SELBSTSTÄNDIGER STREIK BEI FORD IN KÖLN!

Prolet 20.11.2003 18:51 Themen: Globalisierung Soziale Kämpfe
lest selber
Zweieinhalb Tage, vom 17.11. abends bis zum 20.11. morgens, streikten 1.100 Kolleginnen und Kollegen des Ford-Werkzeugbaus in Köln selbständig. Seit Wochen werden sie mit Gerüchten über die Schließung des Werkzeugbaus und die Vernichtung Hunderter Arbeitsplätze hingehalten. Bereits am 29.10. protestierte die Frühschicht mit einem einstündigen Warnstreik gegen die Pläne der Geschäftsleitung. Im belgischen Ford-Werk in Genk kam es Anfang Oktober zu Streiks gegen die geplante Vernichtung von 3.000 Arbeitsplätzen.
Nachdem nun am Montagabend durchsickerte, dass möglicherweise der gesamte Werkzeugbau geschlossen werden soll, stellten als erstes die Kollegen im Werkzeugmaschinenpark die Maschinen ab. Bei einer Versammlung am nächsten Morgen musste der leitende Manager des Werkzeugbaus vom Werkschutz "in Sicherheit" gebracht werden. Bis 9.00 Uhr legten am Dienstag beide Hallen (Z1 und Z2) des Werkzeugbaus komplett die Arbeit nieder. Ein weiterer Bereichsmanager musste ebenfalls abgesetzt werden, weil die aufgebrachten Werkzeugmacher darauf bestanden. Schließlich eilte Ford-Europa-Chef Lewis Booth herbei, um direkt mit den Kollegen und ihren Vertretern zu verhandeln. Erst nachdem die Geschäftsleitung ausdrücklich zusagte, dass bis Jahresende keiner der geplanten 585 Kollegen entlassen werde und bis dahin weitere Verhandlungen geführt würden, beendeten die Werkzeugmacher nach der Nachtschicht am Donnerstagmorgen ihren Streik.
Für Donnerstag hatten die Werkzeugmacher bereits einen Marsch durch das ganze Werk geplant. Auch im Fertigungsbereich in der Y-Halle kam es zu kleineren Streiks und die dadurch stockende Türenproduktion hatte erste Auswirkungen auf das Ford-Werk in Valencia (Spanien).
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Ergänzungen

weiter solche berichte !

der andere Prolet 20.11.2003 - 19:37
bis auf den express konnte man in KEINER Zeitung von unseren Aktionen lesen! Gibt es da eine Nachrichtensperre? Hab wie verrückt im www gesucht und nichts gefunden! nur hier! Danke für die Nachricht! Wenigstens jemand, der berichtet!

die Kölner wehren sich wenigstens!

ikke 20.11.2003 - 19:48
lest doch mal folgendes:

Der Autokonzern Ford will laut einem Pressebericht wegen der schlechten Ertragslage bis zum Jahresende weltweit rund 12.000 Arbeitsplätze streichen. Außer den 1700 Stellen, die in Deutschland wegrationalisiert werden, sind mehrere tausend Arbeitsplätze in den USA und in Kanada betroffen, hieß es am Dienstag auf der Internetseite des "Wall Street Journal" unter Berufung auf Firmenkreise.

Der US-Konzern wolle seine Lohnkosten bis Ende 2003 um zehn Prozent senken. Insgesamt beschäftigt Ford 350.000 Mitarbeiter in aller Welt, davon rund 28.000 in Deutschland.

Die US-Geschäftsbank Goldman Sachs hatte vergangene Woche unter Berufung auf eigene Berechnungen mitgeteilt, dass in der heimischen Automobilindustrie in den kommenden vier Jahren bis zu 50.000 Stellen wegfallen könnten. Der weitere Personalabbau wird durch eine Übereinkunft der drei großen US-Autokonzerne Chrysler, Ford und General Motors sowie einiger Zulieferer mit der US-Autogewerkschaft United Auto Workers (UAW) ermöglicht.

(apa)

 http://www.aon.at/jet2web/FE/LayoutTemplates/FE_Layout_bw_article/0,4976,722-0-432218-1134-0,00.html

Mit den amerikanischen Gewerkschaften ist also alles schon ausgemacht! feine Sache! und die IG Metall in Köln hat nichts gewußt? wenigstens wehren sich die Kölner Kollegen.

Was ist mit 30 h wie bei Opel?

Toussaint 20.11.2003 - 19:54
Hallo,
kann man sich nicht wie bei Opel oder damals VW auf eine 30 Stunden Woche einigen, um Entlassungen zu vermeiden? Das wäre doch Sinnvoll.
MfG Toussaint

nachrichtensperre durchbrechen

noch ein prolet 20.11.2003 - 20:23

www.rf-news.de

die berichten in den letzten wochen öfter über selbstständige aktionen!

