Pro-Saddam-Demo in Köln

AugenZeuge 20.12.2003 20:26 Themen: 3. Golfkrieg Antifa
Knapp 20 Neonazis um die "Freie Kameradschaft Köln"/"Kampfbund Deutscher Sozialisten" haben heute in der Kölner Innenstadt für die Freilassung Saddam Husseins demonstriert. Organisatoren waren Paul Breuer, Uwe Pendsinski und Axel W. Reitz. 40 Gegendemonstranten waren vor Ort. Rund 60 Polizisten schützten die Demo, größere Zwischenfälle gab es nicht.
Vor dem Kölner Opernhaus demonstrierten heute von 16 bis etwa 17.30 Uhr 18 junge Neonazis "für den völkerrechtswidrig inhaftierten rechtmäßigen Präsidenten des Irak, seine Exzellenz Saddam Hussein", wie es im Aufruftext hieß. Die Organisatoren Paul Breuer, Uwe Pendsinki und Axel W. Reitz, allsamt bekannte Neonazis, feierten in ihren Reden den von den USA gefassten Irakischen Diktator, freuten sich auf ein "neues deutsches Reich" und stellten eine Verbindung zwischen deuschem und irakischem Nationalismus her. Saddam Hussein und Adolf Hitler seien Helden, weil sie beide nach der militärischen Niederlage nicht aus ihrem jeweiligen Land geflohen seien, sagte Axel W. Reitz, der sich auch gerne als Sprecher einer humorig "Bürgeraktion gegen Gewalt und Intoleranz" genannten Gruppe bezeichnet. Die Nazis hatten zwei Transparente ohne Saddam-spezifische Sprüche, einer trug eine A2-Fotografie des gestürzten Diktators vor sich her.

Rund 40 Gegendmonstranten, mit einer israelischen und einer US-Fahne ausgerüstet, meldeten spontan eine Gegendemo an und versuchten, die Nazis durch gelegentliche Zwischenrufe zu stören. Der Platz wurde von der Polizei einem Ring von vielleicht 25 Meter um das Nazigrüppchen abgesperrt. Auf die "Saddam, Saddam"-Rufe der Neonazis erwiederten die Linken "Erdloch, Erdloch". Eine Gedenkminute der Nazis "zu Ehren der gefallenen Irakischen Soldaten" mussten sie nach rund etwa fünf Sekunden vorzeitig abbrechen, als einige Linke in die Stille hinein ein israelisches Friedenslied sangen. Da nicht alle Neonazis vorher von der Auflage erfahren hatten, ohne Springerstiefel zu demonstrieren, mussten etwa vier von ihnen barfuß beziehungsweise in Socken demonstrieren, und das bei Nieselregen und etwa acht Grad Celsius.

Von Gegendemonstranten empfangen und der Polizei beschützt waren die Demonstranten vor der Demo auf dem Fußgängersteig vom Bahnhof durch die Stadt zum Opernplatz gelangt, vice versa nach der Demo. Nach Angaben der Polizei wurde von einem Gegendemonstrant nach einer Rangelei auf dem Hinweg die Personalien festgestellt und der Mann wieder laufen gelassen. Zu weiteren Eingriffen kam es laut einem Polizeisprecher nicht. Passanten bekamen von dem Demoinhalt nicht viel mit, da es weder entsprechende Transparente gab noch ein Lautsprecher benutzt wurde, auf dem Weg vom und zum Bahnhof skandierten nur die Linken ab und zu "Nazis raus".
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Ergänzungen

wundert mich nicht

loko 20.12.2003 - 21:46
aber schlimm, dass auch einige "linke" keine schwierigkeiten mit saddam und seiner baath-partei haben....

Gegenaktion

Flat Eric 21.12.2003 - 15:06
Das einzige, was an der Gegenaktion wirklich panne war, war das Transparent "Mehr Bildung für Nazis". Was soll da denn für eine Faschismusanalyse zu Grunde liegen?!

