Konferenz gegen Sozialabbau: Peter Wahl attac

BeobachterIn aus der letzten Reihe ... 24.01.2004 14:27 Themen: Globalisierung Soziale Kämpfe
Zwei Tage lang übten sich fast 500 Menschen aus verschiedenen politischen Gruppen in Frankfurt in der Kunst, über den massiven Sozialabbau so zu diskutieren, dass fast nur Allgemeinplätze und Wiederholungen sich aneinanderreihten und gemeinsame Diskussion kaum stattfand. Widerständigkeit und jegliche Kreativität fehlten. Kongreß und Pressekonferenz wurden von den bekannten Führungs-NGOs, Gewerkschaften und Attac, dominiert. Doch mit ihrer durchgeknallten Idee, nun auch die Forderung nach Streik für zu radikal abstempeln und so eine neue Serie von inhaltlicher Gleichschaltung von Bewegung und Staat einzuläuten, überzogen sie den Bogen. Die Forderung nach "Attac, verpiss Dich" und ein tätlicher Angriff auf Attac-Führer Peter Wahl bildeten den Höhepunkt, leider aber auch zeitlich das Ende des Kongresses.
Frankfurt, 17. Januar 2004: Unter dem Motto "Alle gemeinsam gegen Sozialkahlschlag!" versammeln sich knapp fünfhundert Menschen aus allen Teilen der Republik und aus sehr vielen verschiedenen Gruppen wie Betriebsgruppen, Gewerkschaften, Attac, Frauengruppen, Erwerbloseninitiativen und anderen zu einer großen Aktionskonferenz. Ziel ist, die Strategien und konkreten Termine für den weiteren Protest gegen den Sozialkahlschlag zu diskutieren und festzulegen. Etwas Ungewöhnliches wird schon zu Beginn deutlich: Die Konferenz geht auf die Initiative von Basis-AkteurInnen zurück. Das Konferenzmanagement wirkt unprofessionell gegenüber den Glanz und Gloria ausstrahlenden Kongressen von Attac oder Gewerkschaften. Das macht das Ganze einerseits sympathisch, andererseits aber zeigt sich Verkrampftheit: Unangekündigt soll alles doch Eintritt kosten - und wer kein Geld hat, kommt auch nicht rein. Die Organisatoren agieren selbst als Türsteher, schließlich "ist das unser Geld, was wir da reingesteckt haben". Leider aber haben sich die OrganisatorInnen dafür entschieden, für ihre Konferenz die Prominenten der großen NGOs in den Mittelpunkt zu rücken. So entsteht ein Treffen, initiiert aus Basisgruppen, aber auf den Podien und als ModeratorInnen agieren doch die Vorsitzenden der überregionalen DGB-Einheiten, die Geschäftsführerin und andere Funktionäre von Attac usw. Die rhetorische Gewalt dieser Personen steuert den Kongreß beliebig - bis auf die letzten Minuten.

Der Anfang
Das Programm der Konferenz hat mit einem Aktionstreffen wenig zu tun. Der Samstagabend bietet eine langatmige Reihe von Einzelvorträgen - und ständig sprechen die Personen für ganze Bewegungen. "Ich spreche für die Friedensbewegung" sagt eine, "ich bin Jens für die Studierendenschaften" der andere. Die Einleitungsrede darf der DGB-Chef von Hessen/Thüringen halten - was muß der sich gefreut haben, nachdem der DGB bisher den Protest gegen den Sozialabbau eher schlecht als recht unterstützt und auch die Konferenz mehr von den Eintrittsgeldern der BasisakteurInnen als von den reichen NGOs bezahlt wird. Trotzdem wird ein DGB-Oberer wieder zu Gallionsfigur - die Basis degradiert sich selbst zu Applausmasse für die Eliten. Die Stimmung am Abend ist zäh, die Vorträge eher Kurzvorstellung der jeweiligen Gruppen und applaudiert wird meist nur, wenn einer der Organisatoren auf dem Podium es vormacht.
Nach den Podiumsvorträgen kommt eine Publikumsphase im deutlich leereren Auditorium - offenbar ziehen Prominente tatsächlich. Doch auch jetzt gibt es nur Reden von den Saalmikrophonen. Fast alle behaupten auch hier, für irgendwelche Organisationen oder Personengruppen zu sprechen - marxistische Gruppen und ihre Selbstdarstellung, Forderungen nach neuen Parteien oder dem Klassenkampf dominieren das Geschehen. Geklatscht wird vor allem bei kämpferischen Phrasen der Marke "Wir sind die neue APO!"
Rund um den Saal sollten Initiativen Platz haben, ihre Ideen vorzustellen an Wänden. Doch wer nicht angemeldet war bekam nur schwer überhaupt Platz. Flächen für Aktionsvorstellung gab es auch gar nicht, so reihten sich die Bücherstände der verschiedenen Gruppen aneinander. Auch hier dominierten antiquierte marxistische Phrasen und Symbolik das Geschehen. Interesse für die Stände gab es in der Folge kaum.

Kommunikationsversuche
Der zweite Tag sollte mehr im Zeichen der Diskussion stehen. Nach einem Auftaktpodium ("zufällig" wieder mit Attac- und Gewerkschaftsspitzen) fanden sogenannte Diskussionsforen statt ("zufällig" wieder mit Attac- und Gewerkschaftsspitzen als ModeratorInnen). Diskutiert wurde da aber nicht, sondern sofort gab es viele Redemeldungen der immer gleichen Organisationen mit ihren immer gleichen Vorschlägen. Dazwischen wagten sich einzelne, die als Menschen mit ihren Ideen sprachen - aber in der unendlichen Reihe von Redemeldungen konnte ohnehin niemand aufeinander eingehen. Die Methodik der frontalen, moderierten Debatte führt immer zu aneinandergereihten, zusammenhangslosen Redebeiträgen statt zu Diskussion.
In der Mittagspause gab es Brot für die Massen und die offizielle Pressekonferenz versteckt im Keller. Dort erzählte das Podium vom Vormittag ("zufällig" wieder mit ...) den anwesenden RedakteurInnen von Junge Welt, taz, HR, WDR, Contraste und einem sozialistischen Blatt, um was es bei der Konferenz ging. Trotz mehrfacher Nachfrage konnten sie aber gar nichts Genaues sagen. Hans-Jürgen Urban von der IG Metall phantasierte herbei, dass es einen "großen Schritt vorangekommen sei", denn jetzt würden Aufruftexte "gemeinsam abgestimmt". Vor allem die taz-Redakteurin interessierte sich für Streitlinien, wurde aber von der Leitung beruhigt: Sozialistische Positionen seien eher ein "Extrem", "es gibt keine Debatte um eine weltweite Revolution" und "Die Positionen sind gar nicht konträr" vermeldeten die Eliten der Konferenz, während oben die Mittagspause zuendeging und damit noch zwei Stunden Zeit blieben bis zum überraschenden Eklat zwischen den Eliten und den TeilnehmerInnen der Konferenz.

