Ageeb: Bericht vom 7. Prozesstag

Prozessbeobachtungsgruppe 26.02.2004 16:46 Themen: Antirassismus
Als einziger Zeuge wurde Uwe D., BKA-Ermittler, gehört. Er berichtete über die Ermittlungen des BKA und wies auf ein informelles Gespräch im Bundesinnenministerium in Berlin hin, bei dem auch Innenminister Schily zugegen war. Die BKA-Ermittler hätten jedoch weder Detailinformationen noch Protokolle erhalten.
Uwe D., BKA-Ermittler (49 Jahre):Der Zeuge sagte aus, er sei von Beginn an zusammen mit Kollege Helmut H. als Hauptsachbearbeiter tätig gewesen. Dann hätte Helmut H. die Abteilung gewechselt und er hätte alleine weiter gemacht. Es hätte sowieso nur noch der formelle Abschluss erfolgt. Er sei dabei gewesen, als die Akten übernommen wurden.Auf Nachfrage des Richters, wer das Fesselungsmaterial entgegen genommen habe: Sie seien zu viert gewesen, andere hätten die Asservate entgegen genommen und diese abgezeichnet.Auf Nachfragen, ob zu einem späteren Zeitpunkt noch etwas dazu gekommen sei: Ja. Der BGS Frankfurt habe später noch Klettbänder und persönliche Gegenstände von Ageeb abgegeben.Ob ihm das als Defizit aufgefallen sei: Bei der Fesselungsnachstellung mit einem Kollegen R. sei ihm aufgefallen, dass zu wenige Plastikfesseln dabei gewesen seien.Beim späteren Dazukommen weiterer Fesseln auch noch? Zahlenmäßig sei schon eine Differenz entstanden. Sie hätten damit vorlieb nehmen müssen, was da war.Auf Nachfrage, wie der Helm ausgesehen habe: Blau, rot, bunt und ohne Visier.Auf Nachfrage, ob er bei der Rekonstruktion im Flugzeug dabei war: Ja, diese hätte in einer Lufthansa Maschine stattgefunden. Es wären auch die japanischen Zeuginnen dabei gewesen und Dr. P. (Gerichtsmedizin München).Auf Nachfrage, ob die Angeklagten auch dabei gewesen waren: Sie seien nicht im Flugzeug direkt gewesen, es hätte außerhalb des Flugzeuges eine Gegenüberstellung mit den japanischen Zeuginnen gegeben.Auf Nachfrage des Richters, ob er von einem informellen Gespräch in Berlin wisse: Ja, er habe von einem Gespräch mit Bundesinnenministerium und dem BGS gehört. Es sei eine informatorische Veranstaltung mit Schily gewesen, sie hätten versucht näheres zu erfahren, nähere Details hätten sie jedoch nicht erhalten. Protokolle hätten sie auch nicht bekommen.Auf Nachfragen, ob er sich über die schulische Fortbildung der Angeklagten erkundigt habe: Ja, er hätte deren Personalakte eingesehen. Es sei ihm aufgefallen, dass alle drei Angeklagten die Lehrgänge im Bereich Rückführung besucht hatten und auch Kenntnisse in Erste Hilfe Maßnahmen hatten. Es sei für alle drei nicht die erste Abschiebung gewesen.Auf Nachfrage, was er zu dem Inhalt der Lehrgänge wüsste: Sie hätten damals den Ausbilder Bernd Sch. zeugenschaftlich vernommen und dadurch einen Überblick bekommen, was gelehrt worden sei.Auf Nachfrage, ob sie sich auch über die Grifftechniken informiert hätten: Laut Aussage des Ausbilders Bernd Sch. seien die angewandten Griffe so nicht gelehrt worden, sondern nur der kurze Antischreigriff, der nicht als Daueranwendung gelehrt worden sei.Weitere Nachfrage, ob die Angeklagten Erste-Hilfe Maßnahmen gemacht hätten: Ja, in ihrem beruflichen Werdegang.Auf Nachfrage, in Bezug auf die Zeugenaussage der japanische Zeugin Katharina T. (12-jähriges Mädchen) und wie diese Vernehmung abgelaufen sei: Sie hätten das Mädchen zweimal vernommen, einmal zu Hause und einmal im Flugzeug. Die Zeugin hätte klar ausgesagt (typisch für ein Kind). Das was nicht geklärt werden