Ageeb: Bericht vom 3. Prozesstag

prozessbeobachtungsgruppe 12.02.2004 11:50 Themen: Antirassismus
Am 3. Prozesstag (09.02.2004) wurde zuerst BGS-Dienstgruppenleiter Reinhold A. befragt, der mit seinem Stellvertreter Michael A. zum Flugzeug fuhr und beim Gespräch mit dem Kapitän anwesend war. Im weiteren schilderten die 2 Passagiere, die am nächsten bei Ageeb und den begleitenden BGS-Beamten saßen, sowie eine Lufthansa-Stewardess und die Purserette des Flugzeugs ihre Erinnerungen an die Vorkommnisse an Bord.
Reinhold A., BGS-Beamter - Dienstgruppenleiter (52 Jahre):

BGS Beamter Reinhold A. war zum damaligen Zeitpunkt Gruppenleiter in der Dienstgruppe 51 (der andere war BGS Beamter F.).Er sagt aus, er sei damals ca. 2, 5 Jahre beim BGS-Amt in Frankfurt tätig gewesen. Er könne sich nicht mehr an Details erinnern und verwies von Beginn an auf die damalige Aussage beim BKA.

In der Vorbereitungsphase von Ageebs Abschiebung habe er keinerlei Kontakt zu Ageeb gehabt. Er sei vom stellv. Dienstgruppenleiter Michael A. gefragt worden, ob er bei dem Gespräch mit dem Kapitän dabei sein könne. Deshalb sei er mit stellv. Dienstgruppenleiter Michael A. in einem anderen Auto als Ageeb zum Flugzeug gefahren und sie seien zum Kapitän gegangen. Auf die Frage des Richters, was Inhalt des Gesprächs war: Er habe nur in der Nähe gestanden. In dem Gespräch sei dem Kapitän mitgeteilt worden, dass der Deportee gewalttätig und ein Straftäter sei. Auf Nachfrage, was genau gesagt wurde und ob er von einem Mörder gesprochen habe: Nein, er denke auch nicht, dass dies sein Kollege gesagt habe.

Das Hauptgespräch habe aber sein Kollege, stellv. Dienstgruppenleiter Michael A., geführt.

Er habe das Einchecken am Gate gemacht und sei daher eine Weile nicht an Bord gewesen. Nach etwa 10 Minuten sei er zum Flugzeug zurück gekehrt.

Er habe dann noch beim Kapitän gestanden und dieser habe gesagt, dass Ageeb zu erst einsteigen solle, damit "nicht so viel Wind gemacht werden würde." Er habe auch gesehen, dass Ageeb die Treppe herauf getragen, auf den Sitz gesetzt und ihm der Beckengurt angelegt wurde. Auf Nachfrage, ob er gesehen habe, wie Ageeb am Sitz fixiert wurde, verneinte er.

Er habe gesehen, wie der Kapitän noch mal zu Ageeb gegangen sei, um mit ihm zu sprechen. Mehr habe er nicht gesehen bzw. an das Gespräch könne er sich nicht erinnern, da er zu weit weg stand. Reinhold A. wird darauf aufmerksam gemacht, dass er bei seiner ersten Vernehmung gesagt habe, ein Gespräch zwischen dem Kapitän und Ageeb gesehen zu haben. Daran konnte er sich nicht mehr erinnern.

Er wisse nur noch, dass der Kapitän sich die Fesselung angeschaut habe und habe gesehen, dass dieser mit dem Kopf genickt habe. Er könne sich nur daran erinnern, dass Ageeb sehr ruhig war.

Auf die Frage nach dem Helm und dessen Farbe: Dies wisse er heute nicht mehr.

Auf die Nachfrage des Staatsanwaltes, wo die Begleitbeamten gesessen hätten bzw. ob er mit diesen gesprochen habe: Er habe nicht mit den Beamten gesprochen und auch nicht mit dem Begleitbeamten, der an Bord der Ranghöchste war.

Auf die Nachfrage, ob immer mehrere Beamte abgeordnet worden seien bei Abschiebungen: Ja, bei gewalttätigen Abschiebungen komme das häufiger vor.

Auf die Frage, ob Fesselungen häufiger angeordnet worden seien: Es werde nach der konkreten Sachlage beurteilt.

Auf die Nachfrage, ob oft mit Helm und Fesseln abgeschoben worden sei: Die meisten Algerier, die er begleitet habe, seien gefesselt worden, hätten aber selten einen Helm getragen. Eine Fesselung habe nur stattgefunden, wenn Leute sehr renitent gewesen seien. Wie häufig mit Helm? Nur wenn die Personen gebissen hätten oder sich den Kopf angestoßen hätten. Dieser Art der Fesselung sei aber nur sehr selten.

Auf die Nachfrage wie konkret auf die Deportees eingewirkt worden sei: Man habe erst beruhigend auf sie eingewirkt bevor Gewalt angewendet wurde.

Auf die Nachfrage, was es bedeute "Rückführungen nicht um jeden Preis" durchzuführen: Man müsse auch den "Mut haben", eine Abschiebung abzubrechen.

Er habe im Fall Ageeb keinen Grund gesehen, die Maßnahme abzubrechen, es habe keinerlei Anlass gegeben, da Ageeb sehr ruhig gewesen sei.

Auf die Nachfrage wie häufig er Abschiebungen abgebrochen habe: Von ca. 10 habe er zwei abgebrochen, besonders im Fall von Algeriern).

Auf die Frage des Nebenklägers, woher er die Vorinformationen über Ageeb habe: Die Infos bekämen sie von der Ausländerbehörde. Die Ausländerbehörden würden alle Abschiebungen ankündigen. Grundsätzlich würden alle Straftäter (Diebstahl etc.) begleitet abgeschoben werden.