Arbeitsgruppenphase und Zuspitzung zum Ende
Der Nachmittag begann mit Arbeitsgruppen. So jedenfalls hießen sie. Die größte fand im Saal statt zum Thema Bündnisse. Doch selbst jetzt wurde eine Tisch für die Moderation vorne quer gestellt, der Rest versammelte sich wie ein Publikum vor diesem. Wer was sagen wollte, musste nach hinten zum Saalmikrophon gehen - dort sammelten sich denn auch lange Schlange für wieder aneinandergereihte Redebeiträge ohne Diskussion. Diesmal gab es aber zu Beginn den Versuch, diese Methodik zu durchbrechen. Dem Antrag auf Bildung kleinerer Gruppen, die direkt und ohne Leitung kommunizieren, wusste die Moderation - gebildet aus je einem Funktionär von DGB und Attac (Überraschung ...) - zu begegnen. "Ich lasse dann jetzt abstimmen, ob wir so sitzen bleiben wollen" formulierte der DGBler und bekam die übliche satte Mehrheit. Darauf der Protest, dass doch noch gar keine Alternative formuliert werden konnte. DGBler Stolzenberg: "Wir müssen einfach mal mehr Disziplin zeigen!" Die Sache war entschieden, eine Debatte würde es hier nicht mehr geben.
Andere Arbeitsgruppen waren kleiner und konnten offenbar eher diskutieren. Eine diskutierte den bereits vorgeschlagenen Entwurf für einen Aufruf - ohne Einigkeit zu erzielen, ob ein Aufruf zum Streik erfolgen solle. Das war einigen zu radikal (!). Die AG endete offenbar ohne klares Ergebnis zu diesem Punkt. Genau um diese Erklärung sollte es dann im Plenum gehen. Zunächst aber stritt mensch sich um die Frage von Aktionen. Die Mehrheit tendierte zu einer Schwerpunktsetzung auf eine Großdemonstration am 3. April in Berlin, dezentrale Aktivitäten könnten davor stattfinden. Zudem gäbe es noch mehr Handlungsmöglichkeiten, z.B. am Anti-Kriegstag am 20. März oder am 1. Mai. Nur wenige Menschen, darunter überraschend die Attac-Geschäftsführerin, die in dieser Frage von den sonstigen Eliten der Konferenz abwich, für eine Stärkung dezentraler Aktionsfähigkeit und sprach von Aneignung als Aktionsform des Widerstands im Alltag statt des Widerstands in Eventform.
Schließlich stand die Abschlusserklärung an - typische Prozedur deutscher Polittreffen. Eine kollektive Identität muß her und vernebelt die sonst oft spürbare Inhaltsleere, die fehlende Kreativität und Widerständigkeit. Dass große Teile bereits die Forderung nach Streik für zu radikal halten, zeugt deutlich davon - Vorschläge wie Besetzungen, Sabotage von Arbeitsämter usw. wurde gar nicht erst aufgegriffen. Insofern war zu erwarten, dass eine seichter Text den romantischen Abschluß der Konferenz bilden würde. Doch das geschah nicht - eine Mischung von Unbehagen ob der eigenen unkämpferischen Einstellung und des überspannten Bogens der totalen Dominanz der großen NGOs, vor allem Attac und DGB, über weite Teile der Bewegung führte zu einem bemerkenswerten Schlussakkord, dessen Bedeutung in der Sache unwichtig, in der Frage nach Bewegungsstrategie aber von großer Wichtigkeit sein könnte.

Eklat am Schluß: Attac-Boss Peter Wahl attackiert!
Der Aufruftext wurde vorgelesen und erste kleinere Änderungsvorschläge gesammelt. Ruhe im Saal. Alles läuft glatt. Dann fällt jemandem auf, dass das Wort Streik aus dem Entwurf gestrichen worden sei. Erklärungen vom Podium, dass einen Konsens gegeben habe über die jetzige Fassung und es schön sei, wenn jetzt im großen Kreis das nicht wieder umgeworfen würde. Erstmal noch Ruhe, weitere Redebeiträge, weil ja Redelistenlogik besteht. Dann ein nächster Beitrag: Das mit dem Konsens würde gar nicht stimmen, er sei auch im Arbeitskreis gewesen, es hätte keine Einigung geben. Sabine Leidig, Attac-Geschäftsführerin erklärt, dass Konsens so gemeint sei, dass es nicht viele gegeben hätte, die anderer Meinung wären. Erste Unruhe und Zwischenrufe, Lachen. Wieder einige andere Beiträge, dann meint jemand: ?Das war ganz anders. Ich habe gesehen, wie nach der Arbeitsgruppe die Attac-Oberen Werner Rätz und Peter Wahl - die, ja dahinten stehen sie ? gesagt haben: Wenn das mit dem Streik drin bleibt, steigen wir aus?. Empörung im Saal, keine Reaktion bei den namentlich benannten. Unruhe. Ein Moderator macht einen bemerkenswerten Fehler und sagt: "Ich lasse jetzt einfach abstimmen". Erhebliche Unruhe und Protest, teilweise sarkastische Bemerkungen der Art "Das Podium hat immer recht". Die FunktionärInnen vorne sind sich nicht mehr einig, Einer schlägt, sei es aus Überzeugung oder um die Kontrolle zu behalten vor, die Formulierung "betriebliche Aktionen" um "bis hin zu Arbeitsniederlegungen" zu ergänzen. Das hilft aber nicht mehr. Zurufe: "Streik". Darauf wird von vorne zugestimmt, das Wort Streik wieder einzufügen - wenn auch sichtbar wider eigener Überzeugung. Die StreikbefürworterInnen klatschen, aber der Haß auf "die da oben" hält an. Etwas undifferenziert (weil auch andere die Kritik verdient hätten) muß plötzlich die Attac-Führung dafür herhalten. Ein Redebeiträg fordert: "Attac, verpiss Dich" und bekommt erheblichen Applaus. Peter Wahl und Werner Rätz stehen zusammen mit einigen Führungseliten attac-tragender Gruppen, z.B. Linksruck und Gewerkschaften. Immer wieder gehen sie ans Mikrophon, aber auch wieder weg davon. Die Redeliste ist irgendwann abgearbeitet und geschlossen worden. Viele Menschen stehen inzwischen, die langweilige Konferenz ist ziemlich aufgewühlt. Die Pro-Streik-Ecke beginnt nun, nach "Abstimmen" zu rufen - es geht um Macht, und wer auf der Siegerstraße ist, spielt die aus. Diskussionen um andere Methoden der Kooperation, Entscheidungsfindung usw. haben in solchen Kreisen keine Chance. Die Uhr zeigt 17 Uhr, das offizielle Ende wäre also da. Es fehlt noch die Abstimmung. Nun will Attac-Führer Werner Rätz doch noch was sagen. Die Versammlungsleitung räumt ihm ein außerordentliches Rederecht ein - unter erheblichem Protest für diese Sonderrolle. Rätz spricht - er, von dem etliche Linke z.B. aus Kreisen von BUKO oder Medico immer herbeiphantasiert haben, er sei ihr Garant linker Positionen innerhalb von Attac. Und nun spricht er gegen die offensive Aufforderung zum Streik. Sein Redebeitrag wird ständig von Rufen unterbrochen. Irgendwann hört er auf und begibt sich in einen lautstarken Streit mit Menschen, die in seiner Nähe sitzen. Auch Peter Wahl geht zum Mikrophon. Wahl ist seit Jahren schon auf der Seite der staatsangepassten Karrieristen und Lobbyisten - und auch in diesem Saal kann er mit seiner Rede nur mehr Kritik an seinen Positionen erreichen. Seine Rede ist wegen vieler Rufe gar nicht mehr zu verstehen. Schließlich steht jemand auf, entreißt ihm das Mikrophon und drängelt in ab. Machtmissbrauch gegen einen, der selbst darauf steht. Es wird abgestimmt -? fast einstimmig geht die Fassung mit dem Wort ?Streik? jetzt durch. Selbst die meisten Anwesenden aus Attac-Basisgruppen stimmten gegen ihre Führer.

