das vom Staat vorgesehene Maß gewalttätig sind, sind es, in denen sich "rechtsstaatlich" gegen die Täter in Uniform vorgehen lässt.

XIV. Schon aus der Tatsache, dass die Gewaltmittel des Souveräns immer beschränkt sind, folgt, dass er sein Wirken auf ein bestimmtes Territorium und eine bestimmte Menschengruppe beschränken muss. Dies ist der objektive Grund für die Existenz von Nationen. Ohne eine wie auch immer geartete Identifikation mit derselben funktioniert keine Nationalökonomie. Insbesondere in Staaten, deren Bevölkerung besonders staatsfixiert ist, neigen die Subjekte dazu, sich mit ihrer Nation und somit mit ihrem Souverän und "ihrem" Kapital zu identifizieren. Dieser Wunsch nach nationaler Identität erzwingt den Hass auf die als an sich nichtidentisch Halluzinierten: auf rassistisch verfolgte "Unmenschen" und antisemitischer Vernichtungsandrohung ausgesetzte "Übermenschen".

XV. Dieser Antisemitismus ist die reaktionärste aller Ideologien. Ihm ist jedes materielle irdische Glück ein Grauen. Sein eigenes Glück glaubt er nur in der Vernichtung seiner Hassobjekte finden zu können. "Ihr liebt das Leben, wir lieben den Tod" sprachen die Mörder von Madrid. Ihre bevorzugten Opfer fanden und finden die Antisemiten stets in den Juden. Eben weil es diese Opfer des Antisemitismus sind, denen der Staat Israel als Heimstätte dient und dieses somit ein Bollwerk gegen den Antisemitismus ist, ist es das einzige Nationalprojekt, das heute noch ohne Umschweife als fortschrittlich gelten darf. Ihm gilt unsere unbedingte Solidarität!

XVII. Sowohl Gewaltstaat und Rechtsstaat als auch Klassenstaat und Sozialstaat als auch Rassismus, Antisemitismus und die Gleichheit aller sind unbestrittenermaßen Gegensätze. Es sind jedoch keine sich gegenseitig ausschließenden, grundsätzlich widersprüchlichen Gegensätze, sondern solche, die sich komplementär zu einander verhalten, die sich ergänzen. Wenn nun die "radikale Linke" an der Legende mitspinnt, Rechtsstaat und Polizeigewalt, der nette Schutzmann aus der Vorabendrealitysoap und der "Zecken" verprügelnde Bereitschaftsbulle seien Widersprüche, verschreibt sie sich unmittelbar der Sache des Souveräns, indem sie diesen gerade mit der Forderung nach Reform als Ganzes akzeptiert.

Die Gründe für die Nichteinlösung der bürgerlichen Glücksversprechen von Freiheit und Wohlstand für alle sind also nicht darin zu suchen, dass sich Rechtsstaat und Sozialstaat nicht genügend gegen ihre Vorläufer durchgesetzt haben, sondern sind in ihnen selbst begründet. Dennoch: Das Ansinnen liberaler Kräfte, wie der Humanistische Union oder der Demokratischen Linken, bürgerliche Prinzipien von Freiheit und Gleichheit gegen ihre reaktionären Gegensätze durchzusetzen, ist keinesfalls reaktionär, sondern mit das Fortschrittlichste, was heutzutage anzutreffen ist. Gleichsam ist es nicht mehr als der Versuch, den Teufel mit dem Beelzebub austreiben und somit ein von vornherein verlorener Kampf gegen Windmühlen.

Es ist für radikal herrschaftskritische Kräfte unumgänglich, im Kampf zwischen Liberalismus und Reaktion auf Seiten des ersteren zu intervenieren, jedoch fatal, seine Utopien von Rechtsstaat und abstrakter Gleichheit zu übernehmen. Es gilt gleichsam mit ihm zu kämpfen, als auch seine Widersacher als seine eigenen Geschöpfe zu denunzieren.

XVIII. Wollte Praxis tatsächlich subversiv, beziehungsweise die Subversion tatsächlich praktisch werden, hätte sie zuallererst diese Zusammenhänge zu reflektieren, hätte sie die Einheit von Souveränität und Kapital zu erkennen und ihre kategorische Abschaffung zum Programm zu erheben. Emanzipation muss gleichsam den Gegensatz von Gewaltstaat und Rechtstaat zur Anarchie, den von Klassenstaat und Sozialstaat zum Sozialismus aufheben. "Anarchie als Freiheit ohne Gewalt ist unmittelbar nur denkbar im Sozialismus als Gewalt gegen die Gewerbefreiheit" (J. Bruhn) Sich für eine der Seiten zu entscheiden, hieße, statt an der Abschaffung der unhaltbaren Zustände an ihrer Stabilisierung ins Unauflösbare mitzuwirken.