Eine Nachfrage zum Inhalt des Gesprächs mit dem Kapitän: Er habe kein Wort mit ihm direkt gewechselt.

Eine Nachfrage unter Bezugnahme auf seine erste Vernehmung: Er habe damals angegeben, dass der Kapitän Ageeb begutachtet habe und was er mit dem Begriff Begutachtung meine: Der Kapitän habe ihn angeschaut, um eine Entscheidung über die Mitnahme zu treffen, habe kurz geschaut, wie er da saß.

Auf Frage zur Vorfesselung Ageebs: Dies sei Aufgabe eines Gruppenleiters. Verantwortlicher sei seines Wissens in diesem Fall Dienstgruppenleiter W. gewesen.

Auf die Nachfrage ob er sich an eine Decke erinnern könne: Dies könne er nicht mehr.

Auf Frage, ob Ageeb sich in dem Moment des Setzens gewehrt habe: Nein, man habe ihn hin gesetzt und ihm den Beckengurt angelegt. Er selbst habe ca. 3 Sitze davon entfernt gestanden.

Auf die Nachfrage, ob er eine Auseinandersetzung zwischen Ageeb und den BGS-Beamten gesehen habe, verneinte er.

Auf die Frage, ob er die Fesselung gesehen habe: Nein.

Zur Frage zu eventuellen Schulungen für Rückführungen: Lehrgänge habe es gegeben, Interessierte hätten daran teilnehmen können. Diese seien mit der Lufthansa durchgeführt worden in Form von viertägigen Lehrgängen im Schulungszentrum der Lufthansa.

Was dort gelehrt worden sei: Verhalten im Ausland, Pflichten im Notfall, Notausgänge etc.

Ob es auch Lehrgänge gegeben habe, wie man sich bei renitenten Abschiebungen verhalten solle: Er gehe davon aus, dass die jüngeren Kollegen dies bei ihrer Ausbildung gelernt hätten, ansonsten gab es das nicht.

Ob sie spezielle Griff- und Haltetechniken gelernt hätten: Es seien keine Techniken gelehrt worden, für den Zeitraum danach habe er keine Aussagegenehmigung und er dürfe nichts sagen.

Auf die Frage, ob er die Verfügungslage kenne in bezug auf die Anwendung von Plastikfesseln: Er kenne die allg. dienstlich zugewiesenen Fesselungsmittel: Plastikfessel, Klettbänder, Helme konnten angeordnet werden. Er kenne nur das Merkblatt von 1998 "Da stand nichts" bzw. er kenne auch nicht die Weisung, dass Plastikfesseln an Bord verboten seien.

Er gehe davon aus, dass die Plastikfesseln mit dem Kapitän abgesprochen waren.

Seitenschneider seien auf jeden Fall dabei gewesen. Ob der Kapitän konkret der Fesselung zugestimmt habe, wisse er nicht.

Die Verteidigung hält dem Zeugen die Aussagen des BGS-Beamten P. vor, Ageeb habe sich gegen das Anlegen von Sicherheitsgurten und Klettband gewehrt und versucht, dies zu verhindern durch einen Versuch, die Beamten ins Gesicht zu schlagen. Ob sich der Zeuge erinnern könne? Der Zeuge kann sich nicht erinnern.

Desweiteren weist die Verteidigung darauf hin, der BGS-Beamte P. habe drastisch das Um-sich-schlagen und die Fußtritte von Ageeb geschildert. Ageeb habe sogar die Rücklehne des Vordersitzes umgetreten. Wie dies mit der Erinnerung des Zeugen zusammenpasse: Der Zeuge kann sich nicht erinnern.

Bei der Vernehmung des BKA sagte er, dass er bis zum Schließen der Türen an Bord war. Um 14.03 wurde mit der Fixierung im Sitz begonnen und um 14.08 war die Fixierung abgeschlossen. Er wurde mit den Zeugenaussagen von BGS-Beamten P. konfrontiert, der gesagt habe, dass Ageeb sich sehr gewehrt habe, ihn versucht habe ins Gesicht zu schlagen und mit den Füßen getreten haben soll und wurde gefragt, ob er sich daran erinnern könne: er können sich nicht mehr an die Fixierung erinnern.

Auf die Nachfrage, ob dies nicht ein Anlass gewesen wäre, die Abschiebung abzubrechen (wenn er verantwortlich gewesen wäre): Wenn nach der Fixierung keine Ruhe eingekehrt wäre, hätte er abgebrochen.

Zur Frage nach dem Widerspruch, dass er die ganze Zeit dabei stand und dennoch nichts gesehen habe: Es sei möglich, dass er da war, könne sich aber nicht mehr erinnern. Ageeb sei nach seiner Wahrnehmung ruhig gewesen.

Auf die Nachfrage, wer Verantwortlicher gewesen sei: Stellv. Dienstgruppenleiter A. war der Verantwortliche und hätte entscheiden müssen und der Zeuge nur, wenn A. nicht dabei gewesen wäre. Ab dem Schließen der Türen seien es die Begleitbeamten gewesen, die einen Abbruch hätten veranlassen können.

Auf die Nachfrage, ob er gehört habe (unter Kollegen), dass Herunterdrücken bei Schreien üblich gewesen sei: Man habe darüber gesprochen. Er selbst habe dies nie getan und dieses nie angewiesen. Schreie hören nach seiner Einschätzung irgendwann von selbst auf.

Auf die Nachfrage, ob er jemals seine Kollegen darauf aufmerksam gemacht habe, dass dies lebensgefährlich sei: Das hätten sie damals nicht gewusst.

