Nachtrag zur "Sicherheitskonferenz" 2003

SZ/INDYNEWS 07.12.2003 21:17 Themen: Militarismus
Langericht München wertet Gewahrsamnahme eines Göttingers nach der Stürmung des Coonvergence Centers im Tröpferlbad als rechtswidrig.
SiKo 2003: Gewahrsamnahme im Convergence Center rechtswidrig

Von SZ/INDYNEWS

Wie die SZ berichtet, wurde der Mann nach der Stürmung für zwei Tage in Gewahrsam genommen. Die Polizei hatte argumentiert, es seien bevorstehende Straftaten zu befürchten gewesen, zumal der Betroffene schon wegen Landfriedensbruch bekannt gewesen sei (!). Diese Geschichte diente auch als Vorwand für die Erstürmung des Konvergenzzentrums am Freitag abend vor der Großdemonstration.

Das Landgericht kam nun zu dem Schluss, dass allein die Einschätzung, der Mann sei "der linksextremen Göttinger Szene zuzuordnen und wegen Landfriedensbruch als Straftäter amtsbekannt", eine derartige Maßnahme nicht rechtfertige, da "ausreichende Indizien für eine Gewaltbereitschaft nicht vorgelegen hätten" (AZ: 13 T 3942/03). Zu dem Prozess war es gekommen, nachdem der Göttinger die Gewahrsamnahme und ihre Bestätigung durch einen Amtsrichter angefochten hatte.

Dem Urteil kommt insofern Bedeutung zu, als dass es erstens für mehrere Leute, die damals "einkassiert" worden waren, gelten dürfte, und weit zweitens damit indirekt auch die Rechtfertigung des völlig überzogenen Einsatzes selbst in Frage gestellt wird. Weitere Verfahren in Zusammenhang mit den Vorfällen im Convergence Center sind noch anhängig.
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Ergänzungen

Die SZ schreibt am 04.12.03

Leser 07.12.2003 - 21:48

Polizei und Amtsrichter handeln rechtswidrig

Landgericht verurteilt Festnahme eines Demonstranten bei der Sicherheitskonferenz Von Ekkehard Müller-Jentsch

„Es wird festgestellt, dass die Gewahrsamnahme rechtswidrig war.“ Dieser Satz, den gestern das Landgericht München I verkündet hat, dürfte für einen Anti-Nato-Demonstranten eine – wenn auch späte – Genugtuung darstellen. Der Mann aus Göttingen war Anfang Februar zu den Protestkundgebungen gegen die Sicherheitstagung nach München gekommen. Dabei geriet er im Szene-Café Marat im Tröpferlbad, Thalkirchner Straße, in eine „Razzia“ der Polizei; er wurde zwei Tage lang festgesetzt.


Die uniformierten Sicherheitskräfte hatten den Auftrag, „relevante Personen“ ausfindig zu machen und in Gewahrsam zu nehmen. Ziel der Polizei war es, „die bevorstehende Begehung von Straftaten wie etwa schweren Landfriedensbruch, gefährliche Körperverletzung oder Sachbeschädigung“ zu verhindern. Dabei fiel den Beamten auch der völlig in schwarz gekleidete Göttinger auf, der sich zudem noch mit einem fünfzackigen Stern gekennzeichnet hatte. Der Mann wurde dem Dienst habenden Amtsrichter vorgeführt. Dazu hieß es, er sei der linksextremen Göttinger Szene zuzuordnen und sei wegen Landfriedensbruch als Straftäter amtsbekannt. Auf Anordnung des Richters musste der Göttinger bis zum nächsten Abend in der Haftzelle des Münchner Polizeipräsidiums bleiben.


Die 13. Zivilkammer hob diese richterliche Anordnung auf Antrag des Betroffenen nachträglich auf und erklärte die Gewahrsamnahme für rechtswidrig. Zwar habe man mit gewalttätigen Protestaktionen von Demonstranten der autonomen Szene rechnen müssen. Die vorbeugende Festnahme des Göttingers sei jedoch unverhältnismäßig gewesen, da ausreichende Indizien für eine Gewaltbereitschaft nicht vorgelegen hätten. Er sei tatsächlich weder vorbestraft, noch als Teilnehmen geplanter rechtswidriger Aktionen identifizierbar gewesen (Aktenzeichen: 13 T 3942/03).



Nicht vergessen !

Mr X 07.12.2003 - 21:51
Heraus gegen die NATO-Kriegskonferenz 2004!

