ESF: Großdemonstration

The great GATSby 15.11.2003 20:39 Themen: Antirassismus Globalisierung Militarismus Soziale Kämpfe Weltweit
Heute Samstag fand die Großdemonstration vom ESF mit mindestens 100 000 Teilnehmenden statt. Genaue Zahlen kann ich nicht liefern, die Demonstration war zu groß für eine Übersicht. Auftaktort war der Place de la Republique wo kurz nach 14 Uhr die Demonstration losging, allerdings mit einer Überraschung, ganz vorne liefen die Disobbedienti und auch ALB und AAB? sowie Fels aus Berlin vermischt mit anderen emanzipatorisch-linksradikalen Gruppen.
Im Demozug herrschte eine ungekannte Vielfalt mit etlichen Musikgruppen die live und auf Lastern spielten. Hätte es nicht politische Parolen in allen Sprachen gegeben ich hätte gedacht es sei der Karneval der Kulturen in Berlin.
Als ich direkt nach der erfolgreichen Besetzung der Air France Filiale am Champs Elysee durch eine Gruppe von Ungehorsamen aus der Metro stieg erschrak ich zuerst, ich fand mich zwischen dem Palästina-Block und Linksruck-Leuten wieder. "Bush Terrorist, Sharon Terrorist" schallte es aus den Lautsprechern, ein Paar Meter weiter umringt von gierigen Kunden ein extra aus Deutschland angereister Che- und Protest-Memorabilla Händler.

Doch dann ging ich weiter und sah die eigentliche Demo jenseits der Klischees: Unzählige Farben, Banner, Musik-Gruppen und deren Klänge, Menschen aus etlichen Ländern. Korea, Belgien, Polen waren ebenso vertreten wie die Länder der bekannteren sozialen Bewegungen wie Italien, Euskal Herria (Baskenland) oder Spanien. Etliche Samba-, Trommelgruppen und unterschiedlichste andere Musizierende ließen den Platz vielstimmig erschallen. Während die Demo schon eine Stunde lief sammelten sich hinten immer noch Leute und warteten. Rein vom optischen Eindruck waren es mehr als am 1.11 in Berlin wo ich die Zahl ursprünglich auch grob unterschätzt hatte.
Die Bandbreite der Botschaften reichte von riesigen Nationalfahnen (Italien) und Symbolen von verschiedensten Gruppierungen (prominent französische Gewerkschaften aber auch COBAS aus Italien) über Botschaften für ein anderes, soziales, nicht kapitalistisches Europa bis zu Friedens- und Antikriegs-Transparenten. Arbeit und Sozialpoliti war ebenso Thema in verschiedenen Sprachen. Ein großer Block der Sans Papier (der "illegalen" Flüchtlinge) war ebenso dabei wie Sozialforen aus den unterschiedlichen Winkeln Europas. Das Forum aus Luxemburg hatte einen eigenen Block zum Beispiel. Aus Paris selber gab es zum Beispiel einen Block des Bezirks Bobigny wo auch ein Teil des ESF stattfand. Aus der BRD waren vereinzelt Leute erkennbar, Attac, IGMetall habe ich gesehen aber auch Lackiererei VW Wolfsburg zum Beipiel. Auffällig, besonders die Gewerkschaften schienen vermscht zu laufen, unten ein spanisches oben ein deutsches, rechts ein französiches Transparent mit den gleichen Themen. Überhaupt war deutlich, daß "Kapitalismus" fast in allen Sprachen genauso heißt. Besonders gelungen der Queer/Tunten/Pink-Block wo sich verschiedene feministische Gruppen mit sexullen Minderheiten versammelt hatten.