Ende der Konferenz. Endlich ist Stimmung. Eigentlich müsste es jetzt losgehen. Zu befürchten ist aber eher, dass sich alles beruhigen wird. Und eine Revolution ist es auch lang noch nicht, wenn sich nach drei Jahren widerlicher Instrumentalisierung von Bewegung durch eine auf etablierte Strukturen wie Gewerkschaften oder SPD-/PDS-nahe Medien gestützte Elite in Attac erstmals mal Widerstand regt. Organisierung und Gegenmacht von unten sehen anders aus - fast die ganze Konferenz über haben fast alle Teilnehmenden die Normalität deutscher politischer (Nicht-)Bewegung reproduziert. Leider, leider ist es daher unwahrscheinlich, dass sich nun schnell etwas anderes entwickelt. Nötig wäre es schon!


Hinweis: Dieser Text wurde schon vor einigen Tagen hochgeladen, dabei trat aber wohl ein Fehler auf. Inzwischen gibt es ...
- Bericht der FAU zum Kongreß und den Vorgängen:  http://www.fau.org/artikel/art_040121-165234
- Den Vorschlag innerhalb der auf dem Kongreß zusammengekommenen Runde aus Hessen, doch eine eigene Wählerliste zu gründen für die Europawahl ... gähn ...


Weiterlesen zu Bewegungsstrategien?
- Entscheidungsfindung von unten:  http://www.hierarchnie.de.vu
- Debatten um Organisierung von unten liefen im Hoppetosse-Netzwerk:  http://www.hoppetosse.net
- Ideen für kreative Aktionen, Subversion usw.:  http://www.direct-action.de.vu
- Für alle, die Wahlen für Aktionen statt zum Mitbuhlen um die Macht nutzen wollen:  http://www.wahlquark.de.vu (in der Tat: am 13.6. ist überall Wahl!!!)
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Ergänzungen

Generalstreik - wer macht ihn?

Fritzi 24.01.2004 - 16:59
Ich war nicht auf der Konferenz in Frankfurt und ich will mir von daher kein Urteil erlauben, wie hierarchisch oder durchstrukturiert ohne Diskussionsmöglichkeit etc. war. Allerdings weiß ich, dass es immer schwierig ist, eine so große Konferenz/Austausch so zu gestalten, dass auch wirklich die meisten mitdiskutieren können. Wenn da gar nicht der Versuch gemacht wurde, Arbeitsgruppen oder ähnliches zu bilden, ist das absolut schlecht. Vielleicht können ja andere das nächste Mal das in die Hand nehmen und anders gestalten.
Aber nun zu dem, was in der Erklärung steht: ich bin da leidenschaftslos was das Wort Streik betrifft, von mir aus, kann da auch betriebliche Aktionen oder irgend etwas anderes stehen. Ich finde es viel wichtiger, dass tatsächlich in dieser Richtung etwas gemacht wird und da ist das mit dem Wort Streik überhaupt nicht getan. Gerade in den Betrieben ist es schwierig, so etwas auch durchzusetzen. Es gibt einen gewaltigen Unterschied zwischen verbalradikalen Positionen und der wirklichen Bereitschaft von Seiten der Menschen auch wirklich etwas zu tun. Damit wir da hin kommen, tatsächlich einen Streik überhaupt ins Auge zu fassen, können wir nicht nur einfach sagen, wir formulieren die Aktion und damit ist es getan. Ich wünsche mir, dass diejenigen, die so vehement in allen Aufrufen den Generalstreik formulieren, auch tatsächlich in allen Bereichen etwas dafür tun (in Betrieben, Schulen, Organisationen etc.) und vielleicht auch mal für sich selbst klären, was sie mit Generalstreik eigentlich meinen und verbinden.

Es regt sich was.....

Dr. Soz. Rev. 24.01.2004 - 17:02
Halb Aufruf, halb Ergänzung, die Hoffnung machen soll.....

In Düsseldorf findet am 31. Januar eine Demonstration statt. Start ist um 12:00 am Hauptbahnhof. Schon das ofizielle Motto dieser Veranstaltung "Unsere Agenda heisst Widerstand" weisst darauf hin, dass es hier um mehr als die im Text angesprochenen Attac-Forderungen geht. Das sollte auch den refomistischen Gruppen klar sein, die sich inzwischen an der Demo beteiligen wollen. Die Aufrufe die inzwischen veröffentlicht wurden sind (Links stehen unten) lassen einen gewerkschaftlichen, auf Klüngelei mit der SPD bedachten Schmusekurs nicht zu.