Hier antideutsche Parole einfügen.

zum text der antifa giessen

deutschdeutscherantideutsch 17.03.2004 - 22:35
zitat:"Wir möchten den Unterschied zwischen bürgerlich-demokratischen Staaten, in denen Bürger Rechte gegenüber dem Staat haben, und solchen, von George W. Bush mit einigem Recht als Schurkenstaaten bezeichneten Rackets, in denen Untertanen ihren Herrschern auf Gedeih und Verderb mit Leib und Leben ausgeliefert sind, keinesfalls leugnen. Im Gegenteil: Anders als die heute aufrufenden Gruppen gehören wir zur verschwindend kleinen Minderheit in Deutschland, die es begrüßt, wenn die US-Army solchen Staaten das wohlverdiente Ende bereitet."

warum diskutiert ihr nicht mit eurem kumpel george bush über das thema polizeistaat (guantanamo zb.)? au weia !


"Eben weil es diese Opfer des Antisemitismus sind, denen der Staat Israel als Heimstätte dient und dieses somit ein Bollwerk gegen den Antisemitismus ist, ist es das einzige Nationalprojekt, das heute noch ohne Umschweife als fortschrittlich gelten darf."

ist das ein geschichtsverständnis das in den 40er jahren des 20.jahrhunderts stehengeblieben ist, oder ist euer ganzer text als satire zu verstehen ?? bei sowas fällt mir nur noch ein: nie wieder deutschland (incl. antideutsche)

Immerhin ein bisschen Fortschrittlicher ...

jb 18.03.2004 - 00:05
Zum Flugblatt der Antideutschen:
In typischem Stil verteilten sie das Flugi zu Beginn und verschwanden nach wenigen Minuten. Nun gut, muss mensch sind dran gewöhnen, dass die an dem Punkt eben weiter den linken Klischees verhaftet bleiben, cliquenhaft bis (männer-)bündisch und identitär unterwegs zu sein. Das tun ja leider nicht nur sie.
Ich würde das Flugblatt als deutlichen Fortschritt werten. Ich habe selbst erlebt, wie die Antideutschen den Staat, insbesondere den Nationalstaat als Rettung in den Unruhen der Welt verteidigt haben. Das nicht nur in Form der US- und der israelischen Regierung, nein selbst Deutschland: Kreiswehrersatzämter in Deutschland seien o.k. - und als in Gießen widerliche Schmierereien gegen Juden neben Parkbänken zu finden waren, haben die Antideutschen ausgerechnet den deutschen Staat (die Justiz) zum Einschreiten aufgefordert. Da waren sie also genau so drauf, wie sie es jetzt im Flugblatt kritisieren. Die Begründung, warum Staaten immer scheiße sind, ist sogar ziemlich gut.

Warum die Anti-Ds dann ausgerechnet Bush toll finden und angesichts von der Behandlung der afghanischen Kriegsgefangenen die USA einen Rechtsstaat nennen ... oder warum Polizei scheiße, Militäreinsätze aber korrekt sein sollen ... das alles bleibt nach wie vor unklar und der populistisch-verkürzten Analyse von Gesellschaft in dieser Gruppe überlassen. Auch haben die Anti-Ds in Gießen wohl schlecht hingeguckt - viele der die Bündnisveranstaltung vom 15.3. mittragenden Gruppen hatten diese als Abschluß der "Aktionswoche gegen Knast und Repression" beworben. Die Woche war deutlich gegen die Existenz von Repression und Staat überhaupt gerichtet. Bei den Aktionen und Infoständen war von Anti-Ds aber nix zu sehen ... naja. Aber vielleicht setzt sich die Besserung ja weiter fort - das Flugi macht Hoffnung auf weitere Erkenntnisprozesse.

Hans erzählt Unsinn

guinMR 18.03.2004 - 01:03
Kann mensch diesen "Anti"-deutschen Schwachsinn nicht einfach rausschmeißen? Das Thema ist doch wirklich zu ernst, um hier Großmäuler seitenlang schwafeln zu lassen!
Wer in einer Diskussion um Polizeigewalt ausgerechnet den Staat Israel mit seiner rassistischen Polizei- und Miltärwillkür als vorbildlich bezeichnet, hat doch auf einer linken Seite nix verloren!
Übrigens Hans: dass es sich bei vielen Israelis um die Nachkommen der Opfer der Shoah handelt, finde ich wirklich eine bittere Ironie der Geschichte!

Weitere Entwicklung recht spannend!

ED 18.03.2004 - 20:29
Die Humanistische Union hat einen Offenen Brief an die Polizei gerichtet. Daraufhin hat die Polizei selbst eine umfangreiche Stellungnahme verfaßt. Das alles und noch viel mehr (triri) findet sich auf den erheblich ausgeweiteten Internetseiten zur Polizei-Dokumentation (siehe Link).

Ueberwachung!?

Der Paranoide 18.03.2004 - 21:51
Die Aktion der Verkehrskontrolle koennte nicht nur reine Schikane sein. Immerhin hat die Aktion eine Menge Cops Zeit gekostet.