Vorne liefen die radikal linken Gruppen, ein Transparent aus Berlin besagte "No Justice - No Peace". Sie liefen allerdings so schnell, daß sie teils 500 Meter von der restlichen Demo waren.
Es war sehr ausgelassene Stimmung, es wurde viel getanzt. Wie schon die Tage zuvor vermischten sich alle möglichen Sprachen und ich hatte Schwirigkeiten zwischen Espanol, Italiano, Francais, English, Deutsch und anderen zu switchen. Polzeit war recht viel da, sie fuhr aber ziemlich weit vorne.

Allerdings: Ohne die sehr dynamische Aktion der Ungehorsamen unmittelbar zuvor bei der schon unterwegs in der U-Bahn eine ungalubliche Dynamik entstand (Alle! Werbeplakate unterwegs wurden entfernt und es gab Metro-Umsonst fahren für Alle vorbei an den Barrieren die aufgehalten werden mußten) hätte mir was gefehlt.

Auch war die Reaktion der Pariser Bevölkerung verhalten wie mir schien. Es war eher Neugier als richtiges Interesse.

Alles in Allem ein malerischer Abschluß mit großer Vielfalt und vielen kleinen Fehlern.

Was ich nicht selber gesehen habe: Ganz hinten lief der anarchistische Block und vor ihm die sozialistische Partei mit mit Stöcken bewaffneten Ordnern. Diese versuchten wiederholt den Anarchistsichen Block mit Gewalt zurückzudrängen.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

war schon ein seltsamer anblick

g 15.11.2003 - 22:15
wie ca. 200 mit schlagstoecken bewaffnete order der partie socialiste mit gebruell auf die erst reihe des schwarz/roten blocks (ca; 1000 leute)zurandten und drauf los bruegelten; bullen gingen dazwischen; nach é minuten war alles vorbei und es ging weiter;

dissobetienti, eine gruppe prekarisierter,

yuiop 15.11.2003 - 22:19
alb und felS sind tatsaechlich ausserplanmaesig an der spitze der demo gelaufen; war auch gut so; bsirske in der ersetn offiziellen demoreihe war kein schoener anblick.

video dazu gibts in einigen tagen

yuii 15.11.2003 - 22:22
wo?

na klar, bei  http://kanalB.de

ausserdem interviews mit vertreterInnen mehrerer europaeischer linksradikaler gruppen, die waehrend des esf 2003 in paris entstanden.

hallo GATSby

zahlenteufel 15.11.2003 - 22:59
deine schätzung zur demo am 1.11. in berlin war vermutlich nicht grob falsch. es waren nämlich gar nicht 100.000, sondern "nur" ca.50.000-60.000 - was immer noch ein vielfaches der erwarteten ist, also super - aber die zahl von 100.000 wurde in einer rätselhaften meinungskoalition von veranstaltern und polizei verkündet - und was in den medien kommt, stimmt nun mal, nicht wahr? da kann selbst die regierung nichts gegen machen.

"Sozialistische" Partei

Anarchist 15.11.2003 - 23:03
"Was ich nicht selber gesehen habe: Ganz hinten lief der anarchistische Block und vor ihm die sozialistische Partei mit mit Stöcken bewaffneten Ordnern. Diese versuchten wiederholt den Anarchistsichen Block mit Gewalt zurückzudrängen."

Tja, diese Angriffslust stellte die "Sozialistische" Partei ja schon in Evian, als sie DemonstrantInnen mit Tränengas angriffen, unter Beweis.

anarchos haben angefangen?

xxx 16.11.2003 - 01:23
"Gegen Ende der Demonstration wurde eine Gruppe von Sozialisten von vermummten Anarchisten mit Flaschen und Bechern beworfen. Der Ordnungsdienst der Sozialisten schritt ein, um das Handgemenge zu beenden. An dem Sozialforum mit seinen zahlreichen Konferenzen und Seminaren, das am Mittwoch begonnen hatte, beteiligten sich nach Angaben der Veranstalter rund 50.000 Teilnehmer." yahoo-news

stolz sein

grr 16.11.2003 - 10:02
die sans papiers mussten auch im esf um ihre sichtbarkeit kämpfen. sie wurden an der vorbereitung des forums nicht beteiligt und wollten sich daraufhin wenigstens die spitze der demo nehmen. sie waren auch tatsächlich der erste (sprich: mit lauti) organisierte block auf dieser demo. dass sich die deutschen gruppen davor setzen mussten, spricht gelinde gesagt für deren ignoranz. aber wenns dem tollen "wir-gefühl" zugute kommt, kann man sich an dieser stelle -ganz nation- auch mal über den gelungenen coup der alb freuen. viel spass noch,yuiop!

