Aktion gegen Gentest! DNA-Entnahme abgesagt!

AbwehrspielerIn der Ordnung 11.02.2004 18:22 Themen: Biopolitik Repression
Gestern war in Gießen ein Aktivist aus dem Umfeld der Projektwerkstatt zur DNA-Entnahme beim Polizeipräsidium geladen. Termin wäre um 16 Uhr gewesen. Um 9:30 Uhr legte ein Rechtsanwalt Beschwerde ein, u.a. wegen der fehlenden richterlichen Anordnung. Um 12.25 Uhr rief der Staatschutzbeamte und ?Projektwerkstatts?-Sachbearbeiter Broers den Betroffenen an und behauptete, ihm sei ein Termin dazwischen gekommen. Trotzdem gab es ab 14 Uhr in der Innenstadt Aktionen: Speichelleck-Karten wurden verteilt, außerdem ging eine Gruppe des ?Sicherheitsdienst? in weißen Anzügen rum und ließ Menschen in ein Röhrchen spucken. Gießen ist bedroht, darum müssen alle kontrolliert werden, war das Motto. Auch die anwesende Polizei sollte die DNA abgeben, schließlich sei sie häufig an den Gebäuden zu sehen gewesen, wo Farbanschläge u.ä. vorkamen ...
Die Vorladung zur DNA-Entnahme erreichte die Projektwerkstatt am Samstag, also drei Tage bzw. einen Werktag vor der Entnahme mit angedrohter Zwangsvorführung. Am Wochenende folgten einige Recherchen bezüglich möglicher Rechtsfehler, am Montag liefen die Telefone heißer und es folgten einige Telefonate mit dem Staatsschutz. Das alles ist dokumentiert auf Indymedia ( http://www.de.indymedia.org/2004/02/74404.shtml) und auf der Internetseite zum Prozeß ( http://www.projektwerkstatt.de/antirepression/dna_vorladung.html). Am Dienstag legte ein Rechtsanwalt Beschwerde ein. Die Gründe waren u.a.:
- Verletzung des garantierten rechtlichen Gehörs bei richterlichen Maßnahmen.
- Nichtberücksichtigung einer möglichen Rechtswidrigerklärung der Hausdurchsuchung in der Projektwerkstatt am 4.12.2003.
- Nichtgewährung der vollen Akteneinsicht zu den Farbanschlägen auf Amtsgericht und Staatsanwaltschaft am 3.12.2003 (vor allem der Fotos/Videoaufzeichnungen).
- Keine Verhältnismäßigkeit.

Am Dienstag um 12.25. Uhr zog Staatsschützer Broers dann erst mal zurück. Dass er behauptete: ?Mir ist ein Termin dazwischen gekommen?, zeugt vom ständigen Niveau der Repressionsbehörden. Auch das Verhalten des Amtgerichts spricht für sich. Die RichterInnen sehen sich offensichtlich als HilfsbeamtInnen der Exekutive und nicht als kontrollierte Kraft in der ja ständig als existent suggerierten Gewaltenteilung. Das diese ohnehin eine Farce ist, ist klar, denn Brötchengeber von allen drei Gewalten ist der Staat und die Regierenden kontrollieren immer, wer wo welchen Posten bekommt. Auch ein Blick auf die Parteibücher bzw. sogar das Engagement von JuristInnen in Parlamenten und Parteien zeigt, dass ohnehin nicht von Gewaltenteilung gesprochen werden kann. In dieser Logik ?Exekutive will was (Polizei oder Politik), RichterInnen und Staatsanwaltschaft spuren? hat das Amtsgericht von der Struktur hier (nicht von den Entscheidungen) eher die Handlungsweise wie ein Volksgerichtshof. Das wird in den kommenden Wochen mit der Vorlage einer umfangreichen Dokumentation über Polizei, Justiz, Politik und Presse als Repressionsmaschinerien sowie mit vielen Veranstaltungen und einer Aktionswoche vom 8.-15. März (siehe  http://www.antirepression.de.vu) aufzuarbeiten und öffentlich zu machen sein.

