[WEF] Aktionstage in der Schweiz: Blockaden, Demonstrationen, heftige Repression

King T. 22.01.2004 03:37 Themen: Globalisierung Repression Soziale Kämpfe
Seit gestern treffen sich in Davos erneut die "Führungskräfte" aus Wirtschaft, Medien und Politik um ihre Pläne zu schmieden. Als Privattreffen irgendwo in den schweizer Alpen deklariert, findet hier der wohl bedeutendste Gipfel der Welt statt. Anders als beispielsweise die G8- oder WTO-Gipfel dienen die WEF-Treffen nicht der (Re)präsentation, sondern der heimlichen Verhandlung und Planung von Strategien zur Umsetzung herrschender Politik. In den 90ern zerrten Aktivisten das WEF mit Protestaktionen ans Licht der Öffentlichkeit (Kleine Chronologie wider das WEF). Nachdem einige Jahre lang der WEF-Gipfel von immer massiver werdenden Protesten "gestört" wurde, lässt die Reaktion des WEF nicht lange auf sich warten: Die schweizer Regierung setzt ein nahezu totales Demonstrationsverbot für Davos und Umgebung um, setzt die Grundrechte ausser Kraft und lässt Soldaten mit Schiessbefehl die grundrechtsfreie Zone bewachen (Beispiele WEF 2003 oder WEF 2001). Dieses Jahr sind 6500 Soldaten eingesetzt, die grundrechtsfreie Zone umfasst einen wesentlichen Teil der Schweiz. Der iranische Präsident Khatami, hat am 21.01. die Eröffnungsrede gehalten. Er hat die Verantwortung für die andauernden Morde und die nach wie vor unzähligen politischen Gefangenen des iranischen Regimes - eine passende Symbolik. Wegen seiner weitgehenden Entzauberung als "Reformer" in breiten Teilen der iranischen Bevölkerung ist er für die anstehenden Wahlen bitter auf aussenpolitische Erfolge angewiesen.
Die Gegenveranstaltung der sozialen Bewegungen zum WEF ist (neben der Konferenz Public Eye on Davos) längst ein gigantischer weltweiter Event mit lokalen kontinentalen Ablegern geworden: Das WSF. (siehe Feature)
Dennoch gabs auch dieses Jahr Planungen für Proteste in der Schweiz. Am vergangenen Wochenende fanden in der ganzen Schweiz zahlreiche Demonstrationen statt. Einige wurden sofort mit Gummigeschossen, Tasern, Wasserwerfern und Gas angegriffen. Am gestrigen Mittwoch sollte mit Blockaden die Anfahrt derWEF-Teilnehmer blockiert werden. Militär und Polizei sorgten während der letzten Tage für zahlreiche zum Teil schwer verletzte Demonstranten (Fotos).
In der Presse wurden überwiegend die Verfälschungen der Polizei-Erklärungen übernommen.
Im folgenden nun einige Bilder und Berichte aus Davos. Am Ende noch einige Links.

Inhalt

  • Breaking News von Indymedia.Schweiz
  • Interview mit Soldaten vom WEF-Kommando-Bunker
  • Radioballett gegen das WEF
  • Bilder und Links



Breaking News von den Blockaden am Mittwoch von Indymedia.CH

Zürich
11:45 :: Materialblockade auf der Hardbrücke mit anschliessendem Verkehrschaos
14:45 :: 50 Aktivistinnen blockieren WEF-Firmen in der zürcher Innenstadt
15:45 :: spontandemo gegen das WEF beim paradeplatz
16:10 :: Die Leute von der Flughafen-Blockade sind wieder in Zürich angekommen
16:55 :: Sie sind über die Börse zum Helvetiaplatz gezogen.
18:20 :: Radio-Ballet als Teil des Widerstands in der Zürcher Bahnhofstrasse mit ca. 200 - 400 Personen
zwischen Pestalozziwiese und St. Annahof. anschliessend gibt es noch eine Spontandemo über den Bürkliplatz, Bellvue zum Zentral. auf der Bahnhofsbrücke werden ca.20 Personen eingekesselt. Bericht, Kurzberichte: 1 und 2

