Das Problem heißt Antisemitismus
Demnächst soll vor Gericht über den weiteren Ausbau des Ariowitsch-Hauses zum neuen Jüdischen Gemeindezentrum Leipzigs verhandelt werden.
Das Problem heißt Antisemitismus
Demnächst soll vor Gericht über den weiteren Ausbau des
Ariowitsch-Hauses zum neuen Jüdischen Gemeindezentrum Leipzigs verhandelt
werden. Gegen das Bauvorhaben geklagt haben einige Deutsche aus der
Nachbarschaft. Der Bau des Gemeindezentrums soll verhindert werden. Seit der
Einreichung der Klagen liegen die Pläne für den Ausbau auf Eis, die
schon für Oktober 2002 geplante Grundsteinlegung mußte entfallen.
Um ihr Ziel zu erreichen waren die Kläger alles andere als untätig:
Akribisch suchten sie nach Gründen gegen den Ausbau, machten Eingaben bei
der Stadt und vor Gericht, erreichten immerhin einen Baustop. Systematisch
spürten sie etwaige Mängel des Vorhabens auf, taten alles
Erdenkliche, um dem Projekt Steine in den Weg zu legen. Sie kalkulierten mit
fehlenden Finanzmitteln, mit dem Wegfallen zeitlich begrenzter
Förderungsgelder. Sie ließen die Baupläne prüfen,
berechneten das mögliche Verkehrsaufkommen und führten den
eventuellen Wertverlust ihrer Immobilien ins Feld. Sie suchten das
Bedrohungspotential, nach Islamisten und anderen Nazis, denen ein
Jüdisches Gemeindezentrum in Leipzig ebenfalls ein Dorn im Auge wäre.
Nicht einen Zweifel ließen die anonym bleiben wollenden Kläger
daran, daß ihnen jüdisches Leben direkt in ihrer Nachbarschaft mehr
als lästig sein muß.
Eigentlich sollte es in Deutschland heute eine Selbstverständlichkeit
darstellen, jüdisches Leben und Einrichtungen zu fördern und zu
ermöglichen. Fast 60 Jahre nach der Niederschlagung des
Nationalsozialismus und der Befreiung der restlichen Überlebenden aus den
Konzentrationslagern müßte - so ließe sich hoffen -
den Deutschen die Schuld vor allem am Tod von sechs Millionen Juden und die
daraus resultierenden moralischen Verpflichtungen bewußt sein.
Stattdessen trauert man heute lieber über die deutschen »Brandopfer
des alliierten Bombenkriegs« und beweist in Permanenz, daß es
zwischen Deutschen und Juden auch in Zukunft keinen selbstverständlichen
Umgang geben soll. Die Furcht der Kläger vor dem Bau des Leipziger
Gemeindezentrums ist so auch nur als eine Begebenheit unter vielen zu
verstehen, als Ausdruck eines spezifisch deutschen Normalzustands, in dem Juden
wie eh und je hauptsächlich als Projektionsfläche für
Ängste und »Sorgen« dienen. Die Deutschen die von diesen
Projektionen beherrscht sind und sich von diesen leiten lassen, stehen nicht
nur irgendwie in der »trüben Tradition des Antisemitismus«,
sondern sie sind Antisemiten. Das auszusprechen traut sich auch in Leipzig
niemand, schließlich ist Antisemit zu sein heute diskreditiert und das
Brandmarken anderer Deutscher zu Antisemiten offensichtlich höchst
unbeliebt. Jedoch zu glauben, der manifeste Antisemitismus der Deutschen sei
etwa seit der Zerschlagung des Nationalsozialismus nach 1945 schlagartig
verschwunden, ist barer Unsinn. Wo der Antisemitismus als Konstante der
bürgerlichen Gesellschaft zwar vorhanden ist, aber als verpönt gilt,
drückt er sich zwangsläufig in neuen, verdrucksten Formen aus. Tritt
nun in Leipzig die jüdische Gemeinde öffentlich mit dem Bau eines
neuen Gemeindezentrums auf den Plan, so verwundert es wenig, daß wo Juden
in der Öffentlichkeit »auftauchen« deutsche Antisemiten
nicht weit sind und in Aktion treten.
Ausnahmen allerdings sind die Kläger beileibe nicht. Schließlich
gibt es auch bei den übrigen Waldstraßenviertel-Bewohnern das
Bedürfnis, ihrem Unbehagen an dem neuen Gemeindezentrum Luft zu machen.
