DRESDEN.UMSONST wird kriminalisiert.

Unterstützer 21.01.2004 12:35 Themen: Repression Soziale Kämpfe
Dresdner Staatsschutz ermittelt gegen DRESDEN.UMSONST.
Sozialer Protest wird kriminalisiert!
Heute morgen wurden drei des schweren Hausfriedenbruchs Beschuldigte von Polizeibeamten zuhause aufgesucht und unter Zwang zur erkennungsdienstlichen Behandlung abgeführt.
Seit einigen Monaten ermittelt der Dresdner Staatsschutz wegen schweren
Hausfriedensbruchs gegen die Kampagne DRESDEN.UMSONST, die sich mit
künstlerischen Ausdrucks- und Interventionsformen gegen räumliche und soziale Ausgrenzung wendet. Heute morgen wurden drei Beschuldigte von Polizeibeamten zuhause abgeholt und unter Zwang zur erkennungsdienstlichen Behandlung auf die Schießgasse verbracht. Damit erreicht eine massive Kriminalisierungskampagne gegen sozialen Protest in Dresden einen weiteren Höhepunkt.
Angefangen hatte alles mit einer Aktion in der Altmarkt-Galerie, die
untersuchen sollte, inwieweit Handlungen, die im öffentlichen Raum früher
selbstverständlich waren, wie Tanzen, Betteln, musizieren, Karten spielen,
Auf-den-Boden-sitzen und das Trinken von Alkohol, in angeblich multifunktionalen Einkaufszentren noch möglich sind. Mit dieser Aktion sollte gegen die räumliche Ausgrenzung von ?abweichenden? Verhaltensweisen protestiert werden.
Am 14. September gingen dann AktivistInnen der Kampagne DRESDEN.UMSONST im
städtischen Arnhold-Bad schwimmen. Mit Luftballons, Handzetteln, Musik,UMSONST und ohne zu bezahlen. Ein paar Wochen später fand eine weitere Aktion statt: BUS UND BAHN FREI. Offen und in Gruppen wurde Straßenbahn gefahren. Nicht schwarz, sondern UMSONST. Im November dann führte DRESDEN.UMSONST einen szenischen Dialog im Theater Junge Generation vor ca. 350 Jugendlichen auf, in dem die Schließung von sozialen und kulturellen Einrichtungen thematisiert wurde.
Die Kampagne DRESDEN.UMSONST will mit ihren symbolischen Aneignungen deutlich machen, dass bestimmte soziale Bedürfnisse keinen Luxus darstellen, der zur Disposition gestellt werden kann, sondern zum Leben dazugehören.
DRESDEN.UMSONST will dabei neue Wege beschreiten, um politische Inhalte mit künstlerischen Ausdrucksformen zu verbinden.

Diese Form des politischen Protestes wird jetzt kriminalisiert.

Nach der 15 minütigen Aktion ?Heute FREIbaden? wurden vier Personen von
Polizeibeamten festgehalten, ihre Personalien aufgenommen und Fotomaterial
beschlagnahmt. Was sich anfangs als polizeiliches Routinehandeln ausnahm,
stellte sich im Nachhinein als Ermittlungsmaßnahme der Abteilung des Staatsschutzes der Dresdner Polizei dar. Und die wollen es ganz genau wissen. Mittlerweile wird nicht nur gegen die vier Festgenommenen wegen schweren Hausfriedensbruchs ein Verfahren geführt, sondern auch gegen MitarbeiterInnen und KünstlerInnen des Kunstprojektes DRESDENPostplatz. Ende des Jahres schickte der Staatsschutz an alle Beschuldigten eine Vorladung zur Vernehmung heraus, in der auch eine erkennungsdienstliche Behandlung angedroht wurde, die das Anfertigen von Portraitfotos und die Abnahme von Fingerabdrücken beinhaltet.


Die Ermittlungsmaßnahmen des Staatsschutzes machen aber nicht bei den
Beschuldigten halt, sondern erstrecken sich auf alle und alles, was sie mit DRESDEN.UMSONST in Verbindung bringen. So wurde die Kuratorin des
Kunstprojektes DRESDENPostplatz, die aus dem Schwimmbad als Journalistin berichtete, von Beamten des Staatsschutzes über drei Stunden lang verhört. Ebenso wurden an den Redakteur der Radiosendung, der über die Aktion berichtete, und den Lizenznehmer des Veranstaltungs- und Kunstsenders Zeugenvorladungen verschickt. Im Vorfeld wurde bereits per Telefon damit gedroht, die Beschuldigten zuhause aufzusuchen, um sie zwangsweise für eine erkennungsdienstliche Behandlung vorzuführen. Heute morgen wurde mit einem massiven Polizeiaufgebot die Drohung wahrgemacht.

Wir müssen zugeben, dass wir über den Umfang der staatlichen Repression
überrascht sind. Was sich anfangs lediglich als eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für tätigkeitslose StaatsschützerInnen darstellte, entpuppt sich als gezielte Kriminalisierung sozialen Protestes. Sie meinen es wirklich ernst. Das bedeutet aber auch, dass wir mit unseren Aktionen den Nagel auf den Kopf getroffen haben. Der Umfang des Abbaus sozialer und kultureller Leistungen und die damit verbundene Ausschließung von Teilen der Bevölkerung macht sich nicht nur an der Gesundheitsreform, den Hartz- und Rürup-Gesetzen deutlich, sondern auch
an dem geplanten Sparhaushalt der Stadt Dresden. Proteste dagegen werden als so gefährlich angesehen, dass der STAATSSCHUTZ ermittelt. Dabei stellen symbolische Aneignungen und temporäre Besetzungen keinesfalls
Interventionsformen dar, die ungewöhnlich oder kriminell sind, sondern gehören schon immer zum Repertoire politischen Protestes und künstlerischer Auseinandersetzung, wie die derzeitigen Aktionen der Studierenden in Hamburg, Berlin und Sachsen deutlich machen.

