Bahnanschlag in Tübingen

xxx 10.02.2004 23:18 Themen: Freiräume
In der Nacht zum Dienstag, den 10.2.04, wurden drei Fahrkartenautomaten der Deutschen Bahn AG in Tübingen untauglich gemacht.
Anlaß für diese Aktion war offenbar die fristlose Kündigung des Autonomen Zentrums in Freiburg, dem Kulturtreff in Selbstverwaltung - kurz KTS (Baslerstraße 103), von Seiten der Bahn am Mittwoch, den 4.2.04.

Die seit 10 Jahren bestehende KTS ist der wichtigste selbstverwaltete, soziokulturelle Raum für unkommerzielle, subkulturelleVeranstaltungen und politische Initiativen. Als angeblichen Grund für die Kündigung führt die DB das scheinbar zu häufige Falschparken von VeranstaltungsbesucherInnen auf dem Bahngelände an. Unter diesem Vorwand zerstört die Deutsche Bahn AG mit Akzeptanz der Stadt Freiburg diesen Freiraum, der eine Alternative zum kapitalistischen System, der Verwertungslogik, dem Komsumzwang, der Ausgrenzung von und Herrschaft über Menschen aufzeigt: Selbstorganisation und Bekämpfung von Machtstrukturen. Es verwundert nicht, dass solche Projekte den Interessen des Unternehmens Deutsche Bahn AG entgegenstehen, das in Zeiten massiven Sozialabbaus einerseits Fahrpreise erhöht und andererseits immer stärker diejenigen ausgrenzt und videoüberwacht, die nicht in ihr KonsumentInnenbild passen.

Wie man hört, erklärt sich mit dieser Aktion die Autonome Aktion "Schwarzfahren für die KTS" solidarisch mit der KTS und möchte die Bahn darauf aufmerksam machen, dass sie sich bei einer Aufrechterhaltung der Kündigung der KTS und einem Weiterbetreiben ihrer Politik nicht über weitere vielfältige und offensive Aktionen in allen möglichen Städten wundern müsse.

KTS BLEIBT!
KEIN TAG OHNE AUTONOME ZENTREN!
SOLIDARITÄT MIT DER EX-STEFFI UND DEM OBW9!
ALLES FÜR ALLE UND ZWAR UMSONST!
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Klasse Sache

gleishorcher 11.02.2004 - 14:00
Vielleicht sollte man noch erwähnen, dass die drei Fahrkartenautomaten ALLE sind die in Tübingen rumstehen. Macht auch didaktisch mehr her wenn geschrieben würde: ALLE Fahrkartenautomaten in Tübingen wurden untauglich gemacht ;-)

Kampf dem Kapital ...

absolut kontraproduktiv

all_da_kts_riots 11.02.2004 - 15:06
was für den einen eine heroische tat mit signalwirkung ist, ist für mich eher eine kontraproduktive aktion.
Der KTS-INI, welche sich meiner Information nach (teilweise) intensiv mit der Stadt und der Bahn an den Diskussiontisch setzen möchte, werden so die Argumente aus der Hand genommen. Die Meinung der Bahn zum KTS-Verbleib wird sich nach den Aktionen am Bahnhof Freiburg und jetzt in Tübingen nicht mehr ändern lassen.
Jedlicher Konsens, der vielleicht hätte noch erreicht werden können, ist nun im Arsch.
"Wir wollen der Bahn zeigen wo's lang geht" "Wir wollen Druck aufbauen" werden jetzt einige sagen. Gut, OK, ganz meine Meinung. Meinetwegen auch radikal: aber bitte erst nachdem jedlicher Konsens hinterm Horizont verschwunden ist.
Die Anhänger der KTS müssen sich nun ankreiden lassen, dass auch sie teilweise an der Vertreibung der KTS aus der Baslerstr. mitveranwortlich sind. Radikale Mittel wären am Ende der Diskussionen angebraqcht gewesen - und auch nur dann legitim gewesen: solange man diskutieren kann und noch eine minmale Chance auf den Verbleib der KTS in der Basler gesehen hätte, hätte man auch dikutieren sollen.
Auch der Stadt Freiburg, welche nur Vorteile vom Bestand der KTS gehabt hätte, steht nun der Bahn gegenüber lächerlich da. Wer das Radiointerview der KTS-Ini bei Radio Dreyeckland gehört hat, weiß, dass man sich große Chancen ausgerechnet hat, dass die Stadt der KTS den Rücken stärkt.

