Soliaktion mit angeklagten Streikposten

FAULi 19.02.2004 16:43 Themen: Repression Soziale Kämpfe
Am 17.02.04 fand in Leipzig eine kleine Solidaritätsaktion mit GenossInnen aus Valencia statt, die wegen der Beteiligung an einem Generalstreik angeklagt waren.
Am 17.02.04 fand um 11:30 Uhr in Leipzig eine kleine Solidaritätsaktion mit den GenossInnen der CNT-IAA statt, die in Valencia wegen der Teilnahme an einem Generalstreik zur Abwehr von Verschärfungen des Arbeitsrechts angeklagt waren. (s.  http://www.fau.org/artikel/art_040203-195346). Leider hatten sich trotz Mundpropaganda nur ca. 10 Leute eingefunden, aber es wurde dennoch eine (sehr) kleine Spontandemo vom Treffpunkt in der Südvorstadt ins Stadtzentrum durchgeführt. Das einzige Transpi sprach sich für Gewerkschaftsfreiheit und einen Generalstreik aus und wies auf die Aktionstage gegen Sozialabbau am 02./03.04.04 hin. Schließlich sollte sich nicht 'nur' mit den GenossInnen solidarisiert, sondern auch darauf hingewiesen werden, dass in der BRD ähnliche 'Reformen' laufen, gegen die ein Generalstreik sicher kein schlechtes Mittel wäre. Dem entsprechend waren auch die gerufenen Parolen: "Streik ist nicht, 'ne Sache fürs Gericht", "Wir sind nicht alle, es fehlen die Gefangenen", aber eben auch: "Stress, kaum Geld und keine Zeit - das ist die freie Lohnarbeit", "Niedriglohn und Zwangsarbeit, dafür ham wir keine Zeit" etc. Während der gesamten 'Demo' wurde folgendes Flugblatt an die PassantInnen verteilt; außerdem wurde es bei der 'Zwischenkundgebung' am Markt verlesen:

>> Freiheit für die Streikposten von Valencia!

Für den 17. Februar ist beim Strafgericht Nr. 6 in Valencia (Spanien) die Verurteilung eines Mitglieds der CNT-IAA angesetzt, für Donnerstag eine weitere. Die beiden Angeklagten hatten sich am Generalstreik vom 20. Juni 2002 als Streikposten beteiligt. Wegen der “Störung der öffentlichen Ordnung” und eines Delikts “gegen die Rechte der Arbeiter” drohen den Gewerkschaftern nun 18 bis 42 Monate Haft sowie eine Geldstrafe von mehr als 2.000 Euro. In beiden Fällen geht es darum, juristisch selbst das minimale Streikrecht im postfranquistischen Spanien auszuhebeln: Streikposten = Nötigung!

Schon während des Generalstreiks war es vielerorts zu Behinderungen und Angriffen seitens der Sicherheitskräfte gekommen. Landesweit gab es Dutzende Verletzte unter den Streikenden. In Valencia wurden an diesem 20. Juni sieben Streikende verhaftet – am Abend forderten die TeilnehmerInnen einer Kundgebung vor der Polizeiwache deren Freilassung.

Der Generalstreik richtete sich gegen die Reform der Arbeitslosengesetze und wurde von allen Gewerkschaften getragen. Die konservative Regierung unter Aznar hatte im Frühjahr per Dekret die Zumutbarkeitsregelungen für Erwerbslose verschärft und die Arbeitslosenhilfe für SaisonarbeiterInnen gekürzt. Anfang Oktober 2002 nahm die Regierung das Dekret teilweise zurück: so rückt das Arbeitsamt den Erwerbslosen erst nach 100 Tagen mit “Angeboten” auf den Pelz, aber mit Rücksicht auf die hauptsächlich ausgeübte Tätigkeit.

Die Maßnahmen der Regierung Spaniens sind den hiesigen Neuregelungen ganz ähnlich: Seit Anfang Januar begründen “Arbeitsbeschaffungsmassnahmen” keinen Anspruch auf ALG mehr. Ab 1.1.05 sollen mit der Zusammenlegung von Sozial- und Arbeitslosenhilfe zum ALG II auch neue Zumutbarkeiten gelten. Wer sich als “LangzeitarbeitsloseR” weigert, eine Arbeit anzunehmen, kann die Unterstützung für drei Monate gestrichen bekommen und hat währenddessen “kein(en) Anspruch auf ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt” (SGB II, § 31). Dieses Los trifft auch alle Erwerbslosen unter 25 Jahren – irgendwie muss man der Jugend ja eine ordentliche Arbeitsmoral vermitteln.

Zur wirtschaftlichen Gesundung Deutschlands sollen wir uns kaputt schuften, sollen wir “Konjunkturmotoren” und “Profis der Nation” werden und als “Patrioten” alle Steuern zahlen. Wir, Lohnabhängige und Erwerbslose, sollen zu immer schlechteren Konditionen uns selbst vergeuden für Staat, “Vaterland” und Wirtschaft. Lohnarbeit degradiert uns systematisch zu einer Ware Arbeitskraft/Qualifikation – Arbeitslosigkeit ist die andere Seite der Medaille. Diese Zwickmühle ist nicht in erster Linie auf die “Unvernunft” der PolitikerInnen und auf “das System” gebaut, sondern auf eine weitverbreitete Passivität und Resignation in der Gesellschaft. Und die Grundlagen gemeinsamen Handelns – Austausch und Solidarität – wollen gelernt, geübt sein; von einem Generalstreik in der BRD – der Regierung und Opposition Paroli bieten, oder gar die Zwickmühle von Arbeit und Arbeitslosigkeit aufbrechen könnte – davon sind wir (anscheinend) noch weit entfernt. Eine Gelegenheit für einen Schritt in diese Richtung, bietet sich am 2. April 2004. Für diesen Freitag hat das “Aktionsbündnis” vom 1. November 2003 zu „vielfältige(n) regionale(n) und betriebliche(n) Aktivitäten bis hin zu Streiks” aufgerufen. Lassen wir uns nicht überraschen, machen wir mit!

Ob fünf Minuten mehr Pause oder Weltrevolution,
Wir kriegen nur, wofür wir kämpfen!
FAU-IAA Leipzig & FreundInnen Weitere Informationen unter www.fau.org & www.wildcat-www.de
„Aktionsbündnis” unter www.alle-gemeinsam-gegen-sozialkahlschlag.de

PS: Am 12. März steht in Italien wieder ein Generalstreik „gegen sozialen Kahlschlag und den andauernden Krieg” ins Haus, der von der Basisgewerkschaft CUB und von der anarchosyndikalistischen USI-IAA ausgerufen wurde. <<

Ein weiterer Bericht findet sich unter:  http://www.fau.org/ortsgruppen/leipzig/art_040218-132138
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Ergänzungen