Der Bürgerverein Waldstraßenviertel fühlt sich
dementsprechend dazu genötigt für die Bewohner des Viertels extra
eine Veranstaltung unter dem Titel »Das neue Jüdische
Gemeindezentrum - Anlass zur Sorge oder neue Chance?« zu
organisieren. Zwar mag es vom Bürgerverein gut gemeint sein, die
Ressentiments der Viertel-Bewohner ausräumen zu wollen. Gerade aber,
daß überhaupt erst für ein jüdisches Gemeindezentrum
»sensibilisiert« werden muß, wie es in der
Vorankündigung der Veranstaltung lautet, drückt die Wahrheit nicht
nur über die Bewohner dieses Viertels, sondern über die gesamte
deutsche Gesellschaft aus: Die Juden sind wie zu allen Zeiten die Fremden, die
im »Wohngebiet zum Wohlfühlen« stören, jüdisches
Leben und Kultur werden als andersartig und verdächtig wahrgenommen und
als gefahrvoll stigmatisiert. Daß schließlich, wie man beim
Bürgerverein zu berichten weiß, die Sicherheitsbedenken der
Viertel-Bewohner gegen das Gemeindezentrum ganz im Vordergrund stehen,
trägt dem nur Rechnung.
Gegen diesen antisemitischen Normalzustand ruft das Leipziger Bündnis
gegen Antisemitismus auf zur Teilnahme an einer Kundgebung für die
sofortige Rücknahme der Klagen gegen das neue Jüdische
Gemeindezentrum und die entschiedene Unterstützung des Bauvorhabens durch
die Leipziger Öffentlichkeit.
Die Kundgebung wird am Tag der Verhandlung vor dem Gerichtsgebäude
stattfinden. Genauer Ort und Datum sind sobald bekannt auf der Webseite
www.israel-soli.de einsehbar.
Bündnis gegen Antisemitismus Leipzig,
Leipzig, 9. März 2004
Demnächst soll vor Gericht über den weiteren Ausbau des
Ariowitsch-Hauses zum neuen Jüdischen Gemeindezentrum Leipzigs verhandelt
werden. Gegen das Bauvorhaben geklagt haben einige Deutsche aus der
Nachbarschaft. Der Bau des Gemeindezentrums soll verhindert werden. Seit der
Einreichung der Klagen liegen die Pläne für den Ausbau auf Eis, die
schon für Oktober 2002 geplante Grundsteinlegung mußte entfallen.
Um ihr Ziel zu erreichen waren die Kläger alles andere als untätig:
Akribisch suchten sie nach Gründen gegen den Ausbau, machten Eingaben bei
der Stadt und vor Gericht, erreichten immerhin einen Baustop. Systematisch
spürten sie etwaige Mängel des Vorhabens auf, taten alles
Erdenkliche, um dem Projekt Steine in den Weg zu legen. Sie kalkulierten mit
fehlenden Finanzmitteln, mit dem Wegfallen zeitlich begrenzter
Förderungsgelder. Sie ließen die Baupläne prüfen,
berechneten das mögliche Verkehrsaufkommen und führten den
eventuellen Wertverlust ihrer Immobilien ins Feld. Sie suchten das
Bedrohungspotential, nach Islamisten und anderen Nazis, denen ein
Jüdisches Gemeindezentrum in Leipzig ebenfalls ein Dorn im Auge wäre.
Nicht einen Zweifel ließen die anonym bleiben wollenden Kläger
daran, daß ihnen jüdisches Leben direkt in ihrer Nachbarschaft mehr
als lästig sein muß.
Eigentlich sollte es in Deutschland heute eine Selbstverständlichkeit
darstellen, jüdisches Leben und Einrichtungen zu fördern und zu
ermöglichen. Fast 60 Jahre nach der Niederschlagung des
Nationalsozialismus und der Befreiung der restlichen Überlebenden aus den
Konzentrationslagern müßte - so ließe sich hoffen -
den Deutschen die Schuld vor allem am Tod von sechs Millionen Juden und die
daraus resultierenden moralischen Verpflichtungen bewußt sein.