Zahlen

Graph Zahl 16.11.2003 - 11:00
Bitte nicht den Yahoo-DPA-Lügen glauben. Die Veranstalter rechneten mit 50.000 gekommen sind aber 100.000. Diese Zahl stammt aus den französischen Nachrichten.

 http://news.search.ch/?cat=2&id=310d8330215ac39bcd5af0768f3346f6
 http://www.freiepresse.de/TEXTE/NACHRICHTEN/HP_POLITIK/TEXTE/711676.html
 http://www.indymedia.org.uk/en/2003/11/280561.html

Deutsche PöblerInnen

luna 16.11.2003 - 16:00
Was hier in diesen Kommentaren wieder an Unsinn verbrietet wird ist kaum zu überbieten.

1. es waren nicht FelS und die ALB, die sich an die "Spitze des Zuges gesetzt haben", sondern der Block der italienischen Ungehorsmane gemeinsam mit Ungehorsamen aus Skandinavien, ALB, FelS und vor allem die gerade streikenden Prekären JobberInnen aus Frankreich.

2. Die Sans Papier waren nie für den Anfang der Demo vorgesehen, sondern vorne sollte eine "offizielle" Delegation aus Frankreich laufen, die eben das regierungsfähige/reformistische Spektrum repräsentieren sollte.
Daher haben sich die Streikenden zusammen mit den europäischen Ungehorsamen an die Spitze des Zuges gesetzt, die Demo gehört den sozialen Bewegungen und nicht den Parteien und Berufsrepräsentanten.

Also wie wäre es mit ein wenig denken oder informieren oder sogar beides, bevor hier jemand seine allmächtigen Politmacker-Alleschecker-Kommentare zum besten gibt!

Sozialisten mit Schlagstöcken? *g*

einer 19.11.2003 - 07:09
Gibt es da genauere Informationen/Berichte/etc über den Vorfall?
weil so richtig vorstellen kann ich mir das nicht.
Werfen die Anarchos aus heiterem Himmel flaschen oder prügeln die Kommies aus Lust und Laune ein paar polit. Gegner?
naja wem man was zutrauen könnte ist nun auch wieder so eine sache ...

Flaschen uns Schlagstöcke

tRaum 19.11.2003 - 11:32
Ich war bei der Demo in Paris und da auch als Teilnehmer bei der Demo des libertären Forums FSL (im sozialrevolutionären Block-wer s so will) und muss hier zu den kruden Gerüchten um "mit Schlagstöcken bewaffnete SozialistenOrdner, die den anarchistischen Block zurückdrängen" einfach noch zwar zugegeben subjektive, aber wahrheitsgetreuere Ergänzungen bringen.
Das FSL hatte eine eigene Demo, die eine Stunde früher am Place de fetes losging als die offizielle ESF-Demo, die dann aber in die ESF-Demo mündete. Ich fand die "sozialrevolutionäre" Demo bis dahin nicht wirklich spannend-war eben auch nur ne Latschdemo.
Die "sozialrevolutionäre" Demo kommt also am Place de la Republique an, wo die Gruppen für die ESF-Demo brav auf ihren Abmarsch warten. Und welche Gruppe ist ausgerechnet vor dem schwarz-roten Block? Die Parti Socialiste (PS)!
Die zu erwartenden Spannungen führen schnell dazu, dass beide Blöcke sich durch Ordnerketten voneinander abtrennen. Der Demoblock der PS ist eigentlich gar nicht so gross (ich schätze mal 200-300), dafür aber mit beträchtlichem Anteil an Ordnern, durchsetzt mit wie immer gut getarnten Polizisten in Zivil. Da die Demo noch nicht losgeht stehen sich die Blöcke ziemlich lange gegenüber und aus dem "sozialrevolutionären" Demoblock fliegen ziemlich bald die ersten Wurfgeschosse, anfangs in Form von Gemüse etc., aber ich habe auch am Place de la Republique schon die erste leere Weinflasche fliegen sehen (und zwar nicht gezielt auf den Ordnungsdienst, wie auf IndY Paris behauptet wird, sondern einfach mitten in die PS-Demo.

