Pressemitteilung der Sanidezentrale

Kerstin Rudek 12.11.2003 17:08 Themen: Atom
Mindestens 85 Verletzte bei Castortransport
Pressemitteilung der Sanidezentrale vom 12.11.2003

Der heute ins Zwischenlager verbrachte Castortransport mit 12 Behältern hat wieder zu zahlreichen verletzten Demonstrantinnen und Demonstranten infolge von Gewalteinwirkung seitens Polizei und BGS geführt.
Der Einsatz der Staatsmacht ließ sich in diesem Jahr anfangs ruhiger an. Jedoch kam es bei einzelnen Aktionen auch schon im Vorfeld, also zwei und einen Tag, bevor der Castortransport den Landkreis erreicht hatte, zu massiven Übergriffen. So wurden bei Blockaden in Rohstorf am Dienstag Vormittag zahlreiche Menschen bei der Räumung einer zuvor in einen Kessel verbrachten Menge verletzt. Das Vorgehen der Polizeibeamte gestaltete sich nach Aussage verschiedener ÄrztInnen und SanitäterInnen nicht verhältnismäßig. Misshandlungen wurden wahllos (z.B. Stiefeltritte ins Gesicht) begangen, diverse Verletzungen waren die Folge.
Auch in Groß Gusborn kam es bei der Räumung einer Treckerblockade am Montag Abend zu Ausschreitungen seitens der Polizei. Menschen wurden von Treckeranhängern gezerrt, geschlagen und getreten.
Beim Eintreffen des Castors am Dannenberger Verladekran sind Polizeibeamte gegen friedlich anwesende DemonstrantInnen eingeschritten, einer Person wurden Kopfverletzungen zugefügt, eine Gruppe von Jugendlichen mit Tritten und Schlägen traktiert. Einem Notarzt, der dem Verletzten zu Hilfe eilen wollte, wurde die Brille aus dem Gesicht geschlagen und die Hilfeleistung untersagt, er wurde nicht zu dem Verletzten durchgelassen. Hierfür gibt es zahlreiche ZeugInnen.
Als der Transport Quickborn passiert hatte, riegelten Polizeikräfte das Gelände um das Gemeindehaus ab, nahmen alle im Gebäude anwesenden ca. 60 Personen in Gewahrsam, wobei sehr ruppig vorgegangen wurde. Gleichzeitig machten sogenannte Greiftrupps draußen förmlich Jagd auf einzelne Demonstrierende, auch hier kam es zu zahlreichen Übergriffen und Verletzungen durch Polizeibeamte.
Insgesamt sind der Sanidezentrale 85 durch SanitäterInnen und ÄrztInnen versorgte Verletzte bekannt, die Zahl dürfte sich im Laufe der genaueren Recherche noch erhöhen und die Dunkelziffer ist beträchtlich.
Die SEG war mit 22 Kräften und Sanis von Status4 zu 23 im Einsatz. 10 Saniteams mit 25 SanitäterInnen und ÄrztInnen waren in diesem Jahr von der Sanidezentrale koordiniert. Besonders hervorzuheben ist das Engagement einiger Saniteams, die unter Gefährdung ihrer eigenen Person Verletzte aus den Händen von Polizeibeamten und /oder Kesselsituationen bergen.
Von Prellungen, Verstauchungen über Knochenbrüche, Hundebisse bis zu Nierenquetschungen, Platzwunden und Bänderrissen reicht die lange Liste der Misshandlungen durch Polizeibeamte.
Beispielsweise wurde ein Mann am Montagabend in Groß Gusborn bei der Räumung der Treckerblockade zuerst in die Genitalien getreten, dann auf einem Bein stehend derart seitlich ins Knie getreten, dass die Bänder rissen. Strafanzeige gegen die Beamten ist bereits erstattet.
Ein weiterer eklatanter Fall von vorsätzlicher Körperverletzung ist die Misshandlung einer ganzen Familie bei der Treckerblockade in Groß Gusborn am Montagabend, wo erst Vater, dann Mutter und anschließend der 14- jährige Sohn Schläge auf den Brustkorb erhielten, woraufhin der Sohn mit Schocksymptomen, Atemnot und Prellungen behandelt werden musste.

Die Sanidezentrale verurteilt aufs Schärfste die brutale Gangart von Polizei und BGS. Bei 13000 eingesetzten Beamten sollte doch ein Mindestmass an Rücksicht, wenigstens auf die körperliche Unversehrtheit von DemonstartionsteilnehmerInnen gewährleistet sein können. Dem verantwortliche Geamteinsatzleiter, Niehörster , kann von unserer Seite nur dringend geraten werden, die disziplinarrechtlichen Konsequenzen aus diesen vielfachen Misshandlungen einzuleiten, wenn er nicht in den Verruf kommen möchte, derartiges Verhalten der ihm unterstellten Kräfte zu befürworten oder zu billigen.



Für Rückfragen: Kerstin Rudek 05882 987436
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Ergänzungen

Wirbelverletzung in Grippel?

weltenbummler 13.11.2003 - 14:16
Radio Zusa (89,7) hat über einen Vorfall in Grippel während der Räumung der Straße berichtet. In diesem Fall sollen Wirbelverletzungen aufgetreten sein, eine Querschnittslähmung konnte nicht augeschlossen werden.
Laut Radio Zusa wurde der behandelnde Krankenwagen nicht aus dem Gefahrenbereich gelassen, da 2 Wasserwerfer auf der Fahrbahn standen und ein wegfahren der Wasserwerfer ein großes Gefahrenpotential eröffnet hätte.

MEINE FRAGE:
Gibt es über diesen Vorfall weitere Informationen? Kann jemand die Meldungen von Radio Zusa bestätigen?

Zur Wirbelverletzung

Andreas 14.11.2003 - 09:10
Nach Angaben von Status 4 oder so ähnlich (Sani-Gruppe) soll es keine Wirbelverletzung sein sondern "nur" was am Steißbein. Man hat sie aber trotzdem it einer Bahre weggebracht.

ischiasnerv

caro 23.11.2003 - 01:12
wenn es sich um das mädel handelt, mit dem ich unterwegs war (ja sie wurde mit einer bahre weggetragen und ja der krankenwagen wurde nicht weggelassen), dann handelt es sich bei der verletzung 'lediglich' um einen eingeklemmten ischiasnerv. ihr geht es mittlerweile wieder gut...
allerdings ist das alles in der tat ziemlich frustrierend verlaufen. jemanden erst zu verletzen, dann liegen zu lassen und sich dann auch noch der behandlung in den weg zu stellen ist dermaßen fahrlässig und unmenschlich. ich hoffe dieser fall wird für die einsatzkräfte noch folgen haben...

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Hilft alles nichts!

Mesrine 13.11.2003 - 19:12
Tja, ich war am Sonntag und Montag bei der Mahnwache in maximiliansau und muss sagen, es ist traurig mitanzusehen wie der Widerstand schrumpft. Hier ging es sehr freidlich zu, abgesehn von den laufenden Personenkontrollen. Ich meinerseits habe beschlossen beim nächsten Transport eine härtere Gangart zu fahren. Was der BGS im Norden getan hat geht ein Stück zu weit. SCHLUSS MIT LUSTIG!!!