Stattdessen trauert man heute lieber über die deutschen »Brandopfer
des alliierten Bombenkriegs« und beweist in Permanenz, daß es
zwischen Deutschen und Juden auch in Zukunft keinen selbstverständlichen
Umgang geben soll. Die Furcht der Kläger vor dem Bau des Leipziger
Gemeindezentrums ist so auch nur als eine Begebenheit unter vielen zu
verstehen, als Ausdruck eines spezifisch deutschen Normalzustands, in dem Juden
wie eh und je hauptsächlich als Projektionsfläche für
Ängste und »Sorgen« dienen. Die Deutschen die von diesen
Projektionen beherrscht sind und sich von diesen leiten lassen, stehen nicht
nur irgendwie in der »trüben Tradition des Antisemitismus«,
sondern sie sind Antisemiten. Das auszusprechen traut sich auch in Leipzig
niemand, schließlich ist Antisemit zu sein heute diskreditiert und das
Brandmarken anderer Deutscher zu Antisemiten offensichtlich höchst
unbeliebt. Jedoch zu glauben, der manifeste Antisemitismus der Deutschen sei
etwa seit der Zerschlagung des Nationalsozialismus nach 1945 schlagartig
verschwunden, ist barer Unsinn. Wo der Antisemitismus als Konstante der
bürgerlichen Gesellschaft zwar vorhanden ist, aber als verpönt gilt,
drückt er sich zwangsläufig in neuen, verdrucksten Formen aus. Tritt
nun in Leipzig die jüdische Gemeinde öffentlich mit dem Bau eines
neuen Gemeindezentrums auf den Plan, so verwundert es wenig, daß wo Juden
in der Öffentlichkeit »auftauchen« deutsche Antisemiten
nicht weit sind und in Aktion treten.
Ausnahmen allerdings sind die Kläger beileibe nicht. Schließlich
gibt es auch bei den übrigen Waldstraßenviertel-Bewohnern das
Bedürfnis, ihrem Unbehagen an dem neuen Gemeindezentrum Luft zu machen.
Der Bürgerverein Waldstraßenviertel fühlt sich
dementsprechend dazu genötigt für die Bewohner des Viertels extra
eine Veranstaltung unter dem Titel »Das neue Jüdische
Gemeindezentrum - Anlass zur Sorge oder neue Chance?« zu
organisieren. Zwar mag es vom Bürgerverein gut gemeint sein, die
Ressentiments der Viertel-Bewohner ausräumen zu wollen. Gerade aber,
daß überhaupt erst für ein jüdisches Gemeindezentrum
»sensibilisiert« werden muß, wie es in der
Vorankündigung der Veranstaltung lautet, drückt die Wahrheit nicht
nur über die Bewohner dieses Viertels, sondern über die gesamte
deutsche Gesellschaft aus: Die Juden sind wie zu allen Zeiten die Fremden, die
im »Wohngebiet zum Wohlfühlen« stören, jüdisches
Leben und Kultur werden als andersartig und verdächtig wahrgenommen und
als gefahrvoll stigmatisiert. Daß schließlich, wie man beim
Bürgerverein zu berichten weiß, die Sicherheitsbedenken der
Viertel-Bewohner gegen das Gemeindezentrum ganz im Vordergrund stehen,
trägt dem nur Rechnung.
Gegen diesen antisemitischen Normalzustand ruft das Leipziger Bündnis
gegen Antisemitismus auf zur Teilnahme an einer Kundgebung für die
sofortige Rücknahme der Klagen gegen das neue Jüdische
Gemeindezentrum und die entschiedene Unterstützung des Bauvorhabens durch
die Leipziger Öffentlichkeit.
Die Kundgebung wird am Tag der Verhandlung vor dem Gerichtsgebäude
stattfinden. Genauer Ort und Datum sind sobald bekannt auf der Webseite
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Bündnis gegen Antisemitismus Leipzig,
Leipzig, 9. März 2004
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(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)
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Ergänzungen
Kollektivschuld?
weitere Beiträge zum Thema
http://www.dradio.de/dlf/sendungen/kulturheute/242256/
Tätervolk, neue Folge Von Gaby Hommel Konkret Heft 03 2004
Deutsche Neonazis und Leipziger Bürger sind einig im Protest gegen den Bau jüdischer Einrichtungen
http://www.konkret-verlage.de/kvv/in.php?text=&jahr=2004&mon=03
der Vollständigkeit halber
kam wieder ein kurzer Beitrag zu Leizig:
"Angst oder Antisemitismus? Querelen um den Bau eines jüdischen Gemeindesaals in Leipzig"
Hendrik Lasch, Leipzig im"Neuen Deutschland"
Jüdisches Leben gegen Quadratmeterpreise
Leipziger Bürger verurteilen Klagen gegen Gemeindehaus von Leipziger Bürgern
Von Hendrik Lasch, Leipzig
http://www.nd-online.de/artikel.asp?AID=50098&IDC=2
Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen
vökischer mist — xxx
... — anti
. — .
"einige Deutsche" — Norbert
ach leute — weist
nationalität vs. staatsbürgerschaft — ...
und wieder ein Beitrag zu Leipzig im DLF — ein Überblick
Danke mod du raffst echt nix ! — ein überblick