Photos von der Demo:
 http://paris.indymedia.org/article.php3?id_article=9965

Irgendwann ging die Demo dann doch los, die Spannung war schon komplett vor dem Eskalieren und die PS-Ordner immer rückwärtslaufend vor dem "sozialrevolutionären" Block ihre Demo abschirmend.
Dabei war es nicht die komplette "sozialrevolutionäre" Demo, die die PS mit Flaschenwürfen vor sich hertrieb, sondern etwa 50-max.100, die vor der "sozialrevolutionären" Demo und eben hinter der PS herliefen.
Nach wirklich vielen Flaschenwürfen gewisser "Sozialrevolutionäre" machte die PS einen "Ausfall", der so aussah, dass etwa 100 PS-Ordner, teilweise mit TranspiStangen bewaffnet (die, die ich darunter mit Schlagstöcken gesehen habe, waren ZIVIBullen) auf die vermeintlichen Flaschenwerfer, sprich auf die "sozialrevolutionäre" Demo, zumindest auf den Teil der Demo, der sich vor dem "offiziellen" Demoteil befand (von "offizieller" Demo spreche ich deshalb, weil auch die "sozialrevolutionäre" Demo sich mit Menschenketten abtrennte. Nach kurzer Zeit war der Ausfall vorbei. Ob wirklich Polizei die Blöcke getrennt hat, habe ich nicht gesehen, glaube ich aber nicht (abgesehen von den ZIvIBullen war die Polizei anfangs kaum sichtbar präsent).
Die Demo ging also weiter, alles blieb beim Alten (wieder Flaschenwürfe), bis die PS schliesslich von der Polizei richtiggehend aus der Demo in eine Seitenstrasse evakuiert wurde.

Soweit zu den Vorgängen wie ich sie beobachtet habe. Ich kann nur sagen, dass die Demo nach dem Beginn des "Flaschenwurftreibens" für mich gestorben war.
Wenn das die einzigen Inhalte sind, die eine "sozialrevolutionäre" Demo zu vermitteln hat(auch wenn es auch nur ein Teil der Demo war) tut es mir leid. Noch mehr leid tut mir, was für verdrehte Scheisse manche Leute auf Indy-Germany posten (hier meine ich weniger den Artikel-wobei der Schluss schlicht und einfach falsch ist, sondern mehr die Ergänzungen!)


WENN DAS ANARCHIE SEIN SOLL, MEINE ANARCHIE IST EINE ANDERE!
So hat sich die "sozialrevolutionäre" Demo als genau das Schreckgespenst produziert, als das sie sowieso schon gezeichnet wird und dazu war in diesem Fall nicht einmal eine verdrehte Medienberichterstattung notwendig.
Die Frage für mich ist, ob mensch etwas verändern will und politisch gezielt handelt oder einfach bei Affekthandlungen steckenbleibt, die nicht nur nichts bringen, sondern auch noch destruktiv sind!




Die Diskussion auf Indymedia Paris:
 http://paris.indymedia.org/article.php3?id_article=9928
 http://paris.indymedia.org/article.php3?id_article=10017

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 4 Kommentare an

- — -

Hey the Great — tja