Hr-Studio Kassel besetzt

AGS-Kassel 22.12.2003 19:23 Themen: Bildung Medien
Hessischer Rundfunk in Kassel besetzt !

Samstag hat eine Gruppe von ca. 30 Studierenden und Erwerbslosen für etwa 2 Stunden den Hessischen Rundfunk in Kassel besetzt. Dabei wollten sie über die am Donnerstag, dem 18. Dezember erfolgte Verabschiedung des "Zukunftssicherungsgesetz" im Hessischen Landtag informieren sowie auf dessen Auswirkungen für die Bevölkerung und im speziellen für Studierende hinweisen.
Nach anfangs emotionalen und später sachlichen Verhandlungen mit dem Chefredakteur sowie dem Sendeleiter wurde die Besetzung mit einem zufriedenstellenden Ergebnis durch die Studierenden beendet: Es wird in der Hessenschau, in Hessen Aktuell sowie in mehreren HR-Radiosendern Beiträge über die Besetzung und deren inhaltliches Anliegen geben. Grundlage dafür ist eine von den Studierenden verfasste Erklärung:

Erklärung für 20.12.2003

Die Protestaktionen der Studierenden der Uni K, die nun seit mehreren Wochen andauern, begannen anlässlich der geplanten Einführung von Studiengebühren und den Kürzungen in der Verwaltung und der studentischen Infrastruktur.

In den letzten 4 Wochen konnte die Stadt Kassel viel studentischen Unmut erleben. Zahlreiche Aktionen der protestierenden Studierenden wurden in den öffentlichen Raum getragen, dies wurde erst durch einen Streikbeschluss der studentischen Vollversammlung im November möglich. Mit unseren Aktionen wollten wir auf die Auswirkungen des sogenannten Zukunftssicherungsgesetzes aufmerksam machen ? was eher ein Zukunfts-Verlust-Gesetz für weite Teile der hessischen Bevölkerung ist. Am Donnerstag hat der Landtag unter massiven Protesten sein Kürzungsprogramm verabschiedet. Hessen wird dies deutlich zu spüren bekommen. Dieses Gesetz und die ab 1.1. 2004 greifenden Reformen auf der Bundesebene werden zu verheerenden gesellschaftlichen Änderungen führen. In Hessen werden 10000 Stellen im öffentlichen Dienst wegfallen sowie 1000 Stellen bei sozialen Trägern, das wird 10.000 ehrenamtliche Mitarbeiter nach sich ziehen, da ihnen die Hauptamtliche Basis fehlen wird. Was macht ein Jugendlicher ohne Lehrstelle dem Beratungs- und Vermittlungsmöglichkeiten genommen sind ? Was passiert mit einem Drogenabhängigen, der keine Anlaufstelle mehr hat ? Was zählt dieser Politik ein Menschenleben?
Wir sehen uns hier nicht nur einem radikalen Sparprogramm ausgesetzt, sondern der Tatsache, daß über Jahrzehnte erkämpfte soziale Errungenschaften zunichte gemacht werden. Eine dieser Privilegien war dass in diesem Land jeder, unabhängig von sozialer Herkunft und finanziellem Backround jeden Ausbildungsweg einschlagen konnte. Doch durch das am Donnerstag verabschiedete StuGuG wird dies nicht mehr der Fall sein. Schon jetzt finanzieren sich 20% der Studierenden ausschließlich über Jobs, 75% müssen dazu verdienen. Für viele aus sozial niedrigeren Schichten wird der Zugang zu Universitäten von nun an verwehrt bleiben.
Wir sagen, Alternativen sind machbar. Wenn Geld geholt werden soll, dann z.B. über die Einführung einer Vermögenssteuer ab 500.000 ? (die bei einer Höhe von 1,5% dem Land Hessen 1,2 Milliarden Euro einbringen würden; bzw. die konsequente Besteuerung der
Unternehmensgewinne und Vermögen der Reichen.

Wir, die protestierenden StudentInnen an der Uni K, werden nun, nach der Verabschiedung dieses Gesetzes die Proteste nicht einstellen. Gleich im neuen Jahr, am 7.1.04 wird es eine Studentische VV geben, in der über die weiteren Vorgehensweisen beraten wird. Wir werden die willkürlichen Entscheidungen von weltfremden Politikern nicht schweigend hinnehmen.
Wir rufen alle Einwohnerinnen und Einwohner Hessens auf, sich an kommenden Protestaktionen zu beteiligen und nicht einfach zuzusehen, wie Menschen ihre Lebensgrundlage genommen wird.
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Ergänzungen

besser selber machen

weist 22.12.2003 - 22:45
Klar, in den Medien *wird* den studentischen Protesten ein gewisser Raum gegeben. Aber in welcher Form? Werden die Belange der Studis angemessen präsentiert? Wird der Zusammenhang über 'Luxusproteste' hinweg hergestellt (bei sowas aber immer auf die Zielgruppe achten!)? Was ist mit unbestreitbaren Fakten, z.B. daß die anstehenden Deformen im (schulschen) Bildungsbereich eine Quote von 25% vollen bis funktionalen AnalphabetInnen zur Folge haben werden?

Das heißt, so es irgendwie möglich ist, sollte versucht werden, die Anliegen möglichst direkt und nicht über den Weg einer mit den einschlägigen Verdächtigen gespichten Sendechefetage zu vermitteln.

Aber dennoch: herzlichen Glückwunsch! Leicht ist so eine Aktion nicht, und die studentischen Proteste haben in dieser Hinsicht Zeichen gesetzt: sie haben zu Aktionen geführt, die es nie zuvor in der Geschichte dieses Landes gab. Weiter so & ich drück euch die Daumen. Rom ist auch nicht an einem Tag abgebrannt worden.