Die Verteidigung kommt auf das Gespräch mit dem Flugkapitän zurück, in dem dieser gesagt haben soll, dass er den Deportee befördern werde und sich dabei auf die Begleitbeamten verlasse. Auf die Frage, was der Flugkapitän damit gemeint habe, er verlasse sich auf die Beamten: Der Kapitän habe die Bordgewalt. Immer häufiger verweigerten Lufthansakapitäne die Mitnahme. Gemeint habe der Kapitän wohl: Wenn ihr das im Griff habt, können wir fliegen.

Auf Nachfrage der Verteidigung, der Kapitän habe sich doch wohl bereits auf die Fesseln verlassen können und darüber hinaus habe es ja wohl nur noch die Möglichkeit des Schreiens gegeben. Was also habe noch passieren können? Der Zeuge erklärt, dies hätte wohl auf die Passagiere einen problematischen Eindruck gemacht. Schreien könne man jedoch nicht unterbinden.

Nachfrage der Verteidigung: außer durch Runterdrücken? Der Zeuge erklärt, dies mache er selbst nicht. Jede Rückführung sei darüber hinaus anders.

Auf die weitere Nachfrage der Verteidigung, ob es einen Hinweis des Kapitäns mit dem Tenor gegeben habe: Haltet ihn ruhig, kann sich der Zeuge nicht erinnern.

Auf die Frage, ob ihm gesagt wurde, dass dieses Herunterdrücken gefährlich sei: Ihm sei das nicht bekannt gewesen.

Auf die Frage, was die sog. "Alt-Rückführer" seien: Das seien die gewesen, die das seit Beginn gemacht hätten, also bereits 1982/85 bis 1992/93, und die Lehrgänge mit der Lufthansa. Es habe eine grobe Einweisung gegeben, man habe einen Dienstpass bekommen. Die so Eingewiesenen hätten auf einer Liste gestanden. Der Begriff "Alt-Rückführer" sei erst nach dem Tod Ageebs entstanden. Dafür habe er keine Aussagegenehmigung.

Auf die Nachfrage, ob ihm die Begleitbeamten bekannt seien: Zwei kenne er, aber auch nur als Kollegen.

Auf die Nachfrage, ob die Planungsgruppe auch zur Dienstgruppe gehöre: Ja, aber sie würden getrennt arbeiten. Gruppenleiter habe es für beide Gruppen gegeben. Gemeinsamer Dienstgruppenleiter sei BGS-Beamter W. gewesen. A. sei sein Stellvertreter.

Auf die Frage, warum in der Begründung der ersten gescheiterten Abschiebung "Folgeantrag" stand, konnte er nichts sagen.

Petra S., Stewardess (33 Jahre):

Sie konnte sich nicht mehr daran erinnern, ob ihr im Briefing gesagt wurde oder erst an Bord, dass ein Deportee dabei sei. Sie habe gesehen, wie Ageeb an Bord gebracht wurde. An Bord müsse sie erst mal ihre Checkliste abarbeiten. Sie fand den Helm ungewöhnlich. Ihr wurde erklärt, dies sei zu Ageebs Selbstschutz. Sie habe gesehen, das Ageeb in die letzte Reihe gesetzt worden war. Sie habe dann normal weitergearbeitet. Auf die Frage nach der Fesselung: Daran könne sie sich nicht mehr erinnern. Ob sie etwas gesehen habe: Nein.

Sie habe ganz hinten im Flugzeug gearbeitet. Auf die Frage, ob BGS-Beamte mit ihr gesprochen hätten: Nur dass ein Beamter um ein Glas Wasser gebeten hätte, da der Deportee durstig gewesen sei.

Ob sie während des Taxings was außergewöhnliches gesehen habe: Nein.

Sie sagte aus, dass sie mit dem Rücken zu den Passagieren gesessen habe.

Auf die Frage, ob sie etwas gehört habe: Nein.

Ob es während des Starts etwas außergewöhnliches gegeben habe: Nein.

Auf die Frage, was nach der Anschnallpflicht passiert sei: Ein BGS-Beamter habe nach einem Glas Wasser gefragt, weiter sei ihr nichts aufgefallen.

An die Durchsage nach einem Arzt konnte sie sich erinnern, aber an nichts Genaues. Ob sie sich erinnern könne, wann ihr jemand gesagt habe, dass Ageeb gestorben sei: Den Zeitpunkt wisse sie nicht mehr, es ging ihrer Meinung nach überraschend schnell. Ob sie sich an die Reanimierung erinnern könne: Nein.

Nachfrage der Staatsanwaltschaft nach ihrer ersten Vernehmung (am 2.7.99, in der die Zeugin genauere Wahrnehmungen beschreibt):
Ob sie Fesselung genau gesehen habe? Sie könne sich nicht mehr erinnern: Ich denke schon.
Beim Kontrollgang während des Taxings sei ihr nichts besonderes aufgefallen, ihr sei auch kein Widerstand oder Stress seitens Ageeb aufgefallen.
Die Beamten seien auch nicht aggressiv mit Ageeb umgegangen, sondern eher "zugänglich und fürsorglich". Die Beamten wollten eher den Stress aus der Situation rausnehmen, dass keiner zu Schaden komme.

Als der Arzt sagte, es "sei vorbei", sei sie eher verwundert gewesen, dass jemand so schnell stirbt, da es so schien, als sei alles unter Kontrolle gewesen. Ageeb habe auf der letzten Sitzreihe gelegen; an die Fesselungen könne sie sich nicht mehr erinnern. Sie habe Ageeb mit einer Decke zugedeckt. Ob er Schaum vor dem Mund gehabt habe: Daran könne sie sich nicht mehr erinnern und auch an Schreie erinnere sie sich nicht.

