Wetten dass...? in Freiburg

Drei Tage bevor die Samstagabendshow ?Wetten dass...?? in der Freiburger Messe stattfand, erkannten etwa 15 Studenten und Aktivisten ihre Chance dieses mediale Großereignis mit bisweilen 50% Einschaltquote als Aktionsplattform zu nutzen. Die Wetten-Dass-Show sollte nicht vorweihnachtlichen ?eitel Sonnenschein? verbreiten, ?sondern einem Millionenpublikum die Ansichten unserer Stadt zu Sozial- und Bildungsabbau demonstrieren? (Zitat: Flyer zur Aktion). Der erste Gedanke war ? wie schon so häufig ? in der Show selbst aufzufallen; sprich Trillerpfeifenkonzerte, Transpis usw. Bei Schwarzmarktpreisen von über 130? pro Karte gab man dies jedoch schnell auf. Stattdessen sollte die ?Stadtwette? zum Dreh- und Angelpunkt werden.
Zur Erklärung: Vor etwa zwei Jahren lößte die ?Stadtwette? die ?Saalwette? ab. Das Prinzip der Wette ist jedes mal gleich: Die Bürger der Stadt, aus der die Wetten-dass-Show ausgestrahlt wird, werden dazu aufgefordert eine bestimmte Anzahl von Menschen aufzubringen, die eine wie-auch-immer-geartete Aktion an einem bestimmten Platz in der Stadt machen müssen. Die Wette wird zu Beginn der Sendung von dem Moderator mitgeteilt. Am Ende (etwa zwei Stunden später) wird per Liveschaltung überprüft, ob die Wette gewonnen wurde oder nicht.

Das Ziel der Aktivisten war es nun, bei dieser Liveschaltung möglichst massiv vertreten zu sein, einerseits durch große und viele Tranpis und Sprechchöre, andererseits auch die real teilnehmenden Menschen vom Sinn dieser Aktion zu überzeugen und zum Mitzumachen zu bewegen. Dafür hatten die Protestler zwei Stunden Zeit ? Eine ganz neue Erfahrung.

Samstag Abend trafen sich dann etwa 20 Protestwillige, ausgestattet mit Flyern, die dem ?Normalbürger? die Aktion näher bringen sollten, Trillerpfeifen,10 Transparenten, Fackeln und dem Willen jeden Menschen per Diskussion zur Teilnahme zu bewegen.
Um kurz nach 20 Uhr wurde die Stadtwette von Thomas Gottschalk, dem Moderator, mitgeteilt: Er wettete, dass es die Freiburger nicht schaffen würden, 5000 Fussballfans mit jeweils zwei Fanutensilien (Schal, Mütze,...) auf die Nordtribüne des Freiburger Dreisamstadions zu bekommen.
Die Protestler hatten zwar gehofft, dass die Wette auf einem Markt- oder Kirchplatz stattfinde, doch auch Angesichts der recht unangenehmen Vorstellung sich unter tausenden trunkenen Fußballfans zu begeben, begannen sie sich die Gesichter in schwarz-roten Farben (passt ja auch irgendwie *g) zu bemalen, kleine rote Papierhütchen zu basteln und Transpis unter dem Pulli zu verstecken. Das erste Verzagen wich einer Mischung aus bunter Kreativität.

Als die Gruppe am Stadion angekommen wurde sie von Ordnern belächelnd zur Nordtribüne durchgewunken. Dort verteilte man sich den unter den mittlerweile 7000 ?weiteren? Fans. Die Kontaktaufnahme verlief sehr viel freundlicher als erwartet. Zwar gab es ab und zu ein bisschen Geschupse a la ?Ich bin nicht 40km gefahren, um dein blödes Plakat vor der Nase zu haben!? oder die Flyer wurden ohne Lesung als Konfetti missbraucht, doch alles in allem konnte man sich jeweils zu zweit mit einem Transpi auf der Tribüne verteilen und einige Fans von der Aktion überzeugen.

Die Liveschaltung erfolgte etwa um 23Uhr und leider gingen die vielen Transpis im Fahnenmeer der Fussbalfans beinahe unter. Vermutlich versuchte das ZDF bei Nahaufnahmen jedes pol. Transparent zu umgehen. Ganz gelang den Fernsehteams und der Regie das aber nicht (s. Bilder unten).

Zum Abschluss gab es noch zwei Spontandemos: Die erste vor dem Ausgang des Stadions, die zweite am Dorinth-Hotel, in dem die Promis der Wetten-dass-Show untergebracht wurden. Beide Demos wurden interessiert verfolgt und ernteten viele Solidaritätsbekundungen.

Resümee: Der breiten Masse der Fernsehzuschauer werden die Transparente entgangen sein. Bekannte, die von der Aktion wussten, nahmen sie jedoch wahr. Äußerst positiv war die Zusammenarbeit innerhalb der Gruppe, die aus Menschen vieler verschiedener linker Bewegungen in Freiburg bestand. Ideologische Grabenkämpfe lieferte man sich diesen Abend nicht: Die Aktion schloss mit einer gemeinsamen Nacht-Teestunde mit Reflexion und Diskussion. Möge man in Freiburg auch in nächster Zeit wieder so produktiv zusammenarbeiten!

Aufforderung: Warum nicht die Stadtwette als ständiges öffentliches Forum nutzen? Bei der nächsten Wetten dass Sendung erwarten wir weitere, bunte Aktion. Spricht sich diese Aktion herum und folgen weitere, könnte sich daraus ein Selbstläufer entwickeln!!