Das Transparent "Gegen Antisemitismus - Solidarität mit Israel" fand ich hingegen ebenso dem Anlass angemessen wie die USA- und Israelflaggen. Das sollte auch für Linke einsichtig sein: Wenn die USA derzeit (!) die einzigen sind, die faschistischen Regimes Einhalt gebieten können und wollen (aus welchen Gründen auch immer), dann ist das anzuerkennen. Und dass die Solidarität mit Israel selbstverständlich sein muss, muss hier nicht ein tausendstes Mal dargelegt werden.

taz köln schreibt über die Demo

Jones 21.12.2003 - 22:30
Hier die 31 Zeilen der taz köln zur Demo:  http://www.taz.de/pt/2003/12/22/a0046.nf/text

verlorener nachmittag

quasimodo 22.12.2003 - 17:39
das transparent "bildung für nazis", das schließlich dem geleitzug für die glatzen voranging, war noch das beste an diesem seltsamen nachmittag. die parole war natürlich ironisch gemeint - falls es jemand nicht gemerkt haben sollte, denn mangelnde bildung ist keine ursache für faschistoides denken.

angefangen hatte es um 15 uhr so:
direkt vor dem eingang des hauptbahnhofs stand ein häuflein von etwa 10 nazis, das sich im laufe der zeit verdoppelte. wir waren etwa 40 leute davor und im umkreis. bereitsschaftsbullen aus köln und aachen waren schon in überzahl vor ort (außerdem ein dutzend abgreifbullen in zivil) und nachdem wortgefechte und eine keilerei sich anzudeuten schienen, sind sie sofort dazwischen und haben die nazis mit einer kette abgeschirmt. schräg gegenüber auf der etwas höher gelegenen domplatte hängten gegendemontrant/innen transparente auf, darunter auch das "anti"deutsche fähnlein.

danach tat sich mehr als eine stunde lang nicht viel. außer die glatzen zu beschimpfen, war vor ort nichts drin. die fahrgäste der db haben überhaupt nicht geschnallt worum es ging. die superdeutschen hardcore - "anti"deutschen der gwg schwenkten us- und israel- fahnen und verteilten flyer mit ihren vernagelten ansichten, in denen die kriegsablehnung mit der befürwortung des saddam-regimes gleichgesetzt wurde. genau diese denke teilen sie mit den nazis, die wohl glaubten in der bevölkerung wären symphatien für einen massenmörder wie saddam hussein vorhanden, die sie für sich ausnutzen könnten.

für mich wirkte die szenerie unwirklich: vor mir potentielle killer, um mich herum bullen, auf der anderen seite verrückte sektierer. hier war nicht viel zu machen - irgendwie ein verlorener nachmittag.

der deeskalationsspezialist der kölner polizei - berendes war vor ort - und versuchte uns in persönlichen gesprächen weiszumachen, das einzig unsere störversuche den nazis zu aufsehen verhelfen würden, während die polizei sich ein konzept überlegt hätte den nazis so wenig öffentlichkeit wie möglich zu bieten. vielleicht wahr - vielleicht auch nicht. dagegen spricht der umstand, das sie die nazis nicht einfach sofort in einen sonderbus gepackt und zum kundgebungsort verfrachtet haben, denn schließlich hatten die nur eine genehmigte stehende kundgebung um 16uhr30 in einem hof neben dem schauspielhaus. ich denke eher, die bullen waren an uns und an unseren reaktionen interessiert (oder an live-theater ?).

etwa um 16uhr15 wurden die nazis dann - dicht umringt von den grünen - im schnellgang durch wenig von menschen frequentierte straßenzüge zum offenbachplatz geleitet. an der einzigen stelle, an der passant/innen etwas hätten mitbekommen können, waren nur "nazis raus"- rufe zu hören. an ihrem kundgebungsort angekommen standen die nazis im dunkeln und im regen - zu ihrem schutz umringt von bullenwannen. ab und zu grölten sie irgend etwas und zum schluß begann es kräftiger zu schütten.
zu den wenigen sachen, die sonst noch gelaufen sind sage ich aus repressionsgründen hier nichts. die kölner justiz fährt zur zeit einen ziemlich rechten kurs.

leute, bleibt cool und seht nicht alles zu verbissen - und hört auf, euch gegenseitig anzupissen.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 15 Kommentare an

In Köln??? — häää???

Antidioten — Dan

Peter hat recht — meine ich

flat — leila

Falsche Freude — Dante

USA - Antifa? — Flat Eric

mhhh... — nazisaufmaulunddasistauchgutso

@ Flat Eric — Kommission für Richtigstellung