Aktion gegen Veranstaltung mit Jörg Friedrich

Kritik und Praxis [KP] Berlin 11.12.2003 20:41
Am Freitag, den 12.12.2003 wird Jörg Friedrich um 19.30h in der Berliner Urania über den Vernichtungskrieg sprechen. Er wird damit nicht den Vernichtungsfeldzug der Deutschen durch Osteuropa meinen, sondern den Krieg der brit. Luftwaffe gegen Deutschland. Er wird über Krematorien sprechen, aber nicht von den Orten der Vernichtung wie Auschwitz und Treblinka, sondern von deutschen Luftschutzbunkern.
Nicht durch die Dokumentation der zerstörten deutschen Städte, wohl aber durch die dabei verwandten Begriffe und durch die bewusste Kontextlosigkeit trägt Jörg Friedrich dazu bei, die Geschichte des Nationalsozialismus zu einem deutschen Opfermärchen umzulügen.
Die Begeisterung für das Buch „Der Brand“ und den Bildband „Brandstätten“ ist nicht isoliert zu betrachten. Sie muss zusammengedacht werden mit einer Tendenz zur Umdeutung der deutschen Geschichte, die im Moment so offenkundig Konjunktur hat. Im Vordergrund steht dabei der unbedingte Wille, Opfer gewesen zu sein. Nicht umsonst schließen sich die Debatten um die Kriegsführung der Alliierten nahtlos an die Diskussionen um ein Zentrum gegen Vertreibungen und die unsäglichen Vertriebenenverbände an. Über die Frage wer zu welchem Zeitpunkt Opfer war, möchten die Deutschen künftig selber befinden und eines ist schon jetzt klar: Die Deutschen selber sind ganz vorne mit dabei.
Diese Opfermythologie hat aktuell vor allem zwei Bedeutungen. Zum einen ist sie wichtiges Instrument, um die Machtposition in Europa zum Beispiel gegen die Osteuropäischen Staaten auszubauen, zum anderen dient gerade der Verweis auf die „Verbrechen“ der Westalliieren dazu, die aktuelle Politik der USA zu diskreditieren, um eigene Ansprüche auf eine führende Rolle in der Weltpolitik geltend zu machen.
Die Opfererzählung der deutschen. Ideologie bedeutet in direkter Konsequenz, die Täter anderswo auszumachen. Die "Nazis" sind immer die anderen und nie die Deutschen. Und so wird in regelmäßigen Abständen ein neuer "Hitler" in der Welt ausgemacht. 1999 wurde ein "Hitler" in Belgrad aufgetan und Friedensbewegte teilen uns auf den Großdemonstrationen dieses Jahres mit, die neunen "Hitlers" in Washington und Jerusalem identifiziert zu haben, George W. und Ariel Sharon. Stets ist damit verbunden vergessen zu machen, in welchem Land der tatsächliche Hitler zur Macht gelangen konnte.
Israel und die USA sind hier die Projektionsflächen. In Israel, einem Land so groß wie Hessen, sehen 65% der Deutschen die größte Gefahr für den Weltfrieden und den Vereinigten Staaten werden Vernichtungsabsichten und Weltkriegspläne unterstellt. Diese Entlastung deutscher Verantwortung und Schuld ist die eigentliche Essenz der Debatten um die Deutschen als Opfer. Worum es geht, ist die Lüge von den Deutschen als Opfer anzugreifen. Richtig wäre, die Luftangriffe der Alliierten in ein Verhältnis zur deutschen Mordmaschine zu stellen. Die Angriffe auf Dresden und Hamburg lassen sich nicht losgelöst betrachten vom deutschen Durchhaltewillen, der die Angriffe erst nötig machte. Das „moral bombing“ der Briten war lediglich die Antwort auf eine Moral, die bis zum Ende auf dem nationalsozialistischen Pfad bleiben wollte und die den Massenmord an Millionen von Menschen erst ermöglichte.
Für das was die Deutschen ihren Opfern antaten gibt es keinen Vergleich. Wer über Luftangriffe reden möchte, der muss über Guernica, Coventry und Rotterdam reden.
Wer vom Vernichtungskrieg reden will, der muss vom Wüten der
Deutschen in Osteuropa und in der UdSSR reden. Wer von Krematorien reden
will, der muss von Auschwitz reden.

Gegen das Vergessen.
Deutsche Täter sind keine Opfer.

Kommt um 19h zur Urania!

kritik und praxis [berlin]
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