Blutiger Auftakt zum WEF 2004

PigBrother.info 21.01.2004 03:28 Themen: Globalisierung Repression Soziale Kämpfe
Wie Medien Polizeigewalt verniedlichen ? PigBrother fordert Kostenwahrheit bei Polizeieinsätzen!

An Demonstrationen im Vorfeld des WEF kam es am 10.1.04 und 17.1.04 zu mindestens 8 blutigen Kopfverletzungen, wie sie bei jedem "Gummigeschoss"-Einsatz aus kurzer Distanz auf Kopfhöhe üblich sind. Wie durch ein Wunder entgingen zumindest 2 Personen knapp einem Augenverlust. Einer Person wurde durch "Gummigeschosse" das Nasenbein gebrochen.

Wie üblich geschahen diese Verletzungen unter striktem Auschluss einer breiteren Öffentlichkeit:
Nach bewährtem Rezept übten sich sie Medien unter dem Druck der sog. «wahren Chefredaktion» (Inserenten, Aktionäre, Geschäftsleitung) praktisch ausnahmslos in opportunistischem Verschweigen, Verniedlichen und Verleugnen. Nicht ganz zufällig: Selbst bei Personen, die Demonstrationen strikt ablehnen, sind die VersursacherInnen derart blutiger Verletzungen, sobald diese öffentlich bekannt werden, klar nicht mehrheitsfähig.

Zumindest in einem Fall waren nun aber die normalen blutigen Folgen solcher "Gummigeschoss"-Einsätze ausnahmsweise wenigstens auf dem Internet zu sehen.


--> Winterthur 10.1.04:

20min schrieb am 12.1.04 lediglich «Zwei Demonstranten mussten mit Verletzungen ambulant behandelt werden». Im TA wurden ohne weitere Angaben «2 verletzte Demonstranten» gemeldet. In der NZZ vom gleichen Tag war zu lesen «Etliche blutüberströmte Demonstranten» seien «von Sanitätern weggeführt» worden ? auch hier keinerlei weiteren Angaben. Der SoBli vom 11.1.04 schrieb gar nicht erst von Verletzten, sondern beschränkte sich unter dem rührenden Titel «Tränen in Winterthur» darauf, die Polizei sei «mit Tränengas und Gummigeschossen [...] gegen Globalisierungsgegner vorgegangen».

Wenig überraschend konzentrierten sich die Medien generell auf die «gewalttätigen Sachbeschädigungen» und übernahmen zudem unhinterfragt die Meldungen der Polizei, es seien «Flaschen mit Säure und Benzin» beschlagnahmt worden. Genauere Angaben ? etwa über die Art der Säure ? blieb die Polizei offenbar schuldig. Wie PigBrother erfuhr, seien zwar an der Polizei-PK kommentarlos einige PET(!)-Flaschen ins Bild gerückt worden ? die sich jedoch bekanntlich zur Aufbewahrung von Säuren oder Benzin denkbar schlecht eignen. Die Vermutung liegt nahe, dass es sich beim Inhalt der beschlagnahmten Flaschen falls überhaupt um Chemikalien, dann eher um solche zum neutralisieren von "Tränengas" handelt.

Fazit: Während Sachschäden einmal mehr möglichst exakt beschrieben und beziffert wurden, wurden die durch die Polizei entstandenen Personenschäden wie üblich lediglich nebenbei angedeutet und eine Bezifferung inkl. Folgeschäden tunlichst vermieden. Leider fanden sich auch in unabhängigen Medien keinerlei weitere Angaben zu den Verletzungen.


--> Burgdorf 17.1.03

An dieser Demo wurden laut übereinstimmenden Berichten vom Ordnungsdienst keine Sachbeschädigungen geduldet, einmal mehr wurden hitzige Demonstranten sogar gehindert, Steine auf Beamte zu werfen, nachdem diese mindestens 6 Personen durch Gummigeschosse auf Kopfhöhe aus extrem kurzen Distanzen z.T. gravierend verletzt hatten.

Die NZZ am Sonntag schrieb am 18.1.04 zwar wie gehabt ohne weitere Angaben, doch immerhin, es seien «mehrere Demonstranten [...] am Kopf verletzt» worden. In der SoZ gleichentags von Verletzten kein einziges Wort. Der TA vom 19.1.04 : «Jetzt ist die Zeit für die Demo-Apothekerin gekommen. Sie ? eine Demonstrantin mit rotem Kreuz auf der Armbinde ? leistet erste Hilfe für einige, die von Gummigeschossen getroffen wurden. Blutgetränkte Tücher liegen auf dem Boden.» Hauptsache keine konkreten Angaben ... In der NZZ vom Montag war (im Gegensatz zum Sonntag) dann plötzlich nur noch die Rede davon, es sei «eine Frau leicht verletzt» geworden.

Ausnahmsweise ist der "Gummigeschoss"-Einsatz von Burgdorf wenigstens im Internet einigermassen dokumentiert: Auf  http://ch.indymedia.org/demix/2004/01/17345.shtml berichtete u.a. in einem Kommentar eine Frau, wie ihr von einem Gummigeschoss, abgefeuert aus einer Distanz von nur 3 Metern, die Nase gebrochen wurde. Im Communiqué der Demo-VeranstalterInnen unter der gleichen URL berichten diese von einem verletzten unbeteiligten 10-jährigen Mädchen und einer unbestimmten Anzahl von zusätzlichen Verletzten. Z.T. habe die Schussdistanz weniger als 2 m betragen, trotzdem sei auf Augenhöhe geschossen worden. Auf einem weiteren Bericht  http://ch.indymedia.org/de/2004/01/17366.shtml wurde ein Bild einer weiteren verletzen Frau veröffentlicht, desgleichen Fotos von nochmals 3 weiteren Verletzten auf no-wef.ch.vu  http://wef.linkgroup.org/Index.php?Site=Bilder3&ID=14. Eine dieser verletzten Personen wurde zudem knapp unterhalb des Auges getroffen (siehe Bild 3). Dass es bei diesem blutigen "Gummigeschoss"-Einsatz nicht zu weiteren Augenverlusten kam, ist blosser Zufall und bestimmt nicht Verdienst der Polizei.

Einziger Lichtblick: Selten wurde ein «ganz normaler "Gummigeschoss"-Einsatz» so umfassend dokumentiert und die Lügen der Medien von wegen «einer leichtverletzten Frau» etc. so klar als blosse Vernebelungstaktik entlarvt. --> Es ist sehr zu hoffen, dass auch noch die weiteren Fotos und Videos dieses Einsatzes, von denen in Kommentaren auf indy.ch die Rede war, ebenfalls noch öffentlich gemacht werden!

Fazit: Einmal mehr wurden auch hier in den Medien die Sachschäden (nämlich keine) in allen Berichten genau beziffert, die genaue Art und Anzahl der Personenschäden jedoch verschwiegen und ihre Kosten sowieso verheimlicht.
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