Flughafen Kloten
12:30 :: 50 AktivistInnen blockieren WEF-Desk am Flughafen
13:45 :: 200 Personen blockieren beim Flughafen Kloten die Autobahnauffahrt [Fotos 1+2+3+4] und die Kantonalstrasse :: Verkehr blockiert
14:05 :: kantonsstrasse nicht mehr blockiert, die polizei beginnt bei der autobahnauffahrt die blockierenden wegzuschleifen
14:20 :: der verkehr der blockierten autobahn wird über die kantonsstrasse umgeleitet :: viele der weggetragenen AktivistInnen kehren zur blockade zurück
14:40 :: die polizei hat die blockade geräumt :: bis jetzt eine Verhaftung bekannt
15:00 :: die ca. 200 AktivistInnen werden von der Polizei zum Bahnhof Balsberg getriebenPressemitteilung des Blockadenetzes Mafalda :: Pressemitteilung der Gruppe SchülerInnen Gegen Das WEF

Graubünden
15:50 :: 15 VelofahrerInnen blockieren einen WEF-Bus vor Fideris

Genf
'Reclaim the Skipiste': 1, 2, 3

Locarno
17:00 :: McDonalds von etwa 150 Personen besetzt (fr/it/fotos)
18:15 :: Besetzung beendet


Mehr Meldungen bei blockadenetz.ch

Zusammenfassung der Aktionen der letzten Tage



Interview mit Soldaten vom WEF-Kommando-Bunker

Sportgruppe Pink-Plink, 21.01.2004 12:03
Das untenstehende Interview wurde mit einem Soldaten, der für das WEF 2003 im Kommandobunker Einsatz leisten musste, geführt.


Presse-Konferenz vor dem Check-Point des WEF-Kommando-Bunker

Als Soldat unterstehst du der militärischen Geheimhaltungspflicht, weshalb erzählst du uns trotzdem von deinem Militärdienst im Januar 2003?

Seit meiner Zeit im WEF-Kommandobunker befürchte ich, dass es im Inneren Einsatz der Armee - früher oder später - zu einer Tragödie kommt, falls überforderte Soldaten mit Demonstranten zu-sammentreffen. Das möchte ich verhindern.

Hast du damals gewusst, dass du im WEF-Kommandobunker deinen Dienst leisten wirst?

Als ich das Datum auf dem Marschbefehl gesehen habe, war mir klar, dass mein Einsatz mit dem WEF zu tun hat. Ich rechnete damit, irgendwelche Gebäude oder Telefonmasten zu bewachen. Nicht im Traum dachte ich daran, im WEF-Kommandobunker zu landen. Die Woche in Parpan war für mich eine schreckliche Zeit.

Wieso?

Die Stimmung war die ganze Zeit äusserst angespannt. Niemand wusste, ob der Kommandobunker der Armee nicht auch zum Ziel von Protestaktionen werden könnte.

Man rechnete also weniger mit terroristischen Anschlägen als mit Demonstranten?

Genau. Je näher das Demo-Wochenende rückte, desto unruhiger wurden besonders unsere Offiziere. Wenige Tage vor der Demonstration in Davos gaben sie uns den Befehl, die mit Stacheldraht gesicherte Zone um den Bunker noch zu vergrössern. Auch mussten wir kurzfristig Tarnnetze anbringen, um die Eingänge vor Molotovcotails zu schützen. Einige Offiziere glaubten ernsthaft, dass "Chaoten" von der Bergseite auf Schlitten oder Skiern angreifen könnten.

Habt ihr ungebeten Besuch bekommen?

Einmal gab es Alarm, weil im Dorf ein paar Punker gesichtet wurden. Die waren aber Einheimische und wollten nicht zu uns, sondern an die Demonstration. Einige Soldaten waren sichtlich enttäuscht darüber, weil sie es gerne mal den "Chaoten" zeigen wollten. Keine Ahnung, was alles hätte passiert können, wenn diese Soldaten mit geladenem Gewehr irgendwelchen Demonstranten gegenüber gestanden wären.

War ihr für den Umgang mit Demonstranten ausgebildet?