Das Blenden des Beifahrers, damit er nichts sieht und verwirrt ist; das ewige Rumfummeln in den Taschen, das Hindern des Fahrers etwas in seiner Umgebung wahrzunehmen; etc ...

All das liesse auch darauf schliessen, dass man den Wagen 'markiert' hat oder eventuell sogar die Kleidung / Taschen und aehnliches.

Im Gießener Anzeiger

ED 19.03.2004 - 15:08
19.03.2004 02:24 Uhr Vorwürfe gegen Polizei und Widerspruch von Meise
GIESSEN (rsl). In einem offenen Brief hat der Landessprecher der Humanistischen Union, Franz-Josef Hanke, die Gießener Polizei scharf attackiert und ihr darin einen Übergriff auf einen Bürgerrechtler vorgeworfen. Die Jusos bezeichneten den Vorfall in einer Erklärung als offensichtlichen Einschüchterungsversuch. Polizeipräsident Manfred Meise weist diese gegen seine Beamten erhobenen Vorwürfe mit Nachdruck zurück.
Ausgangspunkt war die Veranstaltung "Missbrauch im Rechtsstaat" am Montagabend, den die Humanistische Union gemeinsam mit anderen politischen Gruppen, so auch dem Juso-Unterbezirk, organisiert hatte, bei dem die Übergriffe von Polizei und Justiz in Gießen thematisiert wurden und es unter anderem um Repressionsversuche gegen Aktivisten aus dem Umfeld der Projektwerkstatt in Saasen ging.
Nach der Veranstaltung und dem anschließenden Besuch in einem Lokal heißt es in dem offenen Brief, befand sich der 2. Vorsitzende des Ortsverbandes Marburg der Humanistischen Union, Dragan Pavlovic, zusammen mit anderen Personen auf der Heimfahrt, als er am Stadtrand von Gießen von drei Zivilsteifenwagen mit Blaulicht angehalten worden sei. Die Beamten hätten die Aktion mit einer Verkehrskontrolle begründet, er sei nach Waffen durchsucht worden, man habe ihm mit einer Widerstandsanzeige gedroht und nacheinander verschiedene Begründungen für diese Kontrolle geliefert.
Pavlovic, sowie der Sprecher der Humanistischen Union und Christoph Weinrich, Sprecher der Jusos, sehen in der Kontrolle einen Übergriff auf einen gewählten Vertreter einerBürgerechtsorganisation sowie einen schikanösen Einschüchterungsversuch. Hanke schlug Polizeipräsident Manfred Meise ein Gespräch vor.
Dieses Angebot werde er annehmen sicherte Meise zu, wies aber die erhobenen Vorwürfe mit Nachdruck zurück. Richtig sei, so Meise, dass das Fahrzeug mit Pavlovic am Steuer in der Nacht zum Dienstag in der Grünberger Straße zum Zwecke einer Verkehrskontrolle angehalten wurde. Zum Zeitpunkt des Anhaltens hätten die Beamten nicht gewusst, wer die Fahrzeuginsassen waren. Deshalb könne von einer geplanten Einschüchterung nicht die Rede sein.
Gegen 23.50 Uhr sei das Fahrzeug einer Streife aufgefallen, weil es angesichts der breiten Fahrbahn ungewöhnlich langsam fuhr. Die Streifenbesatzung habe Verstärkung angefordert und sich zu einer Verkehrskontrolle entschlossen. Im Zuge der Kontrolle habe der Fahrer aus Gründen der Eigensicherung der Beamten durchsucht werden müssen. Die Kontrolle habe aber nicht über Gebühr lange angedauert, so der Polizeipräsident.
Polizeipräsident Meise stellt ausdrücklich klar, dass die Polizei sehr wohl wisse, dass freie Meinungsäußerung Verfassungsrang habe, und die Polizei alle diejenigen schütze, die in rechtmäßiger Weise von ihren Grundrechten Gebrauch machten.
Es sei allerdings auch Pflicht der Polizei tätig zu werden, wenn immer wieder im engen zeitlichen, räumlichen und inhaltlichen Zusammenhang Straftaten nach Veranstaltungen einer bestimmten Gruppierung bekannt würden. Die Polizei betont , so Meise, dass sie ausschließlich Aufgaben aus dem Bereich der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung wahrnimmt und nicht, wie unterschwellig behauptet werde, nachrichtendienstliche Tätigkeiten ausübe.
Quelle:  http://www.giessener-anzeiger.de/sixcms/detail.php?template_id=2449&id=1330966&_zeitungstitel=1133842&_resort=1103635

HU-Diskussionsforum zum Vorfall

ED 20.03.2004 - 11:17
Die Humanistische Union betreibt ein Forum, wo der Vorfall dargestellt und diskutiert wird (einschl. Kabbeleien untereinander in der HU).

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Humanistische Union? — Unwissender

Vorsicht! — Wir beobachten Euch

Konsequent! — Nörgler

Podiumsdiskussion??? — Projektwerkstätti