@Toussaint

Dortmunder 20.11.2003 - 20:45
30h wie bei Opel bedeuten Lohnverlust, manche Familien trifft es schon hart ...

Solidarität

ML`er 20.11.2003 - 20:47
In einer Solidaritätserklärung des Zentralkomitees der MLPD an die Ford-Belegschaft heißt es: "Die 1.100 Beteiligten haben ein wichtiges Signal gesetzt für den Kampf gegen die Vernichtung von 1.700 Arbeitsplätzen, wie sie die Geschäftsleitung bei Ford in Köln plant. Der Abzug von zwei bisherigen Vorgesetzten, die Zusage von 'Verhandlungen' usw. zeigen, dass die Geschäftsleitung in die Defensive geraten ist. Das ist ein wichtiger Ausgangspunkt für den anstehenden harten Kampf um jeden Arbeitsplatz. Dabei stehen die Ford-Kollegen nicht allein. Der Kampf gegen Entlassungen, gegen die zunehmende Ausbeutungsoffensive und für offensive Forderungen wie die 30-Stundenwoche bei vollem Lohnausgleich steht überall in Deutschland auf der Tagesordnung. (...) Immer, wenn die Arbeiter und Angestellten für ihre Interessen aktiv werden, können sie sich unserer tatkräftigen Unterstützung sicher sein. Viel Erfolg in eurem Kampf!"

Arbeitszeitverkürzung?

linker 21.11.2003 - 02:10
Ein paar (ältere) Texte die sich mit Arbeitszeitverkürzung auseinandersetzen:

Das VW-Modell - oder: ein Personalchef hakt seine Wunschliste ab
 http://www.wildcat-www.de/zirkular/18/z18vwmod.htm

Die »35 Stunden« gegen das Proletariat
Die Politik der Arbeitszeitverkürzung in Frankreich
Mouvement Communiste (Paris/Brüssel, Mai 1999)
 http://www.wildcat-www.de/zirkular/55/z55azvfr.htm

35-Stunden-Woche:
weniger Lohn und mehr Arbeit
 http://www.wildcat-www.de/zirkular/48/z48azver.htm

Mythos »Arbeitszeitverkürzung«
Die 38½-Kampagne 1984
 http://www.wildcat-www.de/wildcat/33/w33arbzv.htm

Wie habt ihr euch gegenseitig informiert

ein syndikalistischer Prolet 21.11.2003 - 11:17
Moin,

super Sache da bei Ford in Köln. Mich interessiert wie die Kommunikation und Information untereinander lief. Habt ihr Versammlungen durchgeführt oder lief das über Infoblätter ? Wie ist die Stimmung in den Bereichen der Fabrik die nicht mitgestreikt haben ?
Und vorallem. Lasst euch nicht von den Geschäftsführern einlullen. Versprechen geben und dann brechen hat lange Tradition, genauso wie beim IG Metall-Apparat.
Unsere Solidarität habt ihr !

Arme und sozial Schwache?

Wal Buchenberg 21.11.2003 - 12:40
Für alle, die es nicht wissen sollten:
Werkzeugmacher sind die bestqualifiziertesten und höchstbezahlten Metallarbeiter, die noch am ehesten dem traditionellen Handwerker entsprechen.
Sie stellen Einzelstücke von Industriewerkzeugen (d.h. die formgebende Teile einer Maschine) her bzw. halten sie instand und reparieren sie.
Die Verbilligung der dreidimensionalen comutergesteuerten Fertigung macht zunehmend auch Einzelfertigung von Werkzeugen rentabel und ersetzt auch hier die Handarbeit.
Die Werkzeugmacher bei Ford haben Jahresgehälter von brutto über 40.000 Euro.
Von wegen, dass nur "die Armen" kampfbereit und kampffähig wären oder etwa die "sozial Schwachen" (ein Schwachsinn von einem Begriff!).

"Sozial schwach" sind Politiker, die nach dem Ausscheiden aus ihren Ämtern einen Babysitter brauchen, der ihnen das Essen im Restaurant bestellt (Bill Clinton) oder Bundestagsabgeordnete, die ohne Sekretärin sich kein Flugticket bestellen können.

Wal Buchenberg

Baut auf uns

informiert uns 21.11.2003 - 13:23
vergesst uns nicht! Euer Kampf ist unser Kampf! und umgekehrt. Wer wir sind? So ca. 6 Milliarden!
Damit niemand Räder neu erfinden muss: Es gibt ein nettes AKkraakvideo über eine Fabrikerhaltung in Argentinien ( Zanon). Äußerst inspirativ, gerade durch den Zusammenhang zwischen allen sozialen Bewegungen.

Was ist mit den Gewerkschaften?