Überhaupt nicht. Wir hatten ja bloss unser Sturmgewehr, um uns gegen "Eindringlinge" zu wehren. Am ersten Tag hat uns lediglich ein Offizier über den Schiessbefehl informiert. Ab da standen wir - Tag und Nacht - mit scharfer Munition draussen Wache: Je zwei am Bunkereingang und zwei bei der Absperrung an der Strasse. Wie gesagt hatten wir es aber zum Glück nicht mit Demonstranten, sondern nur mit Langläufer oder Spaziergänger zu tun, welche zu Nahe an die Sperrzone kamen und von uns freundlich weggewiesen wurden.


Mehr dazu:

Radioballett gegen das WEF


21.Januar 2004, 18.00 - 19.00 Uhr
Heute Abend hat in der Zürcher Bahnhofstrasse das Radioballett stattgefunden. Zwischen Pestalozzianlage und dem St.Annahof haben 500 Personen ihre Kritik am Kapitalismus und dem WEF anhand synchroner Bewegungen manifestiert, an einem der Kristallisationspunkte kapitalistischer Globalisierungen, wo öffentliche Kritik nur selten möglich ist.
Die über Radio LoRa angeleitete kollektive Choreografie griff von den Global Players beeinflusste Alltagsrealitäten auf. So wurde beispielsweise mit der Geste des Bettelns Armut, mit massenhaften imaginären Personenkontrollen die Überwachung des öffentlichen Raums, oder mittels "blindem Gehorsam" die zunehmende Akzeptanz militärischer Einsätze im Innern sichtbar gemacht.
PassantInnen zugeflüsterte "Wipe out Wef"'s, lautstarkes Denunzieren Schweizerischer WEF-Mitglieder (von ABB - ZKB) sowie ein "Happy Birthday" an den inhaftierten Marco Camenisch, brachten die Verhältnisse mindestens symbolisch zum Tanzen.
Bei einer anschliessenden Spontandemonstration durch die Bahnhofstrasse, über Paradeplatz, Bellevue und Central übernahm die Zürcher Stadtpolizei mangels vorgängiger Beschäftigung ihren gewohnten Part und kontrollierte abschliessend die in einem Kessel Festgehaltenen.
Wer sich dem noch knapp entziehen konnte sah sich den hinter dem Polzeicordon aufgestellten Faschos gegenüber.

Das Radioballett dient zur Rückgewinnung des politischen und öffentlichen Raums. Mit Taschenradio und Kopfhörern ausgerüstet, werden die Anleitungen des Radios empfangen.
Das Radioballett reiht sich in die verschiedenartigsten Widerstandsaktionen gegen das World Economic Forum in Davos ein - von der Auftaktdemonstration in Winterthur über die zahlreichen Blockadeaktionen bis hin zu den Demonstrationen vom Samstag, 24. Januar, in Davos und Chur.

Diesen Mittwoch, 21. Januar 2004, hat in Davos einmal mehr das WEF angefangen, dieser private Austauschzirkel der weltweit reichsten Firmen sowie einer Politik, welche sich in Profitmaximierung mittels Verschärfung der weltweiten Ausbeutungsverhältnisse äussert.
Das WEF existiert nicht nur während der diversen Treffen, unter anderem eben in Davos, sondern macht sich in Rentenabbau, Bildungsklau, dem Öffnen der Schere zwischen Arm und Reich, der zunehmenden Militarisierung und dem Vorantreiben von Kriegen, der Privatisierung und Kapitalisierung des öffentlichen Raums und der Service Public, der Verschärfung des Nord- Süd- Gefälles, regelmässig bemerkbar.








Fotos:50 Aktivisten haben in Genf eine Einkaufsstrasse blockiert. und verwandelten sie in eine Ski- und Schlittelpiste und Glühweinschenke. Aktivisten und Passanten machten das Rennen gegen Davos und rollten die Piste hinunter. Das Ziel war der privatisierte Berg "Davos", dessen Köpfe mit Schneebällen abgeschossen wurden. Bericht dazu hier



Links
- Blutiger Auftakt zum WEF 2004
- switzerland.indymedia.org
- blockadenetz.ch
- radio lora wef 2004
- anti-wto koordination
- knackt das WEF ? no-wef
- dadavos
- WEF in Warschau und Gegengipfe
- frühere wef-treffen
- mehr links
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Ergänzungen