Also: Könnt ihr Euch den ganzen radikaleren Kram nicht für später aufheben?

Zwotens: Seit Tagen wird hier berichtet, dass die Bullen am Wochenende bei den ganzen Soliaktionen "absolut agro" waren. totaler Quatsch! Liebe Artikel-poster: Nur weil die Mainstream-Medien eine einseitge Berichterstattung haben, müssen wir das hier bei Indymedia nicht nachmachen.
In jeder anderern Stadt wären die Bullen bei Flaschen- und Eierhagel sofort mit ihren Knüppeln losgezogen. Hier in Freiburg nicht. Man kann gegen Bullen haben was man will, aber - und das stört wahrscheinlich viele hier - auf Provokation wird hier seitens teamGreen selten reagiert.
Besetzte Bahnschienen werden geräumt - das ist doch klar. Geküppelt wurde da nich. In Berlin, Hamburg - oder jetzt München - da wurde geküppelt, da waren die Bullen aggressiv! Das sind ganz andere Welten.
Das einzige was man kritisieren kann, sind die unverhältnissmäßig vielen Bullen, die z.z. in Freiburg herumschwirren und die Demonstrationen begleiten: das ist wiederum nach 2 Hausbesetzungen, einer CDU besetzung, einer Entglasung einer Burschenschaft und eines -für die Bullen recht lästigen- Studierendenstreils - alles im Januar - nicht verwunderlich. also, Leute, die Bullen sind hier (jetzt provozier ich mal) "nett"!

radikal oder nicht radikal...

Rak/R/Steff 11.02.2004 - 23:32
@ all_da_kts_riots:

Wenn du meinst, dass es nicht notwendig sei, radikale Formen des Protests an den Tag zu legen, dann liegst du, zumindest meiner Meinung, aber auch der Meinung vieler anderer nach, falsch.

Wenn du nur still hinnimmst, wie du es forderst, oder wenn du darauf baust mit der Bahn einen "Konsens" zu erreichen, dann solltest du mal auf die letzten wichtigen Ereignisse in Zusammenhang mit der Bahn zurückblicken:

Egal ob nun Karlsruhe,Hamburg oder Mannheim, die Bahn versucht alternative und linke Strukturen zurückzudrängen und zu beseitigen, egal ob nun auf oder neben Bahngelände. Wer hinnimmt ohne zu wehren, der wird überrollt.
Die Bahn ist nicht an Kompromissen mit linken Strukturen interressiert, selbst wenn es kurzzeitig einen Kompromiss, d.h. bestenfalls temporäre Duldung, geben sollte: Langfristig ist so ein Kompromiss nicht zu machen.

Das mag nicht zuletzt daran liegen, dass im Aufsichtsrat der Bahn AG drei Staatssekretäre und ein parlamentarischer Staatssekretär (allesamt aus diversen Bundesministerien) sitzen, und dass noch, unter anderen, Verflechtungen zu Infineon, ThyssenKrupp, der Westdeutschen Landesbank, etc. bestehen. Um es mit andern Worten zu sagen: Der Aufsichtsrat besteht zu mindestens 60% aus kapitalistisch bis neoliberal orientierten Personen.
Aber nicht nur das, auch der Vorstand der Bahn besteht aus Personen, welche Verflechtungen zu Daimlerchrysler, RWE & Co. aufweisen. Ein Vorstandsmitglied war nebenbei seit den 80er Jahren Mitglied der SPD-Bundestagsfraktion. Und die SPD ist auch kein Freund von Kapitalismuskritik.
Summa summarum ziemliche viele Menschen, denen nicht das geringste an antikapitalistischer Lebensweise und derartigem liegt. Was die wollen ist lediglich eine Gewinnmaximierung und möglichst noch ein bisschen mehr Macht und ein wenig mehr Geld in der eigenen Tasche. Die Stadt Freiburg nebenbei hat vom KTS auch nicht viel. Zum einen ist die Politik der Stadt selbst kapitalistisch orientiert, zum andern ist die Stadt auch nicht gerade für Offenheit gegenüber alternativen Strukturen bekannt. Oder wie war das nochmal mit dem Platz, den die Stadt der Wagenburg großzügigerweise letztendlich zur Verfügung gestellt hat? Wo war der nochmal gleich?