Auf die Nachfrage des Nebenklägers, was die Purserette mit "man hoffe auf einen reibungslosen Ablauf" gemeint habe: Genau könne sie sich nicht mehr erinnern.
Auf die Nachfrage, ob sie sich an den Begriff "Mörder" erinnern könne: Nein.
An die Farbe des Helmes könne sie sich auch nicht mehr erinnern.

Auf die Frage, woher sie von einem Notfall an Bord wusste: Vor dem Moment, als der Arzt ausgerufen wurde, habe sie keine Kenntnisse gehabt, dass etwas nicht in Ordnung sei.

Auf die Frage, wie sich die Crew normalerweise im Notfall verhalten muss: 1. Arzt ausrufen, 2. Notfallkoffer holen. Wenn ein Arzt da sei, mache er die Reanimierung, wenn nicht die Crew selbst. Erste Hilfe müsse geleistet werden.

Ob sie eine Erklärung habe, warum von Seiten der Crew nichts gemacht worden sei: Nein.

Ob sie Kissen und Decken gesehen habe, wisse sie nicht mehr.

Auf die Frage, ob sie wisse, wo der Helm danach gelegen habe: Dies wisse sie nicht mehr.

Die Wiederbelebung habe nicht auf dem Sitz, sondern am Boden stattgefunden. Sie wisse den Zeitpunkt nicht mehr.

Auf Nachfrage der Verteidigung, dass ihre Kollegin Ina E. gesagt habe, Ageeb hätte "wie in Tier" geschrieen und ob sie das gehört habe: Dies wisse sie nicht mehr.

Auf Nachfrage, die wievielte Abschiebung das für sie war: Ihre erste.

Nachfragen zu ihrer und der Sitzposition der Kollegin keine Klarheit.

Zur Befragung, ob es im Flugzeug sehr laut sei: Es komme darauf an, in welcher Sitzposition man sitzen würde.

Zeugin Hiroko O-T., Hausfrau/Sängerin (54 Jahre):

Die Zeugin schildert zunächst, dass sie kurzfristig mit ihrer Familie neue Boardingcards erhalten hätte. Sie sei in die vorletzte Reihe platziert worden und habe in Flugrichtung rechts neben dem Begleitbeamten, dem Angeklagten Sch., gesessen. Als sie das Flugzeug betreten habe, hätten die Beamten bereits gesessen. Sie habe mit ihrem Nachbarn zur Linken, mit dem Angeklagten Sch. geredet. Der habe erklärt, wie eine solche Abschiebung läuft. Auf die Frage, warum der Mann einen Helm auf dem Kopf habe, hätten die BGS-Beamten zur Antwort gegeben, er stoße sich mit dem Kopf überall an. Ageeb habe immer wieder gegen den Vordersitz getreten. Sie habe nichts verstanden von dem, was Ageeb gesagt habe. Ageeb sei ein Getränk durch einen Strohhalm verabreicht worden, während er den Helm auf dem Kopf hatte.

Auf Nachfrage des Richters, was sie darüber hinaus wahrgenommen habe: Die Tritte von Ageeb und die Tatsache, dass er redete. Sie habe den Angeklagten Sch. selbst an das Anlegen der Sicherheitsgurte erinnert. Als das Flugzeug zu rollen angefangen habe, sei Ageeb immer unruhiger geworden, dann habe sie lautes Schreien gehört. Ageeb habe sich aus dem Sitz erhoben, nachdem er zuvor ruhig gewesen sei.

Auf die Frage des Richters, wann es diesen lauten Schrei gegeben habe: Relativ am Anfang. Sie habe keine genaue Erinnerung. Ageeb habe ein paar Mal gesagt: "Ich kriege keine Luft." Ageeb habe einen seltsamen Blick bekommen. Als Ageeb gesagt habe, er bekomme keine Luft, habe die Zeugin den Bundesgrenzschutzbeamten angesprochen. Nachdem Ageeb schrie und im Sitz aufgestanden sei, sei er heruntergedrückt worden. Die Zeugin: "Ich habe einen unpassenden Platz genommen. Ich habe mich bemüht, möglichst wenig zu stören."

Auf Befragen des Richters zum Herunterdrücken, ob die Zeugin dies gesehen habe: Alle hätten gedrückt "auf den Rücken, denke ich mir".

Auf Befragen des Richters, ob sie ein Kissen gesehen habe: Nein. Nachdem Ageebs Bewegungen aufgehört hätten, berichtet die Zeugin, hätten die BGS-Beamten ihm schnell den Helm weggenommen und die Plastikfesseln aufgeschnitten mit einer Schere. Sie hätten die Kissen herausgezogen und weggeworfen.

Auf weitere Nachfrage des Richters, ob sie ein Herunterdrücken des Kopfes gesehen habe: Sie wisse dies nicht.

Auf Befragen des Richters, ob alle drei BGS-Beamten beteiligt waren: Ja.

Auf die Frage des Richters, ob ein BGS-Beamter dabei im Sitz gekniet habe: Ja.

Auf die Frage des Richters, ob sie Geräusche wahrgenommen habe: Sie habe heftiges Atmen gehört. Daraufhin hätte ein BGS-Beamter zu Ageeb gesagt, er wolle ihm in Kairo und Khartum helfen.

Auf Nachfrage des Richters zur Wahrnehmung der Bewegung der Rückenlehne des Sitzes, die dann nachließ: Sie sei durchgeschüttelt worden infolge des Kampfes. Sie habe aber die Beamten nicht stören wollen.

Weitere Nachfragen des Richters beantwortet die Zeugin wie folgt: Sie habe gehört, dass Ageeb tot sei. Dies sei kurz vor Erlöschen des Anschnallzeichens gewesen. Die BGS-Beamten hätten auch ihre Tochter, die rechts auf der anderen Seite des Ganges gesessen habe, immer wieder beruhigt. Die BGSler hätten Ageebs Mundwinkel abgewischt und sofort den Gurt durchgeschnitten. Eine Ärztin sei gekommen.