06.-07. Februar 2004:

Demos & Aktionen gegen die so genannte "Münchner Sicherheitskonferenz"

Alles unter:

Nonato 07.12.2003 - 21:53

öffentlich machen!

weist 08.12.2003 - 01:51
Solche Urteile müssen immer und unbedingt so weit wie möglich in der Öffentlichkeit verbreitet werden: mit einem Gerichtsurteil, das die aggressive Praxis der Obrigkeit (gerade auch in Bezug auf die SiKo, wo Polizeibrutalität ja leider zur Tagesordnung zu gehören scheint) als illegal, in Konsequenz (Verstoß gegen Grundrechte der Einkassierten immerhin) also die befehlsgebenden und ausführenden Personen zu Quasi-Staatsfeinden erklärt, ist einerseits immer ein Urteil, auf das unsereins sich berufen kann und andererseits eine Sache, die auch solchen Leuten vor Augen führt daß etwas faul ist im System, die an und für sich Linken kritisch gegenüberstehen - wenn uns schon ein deutsches Gericht rechtgibt, dann MUSS ja was dran sein ;-)

Also: öffentlich machen. Und wenn Zeit, Geld und Anwalt da sind, auch immer mal schauen, ob man nicht noch eins draufsetzen kann, z.B. mit einer Klage um finanzielle Wiedergutmachung o.ä. Immerhin handelte es sich hier ja um eine Freiheitsberaubung und um einen Verstoß gegen Art.2 GG, und damit seitens der befehlsgebenden und ausführenden Personen um einen Verstoß gegen ihren Amtseid, die FDGO zu schützen - die betreffenden Bullen sind streng juristisch gesehen Verfassungsfeinde!

Theoretisch sollte es sogar möglich sein, sie deswegen vor Gericht zu ziehen, da ja ihre Treue zur FDGO (unabdingbar für solche Jobs) eindeutig nicht verläßlich ist, sie ja bereit sind, Grundrechte aufgrund einer vagen Vermutung - bzw persönlicher Ressentissements, schwarze Kleidung, 5zackiger Stern; vgl. Art.3/3 GG! - zu brechen.
Aber wichtiger ist, daß das deutsche rechtsgläubige Bürgertum mal umfassend informiert sind, was für staatsgefährdendes Pack sich in den Uniformen und Amtsstuben so herumtreibt *grinsel*

Das sagt das KVR dazu...

(A) 13.01.2004 - 04:26
Kreisverwaltungreferent Dr. Blume-Beyerle beantwortet die Anfrage am 24.3.03:


Frage 1:
Was waren die "polizeilichen Erkenntnisse”, die zur Erstürmung des "Con-vergence-Centers” am Abend des 07.02.2003 führten?


Frage 2:
Welche Beweise wurden gefunden, die diese Erkenntnisse bestätigt hätten?


Frage 3:
Auf welcher Rechtsgrundlage fand diese polizeiliche Maßnahme statt, nachdem es hierfür keinen richterlichen Beschluss gab?



Antwort:
Das Polizeipräsidium München teilt hierzu mit:
"Dem Polizeiführungsstab des Polizeipräsidiums München wurde durch Hinweise anderer Behörden am 07.02.03 bekannt, dass sich im "Cafe Marat” eine Vielzahl von Personen aus der autonomen Szene aufhalten und dort Absprachen hinsichtlich des weiteren Vorgehens treffen. Unter den Besuchern des "Convergence-Center” hielten sich auch Personen aus Göttingen, Berlin und Passau auf, die dort verabredeten, sich nicht an den geplanten Ablauf der Demonstration zu halten, sondern ein Eindringen in den Sicherheitsbereich rund um das Hotel "Bayerischer Hof” planten. Es musste demnach davon ausgegangen werden, dass im Objekt "Cafe Marat” Straftaten, wie z. B. die Begehung von Sachbeschädigungen, Landfriedensbruch etc., verabredet werden. Ein Betreten des "Cafe Marat” war somit nach Art. 23 Abs. 4 PAG zur Gefahrenabwehr zulässig.” (Siehe auch Antwort zu Frage 9)


Frage 4:
Trifft es zu, dass von allen in München wohnhaften Personen die Personalien kontrolliert wurden und alle Personen von außerhalb einer "erkennungsdienstlichen Behandlung” unterzogen wurden?


Frage 5:
Was ist jeweils die Rechtsgrundlage hierfür?


