Aktionen gegen Werbung in Frankreich

moi 02.12.2003 15:38 Themen: Freiräume Globalisierung Medien
Der Widerstand gegen Werbung und die Konsumgesellschaft wächst ; 276 Festnahme in Paris, nach einer Aktion gegen Werbung in der U-Bahn.
Am 17. Oktober und 7. November fanden Aktionen gegen Werbung in der U-Bahn in Paris statt, mit jeweils 200-300 Teilnehmer. Die Werbung ist überall, die Aktivisten wollen durch diese Aktionen die Konsumgesellschaft in Frage stellen und die Bürger drüber informieren. Ziel der Werbung ist ja immer mehr Produkte zu verkaufen, herzustellen und dadurch Geld anzuhäufen. Das macht Wachstum!!! Und das ist ja das ziel von Kapitalismus. Aber diese ist einfach mal nicht haltbar, die Erdressourcen sind ja begrenzt. Und die Werbung zerstört die Landschaft, vermittelt Sexismus und Klischee wie „Frau = schön, Gegenstand oder Mann = stark oder Konsum = glücklich ...“ ist ja Unsinn! Dagegen wollen sich die Aktivisten wehren. Sie haben Sprüche wie „ Frauen sind nicht zu verkaufen, die Werbung manipuliert, Werbung macht blöd, Kunst statt Werbung, reclaim your area, more public space, Privatisierung stopp...“ auf die Werbeplakate geschrieben. Die Werbeanlagen wurden geöffnet, das Plakat rausgenommen, umgedreht und es wurde drauf geschrieben oder gemalt. Das Licht wurde ausgeschaltet , Informationsflyer wurden verteilt.... Kreativer Widerstand wird angefragt!!!

Die Folge daraus? Metrobus (Werbeagentur) hat gegen den Server “ouvaton“ und die Homepage (jetzt unter www.stopub.tk) geklagt, weil der Aufruf und die Termine auf dieser Homepage veröffentlicht wurden.

Am 28. November, ein Tag vor dem „International Buy Nothing Day“ wollten sich etwa 1000 Personen an die 3. Aktion beteiligen. Der Termin wurde sogar in der Nationalpresse veröffentlicht. ABER, großes ABER, die Polizei war dieses mal vorbereitet!! Die AktivistInnen wurden von Tausende von Bullen eingekesselt, bevor es überhaupt los ging. 276 Personen wurden festgenommen und zum Polizeirevier gebracht, sie mussten insgesamt 1500 Euros zahlen. Die Frauen wurden nicht festgenommen, es gab keine PolizistINNEN um sie durchzusuchen!!!!

Die Bewegung überlegt sich jetzt neue Aktions- und Widerstandsformen. Kleinere Grüppchen, Grosse Gruppen, Am frühen Morgen, in der Nacht....
Die Bewegung wächst sehr schnell, viele Gruppen haben sich in verschiedenen Städten gebildet: Rennes, Montpellier, Toulouse, Lyon.... Das Werbelobby fühlt sich bedroht, und versucht via die Presse zu reagieren. Eine öffentliche Auseinandersetzung zu dem Thema findet endlich statt!

Und in Deutschland??
weitere Infos? Siehe Indymedia  http://paris.indymedia.org/article.php3?id_article=10919 Paris oder www.stopub.tk
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Ergänzungen

"Antipub" während des ESF

The great GATSby 02.12.2003 - 23:41
In Paris wurden große Mengen von Metro-Werbung die dort mehr und aggressiver ist, offen sexistische Motive kommen zum beispiel öfters vor meiner Ansicht nach, verändert oder zerstört. Eine temporäre Rückeroberung des öffentlichen Raumes fand statt. Besonders beliebt bei den Antireklame-Aktivisten waren natürlich auch die Plakate des Kinderarbeit und einsetzenden Niedriglohn zahlenden sowie Frauen unterdrückenden Konzerns Nike dessen Kleidung peinlicherweise noch von vielen sonst intelligenten Menschen getragen wird. Beim Buy Nothing Day wurde ein Film über ähnliche Verhältnisse bei Arbeitsgefängnissen gleichenden Adidas-Zulieferfabriken gezeigt.

Bilder von den Aktionen in Paris -  http://paris.indymedia.org/article.php3?id_article=9453

es ist BÖÖÖSE, Nike zu tragen...

moralapostel 04.12.2003 - 01:08
Schade, wenn sonst so intelligente Linke hier meinen, moralisch werden zu müssen. Denn wenn mir Oberchecker verkünden, dass es böse ist, Nike zu tragen, würde ich es alleine aus diesem Grunde machen, um dieser Verdummungskampagne entgegenzuwirken. Die achso tolle No-name-Ware wird nämlich auch unter beschissensten Arbeitsverhältnissen hergestellt - und selbst wenn alle linken CheckerInnen keine Nikes mehr tragen, habt ihr noch nichts erreicht - ausser euch gut zu fühlen, weil moralisch überlegen. Aber nicht Nike ist das Problem, sondern der Kapitalismus als Ganzes.

@moralapostel

solidarischbleiben 04.12.2003 - 10:24
Grundsätzlich richtig: Es reicht nicht die Politik eines Konzerns anzuprangern. Am Ende ist der Kapitalismus die Ursache des Problems. Allerdings geht hinter dieser Analyse oft unter, dass von den in diesem System arbeiten-müssenden Menschen (in der Bekleidungsindustrie meist Frauen), selsbt Widerstand ausgeht. Dieser Widerstand richtet sich als erstes gegen die Bedingungen unter denen sie arbeiten müssen. Zu diesem Widerstand gehören auch Boykott-Aufrufe. Wenn also nun Menschen meinen, es seien solche Boykott-Aufrufe der flasche Weg, da es schließlich um den Kapitalismus geht, dann mögen sie das doch bitte den ArbeiterInnen vor Ort erklären. Dazu gehört natürlich auch ihnen zu erklären, wie sie etwas zu Essen bekommen und gleichzeitig Revolution machen sollen, wenn sie den ganzen Tag unter sklaverei-ähnlichen Bedingungen arbeiten müssen.
Ich für meinen Teil habe mich entschlossen mit diesen Kämpfen solidarisch zu bleiben. Das beinhaltet auch die Grundsatzkritik im Auge zu behalten. Aber das heißt auch diese Kämpfe solidarisch zu unterstützen.

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