Iruyac - Tourismus kann auch anders sein

Barbarossa 18.02.2004 05:02 Themen: Kultur Weltweit
Zweiter Teil meiner Argentinienreise - in einem kleinen Bergdorf bin ich auf ein Haus gestossen, dass vormacht,wie Tourismus in einer anderen Welt aussehen kann.
Auf meiner Reise durch Argentinien bin ich auf ein kleinesDorf im Norden Argentiniens gestossen namens Iruya.Dieses Dorf lebt abgeschieden vom Rest der Welt - nur durcheine schmale "Strasse" (ueber die sich unsere Autos nichttrauen wuerden) auf einem langen Weg zu erreichen, der auchueber einen 4000m hohen Berg und durch zahlreiche Fluessefuehrt, ist es erreichbar.

Iruya selbst liegt in einer Hoehe von ca. 2700m, der Hauptteilder Bevoelkerung ist indigen.Es liegt mitten in malerisch schoenen Bergen, fast sieht es soaus, als ob hier mehrere Farbtoepfe vom Himmel gefallen sind,so verschieden und schillernd die Farben hier sind.

In dieser kleinen Stadt konnte ich in einem Haus namens "Iruyac"unterkommen. Iruyac ist primaer eine Unterkunft fuer Alternativreisende undbezeichnet sich selbst als "refugio nomade popular" was soviel wie oeffentliche Unterkunft fuer Reisende bedeutet.Das Prinzip des Hauses ist einfach: Zwei Jungen, Martinund Michel, aus Buenos Aires haben sich im letzten Juni aufgemacht und in Iruya ein Haus gemietet.

Dieses steht jetzt offen fuer alle - es gibt keine Kontrollen oderaehnliches. Bezahlt fuers Uebernachten wird soviel, wie man will,wer mehr hat gibt mehr, wer weniger hat gibt weniger.(Nach einigem Fragen an Dauergaeste hat sich herrausgestellt, dass die uebliche Spende 2 Pesos pro Nacht betraegt.)Innerhalb weniger Monate hat es sich zu einem Sammelpunkt fuerAlternativreisende entwickelt, da es nicht nur guenstig und gutist (Kochgelegenheit, Dusche, Bad, etc.), sondern einfach eine geniale Gemeinschaftsstimmung herrscht, wie ich sie in Deutschland nur aus besetzten Haeusern kenne.Abends wird gemeinschaftlich gekocht und am morgen zusammen gefruehstueckt.

Regelmaessig veranstalten Martin und Michel Wandertouren in nahegelegene Bergdoerfer und andere Sehenswuerdigkeiten der Region. Dabei legen sie jedoch besonderen Wert darauf, dieRechte und Gewohnheiten der Einheimischen zu respektieren.So werden abgelegene Doerfer nur mit wenigen besucht, nicht miteiner grossen Gruppe, und indigene Feste ausschliesslich auf Einladung.

Doch Iruyac ist mehr als nur ein blosses Hotel - innerhalb wenigerMonate hat es sich zu einer wichtigen Instanz fuer die Kinder desOrtes gemausert und damit ist es eine wichtige Instanz fuer das ganze Dorf und die beiden Jungs von Iruyac sind gerngesehene Gaestein diesem Dorf - ja, sie sind inzwischen Teil des Dorfes geworden.Denn Kinder haben hier wie alle anderen auch freien Ein- und Ausgang,es gibt extra Spielzeug fuer die Kinder, dank den vielen "Touristen"erfahren sie viel von anderen Teilen Argentiniens und der WeltMehr als das, Kinder haben hier absoluten Vorrang. So ist es normal,wenn mensch morgens geweckt wird, weil ein Kind des Dorfes halt das Spielzeug will, dass an deinem Kopf liegt.

Jeden Samstag und manchmal auch in der Woche gibt es dann die Bastelstunde - viele Kinder des Dorfes treffen sich dann in Iruyacum dort zu Basteln was das Zeug haelt, mit Hilfe von Michel und Martin, sowie den anwesenden Gaesten natuerlich. Dazu gibt es Kakaound Brote mit Dulce de Leche oder Marmelade. Ab und zu gibt es dann am Wochenende noch eine Backfiesta - vieleKinder backen dann zusammen mit Martin und Michel.Alles in allem bleibt also nur zu sagen, Iruyac ist ein Ort fuerkulturellen Austausch, in dem Exklusion wirklich ein Fremdwort ist.

Den einen oder anderen wird es jetzt wundern, was solch ein Artikelauf Indymedia zu suchen hat, doch fuer mich ist Iruyac ein Paradebeispiel wie Alternativtourismus auszusehen hat: Respekt fuer die Menschen vor Ort, die Natur und es ist ein schoenerVersuch, mal etwas ohne kapitalistische Ansprueche (wie feste Preise,Oeffnungszeiten, Gewinnsucht und Ausschluss von Leutenohne Geld etc.) zu probieren.

Wer Kontakt zu Michel und Martin aufnehmen will um mehr zu erfahren,schreibt einfach eine email aniruyac@hotmail.comoder einen Brief an

  IruyacRetiro y San Martin Iruya (4633)Provincia Salta    Argentina

Allerdings moeglichst auf spanisch, das Englisch der Beiden haeltsich arg in Grenzen.

Vielen Dank fuer die erholsamen Tage,Barbarossa

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