Antwort:
Das Polizeipräsidium München berichtet:
"Am 07.02.03, um 22.49 Uhr wurde die Örtlichkeit durch die Einsatzkräfte betreten. Die 264 anwesenden Personen wurden in den Vorhof verbracht, gem. Art. 21 Abs. 1 Nr. 3 PAG durchsucht und ihre Identität wurde gem. Art. 13 Abs. 1 Nr. 2 a PAG festgestellt. Die Durchsuchungsaktion verlief insgesamt planmäßig und geordnet, lediglich bei den letzten im Objekt verbliebenen Personen musste unmittelbarer Zwang in Form einfacher körper-licher Gewalt (Transportgriffe) durchgeführt werden. Die polizeilichen Maßnahmen waren am 08.02.03, um 02.16 Uhr beendet.”


Frage 6:
Was wird mit diesen Daten geschehen?


Antwort:
Das Polizeipräsidium München teilt mit, dass die Personendaten der im "Cafe Marat” angetroffenen Personen gemäß den gesetzlichen Vorschriften in der polizeilichen Vorgangsverwaltung gespeichert werden.


Frage 7:
Von den 22 an diesem Abend in Unterbindungsgewahrsam genommenen Personen wurden 19 anlässlich der Vorführung beim Haftrichter wieder entlassen. Lediglich in drei Fällen wurde die Festnahme bis zum Ende der Demonstration bestätigt. Sehen Polizei und Kreisverwaltungsreferat das Vorgehen der Polizei damit ebenfalls als überzogene Präventivmaßnahme an?


Frage 8:
Im Gesetz ist eindeutig geregelt, dass Festgenommene zum Zwecke des Unterbindungsgewahrsams "unverzüglich” dem Haftrichter vorzuführen sind. Obwohl die Polizei sich seit einem Jahr intensiv auf das letzte Wochenende vorbereitet hat, hat sie diese Personen aber erst am späten Nachmittag des nächsten Tages dem Haftrichter vorgeführt. Dieser hat zwar 90 % der Maßnahmen als rechtswidrig zurückgewiesen, die Personen konnten aber ihr Demonstrationsrecht nicht mehr ausüben. Wieso hat die Polizei
diese Festgenommenen nicht "unverzüglich” dem Haftrichter vorgeführt?

Antwort:
Das Polizeipräsidium München teilt Folgendes mit:
"Von den kontrollierten Personen wurden 22 in Gewahrsam genommen. Bei einer weiteren Person wurde eine erkennungsdienstliche Behandlung wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte durchgeführt. Die in Gewahrsam Genommenen, die größtenteils aus außerbayerischen Städten nach München angereist waren, wurden unverzüglich der polizeilichen Haftsachenbearbeitung zugeführt. Die Vorführung vor dem Ermitt-lungsrichter
war zur Nachtzeit nicht möglich und erfolgte wie üblich am nächsten Tag.
Alle 22 Personen wurden nach der Vorführung entlassen, nachdem der Grund der polizeilichen Maßnahme weggefallen war.” Auf die polizeilichen Maßnahmen hat das Kreisverwaltungsreferat keinerlei Einflussmöglichkeit, weswegen sich eine Bewertung erübrigt.


Frage 9:
Trifft es zu, dass keinerlei Waffen oder ähnliches gefunden wurde?


Antwort:
Nach dem Bericht des Polizeipräsidiums München wurden im Zuge der polizeilichen Maßnahmen weder Unterlagen, welche die Planung von Straftaten bestätigten, noch Waffen aufgefunden.


Frage 10:
Sind Oberbürgermeister und Kreisverwaltungsreferat bereit, bei der Polizei darauf hinzuwirken, dass solche "polizeipräventiven Maßnahmen”, die offensichtlich nicht der Verhinderung von Straftaten, sondern der Datensammlung über Demonstranten dienen, in Zukunft unterlassen werden sollen?


Antwort:
Das Kreisverwaltungsreferat weist darauf hin, dass es sich bei dem Einsatz der Polizei im "Cafe Marat” um eine originäre Polizeiaufgabe gehandelt hat. Die Polizei – als staatliche Behörde – ist dabei nicht den Weisun-gen bzw. sonstigen Vorgaben der Landeshauptstadt München unterworfen. Ein Eingreifen des Kreisverwaltungsreferates ist deswegen weder angezeigt, noch rechtlich möglich.
Abschließend teilt das Polizeipräsidium München mit, dass es den Einsatz im "Cafe Marat” nicht als "überzogene Präventivmaßnahme” ansieht. Auf Grund der vorliegenden Hinweise – so das Polizeipräsidium München in seiner Stellungnahme – war ein Tätigwerden der Polizei nicht nur zulässig, sondern zur Abwehr der o. g. Gefahren auch erforderlich und verhältnismäßig.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Warum nicht...

Wieso 08.12.2003 - 15:49
...auf die Startseite ???

weil

mod 08.12.2003 - 19:33
es ein crossposting ist