Ausreisezentrum Halberstadt

Matthias Kramer 26.01.2004 17:14 Themen: Antirassismus
Der Innenminister von Sachsen/Anhalt hat entschieden, dass das sogenannte Ausreisezentrum weitergeführt wird. Jetzt müssen wir reagieren oder aber das Ausreisezentrum wird eine Dauereinrichtung.
"Nicht die Taten der Bösen sind das eigentlich Schlimme, es ist das Schweigen der überwiegenden Mehrheit der Guten."(Dr.Martin Luther King)

Am 18.01.04 hat der Innenminister von Sachsen/Anhalt Klaus Jeziorsky bekannt gegeben, dass das Ausreisezentrum in der ZAST Halberstadt weitergeführt werden wird.

Die kritische Öffentlichkeit in Sachsen/Anhalt schweigt dazu beharrlich. Deshalb wurde diese Entscheidung, so auch möglich. In dem sogenannten Ausreisezentrum werden Menschen ausserhalb des bürgerlichen Rechts gestellt. Sie selbst bezeichnen sich zurecht als "Versuchskaninchen", die Stimmung der Flüchtlinge ist auf dem absoluten Nullpunkt.
Seit zwei Jahren läuft das Modellprojekt "Ausreisezentrum". In dem Zentrum werden die Menschen isoliert und durch die Anwendung psychologischen Terrors, so bearbeitet, dass sie sich freiwillig abschieben lassen.
1. Die Identität der Flüchtlinge wird durch die Behörden in Frage gestellt. Aber nicht die Behörde muss ihre Behauptung beweisen sondern die Flüchtlinge sollen diese widerlegen.
Die Flüchtlinge bekommen keinerlei materielle Mittel, selbst die 40 Euro Taschengeld werden ihnen nicht gewährt, so dass sie keinerlei Möglichkeiten haben, sich rechtlich zu verteidigen.
2. Die medizinische Versorgung wird auf das absolut Notwendigste beschränkt. In dem Abschiebelager leben Menschen mit chronischen Erkrankungen, die nicht behandelt werden.
3. Die Duldung wird immer nur tageweise gewährt, mindestens jeden zweiten Tag müssen sich die Flüchtlinge bei der Ausländerbehörde melden.
4. Die Flüchtlinge werden in der Stadt Halberstadt isoliert und zukünftig sollen "Anträge auf Urlaub restrektiv" gehandhabt werden.
5. Die Unterbringung der Flüchtlinge ist eine ehemalige Kaserne der NVA, die zu dem einige Kilometer ausserhalb von Halberstadt liegt.

Mit der Entscheidung des Innenministers soll das "Modellprojekt" in eine ständige Einrichtung umgewandelt werden. Bei der Errichtung des Lagers wurde durch den damaligen Innenminister festgelegt, dass eine Auswertung und "Begutachtung" stattzufinden hat.

Die gewollte Isolierung der Flüchtlinge findet ihre Ergänzung in unserem Schweigen.
Ich fordere alle fortschrittlichen und linken Menschen in Sachsen/Anhalt auf, sich in aller Öffentlichkeit zu den Beschluss des Innenministers zu äußern.
Ministerium des Innern
Minister Klaus-Jürgen Jeziorsky
Halberstädter Straße 2
39112 Magdeburg
Staatssekretär
Paul Uwe Söker
Pressesprecher
Dr. Matthias Schuppe
Tel.: 0391/ 567-01 oder 567-5504
Fax: 0391/ 567-5519
 pressestelle@mi.lsa-net.de


Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: ¾
Magdeburg, den 18. Januar 2004
Innenminister Klaus Jeziorsky: Zentrale Unterbringung ausreisepflichtiger Ausländer hat sich bewährt und wird fortgeführt
Nach eingehender Prüfung hat Innenminister Klaus Jeziorsky festgelegt, dass die zentrale Unterbringung ausreisepflichtiger ausländischer Bürger in Halberstadt weitergeführt wird.
"Grundgedanke der zentralen Unterbringung ist eine Kombination aus sozialer Betreuung und ausländerrechtlicher Beratung, insbesondere über Programme zur Unterstützung freiwilliger Rückkehr, die durch Sozialarbeiter und Dolmetscher erfolgt und bei dezentraler Unterbringung in den kreisfreien Städten und Landkreisen so nicht gewährleistet werden könnte", so der Innenminister. Den Ausländern solle verdeutlicht werden, dass durch die Ausreisepflicht keine Aufenthaltsperspektive in Deutschland und damit keine Alternative zur Ausreise bestehe.
Jeziorsky: "Einige ausreisepflichtige Ausländer kommen ihrer Mitwirkungspflicht bei der Beschaffung von Pass-Ersatz-Papieren nicht nach. Dadurch können aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden. Aus diesen Gründen und auch als Zeichen, dass die Nichtmitwirkung bei der Pass-Ersatz-Beschaffung nicht toleriert wird, wurde im Januar 2002 ein Modellprojekt in der Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerber (in Halberstadt gestartet, um das Verfahren zur Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit zu intensivieren." Bis zu 100 ledige männliche Personen, die sich beharrlich weigern, an der Pass-Ersatz-Beschaffung mitzuwirken, sollen hier untergebracht werden. Zwischenzeitlich wurde der unterzubringende Personenkreis auf kinderlose Ehepaare erweitert."
Mit Rücksicht auf die übrigen Bewohner der Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerber in Halberstadt und zur Vermeidung eines Konfliktpotentials im Umfeld der Anlaufstelle seien Straftäter und zu Gewalttätigkeiten neigende Personen von der Unterbringung ausgenommen. Ausreisepflichtige Ausländer aus Herkunftsländern, in die zur Zeit aus tatsächlichen Gründen nicht abgeschoben werden kann, werden ebenfalls nicht der Einrichtung zugewiesen.
Seit Beginn des Modellprojektes wurden der Einrichtung 106 Ausländer (Stand Oktober 2003) durch die Ausländerbehörden zugewiesen. Davon sind nach der Zuweisung bis zum Stichtag 52 Personen freiwillig ausgereist bzw. untergetaucht. Des Weiteren sind 8 vollzogene Abschiebungen nach Identitätsfeststellungen und 9 Identitätsfeststellungen als Voraussetzung für weitere Abschiebungen zu verzeichnen
Insgesamt sei festzustellen, dass das Grundanliegen, die Verbesserung des Verfahrens zur Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit, durch die zentrale Unterbringung wesentlich gefördert werde, unterstrich der Minister. Aus dieser Situation heraus sei es bedeutend leichter als bei der Unterbringung in den kreisfreien Städten und Landkreisen, Maßnahmen zur Identitätsfeststellung umzusetzen. Dieses um so mehr, als den Kommunen das dafür erforderliche Fachpersonal nicht zur Verfügung stehe. Auch der Landkreis Halberstadt als die unmittelbar betroffene Kommune bewerte in seinem Erfahrungsbericht das Projekt als wichtigen Schritt zur Klärung der Identität ausreisepflichtiger Ausländer und trete für eine Weiterführung der Maßnahme ein.

Weitere Info www.ausreisezentren.de
Oder unter meiner Mail
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Ergänzungen

Was ist denn...

Ich 27.01.2004 - 09:23
...mit dem Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt?
Von dem hört man in diesem Zusammenhang ja gar nix!
Wäre das nicht auch deren Job, sich darum zu kümmern?
Fordern wir ihn doch dazu auf zu handeln:

 http://www.fr-sa.de/

Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt e.V.
Schellingstraße 3-4
39104 Magdeburg
Telefon: 0391 – 5371 279
Fax: 0391 – 5371 280
e-Mail:  frsa-magdeburg@web.de

Situation Verfestigt

mir 27.01.2004 - 14:51
Damit hat isch offensichtlich die Situation in Halberstadt verfestigt.
Bisher lief die Einrichtung als Modellprojekt mit der begrenzten Hoffnung auf Schliessung im Falle nachweisbarer Erfolglosigkeit.
Jetzt handelt es sich um eine Regeleinrichtung und die zu schliessen braucht vor allem einen langen Atem und eine gute Organisation des Widerstandes.

Bringt das Ding in die Presse, am besten mit GUTEN Fotos (ich habe mir die von dem Beitrag vom 9.11. mal angesehen, für die Presse taugen die Dinger nix) und bei Bedarf mit einem spektakulären Einzelfall oder einer Aktion.
Mögliche politische Bündnispartner sollten z.B. die Grünen und die PDS sein, die im Landtag einige Anfragen zu dem Thema stellen können. Damit wird das Ding ins Bewusstsein der sog. Volksvertreter gerückt.

Vor allen Dingen:
Gut Ding will Weile haben. Rechnet mit 1-2 Jahren, bis da überhaupt Erfolge rauskommen.