Auch "feindliche Übernahmeversuche" regierungstreuer Gruppen wird es wohl diesmal nicht geben. Das war bei der Großdemonstration in Berlin wohl etwas anderes, zumindestens gab es damals durchaus kritische Stimmen.


Interessant ist es, dass in Düsseldorf anarcho-syndikalistische, anarchistische, Teile der Studierenden und Antifagruppen gemeinsam zu einem sozialrevolutionären Block aufrufen.

Es wäre das richtige Signal für die Herrschenden, wenn viele Menschen den Weg nach Düsseldorf finden.

-----------------------------------------------------------------------
Unsere Agenda heisst Widerstand!

demonstration / 31.1.04/düsseldorf hbf/konrad-adenauer-platz

Links:
 http://nav.to/demo
www.zakk.de/kok
www.fau.org

Ähnlicher Artikel auf fau.org

Jens 24.01.2004 - 19:17
Siehe hierzu auch den Artikel
»Konferenz gegen Sozialabbau: Tumulte bei Erpressungsversuchen«
 http://www.fau.org/artikel/art_040121-165234

Attac: Basis contra selbsternannte Führer

... 24.01.2004 - 23:21
Leute wie Peter Wahl (Weed) sind nicht ganz grundlos in der Attac-Spitze. Wesentliche Aufstandsbekämpfungsstrategie ist das Einbinden und Übernehmen von sozialen Bewegungen durch staatstragende Kräfte. Es ist dasselbe Prinzip wie bei den Gewerkschaften (Zwickel steht ja gerade wegen einer Millionenbestechung vor Geriocht) oder der Friedensbewegung in den 80ern. Widerstand wird systematisch gebrochen. Damit sie Führungsclique mehr Macht bekommt, versucht sie anfangs basisdemokratische Strukturen zu umgehen und später zu beseitigen. Wenn attac überleben will, muss die Basis schluss mit diesen Einbindungs-Strategen machen.

Gutes Buch dazu:
M. Wilk: "Macht, Herrschaft, Emanzipation" - Trotzdem Verlag
 http://www.txt.de/trotzdem/titel/wi_99.htm
Im Buch geht es vor allem darum wie der Staat versucht, die Menschen durch Einbindung in ?demokratische? Entscheidungsprozesse vom Widerstand wegzulenken und damit in das System einzubinden. Ausserdem werden Spaltungsstrategien beschrieben.

Bild-Stil

wop 25.01.2004 - 11:45
1. Peter Wahl und Werner Rätz haben sich ohne Zweifel in Frankfurt zeimlich desavouiert. Entsprechend wurden sie abserviert und ich würde mich sehr wundern, wenn das Ganze nicht innerhalb ATTACs ein Nachspiel haben sollte.

2. Ihnen abzunehmen, dass sie dabei eine ATTAC-Position vertraten, heißt, ihr Spiel mitzumachen, und zeugt von ziemlicher Ahnungslosigkeit, was die inneren Widersprüchlichkeiten dieser Organisation angeht.

3. Sie zu ATTAC-Führern zu stilisieren, ist lächerlichster Bildzeitungsstil, und hier vielleicht gerade noch tolerierbar. Nicht mehr hinnehmbar ist es allerdings, wenn dazu aufgerufen wird, Meinungsverschiedenheiten untereinander gewalttätig auszutragen. Das erinnert mich doch verdammt an den Stil verschiedenster kommunistischer ud anarchichstischer Gruppen in den 70ern. (Ob die Autoren da vielleicht eine Geisterverwandschaft mit ihrem Außeneminister haben?)

4. Der ganze Artikel, der eine unerfreuliche Randerscheinung in den Mittelpunktstellt um drumherum alte Verschwörungstheorien mit meilenlangem Bart ranken zu lassen, an statt die eigentlichen Informationen in den Mittelpunkt zu stellen, spricht vor allem gegen seine(n) Schreiber.

attac versus fau oder was?

antientrist 25.01.2004 - 16:58
bei aller liebe zur kritik: konstruktiv sollte sie sein, sonst disqualifiziert sich der/die autorIn.
anstatt gebetsmühlenartig die ewiggleichen vorwürfe an attac zu richten sollte mensch vielleicht partizipieren und die möglichkeit auch als nicht offiziell eingetragenes mitglied bei attac mit zu entscheiden nutzen, anstatt die wirklich emanzipatorisch bestrebten innerhalb dieser organisation mit den braingewaschten linksrucklern allein zu lassen.
eine stärkere präsenz von fau-lerInnen und sogenannten "autonomen" würde den wissenspool auf den das einzelne netzwerkmitglied zugreifen kann erheblich erweitern und den netzwerkcharakter aller beteiligten organisationen und einzelmitgliedern stärken.

zum "streik":

ich finde, dass die redner richtig gehandelt haben. sie erfüllen nun mal eine stellvertreter-funktion und wurden in ihren gremien gewählt oder anderweitig ausgesucht um ganz bestimmte anliegen zu vertreten. wenn nun einer breiten mehrheit innerhalb der basis ein streik (leider) zu "radikal" erscheint und die auf dem podium sich befindlichen "funktionäre" dieses ebenn nicht fordern, so haben sie in erster linie die interessen derer vertreten die sie geschickt haben. daher finde ich es unsinnig diesen leuten ebendies vorzuwerfen.

in frankfurt gibt es gerade gespräche zwischen mitgliedern der unigruppe (übrigens zu 100% frei von linsruckigen Inhaltsstoffen) und anderen "etablierten" hochschulgruppen mit fau-mitgliedern bezüglich gemeinsamer veranstaltungen unter anderem zur "5-stunden-woche". hier soll den fau-lerInnen die möglichkeit gegeben werden ihre anliegen und meinungen einem attac-typisch teilweise bürgerlichen publikum näher zu bringen. gleichzeitig stärken sie damit den kritischen stimmen innerhalb von attac den rücken. es würde mich freuen, wenn das auch in anderen städten klappen würde, denn die meinungen die attac-mitglieder nach einer derart informativen veranstaltung äussern würden in ihrer emanzipatorik (?) so manchen achsosuperbesserlinken erstaunen und vielleicht sogar zur mitarbeit anregen...

und zur trotzkistischen polit-sekte linksruck innerhalb von attac:

in attac gibt es sehr viele menschen, die den linksruck nicht akzeptieren und auch stark kritisieren. es sind jedoch nicht so viele, dass ein konsensbeschluss zustande kommen würde, den linksruck auszuschliessen. dies liegt zum einen an der tatsache, dass es für die kritiker - aufgrund der konspirativen art und weise in der die kaderleute und rekrutierer des linksruck vorgehen - schwer ist diese zu "überführen" und der allgemeinheit klar zu machen, welche gefahr sie für attac darstellen. an dieser stelle würde ich es auch gut finden, wenn die menschen die attac wegen der linksruck-machenschaften meiden, bei diesem politischen prozess aktiv innerhalb von attac mitwirken würden, statt "von aussen" steine zu schmeissen, denn da werden die kritiker manchmal stärker von getroffen als die befüworter.

ich hoffe, ihr fasst diesen artikel nicht als reine pro-attac-propaganda auf oder als billigen mach-mit-versuch

für eine emanzipatorische bewegung!
gemeinsam kämpfen für echte meinungsvielfalt!

und weiter ...