Video von Polizeigewalt

M. 22.01.2004 - 04:31
Hier noch ein Video, welches erstaunlicherweise im Staatsfernsehen ausgestrahlt wurde:
 http://real1.xobix.ch/ramgen/sfdrs/10vor10/160k/10vor10_21012004-160k.rm?start=0:07:55.724&end=0:11:29.164

Nochwas: Diese Polizeirepression ist keine rein schweizer Sache. Die Vorgehen der Polizei gegen Widerstand+Protest an der richtigen Stelle ähnelt sich in allen europäischen Ländern (egal ob Genua-G8, München-Nato, Davos-WTO, Kopenhagen-EU, Castor usw.) nicht nur zufällig. In Europa existiert die Demokratie nur an der Oberfläche und nur zum Schein. In wirklichen Entscheidungen lassen sich Politiker und Konzernbosse niemlas reinreden - und wenn sie über Leichen gehen müssen.
Beim Pieksen an der richtigen Stelle zeigt sich das wahre Gesicht. Da ist es völlig unerheblich wie demokratisch sich ein Land nach aussen gibt.

Zynismus pur

Maxx 22.01.2004 - 05:22
Bundespräsident Joseph Deiss hat in Davos das 34. Weltwirtschaftsforum (WEF) eröffnet. Zu den prominenten Rednern des ersten Tages gehörte Irans Präsident Khatami.
«Umgeben von Tausenden von Soldaten und Polizisten können wir hier unter guten Voraussetzungen über Sicherheit und Wohlstand reden», erklärte Deiss. In Anlehnung an das diesjährige WEF-Motto «Partnerschaft für Wohlstand und Sicherheit» stellt er fest, dass sich die Grenzen zwischen einer reichen und sicheren Welt und der armen, instabilen Welt nicht mehr eindeutig ziehen liessen.

 http://www.tagi.ch/dyn/news/schweiz/341969.html
Dem Artikel ist eine nette Karikatur beigefügt.



Khatami

LinksRhein 22.01.2004 - 13:49
Oben steht:

'Die Eröffnungsrede beim WEF 2004 hielt der iranische Diktator Khatami - eine passende Symbolik.'

Khatami ist lediglich Präsident und relativ schwach gegenüber dem 'Führer' Khamenei oder Institutionen wie dem Wächterrat

Wie wärs mit:

Der iranische Präsident Khatami, hat am 21.01. die Eröffnungsrede gehalten. Er hat die Verantwortung für die andauernden Morde und die nach wie vor unzähligen politischen Gefangenen des iranischen Regimes - eine passende Symbolik. Wegen seiner weitgehenden Entzauberung als "Reformer" in breiten Teilen der iranischen Bevölkerung ist er für die anstehenden Wahlen bitter auf aussenpolitische Erfolge angewiesen.

link vergessen

schwarzer schatten 22.01.2004 - 14:03
nicht vergessen:

www.smashwef.ch

nächsten samstag, 24.1.04 um 14:00 Uhr, Demo in Davos

Smash the WEF heisst Kapitalismus zerschlagen!
Für eine Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung!


grüsse aus der schweiz!

schwarzer schatten

Bern: Kundgebung gegen Präsident Khatami

von Indymedia.ch 23.01.2004 - 16:37
Am 20.1.2004 gegen 19 Uhr protestierte die sozialistische Partei Irans mit der Organisation Etehatfadai und Hazbkommunist Karegari, eine Kundgebung in Bern vor der Hotel Bellevue, wo der Präsident Khatami sich befand.

Im Rahmen des Wef kam bekanntlich Khatami, der Präsident Irans in der Schweiz. IranerInnen demonstrierten gegen die Präsenz von Präsident Khatami, als Vetreter der iranische islamische Republik.
Sie haben gegen das Regime in Iran demonstriertund sie haben die StudentInnen Bewegung unterstützt.
Sie haben forgenden Parolen gerufen:
Khatami ist ein Verbrecher und Europa ist Komplize.
Nieder mit der iranischen islamischen Republik! Nieder mit Khatami! Hoch die internationle Solidarität!

Mit Eiern und Tomaten haben die DemonstrantInnen die Autos des Konsulats und Khatamis geworfen. Die Kundgebung dauerte 45 Minuten und während die ganze Zeit wurden die obigen Parolen gerufen.

 http://switzerland.indymedia.org/de/2004/01/17866.shtml