Besondere Brisanz erfahren die Ermittlungen des Dresdner Staatsschutzes aber nicht nur dadurch, dass die Anfertigung von Lichtbildern und die Abnahme von Fingerabdrücken als geeignete und verhältnismäßige Maßnahmen wegen 15minütigen UMSONSTBadens angesehen werden, sondern dass auch versucht wird, Journalistinnen und Journalisten, die ihrer Berichtspflicht nachkommen, in die Nähe von Mitwissern zu drängen. Oder wurde schon mal der Sendeleiter des MDR von der Polizei vorgeladen, weil er von Besetzungsaktionen Leipziger Studierender berichtet hat? Damit wird deutlich, dass es nicht darum geht, Informationen für einen etwaigen Prozess zu sammeln, sondern Menschen mit eigenen Ideen und ihr soziales Umfeld auszuforschen.

Wir sehen diese Ermittlungen des Dresdner Staatsschutzes nicht nur als
Maßnahmen gegen DRESDEN.UMSONST, sondern gegen alle, die sich gegen den
zunehmenden Sozialabbau gewehrt haben und auch weiterhin wehren wollen. Mit der Anfang des Jahres in Kraft getretenen AGENDA 2010 und den anstehenden Kürzungen im Kultur- und Sozialhaushalt der Stadt Dresden nehmen der Unmut und die Unzufriedenheit weiter zu. Welcher Ausdrucks- und Interventionsformen sich dabei bedient werden kann, ist noch offen. Wenn es dem Dresdner Staatsschutz gelingt,symbolische Aneignungen zu kriminalisieren, werden Formen zivilen Ungehorsams kaum noch möglich sein. Es geht also nicht nur um DRESDEN.UMSONST, sondern um die Zukunft des sozialen Protestes und Widerstandes und die möglichen Formen politischer Auseinandersetzung. Daher rufen wir alle auf, sich mit der Kampagne DRESDEN.UMSONST zu solidarisieren und sich gegen die Kriminalisierung
durch den Dresdner Staatsschutz zu wenden.
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Ergänzungen

prozesse auch in berlin

alles für alle 21.01.2004 - 15:03
bereits vor längerer zeit fand auch in berlin FREIbaden statt - auch hier gibt es eine kampagne berlinUMSONST. die ersten prozesse fanden statt, endeten jedoch mit verwarnungen. ein grösserer prozess steht noch an... vielleicht wäre es sinnvoll gemeinsam auf die kriminalisierungen zu reagieren! just think about...

Solidaritätserklärung von Hamburg Umsonst

Hamburg Umsonst 22.01.2004 - 15:40
Eine Solidaritätserklärung von "Hamburg Umsonst" findet sich hier

 http://www.de.indymedia.org/2004/01/72614.shtml

Persönliche stellungnahme

RA 22.01.2004 - 18:34
Ich hoffe Dresden Umsonst läßtsich nicht von einer derartige Wiederwertige Aktion einschüchtern! Mit dieser Aktion Versuchte der Staat im Vorfeld der laufenden vorbereitung zum Naziaufmrch am 13+14 Februar unruhe und verunsicherung in díe Linke herein zu tragen. Dies wird keinenfals von Erfolg gekröhnt sein lasst euch nicht davon abringen für Frei Meinungs äusserung und gegen Sozialen ahlschlag ein zu setzen. tretet Nazi Pack auf ihrer Demo entschlossener den je entgegen . Es zeigt sich auch das der Staat jegliche Kritik von Dresden Umsonst ablehnt und damit die Demokratischen Grundsätze unseres Landes aus hebelt. Lsst euch keinesfals davon beeindrucken und macht weiter so!

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Verstecke die folgenden 5 Kommentare

This is...

AA 21.01.2004 - 15:20
...fascism.

Beileid und Solidarität

mir 21.01.2004 - 17:14
Die Zeit der Sponti-Aktionen scheint gelaufen, so eine scheisse,
Beileid und Soli für DresdenUmsonst.
gruss
mir

Aktionstage gegen Repression in Giessen

AG [füsele] 21.01.2004 - 17:37
Vom 08. bis zum 14. März finden in Giessen Aktiontage gegen Knast und Repression statt.

weitere Infos:
www.antirepression.de.vu

alles nach dresden

antifa 21.01.2004 - 20:46
und alle anderen nazidemo am 13.februar verhindern

Einwand

Differenz 22.01.2004 - 10:16
Der Titel ist etwas fragwürdig - der Slogan "Alles für Alle, und zwar umsonst" ist nunmal, so richtig ich ihn auch finde, ein Bruch mit den geltenden Gesetzen. Wer für irgendein Produkt oder eine Dienstleistung nicht den festgesetzten Preis zahlt ist in den Augen des Staates ein Krimineller, da muss nicht mehr groß kriminalisiert werden.