Anti-Hierarchie 25.01.2004 - 20:04
Erstmal ... bei den Kritiken am Bericht werden einige klassische rhetorische Tricks benutzt. Z.B. der Vorwurf, dass die Gewaltanwendung gegen Peter Wahl für gut befunden wird. Gucken wir in den Bericht, so steht da: "Schließlich steht jemand auf, entreißt ihm das Mikrophon und drängelt in ab. Machtmissbrauch gegen einen, der selbst darauf steht.". Die Handlung wird also als Machtmissbrauch beschrieben. Ist das positiv?

Der Vorwurf, hier würde Attac reflexartig kritisiert, darf zurückgegeben werden. Offenbar wird Attac reflexartig verteidigt. Auch daß oben nur der Endvorfall beschrieben würde, ist eine Erfindung.

Wie auch immer. Die FunktionärInnen haben zumindest in Hessen alles wieder im Griff. Auf dem kritisierten Kongress in Frankfurt wurde u.a. eine Vernetzung in Hessen gegruendet. Die hat sich (ich war nicht dabei) jetzt erstmals getroffen - und alles ist wieder unter Kontrolle.
Zu den Inhalten (Auszug aus Protokoll)
Minimalkonsens, dem keine weitere Aussprache folgte: gegen die neoliberale Politik der hessischen Landesregierung und der Bundesregierung.

Zur Form das klassische Modell eines irgendwie konstituierten Koordinierungskreises, waehrend die „Basis“ die tollen Ideen dann ncoh beraten darf. Auszug:
Es soll ein Koordinierungskreis gegruendet werden, dessen Vorschlaege von allen interessierten Organisationen, Buendnissen usw. in „Hessen-Ratschlaegen“ (Art „Vollversammlung“) diskutiert und abgestimmt werden.

Und festgelegt wird auch gleich noch, welche Eliten den Koordinierungskreis bilden (der ist natuerlich nicht offen). Auszug:
Der Koordinierungskreis soll sich zunaechst aus jeweils 1-2 VertreterInnen folgender Organisationen zusammen setzen:
attac, Buendnis fuer soziale Gerechtigkeit, Buendnis weltoffenes Hessen, DGB /
Mitgliedsgewerkschaften, Frauenpolitisches Netzwerk, LandesschuelerInnenrat,
Rhein-Main-Buendnis, Studierende/ASten.

Na denn ... neben den offensiv auf Elitenstrukturen setzenden sind mehrfach auch die tollen Radikaldemokraten vertreten (dominieren LandesschuelerInnenrat und die Landes-ASTenKonferenz in Hessen) - Wirklichkeit und Verbalradikalismus waren da eben schon immer auseinander ... oder doch nicht? Ist dieses Modell vielleicht die „Radikaldemokratie“? Wenn niemand mehr „unten“ was zu sagen hat, ist Demokratie dann radikal?
Eventuell sollen noch weitere aufgenommen werden, aber nur organisierte Teile von Bewegung, sonst koennte ja jedeR kommen ... Auszug:
Dies ist eine vorlaeufige Zusammensetzung, die ergaenzt werden kann um weitere Landesorganisationen bzw. regionale Vertretungen (z.B. aus Mittel- und Nordhessen).

Prost Mahlzeit! Doitsche Bewegung hat es in sich. Naechstes Hessentreffen ist uebrigens ... Auszug:
Die Vorschlaege des Koordinierungskreises werden auf dem Treffen des Hessen-Ratschlags am Samstag, 13.03.04, 13.30 Uhr, voraussichtlich Giessen, diskutiert und abgestimmt.
Unterzeichner ist ... Auszug:
Ruediger Stolzenberg, DGB Hessen

Und der haengt noch eine Info dran, wie in Hessen entschieden wird! Moeoeoehhh
...
Auszug:
Hinweis zum europaweiten Aktionstag am 03.04.04:
In der Bundesrepublik wird es 3 Kundgebungsorte geben: Berlin, Koeln und Stuttgart oder eine andere sueddeutsche Stadt. Wohin aus Hessen mobilisiert werden soll, ist zur Zeit noch nicht entschieden. Dies und anderes entscheidet der DGB-Bundesvorstand am 03.02.04.

ATTAC: Eine marxistische Analyse

Anna Lehmann für die Trotzkistischen Fraktion 26.01.2004 - 12:53
ATTAC: Eine marxistische Analyse

Ein relativer neuer Spieler auf der Bühne der deutschen Politik ist Attac. Am 22.01.2000 wurde Attac Deutschland gegründet1 und blieb als kleine NGO mit unter 1.000 Mitgliedern relativ unbekannt bis die Antiglobalisierungsbewegung als Ganzes, sowie Attac im Besonderen, nach dem G8-Gipfel in Genua im Juli 2001 und dem für Europa ungewohntem Ausmaß an Polizeigewalt, in die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit geriet.2 Der Medienrummel um die Übergriffe und den Tod eines Demonstranten bescherten Attac einen sprunghaften Mitgliederanstieg, obwohl sich Attac ausdrücklich von den gewalttätigen Demonstranten distanzierte. Ein Jahr später zählte Attac bereits über 10.000 Privatpersonen als Mitglieder in Deutschland.3

Dazu kommen Organisationen die sozusagen kollektiv Mitglieder bei Attac sind, wie z.B. einige Gewerkschaften, ver.di, DGBjugend, einzelne Landesverbände des DGB etc. ; Jugendorganisationen der Grünen und der SPD, sowie kommunale Verbände dieser beiden Parteien; kirchliche Vereinigungen von Pax Christi bis hin zu verschiedenen ökumenischen Netzwerken, und sogar Gruppen, die sich selbst als "sozialistisch-trotzkistische Tendenzen" verstehen, ohne eine Partei sein zu wollen, wie Linksruck (IST).4