Auf Befragen des Richters, welche Farbe der Helm gehabt habe: rot.

Auf Nachfrage des Staatsanwalts, wann der Schrei "Ich kriege keine Luft mehr" geschehen sei, beruft sich die Zeugin auf ihre Aussagen in der Vorvernehmung.

Vorhalte des Staatsanwaltes aus der Vorvernehmung beantwortete die Zeugin zum Teil unklar, indem sie zunächst regelmäßig mit "ja" antwortet und sich dann nicht klar auf den Vorhalt bezieht.

Der Angeklagte Sch. habe zu ihrer Tochter gesagt: "Wir stellen ihn ruhig", während er drückte. Sie habe sich gedacht, die Beamten hätten ein Training und wollte sie nicht bei ihrem Vorgehen stören.

Auf Befragen: Sie habe wohl ein Kissen gesehen, jedoch keine Decken.

Auf Nachfrage des Nebenklagevertreters, was nach dem Ende des von ihr wahrgenommenen Kampfes geschehen sei: Man habe Ageeb den Helm abgenommen, die Lehnen weggeklappt, ihn hingelegt, die Plastikfesseln durchgeschnitten.

Der Nebenklagevertreter hält der Zeugin vor, einer der Notärzte habe ausgesagt, die Fesseln seien bei seinem Einsatz noch drangewesen: unklare Antwort.

Die Zeugin berichtet im weiteren, Beamte hätten eine Stewardess gefragt, ob sie eine Schere habe. Diese sei aus dem Notfallkoffer geholt worden.

Auf Befragen des Nebenklagevertreters, wie lange es gedauert habe bis zum Eintreffen des ersten Arztes: vielleicht fünf Minuten. Der BGS sei nach Ageebs Zusammenbruch sehr schnell gewesen. Sie selbst sei dann aus dem Weg gegangen um nicht zu stören.

Auf Befragen des Nebenklagevertreters, ob es Erste-Hilfe-Maßnahmen von Seiten des Lufthansapersonals gegeben habe: Nein, lediglich von Seiten der Ärztin.

Im folgenden stellt einer der gerichtsmedizinischen Sachverständigen Fragen:
Wie habe der Schrei im Zeitverhältnis zum Erlöschen des Seatbelt-Signals gestanden? Die Zeugin meint sich zu erinnern: Es sei kurz zuvor gewesen.
Wie lang der Kampf gedauert habe: vielleicht zehn Minuten. Die Zeugin kann sich jedoch nicht genau erinnern.
Ob sie Geräusche wahrgenommen habe: Sie könne sich nicht erinnern.
Ob sie Ageebs Atmen gehört habe: Sie habe eine raue Atmung wahrgenommen.
Ob sie die Lautsprecherdurchsage mit der Suche nach einem Arzt gehört habe: Ja, nachdem sie bereits gestanden habe. Sie wisse es nicht genau.

Auf Vorhalt eines der Verteidiger, aus ihrer Vernehmung beim BKA ergebe sich, sie habe damals keine Atemgeräusche bemerkt. In einer weiteren Vernehmung habe sie gesagt, bis zum Schluss habe Ageeb Geräusche von sich gegeben und ein Stöhnen. Wie komme sie von der ersten zur zweiten Aussage? Die Zeugin: Sie wisse es nicht. Vielleicht habe sie damals mehr erinnert. Die Familie sei damals nach Ägypten geflogen. In der Familie sei über den Vorfall nicht geredet worden. Erst danach hätten sie mitbekommen, dass "das in Deutschland eine große Sache ist".

Auf Befragen der Verteidigung, ob die Begleitbeamten beruhigend gewirkt hätten: Alle drei.

Auf Befragen der Verteidigung, ob es stimme, dass ihre Tochter zu weinen angefangen habe: Ja, wegen der Schreie. Sie sei sehr empfindlich.

Auf Nachfrage der Verteidigung zu den Zeitangaben der Zeugin hinsichtlich der Dauer der Auseinandersetzung: Sie könne auch sehr viel kürzer gewesen sein.

Auf Befragen der Verteidigung zu der Darstellung der Zeugin hinsichtlich des Aufschneidens der Fesselung durch die BGS-Begleitbeamten. In ihrer ersten Vernehmung habe sie dies in einem Zusammenhang geschildert. Antwort der Zeugin: Die Beamten haben alles so flink gemacht. Sie sind sofort gesprungen.

Auf weitere Nachfragen der Verteidigung äußert die Zeugin, sie habe sich zunehmend um ihre Tochter gekümmert, insbesondere nachdem der Schrei ertönt sei. Sie habe nicht stören wollen.

Auf Nachfrage eines Verteidigers, wann Ageeb geschrieen habe: Beim Aufrichten aus dem Sitz, nicht in der gebeugten Phase.

Auf eine weitere Frage der Verteidigung, die Zeugin habe die Reaktion der Beamten wohl eher gespürt (durch die Bewegung des Sitzes) als gesehen: Ja. Sie habe zur Tochter nach rechts hinten geblickt.

Die Verteidigung stellt in den Raum, dass dies erklärlich mache, dass die Zeugin nicht mitbekommen konnte, wer den Kopf nach unten gedrückt habe. Die Zeugin: Die BGSler hätten darauf hingewiesen, dass sie Fachleute seien. Sie habe sich in dem Moment, als Ageeb sich aus dem Sitz nach oben drückte, nicht sicher gefühlt.