Wenn du also forderst "den radikalen Kram für später aufzuheben", dann kann ich dir nur sagen: Es gibt kein "Später". Kann es gar nicht geben.
Dein "Später" ist hier, heute und jetzt.

Die einzige Möglichkeit, eine gewalttätige offene Konfrontation zu verhindern, d.h. Hausbesetzung und aktiver Kampf gegen Räumung, ist eine breite Bewusstmachung des Themas in der Öffentlichkeit bevor es soweit kommt. Und das erreichst du nicht, indem du mit wasserlöslichem Edding subversive Sprüche an Klotüren kritzelst und in linken Radios debattierst, die nebenbei ausserhalb der alternativen/linken Strukturen selbst sonst kaum wer hört; um die Masse wachzukriegen benötigen wir andere Mittel.
Denn nur die wache und politisierte Öffentlichkeit kann dazu beitragen, dass Projekte wie eine Wagenburg (mit der es nie Probleme bezüglich den "zivilisierten Einwohnern" gab) und wie das KTS (mit dem es wohl auch nie ernsthafte Probleme gab) überhaupt eine Zukunft haben. Derartige Projekte und Strukturen fallen oder aber bestehen nur mit dem langfristigen Wohlwollen der Bevölkerung in der Nachbarschaft, diese gilt es wachzurütteln und zu politisieren.

Eine Möglichkeit ist in diesem Fall "Bahn AG" z.B. die temporäre und an sich sinnlose Unbrauchbarmachung von "Betriebswichtigen Einrichtungen", so dass die Menschen aus dem Alltagstrott gerissen werden. Und am wenigsten Schaden richtet da ein vorrübergehend unbrauchbar gemachter Fahrkartenautomat an. Ich weiss jetzt nicht, wieviel finazieller Schaden entstanden ist, oder wie die Automaten überhaupt beschädigt wurden. Aber länger als ein par Tage dürfte das wohl nicht dauern bis die wieder funktionieren. So lange muss die Bahn eben auf die Einnahmen aus dem Automaten verzichten oder
jemanden mit nem "Bauchladen" hinstellen, der Fahrkarten in den Zügen verkauft. In den Interregios und ICs gehts doch auch.

Natürlich sollte bei deratigen Aktionen zum einen klargemacht werden weshalb man die Automaten abgeschaltet hat. Zum anderen sollte man aber auch ganz klar bedenken, dass es Grenzen gibt: Einen Automat mit C4 in die Luft zu jagen oder gar Anschläge auf Gleise und Signaleinrichtungen oder derartiges zu verüben geht an der Sache vorbei. Das sind Mittel des bewaffneten Kampfes, keine Mittel der politischen Agitation, somit sind sie hier erstmal fehl am Platz.

Und um darauf aufzubauen: Mit Aktionen wie Fahrkartenautomaten verkleben oder derartigem soll eben kein "Wir wollen der Bahn zeigen, wo's langgeht" oder "wir wollen Druck aufbauen und eskalieren" demonstriert werden. Damit soll lediglich die stumpfe Alltäglichkeit und das unbewusste Wegsehen der Fahrgäste durchbrochen werden, die ja zwangsläufig ebenfalls mit der Bahn zu tun haben. Dass Sachbeschädigung nicht 100% friedlich ist, das ist klar. Eine gewaltsame und vor allem grundlose Räumung an sich leerstehender Häuser mit anschließender Unbewohnbarmachung ist aber noch viel weniger friedlich.(Und Polizeiaggression drückt sich nebenbei nicht nur durch Knüppeln aus, allein der Umgang der Polizei mit den Menschen, für die sie in ihrer Funktion eigentlich da sein sollten, ist schon entscheident. Wenn die Polizei bestimmte Gruppen wie "Menschen zweiter Klasse" behandelt, und das war den Berichten zufolge wohl der Fall,immerhin wurden da grundlos leute rausgegriffen, dann kann man von Polizeiaggression sprechen....)