Die Zusammensetzung von Attac im Zusammenhang mit den Schwerpunkten die sich in ihrem Grundkonsens finden, führt klar und deutlich vor Augen, dass die Ziele von Attac nicht nur relativ verschwommen sind, z.B. "Attac wirft die Frage nach wirtschaftlicher Macht und gerechter Verteilung auf"5, sondern auch, dass die Zielsetzung von Attac rein auf Reformen ausgerichtet ist. In Publikationen von Attac wird gefordert, durch "demokratische Kontrolle und Regulierung der internationalen Finanzmärkte", die durch die "kapitalistische Wirtschaftsweise entstehende gesellschaftliche Ungleichheit auszugleichen"6. Auch die Schwerpunkte ihrer Zielsetzung: Stabilisierung der Finanzmärkte und Wechselkurse, Stärkere Besteuerung von Kapitaleinkünften und großen Vermögen, Schuldenstreichung und nachhaltige Entwicklung, Erhalt 7der sozialen Sicherheitssysteme8, machen deutlich, dass Attac an die Reformierbarkeit des bestehenden Wirtschaftsystems glaubt, dass für sie Kapitalismus nicht zwangsweise mit Ausbeutung, Betriebsabwanderung ins Ausland und Massenentlassungen einhergehen muss. Dies zeigt, dass Attac die Basis des herrschenden Wirtschaftssystems leugnet, in dem die Konzerne darauf angewiesen sind, um jeden Preis immer höhere Gewinne zu erwirtschaften. Jedoch ist dies nur durch Ausbeutung sowohl der hiesigen Arbeiter, als auch der Arbeiter in den neokolonialen Ländern zu erreichen. Auch Attac kann keinen "humanen Kapitalismus" schaffen, auch wenn die Attacies zum großen Teil daran zu glauben scheinen. Attac will die notwendigen negativen Folgen des Kapitalismus abschwächen, ohne an deren Grundlage, dem kapitalistische Wirtschaftssystem, zu rütteln.

Diese gemäßigt bis radikal reformistische Zielsetzung von Attac macht die Organisation zu einem natürlichen Verbündeten der Gewerkschaftsbürokratie, die natürlich auch an Reformen, Verhinderung der Abwanderung von heimischer Industrie und damit einhergehenden Massenentlassungen interessiert ist, um ihre eigene Basis zu schützen. Durch Attac hat sie die Möglichkeit gefunden, ohne eigene Initiative oder zusätzlichen Aufwand und ohne offen einen systemkritischen Standpunkt einnehmen zu müssen, sich zumindest nominell für die Interessen der nationalen Arbeiterschaft einzusetzen. Wen kann es da noch wundern, dass Attac als Auffangbecken für frustrierte Sozialdemokraten und Alt-Grüne fungiert, und sich Linksopportunisten wie Lafontaine als Sprachrohr der Organisation profilieren?
Diese Instrumentalisierung von Attac durch die DGB Spitze als verlängertem Arm von Rot-Grün, wurde besonders deutlich durch die Unterzeichnung des DGB-Attac-VENRO (Dachverband entwicklungspolitischer Nichtregierungsorganisationen) Papiers im Dezember 2002.9 Dabei handelt es sich um eine gemeinsame Erklärung der drei oben genannten Organisationen zum Thema: Globalisierung gerecht gestalten. Schon der Titel erkennt "Globalisierung" explizit und versucht die Illusion zu erwecken, dass man diese durch "politische Gestaltung"10 zu einem Instrument "sozialer Gerechtigkeit"11 machen könnte. Außerdem wird als eine der ersten Forderungen nach einem "sozialen und demokratischen Gesicht"12 für die Globalisierung verlangt. Dies beschreibt schon recht treffend den Tenor des gesamten Pamphlets, es geht darum, "die hässliche Fratze der kapitalistischen Globalisierung etwas hübscher zu schminken"13, und nicht etwa darum, die Wurzeln des Problems anzugehen. So erkennt Attac in dieser Erklärung sowohl die kapitalistischen Institutionen IWF, WTO und Weltbank genauso grundsätzlich an14, wie die "potentiell nützliche Funktion von Finanzmärkten"15.

Das ganze Papier ist ein Bittgesuch an die Bundesregierung, welches diese auffordert, sich "engagiert" dafür einzusetzen, doch bitteschön die böse neoliberale Globalisierung etwas netter zu gestalten und den großen Konzernen ins Gewissen zu reden, damit sie "ihre soziale, ökologische und menschenrechtliche Verantwortung und Verpflichtung anerkennen"16. Damit negieren Gewerkschaftsspitze und Attac die Möglichkeit bzw. Notwendigkeit des Handelns der Massen, getreu dem Prinzip einer Arbeiterdemokratie, indem die Initiative allein der Regierung überlassen wird, und die Arbeiter, bzw. die sie hier mehr oder weniger demokratisch vertretenden Gewerkschaften, höchstens beratendend eingreifen. Darüber hinaus impliziert die Formulierung bewusst, dass eine kapitalistische Globalisierung nicht nur unaufhaltsam, sondern auch durchaus sozial-gerecht zu gestalten sei.

Die Erklärung beinhaltet noch eine Unzahl an weiteren unsäglichen Kompromissen wie z.B. dass für die ILO (Internationale Arbeiterorganisation) nicht einmal ein Mitspracherecht, sondern nur einen "Beobachterstatus" bei WTO, IWF und Weltbank gefordert wird17, dass selbst GATS- Verpflichtungen mit einigen "sozialen" Einschränkungen anerkannt werden18, und dass Forderungen nach weltweiter, gerechter Reichtumsverteilung19 dem Ziel der Bekämpfung der extremen Armut" Platz machen, welche wiederum durch höhere Entwicklungshilfe erfolgen soll20. Dies erkennt implizit den Reichtumsstatus Deutschlands und anderer Industrieländer an und stellt dessen ausbeuterische Grundlage mit keinem Wort in Frage. Wiedereinmal geht es nur darum, ein paar Krümel an die "Armen" zu verteilen, damit es ihnen nicht gar so schlecht geht und sie sich nicht etwa noch am Ende gegen ihre Ausbeuter und Unterdrücker mit der Waffe in der Hand zur Wehr setzen und so das Gleichgewicht unserer schönen heilen Welt stören.