Um 14 Uhr hatten sich gestern AkivistInnen am Kirchenplatz zu Aktionen gegen den DNA-Test verabredet. Leider kamen nur wenige ? die etablierten ?linken? Gruppen blieben fern ... dennoch kamen die Straßentheateraktionen bei vielen Menschen gut an. Interessante Gespräche entwickelten sich ? und die Hoffnung besteht, so mehr Menschen für dieses Verhalten von Repressionsorganen interessieren zu können.
Eine Gruppe ging in weißen Anzügen durch die FußgängerInnenzone und ließ Menschen Lose ziehen. Bekamen sie eine ?Niete?, wurden sie zum Speicheltest aufgefordert. Der Speichel wurde in einem Labormessgefäß gesammelt. Alle anderen erhielten eine Speichelleck-Karte, wo ein Rechteck drauf war. Dort sollten die Personen einen Zungenabdruck draufsetzen und die Karte dann in den Briefkasten einer beliebigen Behörde einwerfen.
Auch die bewachenden PolizeibeamtInnen wurden gefragt. Sie wurden auch darauf angesprochen, dass sie immer wieder an den gefährdeten Orten in Gießen gesichtet wurden (Wahllokale, Parteistände und ?veranstaltungen, Parteibüros, Behörden, Gerichte usw.) und daher besonders verdächtig seien. Eine Ordnungshüterin gab brav ihren Speichel am, während die Männerriegen in den Polizeiautos eher humorlos reagierten. Ein Beamter beschwerte sich, dass die Szene fotografiert wurde und formulierte ?Polizeibeamte haben auch ein Recht am eigenen Bild?. Das ?auch? in dem Satz fiel besonders auf, denn der, der redete, war der Polizist, der selbst die AktivistInnen fotografierte.
Schließlich wurden auch noch zwei Zivilpolizisten zur Speichelprobe aufgefordert, wirkten aber wenig souverän. ?Wenn das Bild im Internet ist, rappelt?s? pöbelte einer. Na dann ...

Für 14.30 Uhr war die Presse geladen. Es erschien ? wie üblich in Gießen ? niemand. Der Filz von Medien und Obrigkeit wird ebenfalls Teil der Dokumentation sein.


Weitere Termine zur Repression in Gießen:
- Do, 12.2., 9.15 Uhr im Amtsgericht Gießen: Prozeß gegen einen vermeintlichen Wahlplakategegner (er soll dagegen gepinkelt haben!) (Raum 200 A)
- Mo, 16.2., 20 Uhr im begrenzt (Ostanlage 27, hinterstes Haus): Vokü und Vorbereitungstreffen für die Aktionswoche gegen Knast und Repression
- So, 22.2., 12 Uhr, Darmstadt, FH-Cafete: Infoveranstaltung zur Repression und den Prozessen in Giessen
- Ende Februar: Veröffentlichung der Dokumentation
- Mo, 1.3., abends in Berlin: Infoveranstaltung zur Repression und den Prozessen in Giessen
(Hinweis: Es können gern auch in anderen Städten weitere Veranstaltungen vereinbart werden)
- 8.-15.3. Aktionswoche gegen Knäste und Repression in Gießen mit vielen, vielen Aktionen, Veranstaltungen usw. (Extra-Programm unter  http://www.antirepression.de.vu)

Links:
- Antirepressions-Woche und Vorgänge in Gießen:  http://www.antirepression.de.vu
- Kreative Antirepression:  http://www.projektwerkstatt.de/antirepression
- Direct-Action:  http://www.direct-action.de.vu
- Anti-Knast:  http://www.projektwerkstatt.de/antirepression/knast.html und  http://www.knast.net
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Ergänzungen

DNA-Test neu angesetzt!

Test ... Test ... 2,3 ... Test 12.02.2004 - 18:08
Das Polizeipräsidium schert sich um die Beschwerde einen Dreck und läßt mit erneuter Zwangsandrohung erneut zum Termin: Donnerstag, 26.2., 10 Uhr im Polizeipräsidium.

Außerdem: Heute gabs mal einen Freispruch in Gießen. Beim gleichen Richter wie am 15.12.! Hat wohl befürchtet, bei ständigen Gefälligkeitsurteilen für die Obrigkeit als reiner Vollstrecker in Volksgerichtshofmanier (Jurikative setzt Anweisungen der Exekutive um) zu gelten. Mehr dazu siehe Link!

Zwei Berichte mit Hintergründen

Projektwerkstätti 13.02.2004 - 22:15

imc postings zum Komplex Projektwerkstatt

ein Überblick 14.02.2004 - 19:49
Freispruch und Aktionen in Gießen
 http://de.indymedia.org//2004/02/74701.shtml

Gentest für Aktivisten in Giessen
 http://de.indymedia.org//2004/02/74404.shtml

ARTIKEL MIT IMC POSTINGS SAMMLUNG ZU PROJEKTWERKSTATT AKTIONEN + REPRESSION
Bauhörde will Projektwerkstatt schließen
 http://de.indymedia.org//2004/01/73034.shtml

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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