Wir wollen alles!

Antifaschistische Linke Berlin 08.12.2003 18:58
Für Samstag, den 13.12. ruft ein Bündnis aus Sozialforum, StudentInnen, Gewerkschaften, Autonomen, linken Gruppierungen und Einzelpersonen zu einer Großdemo in Berlin gegen Sozialabbau auf. Die Antifaschistische Linke Berlin [ALB] FelS (Für eine linke Strömung) und die Kampange Berlin Umsonst! rufen zu einem "Wir-wollen-alles-Block" auf.
Die Regierung stürzen + Alles für alle + Freedom of Movement + Berlin umsonst + Kapitalismus abschaffen + Soziale Zentren erkämpfen + Her mit dem schönen Leben + Recht auf Legalisierung + kostenlose Bildung + mehr Florida für alle ...

Zum Beispiel: Nie wieder Arbeit
Wir haben die Arbeit satt. Richtig satt. Es muss mehr geben als ein Leben das sich entlang von Verwertungsinteressen abspielt. Wir wollen nicht fit für den Markt sein. Lieber wollen wir den Markt loswerden. Wir haben die Präkarisierung der Arbeit satt, genauso wie den Zwang zu eben dieser beschissenen Arbeit. Vollbeschäftigung ist eine schmierige Lüge.
Alle wissen das. Die Regierung weiss das, die Oppositon auch und die Gewerkschaften sowieso. Aber das auszusprechen und Konsequenzen daraus zu ziehen, das traut sich fast niemand. Weil ein Wertesystem zusammenbrechen würde, die Ideologie von »wahrer Arbeit - wahrer Lohn« ausgespielt hätte. Weil der gesellschaftliche und ökonomische Zwang zur Arbeit in Frage gestellt würde. Weil ein anderes Gesellschafts-Modell notwendig werden würde, das sich and den Wünschen und Bedürfnissen der Menschen orientiert, und nicht an den Profit-Raten.

Wir wollen nicht länger als Bittsteller auf den Ämtern herumkriechen, wir setzen auch nicht darauf das der Staat oder die Regierung es schon richten wird. Unser Problem ist ja auch nicht die Arbeitslosigkeit, unser Problem ist die Geldlosigkeit. Das jemand dieses Problem angehen will, davon haben wir noch nichts gehört. Die Hoffnung auf Veränderung setzen wir deshalb nicht in irgendwelche Autoritäten. Die real existierende Hoffnung, mag sie auch noch zart sein, ist die Vernetzung, die Bündelung des Widerstands.

Wir wollen in Verbindung treten mit denjenigen, die andere Kämpfe, auf anderem Terrain führen. Denn es geht uns ums Ganze, nicht um das ein oder andere Partikularintresse.

Zum Beispiel: Gleiche Rechte für alle
Wir wollen keine halben Sachen. Wir wollen alles für alle. Und wenn wir alle sagen, dann meinen wir zum Beispiel diejenigen Arbeiter afrikanischer Herkunft, die auf einer Baustelle der Wohnungsbaugesell-schaft Mitte um ihren Lohn beschissen werden sollten. Erst als die Arbeiter und ihre UnterstützerInnen Druck machten haben sie ihr viel
zu geringes Gehalt bekommen. Wir meinen diejenigen, denen an den Toren der Festung Europa ihr Recht auf Teilhabe am Wohlstand, die freie Wahl ihres Aufenthaltsorts verwehrt wird. Wir meinen die, die unter uns sind, die ohne gültige Papiere, ohne gesicherten Aufenthaltsstatus, die die im Abschiebeknast Berlin-Grünau mit einem mehrwöchigen Hungerstreik gegen ihre Haftbedingungen und gegen ihre Abschiebung gekämpft haben.

Warum jemand ins kalte Europa kommt interessiert uns nicht besonders. Aber wer bleiben will soll bleiben, ohne wenn und aber. Nicht als Mensch zweiter Klasse, sondern mit gleichen sozialen und politischen Rechten, Rechten die nicht an irgendwelche Pflichten gebunden sein dürfen.