Dass dieses Papier auf undemokratische Weise zustande gekommen ist, also von der Attac Führung ohne Rücksprache und bewusst gegen den Willen von Teilen ihrer Mitgliedschaft unterzeichnet wurde21, ist der Beweis für die Übernahme bürokratischer Methoden wie derjenigen unserer rot-grünen Regierung, die sich ja bekanntlich auch der Wirtschaft zu liebe ständig über den Willen ihrer Basis hinwegsetzt - siehe Agenda 2010. Da ist es nur die Krönung des Ganzen, dass der von der Attac Führung mit solchen Zugeständnissen umworbene DGB Chef Sommer, sich dann trotz Einladung auch von der Gegenseite, entschloss zum World Economic Forum in Davos zu fahren.22

Durch die undemokratische Art und Weise wie sich die Attac Führung hier präsentiert hat und durch ihr Abrücken von jedweder in irgendeiner Form "radikal" klingenden Forderung, reiht sich die Organisation in die "nicht ganz so goldene politische Mitte ein"23. Da rettet sie auch nicht die Vorbemerkung aus Attac Sicht in der gesagt wird, dass "die oft weitergehenden Forderungen aus der Attac-Erklärung keineswegs überholt sind, sondern natürlich weiterhin bestehen bleiben".24

Man kann strategische Bündnisse mit anderen Organisationen eingehen um bestimmte Ziele zu erreichen, aber diesen Bündnissen die eigenen Grundsätze unterzuordnen bzw. diese explizit zu leugnen ist politischer Verrat und wird auch dadurch nicht besser, dass man an anderer Stelle etwas anderes schreibt oder flammende Reden auf Demonstrationen schwingt. Die Organisation hat sich daher selbst als undemokratisch und verlogen entlarvt.

Auch die erhebliche Kritik aus den eigenen Reihen führte weder zu einem Umdenken noch zu einer Rücknahme der Unterschrift durch die Attac Führung.25 Dies kann eigentlich nur eine einzige Konsequenz haben, nämlich, dass diejenigen ihrer Mitglieder und Unterstützer, die sich tatsächlich für die Interessen der Arbeiter überall auf der Welt einsetzen wollen, die an echte Demokratie und nicht an Schmierenkomödie glauben, Attac den Rücken kehren und sich kritisch mit der Organisation auseinandersetzen müssen. Wer das nicht tut, und weiter "aus Kompromissgründen" in der Organisation verbleibt, ist offensichtlich ebenso wenig demokratisch und genauso opportunistisch und bürokratisch wie Attac selbst.

Aufgrund der anvisierten verschwommen - reformistischen Ziele, die sich der heterogenen Zusammensetzung ihrer Mitgliedschaft und deren widersprüchlichen Interessen ergeben, bildet Attac den rechten Flügel der Antiglobalisierungs-bewegung. Die Organisation versucht die, durch die explosive Mischung aus genereller Enttäuschung über die bürgerlichen Demokratien und tiefer Verunsicherung durch die immer schlechteren wirtschaftlichen Verhältnisse unter Jugendlichen und Arbeitern, freigesetzten Kräfte für sich zu nutzen und durch eine Politik zu hegemonisieren, die letztendlich nicht mehr als ein Durcheinander aus hilflosen Appellen an die "Politik" und faulen Kompromissen darstellt.
Trotz alledem sollten Revolutionäre auch solche Organisationen nicht aus den Augen verlieren, denn auch in Attac gibt es viele idealistische junge Menschen, die etwas verändern wollen und hoffen durch Attac wirklich etwas erreichen zu können. Es ist unsere Pflicht, zu versuchen, unter diesen die politisch fortgeschrittensten Elemente zu erreichen und für den Aufbau einer revolutionären Partei zu gewinnen. Allerdings ist es unumgänglich, alle Strömungen zu bekämpfen, die uns glauben machen wollen, dass unser heutiges, allein auf Ausbeutung und Profit ausgerichtetes System reformierbar sei. Die Entlarvung dieser kleinbürgerlichen und reformistischen Kräfte stellt eine notwendige Voraussetzung für das Entstehen einer wirklich revolutionären Partei dar, da diese sich nur im schonungslosen Kampf gegen den Opportunismus entwickeln kann.

Noten:
1 Attac Vorstellung, S. 5
2 Attac - Wer wir sind und was wir wollen, S.2
3 Attac Vorstellung, S.5
4 ibid. S.6
5 Selbstverständnis von Attac, S. 1
6 Attac, Wer wir sind und was wir wollen, S.2
7 Attac - Vorstellung, S.12
8 ibid. S.12
9 Undemokratische Methode, S. 1,2
10 Globalisierung gerecht gestalten, S.2
11 ibid. S.10
12 ibid. S.2
13 Undemokratische Methode, S.1
14 Globalisierung gerecht gestalten, S. 2
15 ibid. S.4
16 ibid. S.7
17 ibid. S.6
18 ibid. S.7
19 Attac Erklärung, S.2
20 Globalisierung gerechter gestalten, S.2
21 Undemokratische Methode, S.1,3; Junge Welt, S.1
22 Junge Welt, S.2
23 Undemokratische Methode, S.1
24 Vorbemerkung aus Attac Sicht, S.1
25 Junge Welt, S.1


Quellen:

attac-Beilage zur taz vom 08.Nov. 2001

 http://www.attac-netzwerk.de/stuttgart. : Giegold, S., Klimenta, H., Stiefel, R. Attac-Vorstellung.
01.2003.

 http://www.attac.de/erklaerung/erklaerung.php : Attac - Erklärung. 26.05.2002

 http://www.attac.de/selbstverstaendnis/selbstverstaendnis.php: Attac - Selbstverständnis. 10.2001.

 http://www.hamburger-ilustrierte.de/w2d/hillu/international/report/globalisierungsgerechtigkeit :
Globalisierung gerecht gestalten. Gemeinsame Erklärung von Attac, VENRO und dem DGB.
12.2002.

 http://www.attac-netzwerk.de/debatte/dgb_ludwig.php : Ludwig, Claus. Undemokratische Methode.
06.01.2003

 http://www.attac.de/archiv/gemerkl.php "Vorbemerkung aus Attac - Sicht"

 http://www.jungewelt.de/public_php/drucken_popup.php?num=10&djahr=2003 :
Klas, Gerhard. Wohin geht ATTAC? In "Junge Welt". 17.01.2003.

ATTAC & Demokratieverständnis

heinrich-p 26.01.2004 - 13:09
Hallo,

ich möchte mal einige Sätze zur "ATTAC-Demokratie" loswerden, die einige, auch SchreiberInnen auf dieser Seite, offensichtlich noch nicht kennen.

