Feature: WSF 2004 in Bombay hat begonnen

Jens Steiner 16.01.2004 19:02 Themen: Globalisierung Soziale Kämpfe Weltweit
Eine andere Welt ist möglich: WSF 2004 in Indien: Während sich Gegner der voranschreitenden kapitalistischen Globalisierung bislang in der südbarsilianischen Hafenstadt Porto Alegre trafen, um einen Gegenpol zum Weltwirtschaftsforum in Davos zu schaffen, kommen sie nun zum ersten Mal in Asien, im indischen Bombay (Mumbai) zusammen. Auf der Eröffnungsveranstaltung des WSF in Bombay sprachen Arundhati Roy, Shirin Ebadi, Shabani Azmi und viele andere. Mit einem solchen Massenansturm hatte vor vier Jahren niemand gerechnet, als Attac-Vertreter mit einigen NGO's Anfang 2001 ein gemeinsames Sommercamp verabredeten. Damals erwarteten sie ein paar tausend Teilnehmende. Doch weit mehr als 10.000 kamen und drückten ihren Unmut über ein neoliberales Wirtschaftssystem aus. Wachsende Ungerechtigkeit und Zerstörung staatlicher sozialer Sicherungssysteme in allen Ländern boten und bieten genug politischen Zündstoff und Handlungsbedarf.
Beim zweiten WSF vergrösserte sich der Andrang. Etwa 100.000 nahmen am WSF 2003 teil. Politischen Druck erzeugte das Sozialforum, weil dort konkrete Kampagnen verabredet wurden. Dazu zählten koordinierte Proteste, die zum Beispiel dazu beitrugen, dass sich einige Wassermultis zum Rückzug aus den Märkten in Lateinamerika und den Phillipinen gezwungen sahen, aber auch Aktionen gegen Saatgutkonzerne (pdf), die ihre Genpatente durchzusetzen versuchen. Besonders Regierungen ärmerer Länder fühlen sich durch die Kritik am neoliberalen Dogma ermutigt. So widersetzten sich China, Brasilien und Indien auf der letzten Welthandelsrunde den Forderungen nach einer Öffnung der Finanz- und Bildungsmärkte. Der Umzug des WSF von Brasilien nach Indien soll die Bewegung, die bis jetzt zu sehr auf Amerika und Europa beschränkt scheint, nun auch zu deren Erweiterung im asiatischen Raum führen. Auch das Themenspektrum wurde erweitert. Mehr als 38 soziale Bewegungen aus verschiedensten Ländern haben ihr Kommen angekündigt. Neben einigen Attac-Repräsentanten aus Deutschland reiste im Auftrag des auswärtigen Amtes auch die Staatsministerin Kerstin Müller nach Indien, um bei Globalisierungskritikern für "eine gerechte und nachhaltige Gestaltung" der Globalisierung zu werben.

Direkt aus den fünf grossen Veranstaltungshallen wird Indymedia Indien vom 16. bis zum 21. Januar mit Unterstützung von Babels.org live berichten. Der Stream wird u.a. in Hindu, Französisch, Englisch und Koreanisch ausgestrahlt. Ausserdem soll laut indy.org es Live Coverage vom Internationalen Jugendcamp geben.



Vorbereitungen zum WSF 2004, Foto: Indy Indien

Informationen zum Programm findet man hier und hier.Ein Video zu den Vorbereitungen des WSF gibt es hier:
[9MB file [mp4] [1.4 MB file [mp4]] (Länge: 1 Minute, 12 Sekunden).

Mehr Informationen unter



Eine der fünf grossen Veranstaltungshallen beim WSF 2004
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Ergänzungen

Erweiterung der Bewegung im Sueden?

think global 16.01.2004 - 20:01
Eine Erweiterung der Bewegung im Sueden? Die Basisbewegungen im Sueden kaempfen schon seit Jahren gegen die WTO, seit Jahrzehnten gegen IWF und Weltbank, seit Jahrhunderten gegen Kolonialismus und Unterdrueckung. Wir koennen viel von ihnen lernen. Es gibt ja zum Glueck auch noch viele verschiedene Netzwerke in der Bewegung der Bewegungen.


Gesammelte Zitate, Hintergründe und mehr

Borg 16.01.2004 - 20:03
Links mit kritischen Zitaten und Hintergründen:
- Übersicht:  http://www.projektwerkstatt.de/zitate
- Innerlinke Debatten, Streits & Co.:  http://www.projektwerkstatt.de/debatten
- WSF:  http://www.projektwerkstatt.de/debatte/attac/attac_wsf.html
- Attac:  http://go.to/tobin-tax

Riesiger Andrang

Minerva Compton 16.01.2004 - 20:54
Die Eröffnungsveranstaltung musste verschoben werden, um diese ins Freie zu transferieren. Der ursprünglich vorgesehene Saal reichte für 50.000 Menschen, aber um 16.00 waren es schon 500.000, die da rein wollten...

Einbindung etc.

HanZ 16.01.2004 - 21:51
Die sozialen Bewegungen, die im Sozialforum repräsentiert werden, sind zu groß, um ignoriert oder unter Druck gesetzt zu werden. Die Regierenden versuchen es daher mit Umarmungs- und Eibindungsstrategien. Bestimmte Teile der Bewegungen werden von staatlichen Institutionen unterstützt, um so Einfluss auf die Bewegungen zu bekommen.
Renate Müller aus dem Auswärtigen Amt ist beispielsweise auf dem WSF, um am Beispiel Deutschlands zu erläutern wie gerecht die Globalisierung sein kann (!!!). Mich würde interessieren, wie die Reaktionen beim WSF auf Politikerauftritte sind.

Viele aktuelle Bilder vom WSF

Indy 17.01.2004 - 10:42

SÜden

gerd 17.01.2004 - 21:13
Indien hat so weit ich weiss bislang dem westlichen Patentsystem widerstanden. Auch bei Sachen wie Freie Software zeigen die Länder des Südens, dass sie die Nase vorn haben, ich sag nur Brasilien. Ich glaube, die "andere" Welt kommt ganz von allein, aber es macht Spass dabei gewesen zu sein. Es ist ein Fehler sich immer durch das Feindbild, das was man nicht will, zu definieren, man muss eigene ziele nehmen und Initiative ergreifen.