Auf die Frage der Verteidigung, ob ein BGS-Beamter auch nach dem Schrei mit ihrer Tochter gesprochen habe: Ja, auch während des Kampfes. Sie brauche keine Angst zu haben.

Die Verteidigung fragt nach den näheren Umständen der 2. Vernehmung (BKA) der Zeugin, die über sechs Stunden gedauert habe. Wie sie aufgezeichnet worden sei: Der vernehmende Beamte habe ein Laptop gehabt.

Auf die Frage der Verteidigung, ob vor der eigentlichen Vernehmung erst allgemein geredet worden sei: Ja. Nachfrage der Verteidigung: was? Die Zeugin: Man habe über die Umstände der Befragung der Tochter geredet. Weitere Nachfrage der Verteidigung, ob der vernehmende Beamte ihr die Aussagen aus ihrer ersten Vernehmung vorgelesen habe: Nein.

Auf die Frage des Staatsanwaltes, wie oft Ageeb gesagt habe, er kriege keine Luft mehr: Vor dem Schrei ein paar Mal, ein oder zweimal vorher. Wann das gewesen sei: Sie wisse es nicht genau.

Die Zeugin erinnert sich im folgenden daran, mit dem Angeklagten Sch. diskutiert zu haben. Der habe gesagt, Ageeb müsse in dieser Haltung bleiben. Sie und die Stewardess hätten dem Angeklagten Sch., als er auf dem Sitz kniete, gesagt, er möge sich anschnallen.

Auf die Frage der Staatsanwaltschaft, ob Ageeb in geduckter Haltung gewesen sei, als er ein- oder zweimal, wie Zeugin zuvor ausgesagt hatte, davon gesprochen habe, er bekomme keine Luft mehr: Anfangs hätte die BGS-Beamten nicht gedrückt und Ageeb eher symbolisch den Arm auf die Schulter gelegt.

Auf die Frage des Staatsanwaltes, ob der Angeklagt Sch. Ageeb geholfen habe: Er habe Ageeb beruhigt und ihm zugesagt, er helfe ihm.

Auf die Frage der Staatsanwaltschaft, was der Angeklagte Sch. über Ageeb erzählt habe: Es handele sich um einen abgelehnten Asylbewerber.

Auf Vorhalt des Nebenklagevertreters, die Zeugin habe in ihrer ersten Vernehmung am 28.5.99 Details zum Herunterdrücken geschildert: Ja.

Auf Frage der Verteidigung, ob einer der Beamten Ageeb im Genick gepackt habe: Sie habe einen Griff ins Genick nicht gesehen.

Auf die Nachfrage der Verteidigung, sie könne wirklich nicht erinnern, dass Ageeb am Genick gepackt worden sei: Dies sei "unglaublich" (Anmerkung: Die Zeugin meint offensichtlich, dies sei unmöglich).

Auf die Frage der Verteidigung, ob sie etwas dazu sagen könne, ob Ageeb die ganze Zeit nach vorne gebeugt war: Nein.

Auf die Frage der Verteidigung, ob einer der Beamten Ageeb einen Ellenbogen auf den Rücken gedrückt habe, wie sie in ihrer ersten Vernehmung gesagt habe: Sie könne sich nicht erinnern, sie habe die Vorgänge hauptsächlich gespürt.

Auf die Nachfrage der Verteidigung, ob sich möglicherweise eine Vermischung der Aussagen der anderen Familienangehörigen mit ihren eigenen ergeben haben könne: Möglich.

Weitere Frage der Verteidigung, ob die Zeugin sicher sei, dass sie das, was sie im Gerichtssaal mitteile, sicher erinnern könne: Sie habe eigentlich gedacht, dass nach der Aufnahme des Rekonstruktionsvideos der Vorgang für sie zu Ende sei und sie damit das letzte Mal in das Verfahren einbezogen werde.

Auf die Frage des Staatsanwaltes, ob die Zeugin das Einwirken des Angeklagten Sch. auf den Körper Ageebs demonstrieren könne: Nein.

(Anmerkung zur Zeugenvernehmung der Hiroko O-T.: Die Angaben der Zeugin waren zum Teil aufgrund sprachlicher Ungenauigkeiten schwer verständlich. Darüber hinaus hatte die Zeugin die Angewohnheit, Fragen aller Art zunächst einmal mit einem lauten "ja" zu beantworten und dann in chronologisch kaum geordnete Darstellungen ihrer Wahrnehmungen abzuschweifen. Man konnte den Eindruck gewinnen, eine klare Negation gehöre nicht zum Verhalten der Zeugin. Die Wiedergabe der Äußerungen der Zeugin gestaltet sich deshalb im Vergleich zu den Aussagen der anderen Zeugen sehr viel schwieriger.)

Katharina T., Tochter der Zeugin Hiroko O-T. (16 Jahre, damals 12):

Katharina T. saß ebenfalls in der letzten Reihe auf dem Zweiersitz rechts "neben" den BGS-Beamten auf der anderen Seite des Ganges. Sie saß zum Gang hin und ihrer Oma am Fenster, ihre Mutter saß eine Reihe vor Ageeb rechts neben dem BGS-Beamten. Sie erinnere sich, dass alles recht ruhig war. Sie fand den Helm komisch und dachte erst, es würde evt. ein Film gedreht werden. Sie fragte ihre Mutter, die ihr sagte, der Mann (Ageeb) "würde rüber gebracht werden". Sie habe damals nicht an Abschiebung gedacht. Sie ging davon aus, dass er etwas Böses gemacht haben müsse, wenn man ihn "rüber bringen" würde und dort seine Strafe absitzen müsse.

Während der Anfangsphase habe sie sich mit ihrer Oma unterhalten und nichts mitbekommen.