konnte, war jedoch die Verwendung der Kissen. Es hätte sich nicht nachweisen lassen, ob es direkte Handlungen mit den Kissen gegeben habe. Sie schien jedoch altersentsprechend in der Lage gewesen, die Aussagen zu machen.Auf Nachfrage, ob die Zeugin Katharina T. "Regieartige Anweisungen" gegeben hätte und was sie damit meinte, die Beamten hätten dies "gescheit" gemacht: Bayrische Benutzung des Begriffes.Auf Nachfrage des Nebenklägers, ob die Zeugin gesagt hätte, dass Ageeb sagte, er kriege keine Luft mehr: Ja, das hätte die Zeugin so gehört.Warum die Vernehmung der BGS-Beamte erst so spät erfolgt sei: Der Großteil sei bereits 1999 vernommen worden, dies waren diejenigen, die direkt beteiligt gewesen waren. Die anderen seien erst zu einem späteren Zeitpunkt vernommen worden.Auf Nachfrage, wer die Fesseln an Bord eingesammelt habe: Die vier Beamten der Kripo Erding.Auf Nachfrage der Verteidigung in Bezug auf den BKA-Vermerk vom 28.01.2000 zu der Fesselung: Diesen hätte der Kollege Helmut H. geschrieben, aufgrund der Ermittlungen, die ihnen vorlagen. Er habe die selben Erkenntnisse gehabt. Woher sie die Erkenntnisse gehabt hätten: Zeugenaussagen der BGS-Beamten, die die Fesselung gemacht hätten. Auf Nachfrage, dass die Beamten, die die Fesselung gemacht haben zum Zeitpunkt des Startes nicht mehr an Bord waren und woher er die Kenntnis habe, dass die Fesselung nach Schließen der Türen so geblieben wäre: Dazu habe er keine Erkenntnis.Auf weitere Nachfrage des Verteidigers die Zeugin Katharina T. hätte ausgesagt, die Fesseln seien gelockert worden: Daran könne er sich nicht mehr erinnern.Auf Nachfrage, wieso sie auf den Ausbilder Bernd Sch. gekommen seien, da dieser ja nicht dabei gewesen sei:Eer hätte nichts zu den Fesseln gesagt.Auf Nachfrage bzw. Vorhalten der Aussage von damals, Bernd S. hätte zur Fesselung Stellung genommen im Rahmen der schulischen Lehrgänge: Anhand des Obduktionsberichtes hätten sie mit Ausbilder Bernd Sch. darüber gesprochen. Ob Ausbilder Bernd Sch. Ermittlungsergebnisse gezeigt worden seien: Nein, nur die Dinge, die kursiv geschrieben waren (Anmerkung der Verteidigung: es ist nichts kursiv in den Unterlagen). Sie hätten ihm die Obduktionsbilder gezeigt.Auf Nachfrage, ob die Fesselung schulungsmäßig gelehrt worden sei von Ausbilder Bernd Sch.: Was schulungsmäßig gelehrt worden sei, sei ihnen egal gewesen. Es wäre darum gegangen, herauszufinden, wie die Fesselung angebracht war.Auf weitere Nachfrage, ob dies eine schulungsmäßige Fesselung gewesen war: Dies wisse er nicht mehr.Auf Nachfragen, ob er wisse, dass Plastikfesseln an Bord nicht zulässig waren: Es hätte wohl unterschiedliche BGS-Anweisungen gegeben, damals hätte es keine klare Regelung gegeben, ob Plastikfesseln erlaubt waren oder nicht.Ob er den Ausbilder Bernd Sch. danach gefragt hätte: Nein, dieser war ja als Ausbilder tätig. Ob er nachgefragt hatte, ob Ausbilder Bernd Sch. dieses gelehrt hätte: Nein.Auf Nachfrage der Verteidigung zu dem Helm und wie dieser ausgesehen habe: Wie gesagt, blau, rot und bunt und ohne Visier.Auf Nachfrage, in dem Vermerk würde stehen, dass der Helm keine (ausgebaute) Belüftungsschieber habe und ob er den Helm in Erinnerung hätte: Daraufhin wird dem Zeugen dieser gezeigt. Der Verteidiger führt aus, dass die Gutachter in dem Vermerk beschrieben hätten, dass der Helm ausgebaute Belüftungsschieber hätte, dies sei jedoch bei dem vorliegendem Helm nicht der Fall. Der Zeuge sagt aus, dass sie keine weitere Untersuchung