Werftarbeiter ziehen nach Madrid

Ralf Streck 03.03.2004 11:19 Themen: Repression Soziale Kämpfe Weltweit
Nachdem bisher alle Versuche gescheitert sind, in Verhandlungen einen Tarifabschluss für die spanischen Izar-Werften zu bekommen, wurden neue Kampfmaßnahmen angekündigt. Am 5. März streiken alle Werften, die Arbeiter von Werften und Zuliefererbetrieben tragen dann ihren Protest nach Madrid.
Am 5. März muss sich die spanische Hauptstadt Madrid auf heftige Proteste der Werftarbeiter einstellen. Bisher hatten ihre Kämpfe nur die Peripherie des spanischen Staats stattgefunden. Doch nun ist es möglich, dass die Straßenschlachten, Barrikaden mit zahlreichen Verletzten kurz vor den Parlamentswahlen am 14. März die spanische Hauptstadt erreichen.

Letzte Woche haben die Betriebsräte und Gewerkschaften der Izar-Werfen die Verhandlungen mit der Direktion und der „Staatlichen Gesellschaft zur Beteiligung in der Industrie“ (Sepi), welche die staatlichen Werften privatisieren soll, erneut abgebrochen. Zwar teilten grundsätzlich ihre Bereitschaft zum Dialog über den seit mehr als einem Jahr ausstehenden Tarifvertrag mit, aber Izar und Sepi sollten sich erst melden, „wenn sie eine definitive Beilegung des Konflikts wollen“, erklärten die Gewerkschaften in einer gemeinsamen Erklärung.

Bei den Arbeitern und ihren Vertretungen hat sich seit langem der Eindruck verfestigt, dass man von Seiten der Sepi und Izar nur zum Schein verhandelt, aber teilweise die Werften abwickeln will. Offiziell erklären Izar und die Sepi, die Lohnforderungen von vier Prozent seien überhöht und verteuerten den Schiffsbau derart, dass der Bestand der Werften gefährdet sei. So versuchen beide der Belegschaft den Schwarzer Peter zuzuschieben. Dabei wird mit der Forderung der Arbeiter noch nicht einmal die Inflation für die Zeit ausgeglichen, seit der letzte Tarifvertrag ausgelaufen ist. Spanien hatte allein 2002 eine Inflation von vier Prozent zu der sich 2003 noch einmal 2,6 Prozent Kaufkraftverlust gesellten.

Zudem sind die Werftarbeiter erneut zur weiteren Flexibilisierung der Arbeitszeiten bereit, wenn damit der Bestand aller Werften gesichert werde. Doch das reicht der konservativen spanischen Regierung nicht, die hinter der Sepi steht. Sie will eine weitere Deregulierung durchsetzen und damit an den kämpferischen Werfarbeitern ein Exempel für die neoliberale Umstrukturierung statuieren. Für den möglichen Erhalt von Arbeitsplätzen ködert sie die Werften, deren Auftragsbücher mit Ausnahme der im baskischen Sestao aber leer sind, mit dem Bau von drei U-Booten, einem Kampfschiff für die spanische Marine und einem Gastransporter. Dabei legte die Sepi bisher keine konkreten Angebote oder Verträge auf den Tisch. Für den Bau von „virtuellen Schiffen“, wie die Gewerkschaften die Angebote nennen, sollen im Tarifvertrag Lohnverzicht, Flexibilisierung der Arbeit und höhere Mobilität festgeschrieben werden.

Dabei wird nicht einmal der Fortbestand aller Werften garantiert, wie auch in der geforderten Mobilität zum Ausdruck kommt. Denn die könnte bedeuten, dass Arbeiter aus dem südspanischen Sevilla demnächst in galizische Ferrol umziehen müssten, wenn es dort Arbeit gibt, oder ihren Job verlieren. Auch offiziell hatte die Sepi schon den Abbau von 500 Arbeitsplätzen verkündet, womit ein 2001 beschlossener Restrukturierungsplan unterlaufen wird. Als dabei Izar aus dem Zusammenschluss der staatlichen Marinewerften „Bazán“ und den zivilen staatlichen „Spanischen Werften“ entstand, und viele Arbeitsplätze vernichtet wurden, sollte der Bestand der Werften und die Arbeitsplätze der verbleibenden 11.000 Beschäftigten über Jahre gesichert werden. Die Belegschaft hatte die Bedingungen, wie termingerechte Fertigung und Verbesserung der Qualität erfüllt.
Am heutigen Montag werden die Betriebsräte in den sieben Werken nun erneut Kampfmaßnahmen beschließen. Schon seit fast drei Monaten kommt es immer wieder zu partiellen Streiks in deren Verlauf die Arbeiter Straßen und Schienenverbindungen mit Barrikaden blockieren. Mehrere Hundert Menschen wurden bei Straßenschlachten mit der Polizei und der Guardia Civil verletzt, die mit Gummigeschossen, Tränengas und Räumpanzern gegen die Arbeiter vorgeht und zum Teil die Werften stürmt. Fest steht schon, dass die Izar-Beschäftigten und die Belegschaften der Zuliefererbetriebe am 5. März den ganzen Tag über streiken und dann ihren Protest in die Hauptstadt Madrid tragen werden. Vor den Parlamentswahlen am 14. März könnte es für die konservative Regierung noch einmal vor der Haustier ungemütlich werden.

© Ralf Streck, Donostia - San Sebastian den 29.02.2004

Update: Neben der Demo in Madrid und dem 24. stündigen Streik am Freitag, wird es im wesentlichen erst wieder nach den Wahlen am 14. März Streiks geben. Drei Tage mit jeweils drei Stunden (11. 24. und 31.) wurden beschlossen. Die Arbeiter wollen den Arbeitskampf aus dem Wahlkampf weitgehend raushalten, da sie beschuldigt wurden, Wahlkampf für die PSOE zu machen. Trotzdem gab es gestern, außerhalb der allgemeinen Mobilisierung in Puerto Real (Andalusien) Proteste mit 15 Verletzten Arbeiter und drei Polis. Sie haben eine Brücke mit Barrikaden blockiert und wurden angegriffen

Allerdings haben die "temporären" Entlassungen begonnen. In Gijon wurden 33 Leute entlassen, darunter drei Gewerkschaftler.
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frage

askatasuna arte 03.03.2004 - 22:21
wenn mensch unter so ein bild "fight back" schreibt und gleichzeitig im baskenland wohnt, ist mensch dann nicht automatisch eta-mitglied? ;-)