Und zum Thema "Solidarisierung": "Solidarisierung" ist im Grunde die einzige Waffe, die das KTS hat um sich gegen die Angriffe der Bahn zu wehren. Du solltest solche Aktionen nicht von vornherein Ablehnen. Diese nichtverbundenen, führungslosen Strukturen die hier an den Tag treten sind die einzige Möglichkeit sich langfristig gegen die totale Durchkapitalisierung und Durchkommerzialisierung der Gesellschaft zu schützen. Natürlich gibt es immer wieder mal mal Uneinigkeiten dabei, aber alles in allem ist das effektive Ergebnis das was zählt, und das ist dabei im allgemeinen positiv bewertbar. Möglicherweise zerstört dir diese Aktion deine schöne Illusion von einem Konsens mit der Bahn. Andererseits gibt dir das auch eine Gelegenheit die Gesamtsituation bezüglich der Politik der Bahn AG noch einmal neu zu analysieren und möglicherweise eine nötige progressive Position zu finden. Eventuell ist es eben mit einer kleinen Reform hier und noch einer kleinen Reform dort einfach nicht getan, möglicherweise bedarf es da erstmal einer grundlegenderen Veränderung.

Und so, wie sich diese Leute aus Tübingen mit dem KTS solidarisieren, obwohl sie damit selbst direkt nichts zu tun haben, zumindest laut deiner Aussage, so solidarisiere ich mich hier mit den Leuten aus Tübingen, obwohl ich mit denen und dem Anschlag an sich auch nicht das geringste zu tun hab.
Aber nur mit vereinten Kräften und einer solidarischen, offenen Struktur können wir überleben und mit ein wenig Glück die Zukunft für uns alle positiv beeinflussen.



quod medicamentae non sanant, ferum sanat
quod ferum non sanat, ignis sanat
(Hippocrates)


Gruß Rak / R / Steff (AUTAN / Forwärts in eine herrschaftsfreie Zeitrechnung FhZ )


KTS akut von Räumung bedroht!

InformierteR 12.02.2004 - 11:55
Die Deutsche Bahn hat die Duldung widerrufen und der Stadt Freiburg die Räumung übertragen. Eine Räumung der KTS steht also unmittelbar bevor!

Erstmal keine Raeumung

besser informiert 13.02.2004 - 11:37
Vorerst wird es keine Raeumung der KTS geben. Die Kuendigung der Stadt an die KTS-Ini hat einen Formfehler: Die KTS-Ini ist nicht die Mieterin der KTS, dies ist der Foerderverein Subkultur. Auch wenn die KTS eine rechtmaessige Kuendigung bekommt, dauert es bis zur Raeumung. Hier muss es dann ein Raeumungsverfahren geben und das kann auch eine Weile dauern.

Es ging weiter...

Besetz@ntifA 15.02.2004 - 04:58

Weitere Soli-Anschläge auf die Bahn

neutraler Berichterstatter 17.03.2004 - 11:50
Habe gehört, dass in der Woche vom 8.-14. März eine Aktion namens "Bomben gegen DB" mehrere Waggons der Bahn mit Graffiti verunstaltet hat.
Es sollen zwei "KTS-BLEIBT"-Bilder in silber-schwarz auf zwei Zügen gemalt sowie Tags auf den nebenstehenden Waggons angebracht worden sein.
Diese Tags lauteten anscheinend "KTS - sonst gibts Stress!" und ähnliches...
Schön, dass sich wenigstens ein paar der HipHopper -wenn auch erst spät- für die KTS, in der ja auch viele HipHop-Parties stattgefunden haben, einsetzen.
Weitere Bilder sollen je nach Verlauf der Verhandlungen folgen...

Jesus Christus und die KTS...

neutraler Berichterstatter 20.03.2004 - 10:31

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 4 Kommentare an

hm — egal

@Fundi — Malte

bringt alles nichts — punkrocka