des Helmes angeordnet hätten, da dieser nicht als Tatmittel angesehen wurde.Auf Nachfrage, ob der Helm nicht evt. doch das Luftholen hätte stören können: Der Helm habe die Atmung nicht beeinträchtigen können.Auf Nachfrage, mit welchem Helm die Rekonstruktion stattgefunden habe: Mit dem Originalhelm.Auf weitere Nachfrage, dass aber der Originalhelm ausgebaute Lüftungsschieber gehabt haben soll und dieser hier nicht: Mit dem Originalhelm sei die Rekonstruktion gemacht worden. Der Zeuge regt an, die beiden anderen Vergleichshelme (neu und noch nicht gebraucht) dem entgegen zu stellen.Ob er selbst den Helm am Münchner Flughafen übernommen habe: Nein, dies habe die Kripo Erding gemacht.Ob er Erkenntnisse habe, dass das Helm war: Nein.Auf Nachfrage, die Zeugin O.-T. habe gesagt, Ageeb habe sich aufgerichtet: Ja, dies habe sie gesagt. Auf Nachfrage, wie dies mit der Fesselung möglich gewesen sei: Er ging davon aus, dass die Zeugin meinte, er hätte sich ca.10 cm aufgerichtet, dies sei auch so möglich gewesen. (Anmerkung der Verteidigung, die Zeugin hätte 20 cm ausgesagt).Auf Nachfrage, ob ihm bekannt sei, dass sich nach dem 28.05.99 etwas an der Schulung des BGS verändert habe: Nein, dies sei nicht Gegenstand der Ermittlungen gewesen. Er habe auch nicht nach gefragt. Auf Nachfrage, ob er wisse, dass sich am Verhalten im Flugzeug etwas geändert habe: Nein, dies wisse er nicht, dies seien BGS interne Dinge.Auf Nachfrage des Staatsanwaltes, ob er bei der Zeugenvernehmung der Ärzte im Ausland anwesend war und was Inhalt der Gespräche war: Dies wurde seitens der Verteidigung untersagt, da es nicht klar war, ob diese Aussagen verlesen werden dürfen oder nicht.Ende der Zeugenvernehmung.Der Richter fragt nun die Anwesenden, wer für eine Verlesung der Vernehmungen der ausländischen Zeugen sei: Die Verteidigung war dagegen, Staatsanwalt und Nebenkläger waren dafür. Die Verteidigung spricht sich dagegen aus, da sie bei der Befragung der Zeugen nicht dabei waren und führt an, dass man die Zeugen in ihrem Heimatland befragen könnte oder per Video. Richter und Schöffen zeihen sich zur Beratung zurück.Der Richter entscheidet, dass der Verlesung der Protokolle stattgegeben wird.Begründung: Die Ärztin Frau Dr. N. (Kairo) hatte zwar die Zustimmung gegeben, am 16.02.04 vor Gericht zu erscheinen, kann dies jedoch aufgrund der Erkrankung ihres Mannes nun doch nicht.Passagier Frau H. (Kanada) wurde persönlich nicht erreicht (unzustellbar) und sie hatte damals ausgesagt, dass sie eher nicht nach Deutschland kommen könne.Dr. A (Kairo) sei angeschrieben worden, hätte sich aber nicht gemeldet.Dr. Sch.(Kairo) sei angeschrieben worden, hätte sich aber nicht gemeldet.Nun folgte die Verlesung der Protokolle vom Flughafen München und die Vernehmung in Kairo bzw. Kanada.[Diese Protokolle werden schnellstmöglich nachgeliefert, sobald sie schriftlich vorliegen]
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Ergänzungen

Super Bericht, aber...

Wolfi 27.02.2004 - 10:52
...warum hast Du nicht mal die "Return"-Taste benutzt?

Den langen Text am Bildschirm ohne Absätze (die auch inhaltich sinnvoll gewesen wären) zu lesen ist wirklich nicht sehr angenehm :-(

Return-Taste

Gotthilf 27.02.2004 - 21:53
Ich hab die Return-Taste gedrückt, und zwar ganz schön oft, damit der Text lesbar wird. Warum er jetzt so aussieht, ist mir ein Rätsel. Eigentlich müßte er so aussehen:

 http://lola.d-a-s-h.org/~rp/ageeb/index.php?link=Prozess2004/Tag7/Bericht_vom_7_Prozesstag.htm