Als sich das Flugzeug bewegt habe, habe Ageeb gesagt, dass er nicht in den Sudan wolle, sondern lieber in Kairo aussteigen wolle. Dann habe sie gehört, wie die drei BGS-Beamten sagten, dass Ageeb, wenn irgendwas sei, bescheid sagen solle. Zu diesem Zeitpunkt saß Ageeb aufrecht.

Auf die Frage, ob sie Schreie gehört habe: Nein. Auf Nachfrage, dass sie etwas von einem "megalauten Schrei" in ihrer ersten Vernehmung gesagt habe und wann dies gewesen sei: Das sei während des Steigfluges gewesen. Für sie war das ein Schock, sie hatte Angst, da der Mann so groß gewesen sei und sie Angst gehabt habe, dass er ihr was antut, sie erwürgt, erschießt. Er habe sich dann aufgebäumt.

Auf die Nachfrage, wie sich die Beamten verhalten hätten: Als Ageeb sagte, dass es ihm nicht gut ginge, hätten die BGS-Beamten die Fesseln gelockert.

Auf Nachfrage nach dem Schrei und dem Aufbäumen: Er sei dann von den BGS-Beamten nieder gedrückt worden (von den rechts und links sitzenden). Ob der Beamte vor Ageeb dies auch getan habe, wisse sie nicht mehr.

Zur Frage, dass sie angegeben habe, dass er gewimmert habe: Die Zeugin bestätigt dies. Er wolle nicht mehr in den Sudan zurück. Er habe wohl aus Angst so gewimmert bzw. evtl. geweint.

Auf die Frage, ob sie sich an Kissen erinnern könne: Sie könne sich erinnern, aber wisse nicht mehr genau, wo diese waren.

Auf Nachfrage, wie lange Ageeb herunter gedrückt worden war: Sie könne sich nicht mehr erinnern.

Auf die Frage, was die Beamten getan hätten: Sie hätten Ageeb beruhigt, den Helm abgenommen und ihm zu trinken gegeben.

Auf die Nachfrage, wie der Helm ausgesehen habe: schwarz oder rot.

Auf weitere Nachfrage nach dem Kissen und ob es auf dem Kopf gelegen habe: Das glaube sie nicht, dieses habe eher auf der Seite des Kopfes gelegen.

Auf die Nachfrage, welche Beamten zu ihr gesagt hätte alles sei OK, es werde ihr nichts passieren und es werde schon wieder werden: alle drei bzw. der neben ihr auch. Alle drei BGS-Beamte hätten auf Ageeb "aufgepasst".

Auf Nachfrage, ob der Beamte vorn auch gedrückt habe: Sicher könne sie das nicht sagen.

Auf die Nachfrage des Staatsanwaltes, was sie mit der Aussage in ihrer ersten Vernehmung meine, die Beamten haben dies "gescheit gemacht": Sie wisse es nicht mehr.

Auf Nachfrage des Nebenklagevertreters in Bezug auf Wimmern und ihre frühere Aussage -er kriege keine Luft mehr- er habe geschwitzt und über Herzschmerzen geklagt: Sie könne sich daran erinnern, dass er geschwitzt habe, über Herzschmerzen klagte, aber ob er das gesagt habe, dass er keine Luft kriege, wisse sie nicht mehr.

Auf die Frage ob das vor oder nach dem lauten Schrei gewesen sei: Das wisse sie heute nicht mehr. Sie habe sich nur gedacht, dass man, mit so einem Helm auf dem Kopf, sowieso schlechter atmen könne.

Weitere Nachfrage nach den Kissen und wo diese gewesen seien: Sie glaube, ziemlich weit unter und eher an seiner Seite.

Auf die Frage der Gerichtsmedizin in bezug auf das Wimmern vor dem lauten Schrei: Er habe immer gewimmert (benutzt bayrischen Begriff) aus Angst. Welche Geräusche sie beim Herunterdrücken gehört habe: Schluchzen und Schnaufen. Dann hätten ihm die BGS-Beamten hoch geholfen und das Visier aufgemacht. Ageeb habe Durst gehabt und etwas zu Trinken bekommen.

Lilian G., Purserette (52 Jahre):

Beim Briefing habe sie die Crew darüber informiert, dass ein Deportee an Bord kommen würde. Aus der Vergangenheit kenne sie keine Vorfälle bei Abschiebungen, daher sei dies erst mal kein Problem für sie gewesen.

Als sie bereits an Bord war, sah sie, wie Ageeb gefesselt die Treppe heraufgetragen wurde. Daraufhin sei sie zum Kapitän gegangen und habe noch mal nachgefragt, da sie ihn nicht habe mitnehmen wollen. Der Kapitän habe ihr daraufhin geantwortet, dass dies so seine Richtigkeit habe und der BGS schließlich dafür die Verantwortung trage. Er habe ihr gesagt, dass Ageeb sich zweimal gewehrt habe und dies nun der nächste "Auslieferungsversuch" sei. Der Kapitän habe gesagt, "das würde voll in Ordnung gehen".(Anmerkung: in ihrer ersten Vernehmung, sagte sie auch aus, dass der Kapitän ihr gesagt habe, dass sie ihn daher auch mitnehmen müssten.) Daraufhin sei es für sie ok gewesen.

Auf Nachfrage, welche Farbe der Helm gehabt habe: Evtl. Weiß, aber sie wisse es nicht mehr genau.

Auf Nachfrage, ob sich Ageeb sehr stark gewehrt habe: Ja, er habe auch sehr heftig geatmet, hyperventiliert, sich aufgebäumt und ganz extrem gewehrt. Auf Nachfrage, ob er geschrieen habe: ja, sie gehe davon aus. Er habe furchtbar mit den Augen gerollt.