1. ATTAC-Deutschland ist ein Netzwerk.
Netzwerke haben m.E. den Anspruch, dass selbstständige Organisationen/Gruppen (bei ATTAC sind das die Gruppen vor Ort), sich regional, national oder international mit gleichen und ähnlichen Gruppen zusammenfinden/organisieren um gemeinsam bestimmte Forderungen bzw. Anliegen durchzusetzen. Das ist ATTAC-Deutschland.
Dabei gibt es natürlich (im Laufe der Zeit) überregionale Zusammenschlüsse zu bestimmten Themenbereichen. Das passiert bei ATTAC-Deutschland in diversen "Bundes-Arbeitsgemeinschaften".

2. Demokratie (Teil1)
In solchen Netzwerken kann es - schon auf Grund ihrer Struktur - keine Leitungsorgane geben, wie wir sie von den diversen verbalrevolutionären Kräften wie SAV oder MLPD kennen. ATTAC ist keine Kaderpartei/gruppe mit einer hirarchischen Struktur.
Deshalb heißt es bei ATTAC-D ja auch nicht Vorstand oder ähnlich, sondern BundesKOORDINIERUNGSkreis.
Koordinieren heißt aber auch, mit politisch relevanten Aussagen vorsichtig zu sein. Das mußte unser Bundes-KoKreis im letzten Jahr mit einem Papier zwischen DGB, Venro und ATTAC sehr deutlich zur Kenntnis nehmen. Seitdem ist er auch vorsichtiger geworden.

3. Demokratie (Teil2)
Das Netzwerk ATTAC-Deutschland (aber auch die jeweiligen Gruppen vor Ort) arbeiten NICHT nach den "Demokratie"vorstellungen der bürgerlichen Gesellschaft. Bei uns gibt es KEINE Entscheidungen mit 51%-Mehrheiten!
Mag sein, das Gruppen wie die "Neue Einheit" (kaum jemand kennt sie) mit solchen Beschlüssen leben können, es mag sein, dass dies die diversen trotzkistischen Grüppchen können, ATTAC kann das nicht!
Wir haben auf unserem Ratschlag in Frankfurt für ATTAC das "Konsensprinzip" beschlossen.
Das heißt für uns, dass nicht mehr als 10% der jeweiligen ATTAC-Mitstreiterinnen GEGEN einen Vorschlag sein dürfen. Können mehr als 10% NICHT mit einem Vorschlag oder einer Vorlage (oder, oder, oder...) leben, dann ist er NICHT ANGENOMMEN!

Das heiß für uns natürlich teilweise so lange zu diskutieren und so lange Kompromisse zu schließen, bis dieses Ziel erreicht ist. Ich kann Euch sagen, manchmal dauert das ganz schön lange.
Das Manko bei dieser "Konsens-Demokratie" liegt auf der Hand: Es ist bei einer differenzierten Fragestellung oft schwierig eindeutige Antworten zu geben und Aussagen zu treffen.
Der Vorteil dabei ist, dass ein sehr großer Teil der ATTACies dahinterstehen kann. Das ist übrigens eine unserer Stärken.

In diesem Zusammenhang:
Wir haben bei ATTAC jetzt natürlich eine Diskussion um das Treffen in Frankfurt und das Abstimmungsverhalten von Werner und Peter. Ich glaube aber, das Peter Wahl und Werner Rätz auch bei einem anderen Abstimmungsverhalten - also ja zum Streik - bei uns in ATTAC verbalen Ärger
bekommen hätten (nur von einer anderen Seite).

Im übrigen haben viele ATTACies in Frankfurt für die Erklärung gestimmt und wäre dies ein Aufruf gewesen, ständen jetzt auch schon diverse ATTAC-Gruppen darunter. Und nebenbei gesagt, KEINE/R bei ATTAC würde weinen, wenn es zu Streiks in den Betrieben kommen würde - im Gegenteil, wir würden das begrüßen und untrstützen.


3. Nochmal Demokratie (Teil 3)
Die revolutionäre Vorhut der Arbeiterklasse in der BRD, die SAV, fordert seit über einem Jahr einen eintägigen Generalstreik - von den Gewerkschaften. In Frankfurt sollte ATTAC-Deutschland einen Streikaufruf mit unterstützen (hat das in Frankfurt jemand vom DGB, von der SAV oder der MLPD verlangt???).

Viele kritisieren ATTAC, weil wir dies oder jenes nicht unterstützen, uns hier oder dort nicht beteiligen.

Gehen wir mal weg vom DGB, nehmen wir mal SAV oder MLPD oder FAU. Wie würden diese Grüppchen reagieren, wenn wir (z.B. von ATTAC) Ihnen Vorschläge für Ihre politische Richtung machen würden. Wie würdet Ihr Euch in Euren politischen Zusammenhängen dazu verhalten? Ich glaube nicht das das nach dem Motto "Ach ja, toll! Wenn ATTAC das vorschlägt, dann machen wir das natürlich" ablaufen würde. Im Gegenteil!

Wir sollten also nicht versuchen den unterschiedlichen Gruppen und Oganisationen die eine oder andere Meinung aufzuoktrorieren. Es gibt nun einmal Unterschiede in den Organisationsformen, in den politischen Inhalten und in der Herangehensweise. Belassen wir es dabei. Leben wir damit.

ATTAC wird (und hat bereits im Vorfeld) zu den Demonstrationen am 3. April aufrufen. Genau so wie andere Gruppen, Initiativen und Organisationen auch. Wie werden Infotische machen, Flugblätter/Flyer verteilen und Plakate kleben wie andere auch. Und wenn dort kein "eintägiger Generalstreik" von anderen gefordert wird, werden wir auch alle damit leben können.

Gehen wir also ran und bereiten den 3. April vor und tun unser bestes, damit es an allen drei Orten große Demonstrationen gibt.

mit solidarischen Grüßen
Heinrich Piotrowski
aktiv u.a. bei ATTAC Köln




attac, gewerkschaften und demokratie

mikro-meier 26.01.2004 - 15:05
der/die autorIn kapiert irgendwie eines nicht: gewerkschaften haben zwar einen üblen apparat, sind aber auch die organisation von paar millionen menschen, die da drin sind, weil sie sich gegen die kapitalisten wehren wollen. da liegt ne menge drin, vor allem wenn die kapitalisten den druck erhöhen. dann können die spitzen ins abseits geraten.
nur die dgb-spitzen glauben, dass sie die legitimen vertreter aller werktetigen sind. und offensichtlich die fau.
und warum ist mikro abdrehen machtmissbrauch? raetz hatte rederecht, wahl nicht. wahl wollte, dass keine erklärung rauskommt, wenn sein ultimatum nicht akzeptiert wird. die versamlung wollte n erklärung und das podium auch.
war also höchst demokratisch das mikro von herrn wahl zu befreien.

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