NN 21.11.2003 - 13:52
Wie reagieren denn die Gewerkschaften auf solch selbständige Aktionen? Ich gehe davon aus, dass sie das gar nicht toll finden...
Bitte berichtet davon, da auch das wahrscheinlich sonst nicht zu finden sein wird...
P.S.: Die Unterscheidung in inhaltlich/nicht-inhaltlich finde ich gerade hier irgendwie komisch...
Ein Comment in der Kategorie nicht-inhaltlich fragt genau nach der Wirkung auf die Gewerkschaften bzw. merkt die polemisch (nicht unbedingt etwas negatives...) an. Warum landet das bei nicht-inhaltlich?

Selbständiger Kampf

Wal Buchenberg 21.11.2003 - 14:34
Der Werkzeugbau von Ford ist gewerkschaftlich hoch organisiert. Selbst wenn die IGM nicht zu diesem Streik aufgerufen hat (das darf sie nach der Gesetzeslage nicht und wird sonst haftbar für den entstandenen Schaden gemacht), kann man sicher sein, dass dieser Streik nicht gegen den Willen der IGM statt fand und er wird auch nicht ohne aktive Beteiligung der Vertrauensleute der Gewerkschaft stattgefunden haben. Das ändert aber nichts an der wichtigen Tatsache, dass hier (wie sonst auch) selbstorganisierte Kämpfe stattfinden ohne die Gewerkschaftsführung.

Im Folgenden der Wortlaut des Artikels aus dem Kölner EXPRESS:

"Streik bei Ford!

900 Arbeiter kämpfen um ihre Jobs – Abteilung Werkzeugbau soll ausgelagert werden

Von TOBIAS MORCHNER

Köln – Seit Dienstagmorgen, kurz vor 9 Uhr, wird in den Hallen Z1 und Z2 bei Ford nicht mehr gearbeitet. Spontan versammelten sich rund 1100 Werkzeugbauer, um eine Frage beantwortet zu bekommen: Wird diese Abteilung zum Jahresende geschlossen oder nicht?
Seit ein paar Tagen sickerten immer neue Gerüchte über die Zukunft der Abteilung durch. Von Erhalt bis Schließung des Werkzeugbaus zum Jahresende war alles dabei. „Offiziell hat mit uns noch keiner geredet. Wir wollen Klarheit über unsere Zukunft. Deshalb haben wir die Arbeit niedergelegt“, so ein Fordler. Er möchte seinen Namen nicht nennen. Wie seine Kollegen fürchtet er um seinen Job.
Klar ist jetzt: Von den 1700 Stellen, die insgesamt im Niehler Werk abgebaut werden sollen (EXPRESS berichtete), kommen rund 900 aus dem Bereich Werkzeugbau.
Ziel der Konzernleitung ist offenbar, den gesamten Bereich an eine Fremdfirma zu vergeben. Besagte 900 Stellen sollen über ein freiwilliges Pensionierungsprogramm abgebaut werden. Die übrigen 200 Mitarbeiter werden auf andere Bereiche des Unternehmens verteilt. „Momentan laufen in der Tat Gespräche zwischen Betriebsrat und Konzernleitung zu diesem Thema. Die Mitarbeiter müssen sich bis zum 31. 12. entscheiden, ob sie die Pensionierung annehmen oder nicht“, so Ford-Sprecher Erik Walner.
Die rund 1100 Mitarbeiter in den Hallen Z1 und Z2 stellen für ganz Europa die Presswerkzeuge her, die zur Produktion von Blechteilen (z. B. Motorhauben) benötigt werden. Deshalb sind auch andere Ford-Werke von dem Streik betroffen.
„Die ganze Situation ist durch die Unsensibilität des Managements hervorgerufen worden. Ich kann verstehen, dass es bei den Mitarbeitern im Werkzeugbau erhöhten Klärungsbedarf gibt. Ich hoffe, dass möglichst bald mit den Leuten gesprochen wird“, meint Ford-Betriebsrats-Chef Dieter Hinckelmann. "


Outsourcing

Spider 21.11.2003 - 18:46
Es ist leider so, das bei Ford für viele Manager das einzige Ziel darin besteht, Arbeit von Teilen der Belegschaft nach außen zu geben und die Bereiche dann abzuschaffen.
Das geht natürlich nur so lange, wie alle still und brav ja und Amen sagen.

Ergänzungen

... 23.11.2003 - 02:45
inhaltlich: wenn es eine inhaltliche ergänzung ist
nicht inhaltlich: wenn es ein einfacher kommentar ist, keine inhaltliche ergänzung


diese unterscheidung macht sinn, weil sonst die ergänzungen zwischen lauter diskussionen verschwinden würden.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 2 Kommentare an

weiter so — ich freue mich einfach

@ NN — Maike