Auf Fragen, wie sich die BGS-Beamten verhalten hätten: sie hätten beruhigend auf ihn eingeredet. Auf Nachfrage, ob sie ihn festgehalten hätten: Nein.

Während des Taxings sei sie als letzte noch mal durch das Flugzeug gegangen, um nachzuschauen, ob alle Passagiere angeschnallt seien. Da alles in Ordnung gewesen war, habe sie daraufhin die "Kabine klar gemeldet". Während des Starts sei sie ganz vorne in der Maschine gewesen. Nach dem Start sei ein BGS-Beamter zu ihr nach vorne gekommen (ganz bleich) und habe nach einem Arzt gefragt, woraufhin sie die Durchsage nach einem Arzt machte. Daraufhin kam eine Ärztin zu ihr, mit der sie dann gemeinsam zu Ageeb ging. Sie übergab der Ärztin den Notfallkoffer. Zu diesem Zeitpunkt saß Ageeb immer noch auf dem Sitz.

Dann sei sie zum Kapitän gegangen und habe Bericht erstattet: Es habe Schwierigkeiten mit dem Deportee gegeben, die Ärzte seien bei ihm. Er sei evtl. bewusstlos. Es kamen noch zwei weitere Ärzte zu ihr, mit denen sei sie zu Ageeb gegangen.

Auf Nachfrage ob Ageeb da immer noch im Sitz saß: sie glaube, er habe bereits gelegen, war sich aber nicht mehr sicher.

Auf Nachfrage, wie lange die Ärzte tätig waren: Sie schätze ca. 15-20 Minuten. Die Ärztin habe ihr gesagt, es mache "wohl keinen Sinn mehr." Dies teilte sie dem Kapitän mit, der einen Totenschein verlangte.

Auf Nachfrage, ob noch die Anschnallpflicht bestand, als der BGS-Beamte zu ihr kam: Es sei sehr kurz nach dem Start gewesen.

Auf die Frage, wer im Flugzeug (Kabine) die Verantwortliche sei: Sie selbst.

Auf Nachfrage, ob sie über den Tod mit einem der BGS-Beamten anschließend gesprochen habe: Nein, sie habe nur mit der Ärztin gesprochen, die davon ausging, dass evtl. ein Herzversagen zum Tod geführt habe.
Auch habe es keine weiteren Besprechungen innerhalb der Lufthansa nach diesem Vorfall bzw. keine Gespräche mit den Kollegen gegeben. Es sei "alles so ein bisschen ausgeblendet worden".

Auf die Nachfrage, ob sie die Fesseln gesehen habe: Die Hände seien auf den Armlehnen gewesen, Klettbänder habe sie gesehen, keine Handschnellen. An mehr könne sie sich nicht erinnern.

Auf Nachfrage, ob sie nach dem Tod noch Fesseln gesehen habe: Sie habe diese nicht bewusst gesehen.

Auf Nachfrage, ob Deportees häufiger einen Helm trugen: Nein, das war das einzige mal.

Die Nachfrage des Nebenklägers, ob Ageeb zu Beginn aufrecht saß, bejahte sie. Auf weiter Nachfrage, ob Ageeb auch zu Beginn ein Getränk bekam: Sie gehe davon aus, habe dies aber nicht gesehen, da sie ganz vorne im Flugzeug war.

Auf Nachfrage, in wie weit der BGS und nicht sie für ihn zuständig gewesen sei: Dies habe der Kapitän ihr im Vorfeld so gesagt, daher habe sie sich nicht mehr für ihn zuständig gefühlt.

Auf Nachfrage, ob es an Bord Werkzeug gegeben habe, die Fesseln zu lösen: Nein.

Auf Nachfrage, wie sie sich direkt bei einem Notfall normalerweise verhalten würde: Erst Arzt ausrufen.
Wieviel Zeit dann vergangen sei, bis sie bei Ageeb waren: ca 3-4 Minuten.

Auf weitere Nachfrage zu einem Notfall: Erst den Arzt ausrufen und dann direkt erste Hilfe leisten.

Auf Frage, ob sie geschaut hätte bzw. überprüft habe, dass Kollegen etwas getan haben, während dies passiert sei: Nein.

Welche Art des Koffers sie der Ärztin gegeben habe: Den Doctor-Kit: Den Koffer, den nur Ärzte benutzen dürfen.

Auf weitere Frage, ob Ageeb noch auf dem Sitz gesessen habe, warum keiner der Crew etwas getan habe und was sie konkret gemacht habe: So ein Vorfall sei noch die da gewesen. Die Kollegen hätten sicher gedacht, dass der BGS das im Griff habe und sie daher nichts machen müssten.

Auf Nachfrage, was die Ärzte getan haben: Die erste Ärztin habe an Ageeb Herzmassagen durchgeführt, sie sei dann mit den anderen zwei Ärzten dazugekommen. Die beiden anderen hätten die Ärztin abgelöst und weiter Wiederbelebungsmaßnahmen gemacht. Genauer weiß sie nicht, was getan wurde, da sie dann wieder nach vorne gegangen sei. Der Arzt Dr. S. habe Mund zu Mund Beatmung durch geführt.

Auf Nachfrage der Verteidigung zu ihrer ersten Vernehmung durch das BKA, in der sie ihre Wahrnehmungen während des letzten Kontrollgangs geschildert habe: Der Deportee saß aufrecht da und störte nicht. Er habe aufrecht da gesessen.

Auf Nachfrage zu dem Gespräch mit dem Kapitän, nach dem es klar gewesen sei, dass Ageeb tot sei: Der Kapitän wollte dies schriftlich bestätigt haben. Zwei Ärzte hätten dies selbst geschrieben, einer habe kein Deutsch schreiben können, daher habe sie es für ihn geschrieben.
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Ergänzungen

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