Im globalisierten Kapitalismus werden im Kampf um Verwertung, Resourcen und billige Produktionsstandorte Menschen entlang der zynischen Kriterien »nützlich« oder »unnützlich« sortiert. Den in der Verwertungslogik unnützlichen wird mit aller Macht der Zutritt an den Hochsicherheitsgrenzen der Festung Europa verwehrt. Wer es dennoch schafft, soll so schnell wie möglich wieder abgeschoben werden.

Wir wenden uns gegen diese Logik - wir wollen offene Grenzen, oder noch besser gar keine Grenzen, wir fordern das Recht auf Legalisierung, gleiche soziale und politische Rechte für alle. Nicht weniger, aber sicher mehr.

Zum Beispiel: Soziales Zentrum Berlin
Wir wollen ein Soziales Zentrum in Berlin. Weil die Zukunft sich ein Zuhause geben muss. Weil wir einen Ort brauchen, an dem die zahllosen Basisinitiativen, der Widerstand gegen den Sozialkahlschlag, gegen den neoliberalen Kapitalismus zusammen kommen und sich organisieren können. Wir finden, wir haben ein Recht darauf. Wenn eine Elite-Universität - zu der ohnehin nur die Priviligierten Zugang haben - ein Gebäude in bester Lage kostenlos vom Senat zur Verfügung gestellt bekommt, wenn dem Nationalen Olympischen Kommitee ebenfalls ein Gebäude kostenlos angeboten wird und dazu noch eine hohe Prämie für den Umzug, dann ist die Forderung nach einem Sozialen Zentrum erst recht berechtigt.

Das passende Gebäude dafür haben wir schon gefunden: Ein schmuckes Haus in Kreuzberg, zwischen Park und Kanal. Leer stehend seit zwei Jahren. Im Oktober haben wir das Haus besetzt und es unter Zwangs-androhung der Bullen und mit dem Versprechen der Bezirks-Bürger-meisterin Verhandlungen zu führen wieder verlassen. Aber: Der Bezirk hat schnell kalte Füße bekommen, der Senat will das Soziale Zentrum sowieso nicht (und beide haben zur Sorge berechtigten Anlass).

Wir werden also die Schraube in der nächsten Zeit wieder anziehen müssen. Wir werden mit der Forderung nach einem Sozialen Zentrum in den Bewegungen und Protesten präsent sein, wir werden lauter und unangenehmer sein als wir es bisher waren. Berlin braucht ein Soziale Zentrum, nicht morgen sondern heute.

Zum Beispiel: No Control
Wir wollen uns bewegen können wo und wie wir wollen. Wir wollen keine Kontrolle und Überwachunge durch die Staatsmacht. Uns stinkt die Dokumentation auf jeder Demo und Kundgebung. Uns reicht das Abhören unserer Telefone. Wir sind nicht daran interessiert dass unser täglicher Weg durch die Stadt durch unzählige Kameras auf Gehsteigen, in Geschäften, öffentlichen Bahnsteigen aufgezeichnet wird. Wir legen keinen Wert auf die Erforschung unseres Konsumverhaltens und auch nicht auf die Vertreibung aus dem öffentlichen Raum, wenn nicht konsumiert wird. Wir wollen die Stadt, wir wollen im Raum rumhängen wie es uns passt.

Warum hat der Zoo Hannover die größte Gesichtserkennungsanlage Europas zur Identifizierung von DauerkarteninhaberInnen? Weil die Fingerabdruckanlage im Winter und bei Kindern nicht zuverlässig gearbeitet hat. Die Erforschung der biometrischen Erfassung läuft also an der Zoo-Kasse um auf unserem zukünftigen Personalausweis zu landen.

Alles was sich der Kontrolle entzieht soll kontrollierbar gemacht werden mittels permanenter Überwachung, massenhaften DNA-Proben, Bespitzelung und Denunziation.

Wir bleiben lieber unkontrollierbar und vernetzen stattdessen den Widerstand: Denn den Angriff auf unsere Lebensbedingungen können wir nur vereint abwehren.

Kommt zur Demo am 13.12. Beteiligt euch am "wir-wollen-alles-block".

13.12.03, 13.00 Uhr, Pariser Platz, Berlin
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